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Informationen zum Dokument  BGE 117 II 359  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
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2. Der Kläger verlangt die Abänderung der in der gerich ...
3. Gemäss Art. 153 Abs. 2 ZGB wird eine wegen Bedürftig ...
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6. Die Berufung erweist sich somit insoweit als begründet, a ...
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66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. Oktober 1991 i.S. J. gegen D. (Berufung)
 
 
Regeste
 
Herabsetzung einer Unterhaltsersatzrente wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse (Art. 151 Abs. 1 und Art. 153 Abs. 2 ZGB).  
2. Für die Herabsetzbarkeit ist es ohne Bedeutung, warum sich die wirtschaftliche Lage des oder der Berechtigten verbessert hat (E. 4b).  
3. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Berechtigten kann demgegenüber nicht zu einer nachträglichen Erhöhung der Rente führen (E. 4c).  
4. Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Unterhaltsersatzrente wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse (E. 5).  
5. Bei der Beurteilung der Einkommensverbesserung ist vom Einkommen des rentenberechtigten Teils auszugehen, das der Scheidungsrichter seinem Urteil zugrunde gelegt hat, auch wenn das tatsächlich erzielte Einkommen höher gewesen ist (E. 6).  
 
Sachverhalt
 
BGE 117 II, 359 (360)A.- Am 8. November 1979 wurde die Ehe von Rudolf J. und Liselotte D. vom Bezirksgericht Zürich geschieden. In der gerichtlich genehmigten Konvention verpflichtete sich der Ehemann unter anderem aufgrund von Art. 151 Abs. 1 und 2 ZGB, der Frau lebenslang eine Rente von monatlich Fr. 1'100.-- zu bezahlen. Diese sollte sich jedesmal bei Wegfall eines Kinderunterhaltsbeitrages um Fr. 200.-- erhöhen; für den Zeitpunkt der Pensionierung des Klägers wurde eine Reduktion der Frauenrente auf ein BGE 117 II, 359 (361)Fünftel des Nettoeinkommens des Klägers vereinbart. Die Rente wurde indexiert.
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B.- Am 2. März 1989 klagte Rudolf J. beim Bezirksgericht Bülach gegen Liselotte D. auf Abänderung des Scheidungsurteils und verlangte die Aufhebung der Rente. Mit Entscheid vom 7. September 1989 hiess das Bezirksgericht die Klage teilweise gut und reduzierte die Rente um die Hälfte.
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Auf Berufung von Liselotte D. hin hob das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 20. Juni 1990 diesen Entscheid auf und wies die Klage ab.
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C.- Rudolf J. gelangt mit Berufung an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Herabsetzung der Rente auf die Hälfte ihres bisherigen Betrages. Liselotte D. beantragt die Abweisung der Berufung. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut
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aus folgenden Erwägungen:
 
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Das Obergericht hat festgehalten, dass eine Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts nur herabgesetzt werden könne, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners verschlechtert, nicht aber wenn sich jene des Gläubigers verbessert habe. In seinem einlässlich begründeten Urteil kommt es zum Ergebnis, es bestehe auch im vorliegenden Fall kein Grund, von dieser Praxis abzuweichen. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung.
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Demgegenüber war schon vor Obergericht nicht mehr streitig, dass die Hälfte der Rente nicht Unterhaltsersatz darstellt und deshalb für diesen Teil eine Herabsetzung nach Art. 153 Abs. 2 ZGB nicht in Frage kommt.
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3. Gemäss Art. 153 Abs. 2 ZGB wird eine wegen Bedürftigkeit ausgesetzte Rente auf Verlangen des pflichtigen Ehegatten aufgehoben oder herabgesetzt, wenn die Bedürftigkeit nicht mehr besteht oder in erheblichem Masse abgenommen hat sowie wenn BGE 117 II, 359 (362)die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen der Höhe der Rente nicht mehr entsprechen. Diese auf Renten nach Art. 152 ZGB zugeschnittene Bestimmung hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung seit langem schrittweise auf Unterhaltsersatzrenten nach Art. 151 Abs. 1 ZGB ausgedehnt.
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Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung bildete die Überlegung, dass Art. 153 Abs. 2 ZGB eine den Unterhalt sichernde Rente betreffe. Art. 152 ZGB sei aber nicht die einzige Norm, auf die sich eine für den Unterhalt bestimmte Rente abstützen könne. Wohl beziehe sich bei einer wörtlichen Auslegung nur diese Bestimmung auf den Unterhalt, nicht aber Art. 151 Abs. 1 ZGB. Diese Interpretation sei aber zu eng. Soweit es das Verschulden des Anspruchsgegners erlaube, eine Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zuzusprechen, sei damit auch der Anspruch auf Unterhalt im Sinne von Art. 152 ZGB abgedeckt. Art. 153 Abs. 2 ZGB dürfe deshalb nicht dahin verstanden werden, dass diese Bestimmung jede Abänderung einer nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zugesprochenen Rente ausschliesse (BGE 60 II 392ff.). Das Bundesgericht empfahl damals, im Scheidungsurteil einen Berichtigungsvorbehalt anzubringen, wenn eine Rente als Entschädigung für entgangenen Unterhalt zugesprochen werde (BGE 60 II 395). In einem weiteren Urteil sprach sich das Bundesgericht dafür aus, dass der Anspruch auf Unterhaltsersatz nach Art. 151 Abs. 1 ZGB durch jenen von Art. 152 ZGB konsumiert werde, wenn die Unterhaltsersatzrente nicht genüge, um die Bedürftigkeit zu beheben (BGE 68 II 7). Daran schloss die Überlegung an, dass sich die Herabsetzbarkeit von Renten, die dem Unterhalt des geschiedenen Ehegatten dienen, - jedenfalls bei Verschlechterung der Lage des Pflichtigen - nach einheitlichen Kriterien richte, unabhängig davon, auf welche Norm die Alimente abgestützt würden. Auch bei einer Rente nach Art. 151 ZGB sei somit ein ausdrücklicher Abänderungsvorbehalt im Scheidungsurteil nicht nötig (BGE 71 II 12 f.). Die in diesem Entscheid noch offengelassene Frage, ob die Herabsetzung einer Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB auch möglich sei, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Berechtigten verbessert habe, wurde anschliessend mit Verweis auf diesen Entscheid regelmässig verneint (BGE 80 II 189 f.; 100 II 249 E. 4a; BGE 104 II 239 E. 3; BGE 110 II 114 f.; BGE 115 II 316 E. a). Diese Betrachtungsweise hat das Bundesgericht in einem neusten Entscheid aufgegeben, weil sich eine unterschiedliche Behandlung der Unterhaltsersatzrenten nach Art. 151 ZGB und der Bedürftigkeitsrenten nach Art. 152 BGE 117 II, 359 (363)ZGB durch nichts rechtfertigen lasse (BGE 117 II 212 ff.). Es lässt die Herabsetzung einer Unterhaltsersatzrente nunmehr auch wegen einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Berechtigten zu, sofern diese Änderung erheblich und von Dauer ist und überdies im Zeitpunkt der Scheidung nicht schon voraussehbar war.
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a) Die Gleichbehandlung der Herabsetzung von Unterhaltsersatz- und von Bedürftigkeitsrenten rechtfertigt sich jedenfalls zum Teil aufgrund des neuen Eherechts. Dieses sieht vor, dass das Einkommen beider Ehegatten beim Festlegen der gegenseitigen Unterhaltsansprüche grundsätzlich in gleicher Weise zu berücksichtigen ist (BGE 114 II 15 f.; 301 f.; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, N. 22 zu Art. 163 ZGB und N. 8 zu Art. 173 ZGB). Demgegenüber hatte die Ehefrau nach altem Recht einen Anspruch darauf, ihren Beitrag an den Unterhalt in erster Linie in natura zu erbringen (LEMP, Berner Kommentar, N. 54 zu Art. 161 alt ZGB), und musste entsprechend nur einen Teil ihres Einkommens für den Familienunterhalt verwenden (BGE 110 II 117 ff.; BGE 111 II 105 f.). Wenn sich unter dem neuen Recht das Einkommen der Ehefrau erheblich erhöht, kommt diese Einkommensverbesserung - im Unterschied zum alten Recht - im gleichen Masse der Familie zugute, wie wenn sich das Einkommen des Ehemannes verbessert. Es lässt sich daher nicht aufrechterhalten, dass die Unterhaltsersatzrente nicht herabgesetzt werden soll, wenn sich das Einkommen der geschiedenen Frau erheblich verbessert hat; dies hätte auch bei fortbestehender Ehe zu einer Reduktion ihres Unterhaltsanspruchs geführt.
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Das Obergericht hält diese Überlegungen vorliegend für nicht anwendbar, weil die Scheidung noch unter altem Eherecht erfolgt sei und das neue Eherecht sich somit nicht auf die Ehe der Parteien ausgewirkt habe. Es trifft zu, dass sich Rechtsänderungen grundsätzlich nicht auf abgeschlossene Sachverhalte auswirken (Art. 1 SchlT ZGB). Entsprechend kann das neue Recht auf die Ehe der Parteien keine Anwendung finden, nachdem die Ehe lange vor dessen Inkrafttreten geschieden worden ist. Rechtsverhältnisse, BGE 117 II, 359 (364)deren Inhalt unabhängig vom Willen der Beteiligten durch das Gesetz umschrieben wird, sind jedoch nach neuem Recht zu beurteilen, auch wenn sie vor dessen Inkrafttreten begründet worden sind (Art. 3 SchlT ZGB). Die Scheidungsrente ist vorliegend zwar noch unter dem alten Recht festgelegt worden; sie begründet aber ein Dauerschuldverhältnis, dessen Abänderbarkeit sich in erster Linie nach dem Gesetz richtet (Art. 153 ZGB). Insofern steht das Übergangsrecht einer Berücksichtigung des neuen Eherechts nicht entgegen. Dieses Ergebnis drängt sich auch deshalb auf, weil die Ehegatten unabhängig von ihrem Willen den neuen Bestimmungen über den ehelichen Unterhalt unterstünden, wenn ihre Ehe fortgedauert hätte. Wird aber selbst bei bestehender Ehe der Unterhaltsanspruch durch den Rechtswechsel betroffen, kann dieser Anspruch nicht im alten Umfang aufrecht bleiben, bloss weil die Ehe vor Inkrafttreten des neuen Rechts geschieden worden ist. Der Auffassung des Obergerichts kann somit nicht gefolgt werden.
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b) Das Obergericht befürchtet eine grosse Rechtsunsicherheit, weil es sich um einen Billigkeitsentscheid handle und deshalb nicht zu sehen sei, welche wirtschaftlichen Verbesserungen zu berücksichtigen seien. Es verkennt dabei aber, dass es sich nicht um einen reinen Billigkeitsentscheid handelt. Der Herabsetzbarkeit der Unterhaltsersatzrente liegt vielmehr der Gedanke zugrunde, dass auch bei Fortbestand der Ehe der Unterhaltsanspruch nicht unverändert geblieben wäre und der durch die Scheidung verursachte Schaden sich entsprechend vermindert hätte. Die Abweichung von den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen besteht nur darin, dass eine Abänderung des einmal festgelegten Ersatzanspruches aufgrund von späteren Ereignissen möglich bleibt.
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Aus der Überlegung heraus, dass die Herabsetzung der Rente sich deshalb rechtfertigt, weil sich der mit der Scheidung eingetretene Schaden im nachhinein als kleiner erweist als ursprünglich angenommen, ergibt sich auch, welche Veränderungen zu berücksichtigen sind. Es ist grundsätzlich nicht entscheidend, ob sich die wirtschaftliche Lage des oder der Berechtigten verbessert hat, weil er oder sie die Erwerbstätigkeit ausgedehnt hat oder weil seine oder ihre vom Umfang her gleich gebliebene Tätigkeit besser entlöhnt wird. Die Verbesserung kann auch auf einen unerwarteten Vermögensanfall zurückzuführen sein. Hingegen wird es nicht auf das Einkommen und Vermögen eines neuen Partners des oder der Berechtigten ankommen können. Auch wenn es nicht zur Heirat kommt, kann die Gemeinschaft mit einem neuen Partner die BGE 117 II, 359 (365)wirtschaftliche Lage des oder der Berechtigten erheblich verbessern. Ein Grund zur Herabsetzung der Scheidungsrente wird sich daraus aber in aller Regel nicht ergeben, weil eine solche Herabsetzung voraussetzt, dass es sich um eine dauernde Veränderung handelt. Davon kann nur bei einem stabilisierten Konkubinat die Rede sein. Diesfalls sind jedoch die Voraussetzungen gegeben, um die Scheidungsrente ganz aufheben zu lassen (BGE 116 II 394 ff.).
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c) Die Änderung der bisherigen Rechtsprechung kann entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil auch nicht dazu Anlass geben, eine nachträgliche Erhöhung der Rente in Erwägung zu ziehen, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Berechtigten verschlechtern. Das Bundesgericht hat schon früh dargelegt, dass und warum der Gesetzgeber mit Art. 153 Abs. 2 ZGB bewusst nur die Herabsetzung und nicht auch die nachträgliche Erhöhung einer Rente zulassen wollte (BGE 77 II 25ff.; BGE 80 II 188 ff.; BGE 100 II 249). Daran ist festzuhalten. Wohl ist einzuräumen, dass die gleichen schadenersatzrechtlichen Überlegungen, die eine Herabsetzung rechtfertigen (nachträgliche Verminderung des Schadens), auch eine Heraufsetzung der Rente rechtfertigen könnten (nachträgliche Vergrösserung des Schadens). Indessen sprechen gewichtige Gründe gegen eine Erhöhungsmöglichkeit: Die Scheidung soll die Beziehungen der Ehegatten untereinander auf ein Minimum beschränken. Eine nachträgliche Erhöhungsmöglichkeit verbände die Ehegatten auch nach der Scheidung zu einer wirtschaftlichen Schicksalsgemeinschaft. Der wirtschaftlich schwächere Teil könnte den Beistand des stärkeren auch noch in Anspruch nehmen, wenn sich dessen wirtschaftlicher Aufstieg erst nach der Scheidung vollzieht. Die nachträgliche Erhöhung der Rente hätte zudem den Nachteil, dass der Rentenpflichtige sich plötzlich grösseren Lasten gegenübergestellt sähe, auf die er sich in seiner persönlichen Lebensgestaltung nicht vorbereitet hätte.
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5. a) Der Vorinstanz ist allerdings darin zuzustimmen, dass für die Herabsetzung einer Rente gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB nicht die gleichen Kriterien massgebend sein können wie für jene einer Rente gemäss Art. 152 ZGB. Die Bedürftigkeitsrente wird zugesprochen, weil der oder die Berechtigte ohne diese Beiträge bedürftig würde. Verändern sich seine oder ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nachhaltig, so dass die Bedürftigkeit nicht mehr besteht oder erheblich abgenommen hat, kann die Rente aufgehoben oder herabgesetzt werden. Demgegenüber sollen die BGE 117 II, 359 (366)nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zugesprochenen Beiträge den scheidungsbedingten Wegfall des ehelichen Unterhaltsanspruchs ausgleichen. Dieser Schaden entfällt nicht schon, wenn der oder die Rentenberechtigte durch eigenes Einkommen eine Bedürftigkeit verhindern kann. Vielmehr muss beurteilt werden, ob bei Fortbestand der Ehe der Unterhaltsanspruch aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Berechtigten entfallen wäre oder sich reduziert hätte. Der Unterschied darf allerdings nicht überbewertet werden. Die Scheidung beendet die wirtschaftliche Schicksalsgemeinschaft der Ehegatten (BGE 77 II 25; BGE 100 II 249). Was als angemessener Unterhalt nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zu entschädigen ist, richtet sich nach diesem Zeitpunkt. Am nachfolgenden wirtschaftlichen Aufschwung des Partners hat der oder die Rentenberechtigte grundsätzlich keinen Anteil mehr. Ob bei dem anlässlich der Scheidung abzugeltenden Unterhaltsanspruch auf die Verhältnisse des oder der Rentenberechtigten während der Ehe oder auf jene vor der Heirat abzustellen ist, hängt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts insbesondere von der Ehedauer ab (BGE 109 II 186; BGE 110 II 226 f.; BGE 115 II 9). Der Scheidungsrichter legt fest, von welcher Lebenshaltung für die Festsetzung der Unterhaltsersatzrente auszugehen ist. Insoweit darf sein Entscheid im Verfahren nach Art. 153 Abs. 2 ZGB nicht abgeändert werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Berechtigten in der Folge verändern. Es stellt sich nur noch die Frage, ob der Alimentengläubiger oder die Alimentengläubigerin in Anbetracht seiner resp. ihrer veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse noch auf den Unterhaltsbeitrag angewiesen ist, um die Lebenshaltung weiterzuführen, die ihm oder ihr im Scheidungsurteil zugestanden worden ist.
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b) Ohne Bedeutung muss unter diesem Gesichtspunkt die Verbesserung der Einkommens- und Vermögenslage auf seiten des Schuldners oder der Schuldnerin bleiben. Der Vorinstanz ist deshalb nicht zu folgen, wenn sie eine Herabsetzung nur zulassen möchte, soweit der Unterhaltsbeitrag zu einem Missverhältnis zwischen dem Einkommen des Pflichtigen und jenem des oder der Berechtigten führt. Eine Herabsetzung wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse des oder der Berechtigten ist grundsätzlich auch möglich, wenn sich das Einkommen des Schuldners oder der Schuldnerin ebenfalls erheblich und dauernd erhöht hat.
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c) Demgegenüber ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass nicht nur auf den gegenwärtigen Verdienst des oder der Rentenberechtigten BGE 117 II, 359 (367)abgestellt werden kann. Wurde eine lebenslange Rente zugesprochen, muss auch berücksichtigt werden, wie sich die wirtschaftliche Lage des oder der Berechtigten nach Erreichen des Pensionierungsalters gestalten wird. Von einer dauernden Verbesserung der wirtschaftlichen Lage kann nämlich nur gesprochen werden, wenn sich diese auch für die Zeit nach der Pensionierung derart verbessert hat, dass der oder die Berechtigte nicht mehr auf die im Scheidungsurteil zugesprochenen Unterhaltsbeiträge angewiesen ist, um die ihm resp. ihr zustehende Lebenshaltung weiterführen zu können. Es ist somit zu prüfen, ob das erhöhte Einkommen es dem oder der Rentenberechtigten erlaubt, eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen, oder ob diese gegebenenfalls auf andere Weise gesichert ist.
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6. Die Berufung erweist sich somit insoweit als begründet, als die Vorinstanz von einer unzutreffenden Auslegung von Art. 153 Abs. 2 ZGB ausgegangen ist. Da das Obergericht die Herabsetzbarkeit einer Unterhaltsersatzrente aufgrund verbesserter Verhältnisse bei der oder dem Berechtigten schon aus grundsätzlichen Gründen abgelehnt hat, hat es sich nicht dazu geäussert, ob sich das Einkommen und Vermögen der Beklagten seit der Scheidung tatsächlich in erheblichem, dauerndem und im Scheidungszeitpunkt nicht voraussehbarem Masse geändert habe. Das Bundesgericht kann deshalb über die Klage selber nicht urteilen, sondern muss die Sache zu neuer Feststellung und Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückweisen. Das Obergericht wird insbesondere die gegenwärtigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten festzustellen und zu prüfen haben, ob diese über eine genügende Alters- und Invalidenvorsorge verfügt, so dass ihr Auskommen auf Dauer gesichert ist. Erweist sich die Invalidenvorsorge als genügend, entfällt die Frage, ob allfällige gesundheitliche Probleme der Beklagten eine Weiterbeschäftigung im gegenwärtigen Umfang als fraglich erscheinen lassen.
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Im vorliegenden Fall wird sich zudem die Frage stellen, ob das derzeitige Einkommen der Beklagten mit jenem zu vergleichen ist, das diese im Zeitpunkt der Scheidung tatsächlich erzielt hat, oder ob von den Angaben auszugehen ist, die das Scheidungsgericht seinem Urteil bzw. die Parteien ihrer Konvention zugrunde gelegt haben. Da es sich bei der Abänderung eines Scheidungsurteils nicht um eine Revision desselben handelt, ist der Abänderungsrichter an die Feststellungen gebunden, die dem Scheidungsurteil zugrunde lagen. Dies bedeutet, dass für die Frage, ob sich das BGE 117 II, 359 (368)Einkommen der Beklagten seit der Scheidung erheblich verändert hat, von jenem auszugehen ist, das der Scheidungsrichter festgestellt hat, und nicht von einem gegebenenfalls damals bereits höheren. Andernfalls zöge jener Ehegatte, der im Scheidungsverfahren unzutreffende Angaben machte, aus diesem Verhalten ungerechtfertigte Vorteile.
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