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Informationen zum Dokument  BGE 110 II 427  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Sc ...
3. Zutreffend weist das Eidgenössische Justiz- und Polizeide ...
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82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Oktober 1984 i.S. Bank H. gegen A. AG und Regierungsrat des Kantons Obwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 11 Abs. 1 Bundesgesetz über das Schiffsregister.  
 
Sachverhalt
 
BGE 110 II, 427 (427)A.- Am 17. Februar 1983 meldete die A. AG beim Grundbuchamt Obwalden eine Motoryacht zur Aufnahme ins Schiffsregister an. Sie legte ein vom 29. Januar 1983 datiertes und als "Übernahmebescheinigung" bezeichnetes Schriftstück vor, worin die in der Bundesrepublik Deutschland domizilierte Verkäuferin den vorbehaltlosen Eigentumsübergang auf die A. AG als Käuferin bestätigte.
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Das Grundbuchamt des Kantons Obwalden in Sarnen, als zuständiges Schiffsregisteramt, nahm am 17. Februar 1983 die Motoryacht in das Schiffsregister Alpnach auf und veröffentlichte die Aufnahme im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Am gleichen Tag stellte das Schiffsregisteramt Obwalden der Bank H. und der A. AG "zufolge grundbuchlicher Erledigung" die Ausfertigung des Pfandvertrages zu, in welchem eine am 9. März 1983 errichtete BGE 110 II, 427 (428)Schiffsverschreibung im Maximalbetrag von Fr. 180'000.-- zugunsten der Bank verurkundet wurde. Die Eintragung der Schiffsverschreibung im Tagebuch war am 10. März 1983 erfolgt.
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B.- Beim Schiffsinspektorat Obwalden in der Folge eingeholte Erkundigungen ergaben, dass das Motorschiff von der A. AG nie gemeldet worden war. Auch die A. AG selber konnte über den Verbleib der Motoryacht keine genauen Angaben machen. Das Grundbuchamt Obwalden (als Schiffsregisteramt) wies daher die Aufnahme der Motoryacht in das Schiffsregister Alpnach wie auch die Eintragung des Pfandrechtes bzw. der Schiffsverschreibung am 16. Dezember 1983 ab. Nach der Meinung des Amtes war die A. AG nie verfügungsberechtigte Eigentümerin des zur Eintragung angemeldeten Schiffes gewesen. Laut Mitteilung des Schiffsinspektorates sei der Fahrzeugausweis des früheren Besitzers X. am 21. Februar 1983 annulliert worden; und auf die A. AG sei nie ein Fahrzeugausweis für das genannte Schiff ausgestellt worden.
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C.- Die Bank H. erhob gegen die Abweisungen Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Obwalden. Dieser wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. Februar 1984 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
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Gegen den Entscheid des Regierungsrates reichte die Bank H. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein, mit welcher sie die Aufnahme der Motoryacht in das Schiffsregister sowie die Eintragung der Schiffsverschreibung verlangte. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen.
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Aus den Erwägungen:
 
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Es ist nicht bestritten, dass bei der Anmeldung zur Aufnahme der Motoryacht ins Schiffsregister Alpnach die von Art. 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Schiffahrtsregister geforderten Angaben gemacht wurden. Zur Glaubhaftmachung des Eigentums legte Y. eine als "Übernahmebescheinigung" bezeichnete Urkunde vom 29. Januar 1983 vor. Darin trat die Verkäuferin des Motorschiffes in Erscheinung, während Y. für die A. AG als Käuferin unterzeichnete. In diesem Schriftstück wird festgestellt, dass die Motoryacht am genannten Datum der Käuferin in Zuidbroek (Holland) BGE 110 II, 427 (429)vertragsgemäss übergeben worden und dass sie ins "vorbehaltlose Eigentum der Käuferin übergegangen" sei. Überdies bescheinigt die Verkäuferin, "die gemäss separater Liste aufgeführten Mängel baldmöglichst in Garantie zu beheben".
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Diese Unterlagen erachtete der Schiffsregisterführer offensichtlich als ausreichend. Er liess daher dem Schweizerischen Handelsamtsblatt die Meldung zur Veröffentlichung zugehen, die Motoryacht mit Standort in Alpnachstad sei als Eigentum der A. AG in das Schiffsregister Alpnach aufgenommen worden. Überdies redigierte er einen Vertragstext über die Errichtung einer Schiffsverschreibung (Maximalhypothek) von Fr. 180'000.--, auf den sich die A. AG als Eigentümerin und Pfandgeberin der Motoryacht, X. als Schuldner und Darlehensnehmer sowie die Bank H. als Darlehensgeberin und Pfandnehmerin am 9. März 1983 einigten. "Zufolge grundbuchlicher Erledigung" stellte der Schiffsregisterführer den Vertragsparteien am 11. März 1983 je ein Exemplar des Pfandvertrages zu.
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Bedenken hinsichtlich der Eigentümereigenschaft der A. AG traten beim Schiffsregisterführer erst nachträglich auf, als er Rückfragen über den Verbleib des Schiffes gestellt hatte. Nach der Meinung des Regierungsrates von Obwalden durfte der Schiffsregisterführer seinen zunehmenden Zweifeln ungeachtet des Umstandes Rechnung tragen, dass sie sich nicht auf die bei der Anmeldung vorgelegten Dokumente gründeten und erst auftraten, als die Aufnahme in das Schiffsregister bereits im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht war. Es fragt sich daher, in welchem Zeitpunkt genau das Eigentum an dem Schiff glaubhaft im Sinne von Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister gemacht werden muss und welche Befugnis dem Schiffsregisterführer bei der Prüfung der Glaubhaftmachung des Eigentums zukommt.
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3. Zutreffend weist das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass gemäss Art. 26 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister (welcher Art. 972 Abs. 1 und 2 ZGB entspricht) zwar der Eintrag ins Hauptbuch für die dingliche Wirkung des Schiffsregisters massgebend ist, dass aber diese Wirkung auf den Zeitpunkt der Einschreibung im Tagebuch zurückbezogen wird, sofern der Anmeldung die gesetzlichen Ausweise beigegeben werden. Analog der für das Grundbuch geltenden Regel müssen daher die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Schiffsregister im BGE 110 II, 427 (430)Zeitpunkt der Anmeldung ins Tagebuch gegeben sein und nicht im Zeitpunkt der Eintragung ins Hauptbuch (Kommentar HOMBERGER, N. 5 zu Art. 966 ZGB; Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 64 zu Art. 656 ZGB). Infolgedessen sind nachträgliche Veränderungen, welche die Glaubhaftmachung des Eigentums an einem zur Eintragung ins Schiffsregister angemeldeten Schiff in Frage stellen, unbeachtlich.
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Der Gesetzgeber hat in Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister davon abgesehen, einen strikten Beweis des Eigentums desjenigen zu verlangen, der ein Schiff zur Aufnahme in das Schiffsregister anmeldet. Wie in anderen Vorschriften (so Art. 28c ZGB in Revision, Art. 256b Abs. 2, Art. 260b Abs. 2 und Art. 282 ZGB, Art. 565 Abs. 2 OR, Art. 272 SchKG) genügt das Glaubhaftmachen; das heisst, der Richter oder Beamte - im vorliegenden Fall der Schiffsregisterführer - muss nicht überzeugt sein, dass der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist, sondern darf sich mit dem Nachweis der Wahrscheinlichkeit begnügen (BGE 107 Ia 282 mit Hinweisen). Mit der "Übernahmebescheinigung" der Verkäuferin hat nun aber die A. AG den Nachweis der Wahrscheinlichkeit dafür erbracht, dass das Eigentum an dem Motorschiff an sie übergegangen ist. Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Verkäuferin noch die Behebung bestimmter Mängel versprach und deshalb die Käuferin nicht ungesäumt unmittelbare Besitzerin wurde.
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Wenn die Vorinstanz demgegenüber darauf hinweist, dass auch im Zeitpunkt ihres Rechtsmittelentscheides das Schiff noch bei der Herstellerin war, mit der die A. AG in keiner direkten vertraglichen Beziehung stehe, und dass auch das Unternehmen, welches der A. AG gegenüber als Verkäuferin aufgetreten ist, nicht mit dem Besteller des Schiffes übereinstimme, so übersieht sie, dass für das Glaubhaftmachen des Eigentums auf den Zeitpunkt des Eintrags der Anmeldung im Tagebuch abzustellen ist und dass spätere Abklärungen bzw. Veränderungen bezüglich des Glaubhaftmachens des Eigentums nicht zu berücksichtigen sind. Dagegen, dass nur unmittelbarer Besitz das Eigentum glaubhaft zu machen vermag, wie es offenbar die Meinung der Vorinstanz ist, spricht schon Art. 13 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister, welcher sagt, dass die Aufnahme eines Schiffes in das Schiffsregister nicht als Einfuhr des Schiffes in die Schweiz gelte. Aber auch nach den Besitzesregeln des schweizerischen Rechts (die im vorliegenden Fall aufgrund des schweizerischen internationalen Privatrechts BGE 110 II, 427 (431)allerdings nicht mit Sicherheit zur Anwendung gelangen) wäre eine Eigentumsübertragung ohne unmittelbaren Besitz des Eigentümers durchaus denkbar, so aufgrund von Art. 924 Abs. 1 ZGB (Besitzesanweisung) oder nach Art. 920 Abs. 1 ZGB (Besitzeskonstitut). Solange ein Schiff noch nicht in das Schiffsregister aufgenommen worden ist, wird es als Fahrnis behandelt, weshalb auch die für Fahrnis geltenden Regelungen der Übertragung von Besitz und Eigentum anwendbar sind. Erst der Eintrag im Schiffsregister - mag er obligatorisch oder fakultativ geschehen (Art. 4 f. Bundesgesetz über das Schiffsregister) - nähert das Schiff der rechtlichen Behandlung, wie sie ein Grundstück erfährt, an.
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Hat somit die A. AG im Zeitpunkt der Anmeldung ins Tagebuch ihr Eigentum an der Motoryacht rechtsgenügend im Sinne des Bundesgesetzes über das Schiffsregister glaubhaft gemacht, so durfte die Eintragung ins Hauptbuch nicht verweigert werden.
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