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Informationen zum Dokument  BGE 124 II 570  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
aus folgenden Erwägungen:
2. a) Streitig ist, ob die Vorsorgeeinrichtungen von den Versiche ...
3. Die Beschwerdekommission hat somit zu Recht erwogen, dass die  ...
4. a) Das Bundesamt hatte die Beschwerdeführerin verpflichte ...
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55. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. November 1998 i.S. X. Stiftung gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössische Beschwerdekommission der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 30a ff. BVG; Art. 331d OR und Art. 331e OR; Verwaltungskosten der Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge.  
Erfordernis einer reglementarischen Grundlage (E. 3).  
Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Beiträge (E. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 124 II, 570 (570)A.- Die X. Stiftung (Stiftung) ist eine Sammelstiftung mit dem Zweck, für die Arbeitnehmer der angeschlossenen Arbeitgeber die berufliche Vorsorge durchzuführen. Sie untersteht der Aufsicht des BGE 124 II, 570 (571)Bundesamtes für Sozialversicherung (Bundesamt). Der bei der Stiftung versicherte Y. ersuchte mit Schreiben vom 20. Mai 1995 um Zustellung der Unterlagen für den Vorbezug von Mitteln der beruflichen Vorsorge zur Förderung von Wohneigentum im Sinne von Art. 30c des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) in der Fassung des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1993 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (AS 1994 2372). Am 26. Juni 1995 sandte ihm die Stiftung die entsprechenden Unterlagen. Zugleich forderte sie ihn auf, ihr eine Bearbeitungsgebühr von Fr. 400.-- zukommen zu lassen, worin die Gebühren für den Grundbucheintrag enthalten seien. Y. stellte sich daraufhin unter Hinweis auf eine Mitteilung des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 12. Juni 1995 auf den Standpunkt, eine solche Pauschale dürfe nicht verlangt werden. Zudem setzte er das Bundesamt als Aufsichtsbehörde in Kenntnis über die Forderung der Stiftung.
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Das Bundesamt erliess am 14. März 1996 eine aufsichtsrechtliche Verfügung im Sinne von Art. 62 BVG. Darin erwog es, die Verwaltungskosten beim Vorbezug zur Finanzierung von Wohneigentum seien gemäss Art. 66 Abs. 1 BVG paritätisch und kollektiv zu tragen; sie dürften nur auf den einzelnen Versicherten überwälzt werden, wenn sie das übliche Mass überschreiten. Es sei anzunehmen, dass die Stiftung nicht nur im Falle von Y., sondern auch in übrigen Fällen einen Kostenbeitrag erhoben habe, obwohl ihr seit dem 12. Juni 1995 die gegenteilige Auffassung des Bundesamtes bekannt sei. Demgemäss verpflichtete das Bundesamt die Stiftung, innert drei Monaten sämtlichen Versicherten, denen seit dem 12. Juni 1995 für die Geltendmachung des Vorbezugs oder der Verpfändung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge zur Finanzierung des Wohneigentums BGE 124 II, 570 (572)Verwaltungskosten belastet worden waren und deren Gesuche keine besonderen Aufwendungen verursacht hatten, die jeweils erhobenen Verwaltungskosten mit Ausnahme der Gebühren für den Grundbucheintrag zurückzuvergüten.
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Die Stiftung erhob gegen diese Verfügung Beschwerde an die Eidgenössische Beschwerdekommission der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Beschwerdekommission). Diese erwog mit Urteil vom 5. August 1997, die Verwaltungskosten der beruflichen Vorsorge seien gemäss Art. 66 Abs. 1 BVG paritätisch zu tragen und nicht auf die einzelnen Versicherten zu überwälzen. Beim Bezug von Vorsorgegeldern zur Finanzierung des Wohneigentums könne zwar grundsätzlich ein individueller Unkostenbeitrag erhoben werden, da dies nicht eine für das Sozialversicherungsrecht typische Leistung sei und nur von einem Teil der Versicherten in Anspruch genommen werde. Eine solche Kostenauflage sei aber unabhängig vom Aufwand im Einzelfall nur zulässig, wenn sie reglementarisch oder statutarisch vorgesehen sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Demgemäss wies die Beschwerdekommission die Beschwerde ab und änderte die angefochtene Verfügung in dem Sinne ab, dass die Stiftung sämtliche von ihr seit dem 1. Januar 1995 verlangten Unkostenbeiträge für die Geltendmachung des Vorbezugs oder der Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge, unabhängig vom Verwaltungsaufwand im Einzelfall, den betroffenen Versicherten zurückzuerstatten habe, mit Ausnahme der Gebühren für die Anmerkung im Grundbuch.
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B.- Die Stiftung erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil der Beschwerdekommission aufzuheben und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, die erhobenen Verwaltungskostenbeiträge zurückzuerstatten.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen:
 
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b) Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, der einzelne Versicherte verursache durch den Vorbezug bzw. die Verpfändung aussergewöhnliche Unkosten, die nicht durch die Gesamtheit der Versicherten getragen, sondern den individuellen Verursachern überbunden werden sollten. Demgegenüber ist das Bundesamt der Ansicht, diese Unkosten gehörten zu den ordentlichen Verwaltungskosten, welche nicht von den einzelnen Versicherten, sondern gemäss Art. 66 BVG durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu finanzieren seien. Nur wenn die Kosten das übliche Mass überstiegen, könne der betreffende Teil den einzelnen Versicherten überbunden werden. Nach Auffassung der Beschwerdekommission schliesslich ist die Überbindung der Verwaltungskosten auf einzelne Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen zulässig; namentlich müssten die Arbeitgeberbeiträge gesamthaft mindestens BGE 124 II, 570 (573)gleich hoch sein wie die Arbeitnehmerbeiträge inklusive der individuell erhobenen Verwaltungskostenbeiträge; zudem bedürfe die Überbindung der Kosten in jedem Fall einer reglementarischen Grundlage.
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c) Die Vorsorgeeinrichtungen sind gemäss Art. 49 BVG im Rahmen der gesetzlichen und verfassungsmässigen Schranken in ihrer Finanzierung frei (BGE 121 II 198 E. 3 S. 203). Die Aufsichtsbehörden haben über die Einhaltung der Rechtmässigkeit zu wachen (Art. 62 BVG; BGE 121 II 198 E. 2a S. 201), wozu namentlich auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre gehört (BGE 121 II 198 E. 4). Hingegen dürfen die Aufsichtsbehörden nicht in den Ermessensbereich der Einrichtungen eingreifen (CHRISTINA RUGGLI, Die behördliche Aufsicht über Vorsorgeeinrichtungen, Diss. Basel 1992, S. 80). Es ist somit zu prüfen, ob eine Rechtsnorm oder ein allgemeiner Rechtsgrundsatz die Erhebung individueller Verwaltungskostenbeiträge verbietet.
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d) Weder die Art. 30a ff. BVG bzw. 331d und 331e OR noch die Verordnung vom 3. Oktober 1994 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV; SR 831.411) äussern sich ausdrücklich zur Frage, ob den Versicherten beim Vorbezug oder bei der Verpfändung von Vorsorgemitteln zur Wohneigentumsförderung Verwaltungskosten auferlegt werden dürfen.
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e) Art. 66 Abs. 1 BVG legt für den obligatorischen Bereich den Grundsatz der Beitragsparität fest; für den überobligatorischen Bereich ergibt sich dieser Grundsatz aus Art. 331 Abs. 3 OR. Diese beiden Bestimmungen verlangen jedoch nur eine kollektive oder relative Beitragsparität, nicht eine individuelle: Die Summe der Arbeitgeberbeiträge muss mindestens gleich hoch sein wie die Summe der Arbeitnehmerbeiträge. Das schliesst nicht aus, dass einzelne Arbeitnehmer mehr bezahlen als andere und auch mehr, als der Arbeitgeber für sie persönlich leistet (STEFANO BEROS, Die Stellung des Arbeitnehmers im BVG. Obligatorium und freiwillige berufliche Vorsorge. Diss. Zürich 1993, S. 89 f.; GERHARD GERHARDS, Grundriss Zweite Säule, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, Bern 1990, S. 108 f.; HANS MICHAEL RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, Bern 1985, S. 98 f.). Art. 66 Abs. 1 BVG bzw. Art. 331 Abs. 3 OR stehen somit einer Kostenauflage an einzelne Versicherte nicht entgegen, die einen besonderen Verwaltungsaufwand verursacht haben. Auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre lässt sich ein solches Verbot nicht ableiten: Wer einen besonderen Aufwand verursacht, schafft BGE 124 II, 570 (574)insofern aussergewöhnliche Sachumstände, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, wonach eine Überbindung von Auslagen an den Versicherten unzulässig ist, soweit es um Abklärungen im Zusammenhang mit Leistungen im Umfange der BVG-Mindestvorschriften geht, im Übrigen jedoch erlaubt ist (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 25. Juli 1994, publiziert in SVR, 1994 BVG 18 47, E. 4).
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f) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist auch der Grundsatz der kollektiven Beitragsparität für die Verwaltungskosten bei Verpfändung und Vorbezug zum Zweck der Wohneigentumsförderung nicht anwendbar. Indessen ergibt sich dieser Grundsatz zwingend aus dem klaren Text von Art. 66 Abs. 1 BVG. Auch der im überobligatorischen Bereich massgebende Art. 331 Abs. 3 OR ist zu Gunsten der Arbeitnehmer zwingend (Art. 362 OR; BGE 107 II 430 E. 4 S. 435). Dass Art. 67 BVG in Verbindung mit Art. 42 BVV 2 (SR 831.441.1) nur von den Risiken Alter, Tod und Invalidität spricht, bedeutet nicht, dass Verwaltungskosten vom Grundsatz der Beitragsparität ausgenommen wären: Art. 66 BVG bezieht sich nicht auf die zu deckenden Risiken, sondern auf die gesamten Aufwendungen der Vorsorgeeinrichtung. Dazu gehören klarerweise nebst den zur Risikodeckung erforderlichen Mitteln auch die Verwaltungskosten (CARL HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 6. Aufl. Bern 1995, S. 119 und 279; GERHARDS, a.a.O., S. 105). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb das für einzelne Arten von Verwaltungskosten nicht gelten soll. Die Wohneigentumsförderung ist nicht ein systemfremdes Element im Recht der beruflichen Vorsorge, sondern eine gesetzlich vorgesehene Form der Altersvorsorge. Wohl hat der Gesetzgeber beim Erlass von Art. 66 BVG noch nicht an die Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der Wohneigentumsvorsorge gedacht. Das kann aber kein Grund sein, diese Kosten vom Grundsatz der Parität auszunehmen; es ist nicht selten, dass ein Gesetz auf Sachverhalte angewendet wird, die es in dieser Form beim Erlass des Gesetzes noch nicht gab. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich auch kein innerer Widerspruch, wenn einerseits eine individuelle Kostenbeteiligung der Versicherten zugelassen, andererseits trotzdem der Grundsatz der kollektiven Betragsparität angewendet wird. Die kollektive Beitragsparität bezieht sich auf die Summe aller Beiträge, die individuelle auf die Beiträge Einzelner. Dass von dieser abgewichen werden kann, bedeutet nicht, dass jene nicht einzuhalten wäre.
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BGE 124 II, 570 (575)g) Mit Recht hat die Beschwerdekommission verlangt, der individuell verlangte Beitrag dürfe nicht so hoch sein, dass eine abschreckende Wirkung erzielt werde. Der gesetzliche Zweck, den Erwerb von Wohneigentum zu fördern, darf nicht durch die Ausgestaltung von Verwaltungskostenvorschriften vereitelt werden. Die Beschwerdeführerin verlangt für den Vorbezug einen Pauschalbeitrag von Fr. 400.--. Umgerechnet auf die minimale Vorbezugssumme von Fr. 20'000.-- (Art. 5 Abs. 1 WEFV) entspricht das 2%. Dieser Betrag bewegt sich in der Grössenordnung der Bearbeitungsgebühr, welche auch von privaten Banken für die Erteilung von Hypothekarkrediten in dieser Höhe verlangt wird, und kann nicht beanstandet werden.
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h) Nach Auffassung des Bundesamtes ist eine Erhebung individueller Verwaltungskostenbeiträge nur zulässig, soweit diese Kosten über die zur Bearbeitung eines normalen Gesuchs erforderlichen Aufwendungen hinausgehen. Diese Unterscheidung ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Sie wirft zudem Praktikabilitätsprobleme auf. Es müsste festgelegt werden, was unter einem "normalen" Gesuch bzw. Aufwand zu verstehen ist; der darüber hinausgehende Bearbeitungsaufwand müsste individuell erhoben werden. Im Lichte einer rationellen Verwaltungsführung muss - soweit überhaupt eine Unkostenbeteiligung der Versicherten ins Auge gefasst wird - eine weitgehende Pauschalierung zulässig sein.
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a) Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, in ihren Reglementen befinde sich eine Grundlage für die Erhebung der fraglichen Unkostenbeiträge. Sie bringt hingegen vor, die Erhebung von Unkostenanteilen sei auch aufgrund von Einzelabreden zulässig. Das gelte bereits für den obligatorischen und umso mehr für den überobligatorischen Bereich.
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b) Im obligatorischen Bereich entsteht das Vorsorgeverhältnis unmittelbar von Gesetzes wegen; einzelvertragliche Abmachungen sind zwar nicht völlig ausgeschlossen, doch lässt die gesetzliche und reglementarische Regelung nur einen geringen Spielraum für privatautonome Gestaltung (BEROS, a.a.O., S. 48, 54 ff.; JÜRG BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Bern 1989, S. 442; RIEMER, a.a.O., S. 99 f.). Jedenfalls dürfen sie nicht einer gesetzlichen Regelung widersprechen.
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BGE 124 II, 570 (576)Gemäss Art. 50 BVG erlassen die Vorsorgeeinrichtungen reglementarische Bestimmungen unter anderem über ihre Verwaltung und Finanzierung. Nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BVG wird sodann die Höhe der Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in den reglementarischen Bestimmungen festgelegt. Finanzielle Pflichten der Versicherten bedürfen daher einer reglementarischen Grundlage (vgl. BGE 118 V 229 E. 6c/bb S. 236; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 27. Dezember 1988, publiziert in SZS 1989 211, E. 3). Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt - analog zu dem im staatlichen Bereich geltenden Legalitätsprinzip - einerseits darin, dass für alle Beteiligten die massgebenden Regeln in generell-abstrakter Form festgelegt sind, wodurch Vorhersehbarkeit und Rechtsgleichheit in der Anwendung gewährleistet werden (vgl. BGE 118 V 229 E. 6c/bb S. 236); andererseits können beim Erlass von Reglementen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch mitwirken (Art. 51 BVG). Das Erfordernis einer reglementarischen Form sichert damit die gesetzlich vorgesehene paritätische Verwaltung der Vorsorgeeinrichtungen, die insbesondere bei Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtungen sonst schlecht gewährleistet werden kann (vgl. BGE 124 II 114 E. 2b/c). Dieses Erfordernis muss auch gelten für die Auferlegung von Verwaltungskosten bei Aufwendungen, die ein normales Ausmass überschreiten. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Abgrenzung zwischen normalen und darüber hinausgehenden Aufwendungen nicht eindeutig ist; ohne reglementarische Grundlage kann eine rechtsgleiche und willkürfreie Handhabung einer solchen Abgrenzung nicht sichergestellt und die erforderliche Rechtssicherheit nicht gewährleistet werden.
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c) Es trifft zu, dass die Art. 50 und 66 BVG gemäss Art. 49 Abs. 2 BVG für den überobligatorischen Bereich nicht anwendbar sind. Anders als im obligatorischen Bereich wird hier das Vorsorgeverhältnis nicht unmittelbar durch Gesetz, sondern durch einen privatrechtlichen Vorsorgevertrag begründet; das Reglement der Vorsorgeeinrichtung stellt den vorformulierten Inhalt des Vorsorgevertrags dar, wobei unter Umständen im Einzelfall schriftliche abweichende Abreden nicht ausgeschlossen sind (BGE 122 V 142 E. 4b S. 145; 118 V 229 4b S. 232).
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d) Im Bereich der Verpfändung oder des Vorbezugs von Mitteln der beruflichen Vorsorge zum Zwecke der Wohneigentumsförderung ist die Unterscheidung zwischen obligatorischem und überobligatorischem Bereich jedoch weder praktikabel noch rechtlich erheblich: Im Einzelfall dürfte es kaum möglich sein, ein konkretes Gesuch BGE 124 II, 570 (577)je nach Bereich unterschiedlich zu behandeln. Verpfändet und vorbezogen werden können Ansprüche auf Altersleistung unabhängig davon, ob es sich um obligatorische oder überobligatorische Ansprüche handelt. Die Vorsorgeeinrichtungen sind unmittelbar gesetzlich verpflichtet, den Versicherten auf deren Ersuchen hin unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen den Vorbezug zu ermöglichen (vgl. Botschaft zum Wohneigentumsförderungsgesetz, BBl 1992 VI 237 ff., 249, 264; MARKUS MOSER, Die Anforderungen des neuen Wohneigentumsförderungsgesetzes, SZS 1995 S. 200 f.); das Gesetz stellt es weder im obligatorischen (Art. 30a ff. BVG) noch im überobligatorischen (Art. 331d f. OR) Bereich ins Belieben der Vorsorgeeinrichtung, die Verpfändung bzw. den Vorbezug zuzulassen oder nicht. Das schliesst insoweit die Möglichkeit einer vertraglichen Regelung zwingend aus: Eine solche käme nur bei übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung zustande (Art. 1 Abs. 1 OR). Wäre eine vertragliche Regelung zulässig, hätte es die Vorsorgeeinrichtung in der Hand, einen Vorbezug nicht oder nur unter einschränkenden Voraussetzungen zuzulassen. Das widerspräche dem Willen des Gesetzes.
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Zudem gelten auch im Bereich der überobligatorischen Versicherung die Vorschriften über die paritätische Verwaltung (Art. 51 BVG) sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie namentlich das Prinzip der Gleichbehandlung der Destinatäre (vgl. BGE 121 II 198 E. 2a und 4; BGE 120 V 312 E. 4). Einzelabreden sind deshalb auch im Bereich der überobligatorischen Versicherung unzulässig, soweit sie dazu führen, dass diese Grundsätze missachtet werden.
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e) Auch die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die Auszahlung nicht von der vorgängigen Leistung eines Unkostenbeitrags abhängig gemacht werden darf; logischerweise kann sie deshalb auch nicht davon abhängig sein, dass der Versicherte sich vertraglich bereit erklärt, einen Unkostenbeitrag zu leisten, da dies rechtlich zum gleichen Ergebnis führen würde. Die vertragliche Verpflichtung, einen Unkostenbeitrag zu leisten, würden demnach nur diejenigen Vorsorgenehmer eingehen, welche freiwillig bereit sind, der Vorsorgeeinrichtung mehr zu bezahlen, als sie müssten, bzw. - realistisch gesehen - diejenigen, welche über die Rechtslage schlecht informiert sind. Gerade in dem konkreten Fall, welcher der vorliegenden Streitigkeit zugrunde lag, ist hinsichtlich des Unkostenbeitrags keine übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung zustande gekommen, so dass auch nach Auffassung der Beschwerdeführerin der Beitrag nicht erhoben werden könnte. Die von der BGE 124 II, 570 (578)Beschwerdeführerin vorgeschlagene vertragliche Konstruktion würde darauf hinauslaufen, dass ein Teil der Vorsorgenehmer aufgrund ihres schlechten Informationsstandes einen reglementarisch nicht vorgesehenen Beitrag leistet. Die Beschwerdekommission hat mit Recht erkannt, dass dies zu einer ungerechtfertigten und daher bundesrechtswidrigen Ungleichbehandlung unter den Versicherten führen würde.
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f) Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Unkostenbeiträge sind somit mangels einer reglementarischen Grundlage rechtswidrig.
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4. a) Das Bundesamt hatte die Beschwerdeführerin verpflichtet, alle seit dem 12. Juni 1995 erhobenen Verwaltungskosten (mit Ausnahme der Grundbuchgebühren) zurückzuerstatten, soweit die Behandlung der Gesuche keine besonderen Aufwendungen verursachten. Das Datum des 12. Juni 1995 begründete das Bundesamt damit, dass in den an diesem Tag erschienenen «Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 33» seine Auffassung publiziert wurde und seither der Beschwerdeführerin bekannt war. Die Beschwerdekommission änderte die Verfügung des Bundesamtes in zwei Punkten zum Nachteil der Beschwerdeführerin ab: Erstens sind sämtliche Unkostenbeiträge zurückzuerstatten, nicht nur diejenigen im Zusammenhang mit Gesuchen, die keinen besonderen Aufwand verursachten; zweitens sind nicht erst die seit dem 12. Juni 1995 erhobenen Beiträge zurückzuerstatten, sondern alle, die seit Inkrafttreten des Wohneigentumsförderungsgesetzes am 1. Januar 1995 erhoben wurden. Diese reformatio in peius ist grundsätzlich zulässig, nachdem die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Beschwerdekommission Gelegenheit hatte, sich dazu zu äussern (Art. 62 Abs. 2 und 3 VwVG in Verbindung mit Art. 74 Abs. 3 BVG bzw. Art. 71a Abs. 2 VwVG). Zu prüfen bleibt, ob die Anordnung inhaltlich rechtmässig ist.
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b) Analog zu den privatrechtlichen Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) gilt auch im Verwaltungsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass Zuwendungen, die aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund erfolgen, zurückzuerstatten sind (BGE 105 Ia 214 E. 5 S. 217; BGE 88 I 213 S. 216 f.; BGE 78 I 86 E. 1 S. 88; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 28. Februar 1997 i.S. T., E. 3a; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl. Zürich 1998, S. 158; MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Basel 1976, BGE 124 II, 570 (579)Nr. 32.B.I S. 191; PIERRE MOOR, Droit administratif, Vol. 2, Bern 1991, S. 100 ff.; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 32.B.I S. 93; BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl. Basel 1991, S. 166 Rz. 756). Das gilt auch im Sozialversicherungsrecht (vgl. BGE 110 V 145 E. 4a S. 154; BGE 105 V 309 E. I.1 S. 313; BGE 102 V 91 E. III.1 S. 98 f.; BGE 98 V 274 E. 2 S. 275 f.; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 158 Rz. 611). Ungerechtfertigt sind namentlich Leistungen, auf welche materiellrechtlich kein Anspruch besteht (BGE 98 V 274 E. 2 S. 275). Da, wie ausgeführt, keine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Unkostenbeiträge besteht, ist die Beschwerdeführerin um den Betrag der bezogenen Beiträge ungerechtfertigt bereichert.
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c) Eine Leistung ist nicht ohne Rechtsgrund erbracht worden, wenn sie aufgrund einer zwar materiellrechtlich falschen, aber rechtskräftigen Verfügung erfolgt ist und sofern kein Grund besteht, auf diese Verfügung zurückzukommen (BGE 111 V 329 E. 1 S. 332; BGE 110 V 176 E. 2a S. 179; BGE 105 Ia 214 E. 5 S. 217; IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 32.B.II; MOOR, a.a.O., S. 102; KNAPP, a.a.O., S. 166 Rz. 757; RHINOW/KRÄHENMANN, a.a.O., Nr. 32.B.II). Die vorliegend zur Diskussion stehenden Beiträge sind jedoch nicht aufgrund einer Verfügung geleistet worden, zumal Vorsorgeeinrichtungen gar nicht ermächtigt sind, Verfügungen zu erlassen (BGE 115 V 224 E. 2).
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d) Nach Art. 63 OR kann, wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt hat, das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befand. Mit diesem zusätzlichen Erfordernis ist für den Bereich der Leistungskondiktion eine gegenüber der allgemeinen Regel von Art. 62 OR abweichende Spezialregelung festgelegt (BGE 123 III 101 E. 3a S. 107). Hingegen liegt keine freiwillige Bezahlung einer Nichtschuld vor, wenn eine Leistung versehentlich und ungewollt erbracht wurde (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 19. Dezember 1989 i.S. M., E. 2a). In diesem Fall entfällt der Irrtumsnachweis (BGE 123 III 101 E. 3a S. 107).
26
e) Die Regeln des Zivilrechts sind auf individualisierbare Einzelfälle zugeschnitten. Sie können nicht in jeder Hinsicht unbesehen auf das öffentliche Recht übertragen werden, insbesondere wenn es sich um Rechtsbeziehungen im Bereich der Massenverwaltung handelt. Vorliegend kann aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diejenigen Versicherten, welche der Aufforderung der Beschwerdeführerin BGE 124 II, 570 (580)nachgekommen sind und den Unkostenbeitrag entrichtet haben, dies nicht freiwillig taten, sondern der Meinung waren, den einverlangten Betrag zu schulden. Unter diesen Umständen kann nicht verlangt werden, dass die einzelnen Versicherten individuell nachweisen, sich über den Bestand der Schuld geirrt oder die Leistung versehentlich erbracht zu haben. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen die Beschwerdeführerin aufsichtsrechtlich ohne weitere Voraussetzung verpflichtet haben, die erhobenen Beiträge zurückzuerstatten.
27
f) Da, wie festgestellt, auch für die Erhebung überdurchschnittlicher Gebühren eine reglementarische Grundlage erforderlich ist, hat die Beschwerdekommission mit Recht die Rückerstattung sämtlicher Beiträge (mit Ausnahme der Grundbuchgebühren) angeordnet.
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g) Das Bundesamt hatte die Rückerstattung erst für die ab 12. Juni 1995 verlangten Beiträge verfügt, da sie erst dann ihre Rechtsauffassung publiziert habe. Bei der entsprechenden Notiz in den «Mitteilungen über die berufliche Vorsorge» handelte es sich indessen um eine rechtlich unverbindliche Meinungsäusserung des Bundesamtes. Die Rechtswidrigkeit der erhobenen Beiträge kann sich nicht daraus ergeben, dass die Beschwerdeführerin einer unverbindlichen Meinungsäusserung des Bundesamtes zuwiderhandelte, sondern einzig daraus, dass die Beiträge mit dem objektiv geltenden, seit 1. Januar 1995 in Kraft stehenden Recht nicht vereinbar sind. Dass die Rechtslage nicht von Anfang an völlig klar und unbestritten war, ändert daran nichts. Auch spielt es im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung keine Rolle, ob der Bereicherte um das Fehlen eines Rechtsgrundes wusste. Mit Recht hat daher die Beschwerdekommission die Rückerstattung bereits für die ab 1. Januar 1995 erhobenen Beiträge angeordnet.
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