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Informationen zum Dokument  BGE 114 II 368  Materielle Begründung
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Regeste
Erwägungen:
1. Die "Fondation Le Corbusier", Paris, ist eine Stiftung des fra ...
2. Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht eine willk&u ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
69. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. November 1988 i.S. Fondation Le Corbusier gegen A. (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 53 Ziff. 1 URG.  
Willkür der Behörde, die es ablehnt, Herstellung und Vertrieb der Medaille vorsorglich zu verbieten.  
 
BGE 114 II, 368 (368)Erwägungen:
 
1
Das Obergericht wies das Gesuch am 18. Juli 1988 ab, ohne die Gegenpartei anzuhören. Es fand, dass es der Gesuchstellerin nicht gelungen sei, einen nicht leicht ersetzbaren Nachteil glaubhaft zu machen; jedenfalls sei fraglich, ob der Nachteil nur durch eine vorläufige Anordnung abgewendet werden könnte.
2
Die Gesuchstellerin führt gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Verletzung von BGE 114 II, 368 (369)Art. 4 BV aufzuheben. A. beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Stellungnahme des Obergerichts, das ebenfalls auf Abweisung schliesst, ist verspätet.
3
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a) Ob das angefochtene Urteil, das nicht an eine andere kantonale Behörde weitergezogen werden konnte, als End- oder bloss als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 87 OG anzusehen sei, kann offenbleiben. Trifft der Vorwurf zu, der Beschwerdegegner habe die streitige Skulptur nicht nur eigenmächtig wiedergegeben, sondern sogar abgeändert und dadurch insbesondere Urheberrechte verletzt, so droht der Beschwerdeführerin jedenfalls ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 87 OG, wenn der Beschwerdegegner mit der Herstellung und dem Vertrieb der Gedenkmedaille nach Belieben fortfahren darf. Der Nachteil könnte diesfalls auch durch einen für die Beschwerdeführerin günstigen Sachentscheid nicht mehr behoben werden. Er ist zudem rechtlicher Natur, was zur Anfechtung eines Zwischenentscheides genügt (BGE 108 II 71 mit Hinweisen).
5
Fragen kann sich daher bloss, ob das Obergericht Art. 53 Ziff. 1 URG willkürlich angewandt habe, indem es annahm, es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen nicht leicht ersetzbaren Nachteil, der ausserdem nur durch eine vorsorgliche Massnahme abgewendet werden könnte, glaubhaft zu machen. Die Frage ist zu bejahen, liegt doch schon nach dem eigenmächtigen Vorgehen des Beschwerdegegners nahe, dass Urheberrechte des Künstlers beeinträchtigt worden sind und der Beschwerdeführerin, die angeblich deren rechtmässige Inhaberin geworden ist, deshalb nicht leicht ersetzbare Nachteile drohen, wenn sie die unbefugte Wiedergabe der Skulptur "La Biche" samt deren unverkennbaren BGE 114 II, 368 (370)Veränderungen weiterhin hinzunehmen hat. Das Obergericht verkehrt die Rechtslage ins Gegenteil, wenn es der Gesuchstellerin vorhält, dem Beschwerdegegner keine Gelegenheit gegeben zu haben, von ihrem Standpunkt Kenntnis zu nehmen. Sich über die Zulässigkeit seines Vorgehens Gewissheit zu verschaffen, bevor er die streitigen Münzen in Gold und Silber herzustellen und zu vertreiben begann, war Sache des Beschwerdegegners. Ebenso unhaltbar ist der Vorhalt, die Gesuchstellerin habe auch nicht dargetan, dass sie selber eine Gedenkmünze herausgeben wolle oder sonstwie in ihren Gewinnabsichten beeinträchtigt sei; darüber schuldet sie dem Beschwerdegegner zum vornherein keine Auskunft, wenn sie als rechtmässige Inhaberin der Urheberrechte anzusehen ist, wofür sie glaubhafte Belege beigebracht hat.
6
In BGE 108 II 230 /31, wo es um Kartell- und Wettbewerbsrecht ging und auf staatsrechtliche Beschwerde hin ebenfalls über die Ablehnung einer vorsorglichen Massnahme zu entscheiden war, ist es zwar als haltbar bezeichnet worden, dass ein nicht leicht ersetzbarer Nachteil verneint werde, wenn dem Gesuchsteller die Möglichkeit gewahrt bleibe, Schadenersatz zu verlangen und der Gesuchsgegner zahlungsfähig sei. Das Obergericht hat das Gesuch der Beschwerdeführerin aber nicht mit solchen Überlegungen, sondern mit einer unhaltbaren Begründung abgelehnt. Dazu kommt, dass im Urheberrecht meistens immaterielle Ansprüche, die nur schwer in Geld abzuschätzen sind, im Vordergrund stehen. Sein Schutz bezieht sich auch auf das Urheberpersönlichkeitsrecht, das unabhängig von vermögensrechtlichen Ansprüchen einen absoluten Anspruch auf Unterlassung gegenüber dem gewährt, der das Werk ohne Erlaubnis in irgendeiner Weise abändert, gleichviel ob das Werk dadurch entstellt oder verstümmelt, verbessert oder gar wertvoll ergänzt wird (BGE 113 II 311 E. 4a mit Hinweisen). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Ansehen des Künstlers durch die Herausgabe der streitigen Gedenkmünze gehoben wird, wie das Obergericht annimmt, und ob der Beschwerdegegner gutgläubig gehandelt hat und eher an eine Ehrung des Künstlers als an einen Gewinn gedacht haben will.
7
b) Für eine willkürliche Anwendung von Art. 31 MSchG durch das Obergericht ist der Beschwerde dagegen nichts zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin schweigt sich insbesondere darüber aus, inwiefern wegen der Verwendung des international hinterlegten Zeichens "Le Corbusier" auf der Medaille eine Markenrechtsverletzung vorliegen soll. Auf die Beschwerde ist BGE 114 II, 368 (371)daher insoweit nicht einzutreten (BGE 110 Ia 3 E. 2a und BGE 107 Ia 114 mit Hinweisen).
8
Demnach erkennt das Bundesgericht:
9
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Obergerichts (Justizkommission) des Kantons Luzern vom 18. Juli 1988 wird aufgehoben.
10
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