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Informationen zum Dokument  BGE 112 III 26  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Zu Unrecht hat die kantonale Aufsichtsbehörde ihren Entsc ...
3. Die Rekurrentin macht geltend, es sei kein Recht der Frau B. a ...
4. Vergeblich wendet die Rekurrentin ein, Frau B. sei mindestens  ...
5. In dem von der Rekurrentin angerufenen BGE 104 III 15 wurde en ...
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9. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 16. Mai 1986 i.S. Maschinenfabrik M. (Rekurs)
 
 
Regeste
 
Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG); Lastenverzeichnis (Art. 33 ff. VZG).  
 
Sachverhalt
 
BGE 112 III, 26 (27)A.- Die Maschinenfabrik M. hat den Schuldner S. in der Betreibung Nr. 1278 des Betreibungsamtes O. betrieben.
1
Vom Betreibungsamt O. auf dem Rechtshilfeweg mit der Verwertung des dem Schuldner gehörenden Grundstücks beauftragt, ordnete das Betreibungsamt N. dessen Versteigerung auf den 9. April 1986 an. Die Pfandgläubiger wurden nach Massgabe von Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG zur Anmeldung ihrer Ansprüche eingeladen.
2
Frau B. meldete hierauf eine Forderung im Gesamtbetrag von Fr. 71'223.87 an, die sich auf einen Inhaberschuldbrief im III. Rang vom 13. März 1984 sowie Zins und Verzugszins seit 1984 stützt. Das Betreibungsamt N. nahm diese Forderung in das Lastenverzeichnis auf, welches u.a. der Maschinenfabrik M. zugestellt wurde. Diese bestritt mit Schreiben vom 24. März 1986 das Pfandrecht der Frau B., die nach ihrer Auffassung nie Pfandgläubigerin der Liegenschaft gewesen war.
3
Das Betreibungsamt N. setzte der Maschinenfabrik M. am 26. März 1986 mittels des Formulars VZG Nr. 11a Frist zur Klage auf Aberkennung des in das Lastenverzeichnis aufgenommenen Anspruchs der Frau B. an.
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B.- Mit Eingabe vom 1. April 1986 beschwerte sich die Maschinenfabrik M. bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern. Sie verlangte von der Aufsichtsbehörde, es sei die gegenüber ihr verfügte Fristansetzung vom 26. März 1986 aufzuheben. Sodann stellte sie den Antrag, "es sei der Gesuchsgegnerin 1 (Frau B.) durch die Aufsichtsbehörde BGE 112 III, 26 (28)direkt oder durch das Betreibungsamt N. Frist zur gerichtlichen Klage gemäss Art. 107 Abs. 1 SchKG anzusetzen".
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Die Aufsichtsbehörde hiess am 21. April 1986 die Beschwerde in dem Sinne gut, dass die Verfügung des Betreibungsamtes N. vom 26. März 1986 betreffend die Fristansetzung zur Klage auf Aberkennung eines Anspruchs im Lastenverzeichnis aufgehoben wurde. Im übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
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C.- Die Maschinenfabrik M. erhob gegen den Entscheid vom 21. April 1986 der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern rechtzeitig Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese wies den Rekurs ab.
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Aus den Erwägungen:
 
2. Zu Unrecht hat die kantonale Aufsichtsbehörde ihren Entscheid unter Berufung auf BGE 87 III 65 ff. begründet. Dort hatten sich mehrere nicht an der Betreibung beteiligte Dritte als Gläubiger derselben Grundpfandverschreibung bezeichnet. Die Ansprüche schlossen sich gegenseitig aus, ohne dass indessen Bestand und Höhe der Grundpfandverschreibungen an sich umstritten gewesen wären. Der Umstand, dass mehrere Personen Gläubigereigenschaft beanspruchten, war deshalb ohne Einfluss auf das Lastenverzeichnis und die Verwertung des Pfandgegenstandes. Es genügte, dass das Betreibungsamt die Beteiligten auf die konkurrierenden Ansprüche hinwies. Durch gerichtliche Hinterlegung des Erlöses konnte sich sodann das Betreibungsamt befreien und es den Ansprechern anheimstellen, sich gütlich oder gerichtlich auseinanderzusetzen.
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Im vorliegenden Fall stehen sich nicht mehrere Personen gegenüber, welche Gläubiger derselben hypothekarisch gesicherten Forderung zu sein behaupten, sondern es macht die betreibende Gläubigerin geltend, die angemeldete Forderung eines Dritten sei nicht durch einen Schuldbrief gesichert. Im Gegensatz zu BGE 87 III 65 ff., wo der Gesamtbetrag der in das Lastenverzeichnis aufzunehmenden Pfandrechte vom Ausgang der Auseinandersetzung um die Gläubigereigenschaft unberührt blieb, ist deshalb in der hier zu beurteilenden Streitsache der Gesamtbetrag der Pfandrechte, die auf dem zu versteigernden Grundstück lasten, im Falle der Anerkennung von Frau B. als Pfandgläubigerin höher, als wenn ihr diese Eigenschaft abgesprochen wird. Besteht zu Recht BGE 112 III, 26 (29)eine Hypothekarforderung der Frau B., so verschlechtert sich die Stellung der betreibenden Maschinenfabrik M. - wie diese zutreffend argumentiert - entsprechend.
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Die vorliegende Auseinandersetzung müsste demnach in einen Lastenbereinigungsprozess münden, so dass entgegen der von der kantonalen Aufsichtsbehörde vertretenen Ansicht Art. 39 VZG, der Parteirollen und Gerichtsstand im Prozess regelt, anwendbar ist.
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Der Erwerb einer Grundpfandforderung hängt jedoch nicht von einer Eintragung im Grundbuch ab; vielmehr vollzieht sich der Wechsel eines Grundpfandgläubigers ausserhalb des Grundbuchs. Die Rechtsprechung hat dies in BGE 87 III 69 bezüglich der Grundpfandverschreibung festgehalten, doch gilt dies ebenso für Schuldbrief und Gült (vgl. Art. 869 ZGB) und im besonderen für den Inhaberschuldbrief, wie er hier zur Diskussion steht. Daher muss das Betreibungsamt die dem Grundbuch entnommenen Angaben über Namen und Wohnort der Pfandgläubiger durch Befragung des Schuldners nachprüfen und gegebenenfalls berichtigen (Art. 28 Abs. 2 VZG; BGE 87 III 69 f.). Das Lastenverzeichnis basiert somit auf dem Auszug aus dem Grundbuch und auf den ergänzenden Angaben des Schuldners. Stellt sich dabei heraus, dass sich Eigentümerpfandtitel im Besitz des Schuldners befinden, so müssen sie vom Betreibungsamt in Verwahrung genommen werden und dürfen sie bei der Aufstellung des Lastenverzeichnisses - gleich wie leere Pfandstellen - nicht berücksichtigt werden (Art. 13 und 35 Abs. 1 VZG).
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Die Rekurrentin macht nicht geltend, dass sich der Inhaberschuldbrief im III. Rang vom 13. März 1984 am Tag des Pfändungsvollzugs in den Händen des Schuldners S. befunden habe und dass aus diesem Grund die Hypothekarschuld nicht in das Lastenverzeichnis aufgenommen werden durfte. Das Betreibungsamt hatte somit keine Veranlassung, die Aufnahme dieses im Grundbuch eingetragenen Schuldbriefes in das Lastenverzeichnis abzulehnen, und es durfte von Frau B. auch keine Beweismittel verlangen, die deren Gläubigereigenschaft bestätigt hätten (Art. 36 Abs. 2 VZG).
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Liegt keine leere Pfandstelle vor und handelt es sich auch nicht um einen im Besitz des Schuldners befindlichen Eigentümerpfandtitel, BGE 112 III, 26 (30)so könnte nur die Löschung im Grundbuch zum Untergang des Pfandrechtes führen (vgl. Art. 801 Abs. 1 ZGB) und damit dem Betreibungsamt Anlass geben, den umstrittenen Schuldbrief nicht in das Lastenverzeichnis aufzunehmen. Auf eine Löschung im Grundbuch läuft denn auch das Begehren der Rekurrentin hinaus. Damit ist aber auch die Klägerrolle nach Massgabe von Art. 39 VZG vorgezeichnet, die - wie das Betreibungsamt N. mit seiner Verfügung vom 26. März 1986 richtig erkannt hat - der Maschinenfabrik M. zufiele.
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5. In dem von der Rekurrentin angerufenen BGE 104 III 15 wurde entschieden, dass ein Eigentümerschuldbrief, der auf einem gepfändeten Grundstück lastet, selbst nicht gepfändet werden könne. Hier jedoch steht die Pfändung des umstrittenen Schuldbriefes nicht zur Diskussion. Der zitierte Entscheid ist für den vorliegenden Fall nur insofern von Bedeutung, als in dessen E. 2b festgehalten wurde, dass im Rahmen des Lastenbereinigungsprozesses vom Richter zu entscheiden sei, ob das beanspruchte Pfandrecht rechtsgültig zugunsten eines Dritten begründet oder ob es als Eigentümerpfandrecht zu behandeln sei. Diese Überlegung gilt auch bezüglich des von Frau B. beanspruchten Pfandrechts, müsste doch - wie oben ausgeführt - der Richter im Lastenbereinigungsprozess entscheiden, ob sie den Schuldbrief rechtsgültig erworben habe oder ob dieser als Eigentümerschuldbrief im Besitz des Schuldners S. zu betrachten und entsprechend zu behandeln sei.
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