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Informationen zum Dokument  BGE 87 II 1  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Begründung:
2. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und  ...
3. Indem die Klägerin sich mit X. in ein Liebesverhältn ...
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1. Auszug aus dem Urteil vom 9. Februar 1961 i.S. Eheleute K.
 
 
Regeste
 
Ehescheidung.  
 
Sachverhalt
 
BGE 87 II, 1 (1)A.- Die Parteien geb. 1929 bzw. 1931, lernten einander im Jahre 1952 kennen und verlobten sich an Ostern 1954. Sie heirateten am 16. Oktober 1954. Am 10. März 1955 wurde das in der Verlobungszeit gezeugte Kind geboren.
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B.- Im Jahre 1956 leitete die Ehefrau erstmals das Scheidungsverfahren ein. Nach dem Sühnvorstand führte sie dieses aber nicht weiter.
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Bald darauf, im Herbst 1956, erkrankte der Ehemann an Kinderlähmung. Er musste sich - mit kurzen Unterbrüchen - bis 1959 oder 1960 im Spital aufhalten.
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Die Ehefrau behielt nach der Erkrankung des Ehemannes die eheliche Wohnung bei. Zuerst verdiente sie ihren Unterhalt mit Heimarbeit. Vom März 1957 an arbeitete sie als Gehilfin in einem Küchenbetrieb. Der Ehemann BGE 87 II, 1 (2)wohnte während der Unterbrüche der Spitalbehandlung und nach deren Abschluss bei seinen Eltern.
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C.- Im Jahre 1957 reichte der Ehemann beim Friedensrichteramt eine Scheidungsklage ein. Die Ehefrau wandte sich am 21. Dezember 1957 mit einem eigenen Scheidungsbegehren an dieses Amt. Bei der Sühnverhandlung vom 28. Dezember 1957 erklärte sich der Ehemann mit der Scheidung einverstanden.
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Das vom Ehemann eingeleitete Scheidungsverfahren wurde anfangs März 1957 vom Friedensrichter als erledigt abgeschrieben, weil der Ehemann es unterlassen hatte, innert der gesetzlichen Frist die Ausstellung der Weisung an das Gericht zu verlangen. Dagegen machte die Ehefrau ihre Scheidungsklage am 6. März 1958 beim Bezirksgericht anhängig.
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D.- Nach Durchführung eines Beweisverfahrens sprach das Bezirksgericht entgegen dem Antrag des Beklagten in Anwendung von Art. 142 ZGB die Scheidung aus. Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 7. September 1960 im gleichen Sinn entschieden.
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Das Bundesgericht weist die Berufung des Beklagten ab.
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Begründung:
 
2. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und denjenigen des Bezirksgerichtes, welche die Vorinstanz sich zu eigen gemacht hat, äusserte der Beklagte schon vor der Heirat gegenüber einer Tante der Klägerin, er hätte eigentlich lieber eine andere geheiratet. Gegenüber der gleichen Zeugin bemerkte er, man werde dann sehen, wem das Kind gleiche. Als diese Äusserungen der Klägerin zur Kenntnis gelangten, fühlte sie sich - begreiflicherweise - verletzt. Beim intimen Verkehr liess es der Beklagte am nötigen Verständnis für die Gefühle seiner Frau fehlen und machte darüber hinaus noch unpassende Bemerkungen, die er als "Spässli" aufgefasst wissen wollte. Die Klägerin wurde dadurch abgestossen, und es entstanden Spannungen, die ein harmonisches Geschlechtsleben BGE 87 II, 1 (3)unter den Ehegatten nicht aufkommen liessen. Die Klägerin bekam den Eindruck, der Beklagte sehe in ihr nur die Bettgenossin und suche bei ihr ohne Rücksicht auf ihre seelischen Bedürfnisse einfach seine eigene Befriedigung, wann es ihm gerade passe. Der Beklagte tat nichts, um diesen Eindruck zu entkräften. Er verbrachte seine Freizeit meist bei seinen Eltern und Geschwistern und liess die Klägerin allein. Seine starke Bindung an die elterliche Familie hinderte ihn, seiner Frau zur Seite zu stehen, wie es sich gehört hätte. Aus diesen Gründen wandte sich die Klägerin schon im Jahre 1956 an den Friedensrichter. Nach seiner Erkrankung im Herbst 1956 stand der Beklagte noch mehr als früher unter dem Einfluss seiner Verwandten, die sich von dieser Zeit an besonders intensiv in die Angelegenheiten der Parteien einmischten. Ihre Einmischung überstieg, wie die Vorinstanz sagt, jedes erträgliche Mass. In dieser Lage knüpfte die Klägerin im Laufe des Jahres 1957 mit dem um sechs Jahre jüngern X., den sie als Arbeitskollegen kennen gelernt hatte, ein Liebesverhältnis an, in dessen Verlauf es einmal zum Ehebruch kam. Schon bevor der Beklagte von diesen Beziehungen hörte, hatte er im Sommer 1957 seiner Schwester erklärt, er wolle scheiden. In der Folge leitete er ein Scheidungsverfahren ein, das er dann allerdings nach dem Sühnvorstand nicht weiterführte. Im Dezember 1957/Januar 1958 brachen die Klägerin und X. ihre Beziehungen ab, und zwar nicht bloss zum Schein. Auf einen Vorschlag zur Versöhnung, den die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 16. August 1958 machte, reagierte dieser überhaupt nicht. Seit dem Herbst 1956 haben die Parteien nie mehr zusammengelebt.
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Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich, und zwar gilt dies auch insoweit, als sie seelische Vorgänge und das Verhältnis von Ursache und Wirkung auf diesem Gebiete zum Gegenstand haben (BGE 80 II 4).
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BGE 87 II, 1 (4)Auf Grund des Sachverhaltes, von dem hienach auszugehen ist, lässt sich nicht bezweifeln, dass die Ehe der Parteien heute im Sinne von Art. 142 Abs. 1 ZGB tief zerrüttet ist und dass keine Aussicht auf eine Wiedervereinigung der Parteien besteht. Dem Scheidungsbegehren der Klägerin ist daher zu entsprechen, es wäre denn, die tiefe Zerrüttung sei im Sinne von Art. 142 Abs. 2 ZGB vorwiegend ihrer Schuld zuzuschreiben, wie dies der Beklagte behauptet.
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3. Indem die Klägerin sich mit X. in ein Liebesverhältnis einliess, hat sie sich schwer gegen ihre ehelichen Pflichten vergangen. Der Beklagte hätte wegen des von ihr begangenen Ehebruchs gestützt auf Art. 137 ZGB die Scheidung verlangen können. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass er sich dem auf die tiefe Zerrüttung der Ehe gestützten Scheidungsbegehren der Klägerin unter Berufung auf Art. 142 Abs. 2 ZGB widersetzen könne. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann keine Rede davon sein, dass es sich bei den Misshelligkeiten, die vor dem Verhältnis der Klägerin mit X. zwischen den Parteien bestanden, nur um "gewisse Anfangsschwierigkeiten" gehandelt habe und dass erst dieses Verhältnis die Zerrüttung herbeigeführt habe, wie das in der Berufungsschrift behauptet wird. Vielmehr waren die Beziehungen unter den Ehegatten schon vorher wegen des geschilderten Verhaltens des Beklagten und seiner Angehörigen ohne Verschulden der Klägerin stark getrübt, und in der Folge haben neben der Verfehlung der Klägerin auch die weitern Einmischungen der Verwandten des Beklagten, die langdauernde Trennung und die Tatsache, dass der Beklagte sich nicht umzustellen vermochte und sich gegenüber dem Versöhnungsversuch der Klägerin rein passiv verhielt, zur weitern Verschlimmerung des ehelichen Verhältnisses beigetragen. Unter diesen Umständen lässt sich dem Scheidungsbegehren der Klägerin nicht entgegenhalten, die von ihr geltend gemachte tiefe Zerrüttung dieses Verhältnisses sei vorwiegend ihrer eigenen Schuld zuzuschreiben.
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BGE 87 II, 1 (5)In BGE 68 II 65ff. wurde bei Beurteilung der Scheidungsklage eines Ehemannes, der die Ehe gebrochen hatte, freilich ausgeführt, die auf Art. 142 ZGB gestützte Scheidungsklage des ehebrecherischen Gatten müsste in Anwendung von Abs. 2 dieser Bestimmung abgewiesen werden, wenn sich ergäbe, "dass die Zerrüttung überwiegend seiner Schuld zuzuschreiben ist und nicht etwa schon vollständig eingetreten war, bevor der Ehebruch erfolgte"; daher müsse der Richter ungeachtet des spätern Ehebruchs die Ursachen dieser Zerrüttung untersuchen; ein Ehegatte, der an der tiefen Zerrüttung weniger als der andere oder höchstens gleich viel wie dieser schuld sei, habe nach dem Gesetz den Scheidungsanspruch aus diesem Titel, und diesen einmal "erworbenen" Scheidungsgrund verliere er auch durch einen nachträglich selber gesetzten speziellen nicht; die Vorinstanz habe daher die auf Art. 142 ZGB gestützte Klage des Ehemannes nicht abweisen dürfen, ohne die zu ihrer Begründung vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen zu untersuchen; die Sache sei deshalb an sie zurückzuweisen, damit sie prüfe, "ob vor dem Ehebruch des Mannes schon eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten war, dass ihm die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zuzumuten war" (a.a.O. S. 68/69). Hieraus könnte geschlossen werden, nach der Auffassung des Bundesgerichtes könne ein Ehegatte, der Ehebruch begangen hat, die Scheidung wegen tiefer Zerrüttung gegen den Willen des andern einzig dann erreichen, wenn er darzutun vermag, dass schon vor seinem Ehebruch eine tiefe Zerrüttung im Sinne von Art. 142 Abs. 1 ZGB bestanden hatte, und wenn ihm nicht entgegengehalten werden kann, die damals schon vorhanden gewesene Zerrüttung sei vorwiegend seiner Schuld zuzuschreiben. Im Falle BGE 68 II 65ff. handelte es sich jedoch nicht darum, in abschliessender Weise festzustellen, unter welchen Voraussetzungen ein Ehebrecher die Scheidung wegen tiefer Zerrüttung durchsetzen kann. Vielmehr war nur zu entscheiden, ob der damalige Kläger beim Zutreffen seiner (von der Vorinstanz nicht überprüften) BGE 87 II, 1 (6)Sachdarstellung diese Möglichkeit habe. Zu dieser Sachdarstellung gehörte die Behauptung, die Ehe sei (namentlich wegen der Streitsucht der Ehefrau) schon vor seinem Ehebruch tief zerrüttet gewesen. Dies war das entscheidende Argument des Klägers dafür, dass er trotz seinem Ehebruch die Scheidung verlangen könne. Unter diesen Umständen konnte sich das Bundesgericht in jenem Falle auf die Feststellung beschränken, die Klage sei trotz dem Ehebruch des Klägers zu schützen, wenn sich ergeben sollte, dass die Ehe schon vorher ohne vorwiegende Schuld des Klägers tief zerrüttet war. Zu andern Eventualitäten Stellung zu nehmen, hatte es keinen Anlass. Seine damaligen Ausführungen haben daher in Wirklichkeit nicht die allgemeine Bedeutung, die ihnen nach ihrem Wortlaut beigemessen werden könnte. Die Annahme, dass ein des Ehebruchs schuldiger Gatte die Scheidung wegen tiefer Zerrüttung in keìnem andern als dem erwähnten Falle durchsetzen könne, wäre denn auch sachlich nicht gerechtfertigt und mit dem Sinne von Art. 142 ZGB, wonach die Frage der Zerrüttung und des Verschuldens daran grundsätzlich vom Standpunkte der Gegenwart aus zu beurteilen ist, nicht verträglich. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Ehe der heutigen Parteien schon vor dem Ehebruch der Klägerin mit X. so tief zerrüttet gewesen sei, dass die Klägerin schon damals die Scheidung hätte verlangen können. Um die Gutheissung ihrer Klage zu rechtfertigen, genügt die Feststellung, dass die Ehe jedenfalls heute im Sinne von Art. 142 Abs. 1 ZGB tief zerrüttet ist, ohne dass dafür vorwiegend ihre eigene Verfehlung verantwortlich wäre. Damit soll nicht etwa gesagt werden, bei der Beurteilung der Klage eines Ehegatten, der die Ehe gebrochen hat, komme es überhaupt nie darauf an, ob schon vor seinem Ehebruch eine nicht vorwiegend von ihm verschuldete tiefe Zerrüttung bestanden habe. Wenn das ehebrecherische Verhältnis zur Zeit der Klage noch andauert, besteht nach der Lebenserfahrung eine starke Vermutung BGE 87 II, 1 (7)dafür, dass dieses Verhältnis der Hauptgrund dafür ist, dass der Kläger die Scheidung verlangt. In solchen Fällen kann beim Entscheid darüber, ob dem Kläger die Fortsetzung der Ehe noch zugemutet werden könne (vgl. BGE 78 II 301) und ob verneinendenfalls die tiefe Zerrüttung vorwiegend seiner Schuld zuzuschreiben sei, von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob er die Scheidung wegen tiefer Zerrüttung schon vor dem Ehebruch hätte verlangen können oder nicht (vgl. z.B. die Urteile des Bundesgerichtes vom 4. Oktober 1957 und 10. Juli 1958 i.S. Eheleute E., zusammengefasst bezw. abgedruckt in ZR 1959 Nr. 134). Ähnlich kann es sich auch verhalten, wenn das illegitime Verhältnis zwar beendet ist, aber Anzeichen dafür bestehen, dass der Kläger die Fortsetzung der Ehe hauptsächlich wegen der Nachwirkungen dieses Verhältnisses ablehnt. Mit einem solchen Falle hat man es hier aber nicht zu tun. Die Klägerin und X. haben ihre unerlaubten Beziehungen abgebrochen, weil sie einsahen, dass eine dauernde Verbindung zwischen ihnen nicht in Frage komme, und die Klägerin wäre bereit gewesen, die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen, wenn der Beklagte seinerseits den hiefür nötigen guten Willen aufgebracht und sich gegen die Einmischungen seiner Verwandten gewehrt hätte. Hieran hat er es aber eben fehlen lassen. Bei dieser Sachlage könnte die heute bestehende tiefe Zerrüttung auch dann nicht vorwiegend der Klägerin zur Last gelegt werden, wenn man annähme, das Zerwürfnis sei vor dem Ehebruch noch nicht so tief gewesen, dass sie schon damals die Scheidung hätte verlangen können.
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