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Informationen zum Dokument  BGE 102 III 150  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 7 lit. h der Verordnung des Bundesgerichts betreffen ...
2. Mit dem garantierten Forderungsbetrag in Art. 7 lit. h EigVV k ...
3. Im vorliegenden Fall verhält es sich gleich. Der Kaufprei ...
4. Was die Rekurrentin hiegegen vorbringt, schlägt nicht dur ...
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28. Entscheid vom 1. September 1976 i.S. Serveasing AG, Gesellschaft für Kundendienst und Absatzförderung.
 
 
Regeste
 
Eigentumsvorbehaltsregister, Angabe des garantierten Forderungsbetrages.  
 
Sachverhalt
 
BGE 102 III, 150 (150)A.- Erika Hatt, Inhaberin des Café-Tea Room Englisch-Viertel in Zürich, kaufte mit Vertrag vom 14. Januar 1976 von der Supresso AG eine Kaffeemaschine Gaggia ELE-BEL 3 zur "Wertbasis" von Fr. 9'950.--. Als Gegenleistung verpflichtete BGE 102 III, 150 (151)sie sich, von der Kaiser AG insgesamt 2500 kg Kaffee im Mengen von mindestens 10 kg pro Woche zum Listenpreis der Lieferantin (bei Vertragsabschluss Fr. 14.50 pro kg) zuzüglich einem "Aufgeld" von Fr. 3.50 pro kg zu beziehen. Nach Ziff. 1 des Vertrages ist die Kaffeemaschine "als Gegenleistung für vereinbarte Kaffeebezüge im Austausch übereignet, wobei bis zur vollständigen Erfüllung der Eigentumsvorbehalt beim Lieferanten verbleibt". In Ziff. 3 trat die Supresso AG ihre Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis ab an die Serveasing AG, Gesellschaft für Kundendienst und Absatzförderung.
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Am 6. Februar 1976 meldete die Serveasing AG den Eigentumsvorbehalt an der Kaffeemaschine unter Vorlegung des Vertrages beim Betreibungsamt Zürich 2 an. Unter der Rubrik "Forderungsbetrag" machte sie folgende Angabe: "2500 x Fr. 3.50 = Fr. 8'750.--, sowie Abnahme von 2500 kg Kaffee (beides gemäss Vertrag)". Mit Verfügung vom 12. Februar 1976 weigerte sich das Betreibungsamt, den Eigentumsvorbehalt im Register einzutragen.
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B.- Hiegegen beschwerte sich die Serveasing AG beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Dieses wies die Beschwerde am 12. April 1976 ab. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 22. Juli 1976 abgewiesen.
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C.- Gegen den Beschluss des Obergerichts rekurrierte die Serveasing AG an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
 
1. Nach Art. 7 lit. h der Verordnung des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte (EigVV) hat die Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister die Angabe des durch den Eigentumsvorbehalt garantierten Forderungsbetrags zu enthalten. Entgegen der Ansicht der Rekurrentin steht diese Bestimmung keineswegs in Widerspruch zu Art. 715 ZGB. Der Zweck des Eigentumsvorbehaltsregisters besteht darin, den Eigentumsvorbehalt für Drittpersonen, BGE 102 III, 150 (152)die mit dem Erwerber in Verkehr treten und ihm Kredit gewähren wollen, erkennbar zu machen und diese Personen damit vor Irrtümern über die wirkliche Vermögenslage des Erwerbers zu bewahren (BGE 96 II 171, BGE 93 III 111 mit Hinweisen). Dieser Zweck kann nur dann erreicht werden, wenn aus dem Register der Restkaufpreis ersichtlich ist, mit dem die Sache belastet ist (BGE 81 III 79, BGE 39 I 156; HABERTHÜR, Die Verordnung des Bundesgerichts zum Eigentumsvorbehaltsregister, BlSchK 1963, S. 136). Allerdings ist richtig, dass die frankenmässige Bezifferung der Forderung nicht in allen Fällen verlangt werden kann, da mit dem Eigentumsvorbehalt nicht nur Geldforderungen, sondern auch Forderungen auf Sach- oder Dienstleistungen gesichert werden können (BGE 39 I 155; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER, N. 38 zu Art. 715/716 ZGB), was in der Praxis jedoch selten vorkommen dürfte. Insoweit ist der Wortlaut von Art. 7 lit. h EigVV, der vom Normalfall des Kaufes ausgeht, etwas zu eng.
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2. Mit dem garantierten Forderungsbetrag in Art. 7 lit. h EigVV kann nur die Gegenforderung des Veräusserers der Sache aus dem Veräusserungsgeschäft gemeint sein. Denn auf die Sicherung dieser Forderung beschränkt sich der Zweck des Eigentumsvorbehalts. Andere Forderungen des Veräusserers gegen den Erwerber können mit dem Vorbehalt des Eigentums an der veräusserten Sache nicht sichergestellt werden. Das liegt in der Natur dieses Rechtsinstituts und bedarf keiner näheren Begründung. Könnten mit der Verabredung des Eigentumsvorbehalts beliebige Forderungen gesichert werden, so liefe dies auf eine Umgehung des dem Fahrnispfandrecht zugrundeliegenden Faustpfandprinzips hinaus (BGE 56 III 81 /82). Aus diesem Grunde darf ein Vertrag, aus dem sich nicht mit Klarheit ergibt, welcher Anspruch durch den Eigentumsvorbehalt sichergestellt werden soll, im Eigentumsvorbehaltsregister nicht eingetragen werden (BGE 84 III 47 /48, BGE 56 III 81 /82, BGE 39 I 156; HABERTHÜR, a.a.O. S. 136). Dementsprechend hat das Bundesgericht beim Kaufe eines Geschäftes die Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes am Ladenmobiliar verweigert, weil der vereinbarte Kaufpreis nicht nur die Gegenleistung für das Mobiliar, sondern auch für die mit dem Geschäft übernommene Kundschaft umfasste und sich nicht ausmachen liess, welcher Teil auf das Mobiliar entfiel (BGE 56 III 79 ff.). Im gleichen Sinne hat es bereits in BGE 102 III, 150 (153)BGE 39 I 153 ff. entschieden. In diesem Fall hatte der Erwerber 11 Pferdegeschirre gegen Bezahlung von Fr. 40.-- pro Geschirr und gegen Überlassung einer entsprechenden Zahl alter Geschirre bezogen. Darüber hinaus hatte er sich gleichzeitig verpflichtet, die Geschirre durch den Veräusserer während 6 Jahren gegen Bezahlung von Fr. 55.-- pro Jahr und Geschirr unterhalten zu lassen. Das Bundesgericht verweigerte die Eintragung des Eigentumsvorbehaltes an den Geschirren mit der Begründung, es lasse sich dem Vertrag nicht entnehmen, welches die durch den Eigentumsvorbehalt zu sichernde Gegenleistung für den Erwerb der Geschirre sei, da die Verpflichtung des Erwerbers zur Bezahlung von Fr. 55.-- pro Jahr und Geschirr teils das Entgelt für die zu erbringende Dienstleistung (Unterhalt der Geschirre), teils einen Teil des Kaufpreises darstelle.
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3. Im vorliegenden Fall verhält es sich gleich. Der Kaufpreis für die Kaffeemaschine besteht nach den Ausführungen der Rekurrentin weder im "Aufgeld" von Fr. 3.50 pro kg Kaffee (was insgesamt bloss Fr. 8'750.-- ergäbe) noch in dem im Vertrag als "Wertbasis" bezeichneten Betrag von Fr. 9'950.--, sondern in der Pflicht, zum Listenpreis der Kaiser AG zuzüglich Aufgeld in einem bestimmten Zeitraum 2500 kg Kaffee zu beziehen. Welcher Teil des für den Kaffee zu bezahlenden Preises aber für die Kaffeemaschine bestimmt ist und welcher Teil als Entgelt für den bezogenen Kaffee, lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen und sagt die Rekurrentin auch in der Rekursschrift nicht. Deshalb kann auch nicht festgestellt werden, welche Leistung der Erwerberin durch den Eigentumsvorbehalt sichergestellt werden soll. (Dass die Bezahlung des Kaffees durch den Eigentumsvorbehalt an der Kaffeemaschine nicht gesichert werden kann, weil dadurch gegen das Verbot der Mobiliarhypothek verstossen würde, gibt auch die Rekurrentin zu). Die Eintragung des Eigentumsvorbehalts ist daher aus dem gleichen Grunde zu verweigern wie in den beiden angeführten Fällen. Wohl haben der Betreibungsbeamte und die Aufsichtsbehörden grundsätzlich nicht darüber zu entscheiden, ob der Eigentumsvorbehalt materiell gültig vereinbart worden sei - das ist Sache des ordentlichen Richters (BGE 96 III 55, BGE 91 III 39, BGE 89 III 32, 57) -, sondern allein darüber, ob die formellen Voraussetzungen für den Registereintrag erfüllt seien (BGE 93 III 103 /104, BGE 102 III, 150 (154)BGE 78 II 366; HABERTHÜR, a.a.O. S. 133). Die Eintragung darf indessen nicht vorgenommen werden, wenn die Ungültigkeit der Eigentumsvorbehaltsabrede wie hier auf der Hand liegt (BGE 96 III 55, BGE 91 III 39). Das Register soll nicht mit Eintragungen belastet werden, die offensichtlich ungültig sind.
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a) Sie macht zunächst geltend, der Eigentumsvorbehalt wolle nur die Pflicht zum Bezug von 2500 kg Kaffee, nicht auch dessen Bezahlung sicherstellen. Die Abnahmeverpflichtung könne jedoch ohne weiteres als Gegenleistung für die Veräusserung im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden. Dass dies der Sinn des Vertrages sei, ergibt sich indessen nicht mit Klarheit aus dessen Wortlaut, an den sich das Betreibungsamt zu halten hat (BGE 60 III 168 ff.). Wenn im Vertrag steht, das Eigentum an der Kaffeemaschine bleibe "bis zur vollständigen Erfüllung" beim Veräusserer bzw. Zessionar, so ist damit keineswegs gesagt, nur die Erfüllung der Bezugspflicht, nicht auch die Bezahlung des bezogenen Kaffees solle durch den Eigentumsvorbehalt gesichert werden. Im übrigen lässt sich die Auslegung der Rekurrentin im Ernst nicht vertreten. Denn es ist klar, dass der Bezugspflicht gar keine selbständige Bedeutung zukommt. Sie ist nur deswegen von Interesse, weil ihre Erfüllung stets eine entsprechende Zahlungspflicht der Erwerberin begründet. Und nur um diese Pflicht geht es der Rekurrentin. Es ist denn auch völlig undenkbar, dass die Kaiser AG der Erwerberin fast fünf Jahre lang jede Woche 10 kg Kaffee liefern würde, wenn diese jeweils nur das Aufgeld von Fr. 3.50 pro kg und nicht auch den Grundpreis des Kaffees bezahlte. In diesem Fall würde die Lieferantin ihre Lieferungen zweifellos einstellen mit der Begründung, die Bezugspflicht sei nicht erfüllt worden, so dass die Rekurrentin ihren Eigentumsvorbehalt geltend machen könne. Das zeigt, dass die Verkoppelung des Eigentumsvorbehalts mit der Kaffeebezugspflicht mindestens indirekt die dingliche Sicherung der Kaufpreisforderung für den Kaffee zur Folge hat, was nach dem Gesagten nicht angeht.
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b) Sodann erblickt die Rekurrentin in der Verweigerung des Eintrags eine Verletzung des Prinzips der Vertragsfreiheit und der Handels- und Gewerbefreiheit. Sie übersieht dabei, dass der Inhalt des Vertrages nach Art. 19 Abs. 1 OR von den BGE 102 III, 150 (155)Parteien nur innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgesetzt werden kann. Die Vertragsfreiheit ist daher nicht tangiert, wenn den Parteien verwehrt wird, das Institut des Eigentumsvorbehalts zu einem Zweck zu missbrauchen, zu dem es das Gesetz nicht zulässt. Mit der Handels- und Gewerbefreiheit hat dies vollends nichts zu tun, ganz abgesehen davon, dass die Verletzung dieses Verfassungsrechts im vorliegenden Verfahren nicht gerügt werden könnte (vgl. BGE 101 III 71). Im übrigen können die im streitigen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen obligatorisch durchaus gültig begründet werden. Unzulässig ist einzig, den Eigentumsvorbehalt zur dinglichen Sicherung von Ansprüchen zu verwenden, die nicht (bzw. nicht ausschliesslich) Gegenleistung der Eigentumsübertragung sind.
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Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
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Der Rekurs wird abgewiesen.
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