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Informationen zum Dokument  BGE 84 II 602  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der für die Berufung an das Bundesgericht erforderliche S ...
2. Indessen hatte sich das Obergericht in erster Linie mit der vo ...
3. In der Frage des anzuwendenden Rechtes hält sich das Ober ...
4. Das auf eine Unterhaltspflicht beschränkte Rechtsverh&aum ...
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81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. November 1958 i.S. R. und M. Harder gegen Reinprecht.
 
 
Regeste
 
1. Anwendung eidgenössischen statt ausländischen Rechtes als Grund zur Berufung an das Bundesgericht. Art. 43 und 60 OG (Erw. 1).  
3. Die zuständigen Ortes nach Art. 312 ZGB in der Schweiz angehobene Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen ist in jedem Falle nach schweizerischem Rechte zu beurteilen. Die von der frühern Rechtsprechung berücksichtigte Gesetzgebung des Staates, in dem der Beklagte zur Zeit der Beiwohnung seinen Wohnsitz hatte, kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ihre Anwendung für die klagende Partei günstiger wäre (Erw. 3 und 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 84 II, 602 (603)A.- Die am 29. Februar 1936 geborene Rosmarie Harder von Dozwil, Kanton Thurgau, stand bis zu ihrer Mündigkeit unter Vormundschaft, da die elterliche Gewalt über sie und ihre vier Geschwister den Eltern entzogen worden war. Deren Ehe wurde später geschieden, und der Vater Harder lebt nun als Stadtgärtner in Mürzzuschlag, Steiermark, wo er sich wieder verheiratet hat. Im Frühjahr 1955 erhielt Rosmarie Harder vom Waisenamt Dozwil, das die Vormundschaft über sie verwaltete, die Erlaubnis, zu ihrem Vater zu ziehen. Sie weilte hierauf in Mürzzuschlag bis zum Herbst desselben Jahres und ist seither wieder in der Schweiz ansässig.
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B.- Während ihres Auslandsaufenthaltes lernte sie im Mai oder Juni 1955 den im Jahre 1930 geborenen Österreicher Heinrich Reinprecht, einen Neffen ihrer Stiefmutter, kennen. Er wohnt in Graz und besuchte die Familie Harder in Mürzzuschlag. Am Tag seiner Rückreise suchte man abends ein Wirtshaus auf, wo Vater Harder sitzen blieb, während Rosmarie mit dem Besucher noch spazieren ging, um ihn dann auf die Bahn zu begleiten. Bei dieser Gelegenheit kam es zum Geschlechtsverkehr...
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C.- Am 27. Februar 1956, zwei Tage vor ihrer Volljährigkeit, gebar Rosmarie Harder den Knaben Markus...
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D.- Gegen Reinprecht in Graz erhoben Mutter und Kind Vaterschaftsklage beim Bezirksgericht Arbon. Dieses hiess die Klage in Anwendung des von der klagenden Partei in erster Linie angerufenen österreichischen Rechtes gut, das die Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels nicht zulasse. Der Beklagte zog die Sache an das Obergericht weiter. Er stellte den Antrag, auf die Klage sei wegen Unzuständigkeit der schweizerischen Gerichte nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.
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BGE 84 II, 602 (604)Mit Urteil vom 30. Januar 1958 verwarf das Obergericht des Kantons Thurgau die Unzuständigkeitseinrede, wies die Klage aber abweichend vom erstinstanzlichen Urteil in Anwendung des schweizerischen Rechtes, und zwar des Art. 315 ZGB, ab, während es zu Art. 314 Abs. 2 ZGB nicht abschliessend Stellung nahm.
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E.- Mutter und Kind haben gegen dieses Urteil binnen gesetzlicher Frist Berufung an das Bundesgericht eingelegt. Sie beantragen in erster Linie die Zuerkennung der näher umschriebenen Leistungen an Mutter und Kind nach österreichischem Recht...
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Der Beklagte beantragt, auf die Berufung sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
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Sollte entgegen der Ansicht des Obergerichtes österreichisches Recht zur Anwendung kommen, so wäre das Bundesgericht freilich nicht in der Lage, ein Sachurteil zu fällen (Gegenschluss aus Art. 65 OG). Darauf spielt der Beklagte mit seinem Nichteintretensantrag an. Allein die allfällige Feststellung, das Obergericht habe zu Unrecht schweizerisches Recht angewendet, würde die Berufung als solche nicht unzulässig machen, sondern zu deren Gutheissung in dem Sinne führen, dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung nach ausländischem Recht an das Obergericht zurückzuweisen sei. Denn wenn Bundesrecht gar nicht anwendbar ist, so erweist sich seine Anwendung als ungerechtfertigt und damit als "unrichtig" im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BGE 84 II, 602 (605)OG. Das ist ein Grund zur Berufung, wie sich auch aus Art. 60 Abs. 1 lit. c OG ergibt.
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2. Indessen hatte sich das Obergericht in erster Linie mit der vom Beklagten erhobenen Gerichtsstandseinrede zu befassen. Er hält daran auch vor Bundesgericht fest. Ob dies zu berücksichtigen sei, obwohl er das zu seinen Gunsten ergangene kantonale Sachurteil weder mit Berufung noch mit Anschlussberufung angefochten hat, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Gerichtsstandseinrede unbegründet. Die bevormundete Klägerin hatte ihren Wohnsitz am Sitz der Vormundschaftsbehörde von Dozwil (Art. 25 Abs. 1 ZGB). Es braucht nicht geprüft zu werden, ob sie vorübergehend während ihres Aufenthaltes in Österreich, wo sie Stellen versah, auf Grund von Art. 412 ZGB einen selbständigen Wohnsitz gehabt hatte (vgl. BGE 45 II 245 ff.; einschränkend HAFTER, 2. Auflage, N. 17 zu Art. 25 ZGB). Da dieser Aufenthalt im Herbst 1955 beendigt worden war und Rosmarie Harder sich seither wiederum ständig in der Heimat aufhielt, hatte sie ihren Wohnsitz zur Zeit ihrer Niederkunft auf alle Fälle wieder in Dozwil. Die Klage konnte daher nach Art. 312 ZGB in Arbon erhoben werden. Dass dieser Gerichtsstand auch gegenüber einem im Ausland wohnenden Beklagten ausländischer Staatsangehörigkeit zur Verfügung steht, ist wiederholt entschieden worden (BGE 77 II 120, BGE 79 II 346, BGE 82 II 572).
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3. In der Frage des anzuwendenden Rechtes hält sich das Obergericht an den zuletzt erwähnten Entscheid i.S. Maier gegen Sarmenti (BGE 82 II 573 ff.), wonach ein nach Art. 312 ZGB gegebener schweizerischer Gerichtsstand zugleich die Anwendung des schweizerischen Vaterschaftsrechtes nach sich zieht. Die Klägerschaft glaubt aus der Begründung dieses Urteils (S. 575) schliessen zu können, die Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung sollte nur ausnahmsweise gelten, dann nämlich, wenn dies zum Vorteil der klagenden Partei gereicht, wenn also das schweizerische Recht für Mutter und Kind BGE 84 II, 602 (606)günstiger ist. Im vorliegenden Fall verhalte es sich anders; das österreichische Recht lasse weder die Einrede des Mehrverkehrs noch diejenige des unzüchtigen Lebenswandels der Mutter zu, weshalb eben sie selbst - die Klägerschaft - sich auf das ausländische Recht berufe. Indessen beruht das Urteil i.S. Maier gegen Sarmenti (a.a.O. S. 575) in erster Linie auf einer grundsätzlich neuen Betrachtungsweise. Es wurde dann allerdings beigefügt, die Einräumung des schweizerischen Gerichtsstandes des Wohnsitzes der klagenden Partei zur Zeit der Geburt nach Art. 312 ZGB wäre ìn manchen Fällen praktisch wirkungslos, wenn man in materieller Beziehung ausländisches Recht anzuwenden hätte (wie im damaligen Falle das italienische); es bestehe beim Fehlen einer ausdrücklichen Kollisionsnorm für gewöhnliche Vaterschaftsklagen kein zureichender Grund, das einheimische Recht vor einem der unehelichen Kindschaft weniger günstig gesinnten ausländischen zurücktreten zu lassen. Ob und wie weit diese auf den Schutz von Mutter und Kind bedachten zusätzlichen Erwägungen für jenes Urteil mitbestimmend waren, und ob sie geeignet sind, dessen Tragweite zu begrenzen, ist nun angesichts der Stellungnahme der Klägerschaft, die sich im vorliegenden Fall auf ausländisches Recht beruft, näher zu prüfen. Im übrigen bedarf die ganze Frage nach dem anzuwendenden Recht einer grundsätzlichen Erörterung, weil sich die Wissenschaft bereits eingehend mit dem Urteil i.S. Maier gegen Sarmenti befasst und zum Teil, und zwar mit beachtenswerten Argumenten, dagegen Stellung genommen hat. Zugestimmt wird dem Urteil von der einen Seite sowohl wegen der Vereinfachung, die sich aus der ausschliesslichen Anwendung des schweizerischen Rechtes auf solche Klagen für die schweizerischen Gerichte ergibt, wie auch wegen der mitunter als unbillig empfundenen Anwendung ausländischen Vaterschaftsrechtes (vgl. MERZ in ZbJV 94 S. 14/15; PFENNINGER in SJZ 53 S. 319 ff., der immerhin die neue Rechtsprechung nur gelten lässt, wenn das BGE 84 II, 602 (607)schweizerische Recht für Mutter und Kind günstiger ist). Von anderer Seite wird die neue Rechtsprechung abgelehnt, weil die Gerichtsstandsnorm des Art. 312 ZGB der Klägerschaft nur prozessuale Vorteile geben wolle und eine entsprechende Kollisionsnorm nicht als sachlich begründet erscheine (vgl. AUBERT in SJZ 53 S. 353 ff., der als Folge der Anwendung der "lex fori" durch den schweizerischen Richter eine unerwünschte Anziehungskraft der Schweiz auf Ausländerinnen befürchtet und ein Abgehen von der bis zum Urteil i.S. Maier gegen Sarmenti herkömmlich gewesenen Rechtsprechung nur in bestimmten Ausnahmefällen für gerechtfertigt hält). Gegen das neue Urteil wird ferner eingewendet, die Anwendung der "lex fori" sei rechtstheoretisch verfehlt (so SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, 4. Auflage, Band II, S. 1040, Nachtrag zu S. 471 Anm. 366, der aber die bisher angewendete Kollisionsnorm nicht etwa als die einzig richtige betrachtet, sondern z.B. auch die Anwendung des Rechtes des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes billigen würde). Andere kritische Stimmen sind zurückhaltend (so LALIVE im Schweizerischen Jahrbuch für internationales Recht Bd. 13 S. 260/61, der gegen das neue Urteil grundsätzliche wie auch praktische Bedenken äussert, jedoch schon gewisse Nachteile der herkömmlichen Rechtsprechung aufgezeigt hatte, im gleichen Jahrbuch Bd. 12 S. 252 ff.).
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4. Das auf eine Unterhaltspflicht beschränkte Rechtsverhältnis zwischen dem ausserehelichen Kind und seinem Erzeuger ist familienrechtlich wenig ausgeprägt, wie es denn auch in den Zivilstandsregistern nicht zum Ausdruck gelangt. Daher kann von einem zur Bestimmung des anzuwendenden Rechtes naturgemäss gegebenen einzigen Anknüpfungspunkte nicht gesprochen werden. Vielmehr bestehen die verschiedensten Anknüpfungsmöglichkeiten, wie denn auch die in den einzelnen Staaten gesetzlich festgelegten oder durch Gerichtsgebrauch anerkannten Kollisionsnormen auf diesem Rechtsgebiet sehr mannigfaltig BGE 84 II, 602 (608)sind (vgl. RAAPE in STAUDINGERS Kommentar zum Einführungsgesetz zum BGB, 9. Auflage, Bem. B zu Art. 21, der in Betracht zieht: a) objektive Gegebenheiten, wie den Ort der Schwängerung, den Ort der Geburt oder einfach den Gerichtsort; b) subjektive Umstände, nämlich Personalstatuten einer der beteiligten Personen, sei es der Mutter, des Kindes oder des Beklagten, wobei Staatsangehörigkeit wie auch Wohnsitz in Betracht kommen und ausserdem verschiedene Zeitpunkte als massgebend gelten können). Die schweizerische Rechtsprechung hat es abgelehnt, die blosse Unterhaltsklage aus ausserehelicher Vaterschaft dem in Art. 8 NAG für Statusklagen aufgestellen Heimatprinzip zu unterstellen. Ebensowenig kam eine Anlehnung an Art. 9 Abs. 2 NAG in Frage (vgl. BGE 45 II 505). Vielmehr entnahm das Bundesgericht der für personen-, familien- und erbrechtliche Angelegenheiten in Art. 2 NAG aufgestellten subsidiären Gerichtsstandsnorm eine entsprechende Rechtsanwendungsregel (was sich nicht von selbst verstand und in der Literatur nicht einhellig vertreten wird; vgl. die Hinweise bei STAUFFER, N. 1 zu Art. 2 NAG). Dieses unbestimmt gefasste Wohnsitzprinzip bedurfte der nähern Festlegung. Nach Erörterung der verschiedenen Möglichkeiten (vgl. BGE 41 II 424) entschied man sich für den Wohnsitz des Beklagten als massgebenden Anknüpfungspunkt (BGE 45 II 507), und zwar für den Wohnsitz zur Zeit der Beiwohnung (BGE 51 I 106, BGE 77 II 113 und andere in BGE 82 II 573 angeführte Entscheidungen). Um der Rechtssicherheit willen hielt man bis zum zuletzt erwähnten Urteil an dieser Rechtsprechung fest. Gegenüber deren Rechtsgrundlage tauchten jedoch gewichtige Bedenken auf, denen der Entscheid i.S. Maier gegen Sarmenti Rechnung trägt. Art. 2 Abs. 1 NAG enthält nur eine Gerichtsstandsnorm, und wenn daraus eine entsprechende, ebenfalls auf das Wohnsitzprinzip gestützte Rechtsanwendungsnorm abgeleitet wird, so kann diese doch nur dahin lauten, es sei das an demjenigen Wohnsitz geltende Recht anwendbar, BGE 84 II, 602 (609)wo sich eben der Gerichtsstand befindet. Für die Anwendung des an andern Wohnsitzen geltenden Rechtes bietet Art. 2 NAG keine Handhabe. Wenn die Unterhaltsklagen aus ausserehelicher Vaterschaft bis zum Urteil i.S. Maier gegen Sarmenti in manchen Fällen dem Recht eines Wohnsitzes unterstellt wurden, wo sich kein, jedenfalls kein auf Art. 2 NAG beruhender Gerichtsstand befand, so lag in Wahrheit keine Anwendung von Art. 2 NAG, sondern freie richterliche Rechtsfindung vor. Damit ist freilich die damalige Rechtsprechung nicht als unrichtig erwiesen. Grundsätzlich braucht ja durchaus nicht das materielle Recht des Gerichtsortes zu gelten. Kann doch die örtliche Zuständigkeit durch Umstände bestimmt sein, die nicht geeignet sind, als Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des anzuwendenden Rechtes zu dienen (vgl. SCHNITZER, a.a.O. Bd. I S. 179/80: "Es wäre insbesondere eine verwerfliche, ganz äusserliche Anknüpfung, wenn man das einheimische Recht schon aus dem blossen Grunde anwenden wollte, weil der Fall vor einer inländischen Instanz zur Behandlung kommt... Die Idee, allgemein Gerichtsstand und Rechtsanwendung gleichzuschalten, derart, dass der Gerichtsstand die Rechtsanwendung nach sich ziehen solle, entspricht dem Sinne des internationalen Privatrechts nicht..."). Beim Fehlen besonderer Rechtsanwendungsnormen kommt aber für die Aufstellung einer richterlichen Kollisionsnorm sehr wohl die Heranziehung anderer Gesetzesnormen, namentlich solcher über den Gerichtsstand, in Frage, da die hiefür berücksichtigten Umstände mitunter auch das anzuwendende Recht zu bestimmen verdienen (was SCHNITZER, a.a.O., einräumt: "Der Gerichtsstand hat sicher oft seine Begründung in einer engen Beziehung des Tatbestandes zum Lande, so z.B. dem Wohnsitz eines der Beteiligten. Dann folgt die Anwendung des einheimischen Rechtes aber nicht aus dem Gerichtsstand, sondern aus jenem innern Zusammenhang des Tatbestandes mit dem einheimischen Rechtsleben. Keinesfalls darf das einheimische Recht einfach BGE 84 II, 602 (610)angewendet werden, weil die Sache durch einen ausserordentlichen Gerichtsstand, z.B. den des Arrestes oder des Vermögens, vor die einheimische Instanz gelangt"). Unter diesem Gesichtspunkt sind hier Art. 2 NAG und Art. 312 ZGB zu betrachten. Dabei muss jene ältere, nur subsidiär für mehrere Rechtsgebiete geltende Gerichtsstandsnorm vor der neuern Bestimmung des Art. 312 ZGB zurücktreten, die eigens für die Vaterschaftsklage aufgestellt worden ist und ausserdem die massgebenden Wohnsitze in persönlicher und zeitlicher Hinsicht genau umschreibt. Zu untersuchen bleibt, ob gerade diese Wohnsitze nun auch als Anknüpfungspunkte für das anzuwendende Recht gelten können. Das ist aus folgenden Gründen zu bejahen:
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a) Wenn Art. 312 ZGB bestimmt, wo in der Schweiz allenfalls "die Vaterschaftsklage" erhoben werden kann, so lässt sich dies zwanglos auf die Vaterschaftsklage des schweizerischen Rechtes beziehen, also dahin verstehen, an den bezeichneten Gerichtsständen sei eben die Möglichkeit der Klage auf Feststellung der Vaterschaft mit entsprechender Unterhaltspflicht gemäss dem schweizerischen Recht gegeben.
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b) Die Gerichtsstände des Art. 312 ZGB knüpfen nicht an irgendwelche mit dem streitigen Rechtsverhältnis nicht zusammenhängende Umstände an. Zuständig ist der Richter am Wohnsitz der einen oder andern Partei. Dieser Wohnsitz ist zugleich ein geeigneter Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des anwendbaren Rechtes. Das trifft in erster Linie für den Wohnsitz der klagenden Partei zur Zeit der Geburt zu. Als sachlich gerechtfertigter Anknüpfungspunkt verdient aber auch der Wohnsitz des Beklagten zur Zeit der Klage zu gelten. Allerdings stünde sein Wohnsitz zur Zeit der Beiwohnung oder der Geburt in wesentlicherer Beziehung zum streitigen Rechtsverhältnis. Aber eine so lockere familienrechtliche Beziehung, wie sie zwischen dem ausserehelichen Kind und seinem nur auf Unterhaltsleistungen belangten Erzeuger durch BGE 84 II, 602 (611)das Urteil geschaffen werden soll, lässt sich auch an den jeweiligen, somit insbesondere an den gerade bei der Klageanhebung bestehenden Wohnsitz der einen oder andern Partei knüpfen. Wird in solcher Weise der Wohnsitz des Beklagten berücksichtigt, so entspricht dies einem auf dem Gebiete des Obligationenrechts vorherrschenden Grundsatz, wonach namentlich der Wohnsitz des Schuldners in Betracht fällt (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 64 und 65 der Allgemeinen Einleitung des Kommentars zum OR).
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c) Bietet somit Art. 312 ZGB zwei sachlich zu rechtfertigende Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des anzuwendenden Rechtes, so kann der mit einer solchen Klage befasste schweizerische Richter füglich das einheimische Vaterschaftsrecht anwenden. Es besteht kein Grund, davon mit Rücksicht auf ausländische Rechtsordnungen abzugehen. In keinem Nachbarstaat der Schweiz gilt eine Kollisionsnorm, die der von der frühern bundesgerichtlichen Rechtsprechung festgelegten Norm entspräche. Freilich wird nicht durchwegs das eigene, sondern mitunter das Recht eines andern Staates angewendet (so in Frankreich das Heimatrecht des Kindes, in Deutschland und Österreich dasjenige der Mutter zur Zeit der Geburt). Das geschieht jedoch mit weitgehender Beschränkung, in Frankreich mit Berufung auf den ordre public (vgl. Schweiz. Jahrbuch für internationales Recht Bd. 9 S. 258), in Deutschland und Österreich kraft gesetzlichen Vorbehaltes (laut Art. 21 des EG zum BGB bzw. § 12 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz, wozu vgl. FRITZ v. SCHWIND in der Festgabe für Makarov, Z. für ausl. und internat. Privatrecht 1958 S. 453: "Man hat zwar das ausländische Recht grundsätzlich für anwendbar erklärt,... aber... schaltet die Anwendbarkeit des ausländischen Rechts wieder ganz oder teilweise aus"). Die Ermittlung und Auslegung der ausländischen Kollisionsnormen bietet dem schweizerischen Richter in manchen Fällen aussergewöhnliche Schwierigkeiten. Die frühere Rechtsprechung BGE 84 II, 602 (612)des Bundesgerichts ist denn auch nicht so weit gegangen, die Verweisung auf das Recht des Wohnsitzes des Beklagten zur Zeit der Beiwohnung als bundesrechtlich gebotene Gesamtverweisung zu bezeichnen (vgl. BGE 77 II 113; dazu KNAPP, Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 9 S. 259, und LAIIVE, gleiches Jahrbuch 12 S. 258). Für die Anerkennung schweizerischer Urteile im Ausland konnte ohnehin die Anwendung der an einem allenfalls nicht mehr bestehenden Wohnsitz (des Beklagten zur Zeit der Beiwohnung) geltenden Rechtsordnung keine Gewähr bieten. Diesen Gesichtspunkt hat übrigens weder die frühere noch die neue Rechtsprechung als entscheidend betrachtet (vgl. BGE 82 II 576 oben mit Hinweisen).
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d) Rechtsmoralischer Natur war die Erwägung, es solle dem Beklagten verwehrt sein, sich der Unterhaltspflicht durch Verlegung seines Wohnsitzes nach der Beiwohnung zu entziehen (vgl. BGE 51 I 105 /6). Dieser Gesichtspunkt verliert an Bedeutung, wenn nicht mehr schlechthin auf den Wohnsitz des Beklagten abgestellt wird. Nach der neuen Rechtsprechung ist die Klage des schweizerischen Rechtes gegeben, sofern auch nur die klagende Partei, zur Zeit der Geburt, in der Schweiz Wohnsitz hat. Daher kann sich der Beklagte (was die frühere Rechtsprechung namentlich vermeiden wollte) der Anwendung des schweizerischen Rechtes nicht einfach dadurch entziehen, dass er den zur Zeit der Beiwohnung in der Schweiz befindlichen Wohnsitz in das Ausland, und zwar in einen Staat, dessen Gesetzgebung der ausserehelichen Kindschaft weniger günstig gesinnt ist, verlegt.
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e) Gewisse vom schweizerischen Vaterschaftsrecht abweichende Bestimmungen des ausländischen Rechtes sind zwar als mit der öffentlichen Ordnung der Schweiz vereinbar befunden worden (so zu Gunsten der klagenden Partei die nicht im Sinne von Art. 308 ZGB befristete Klagmöglichkeit, und als Erschwerung der Klage das Erfordernis einer durch den Beklagten mindestens grundsätzlich bekundeten Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung; vgl. BGE 84 II, 602 (613)BGE 42 II 423, BGE 45 II 505, BGE 77 II 117). Das mag weiterhin gelten, wenn es um die Anerkennung oder Vollstreckung ausländischer Vaterschaftsurteile in der Schweiz geht. Eine andere Frage ist aber, ob die schweizerischen Gerichte selbst, bei Beurteilung einer zuständigen Ortes nach Art. 312 ZGB vor sie gebrachten Vaterschaftsklage, unter Umständen verpflichtet sein sollen, ausländisches Recht anzuwenden. Dies ist nach dem Ausgeführten zu verneinen. Es besteht, wie in BGE 82 II 575 dargetan, kein Grund, der Mutter und dem Kinde, wenn ihnen ein schweizerischer Gerichtsstand nach Art. 312 ZGB zur Verfügung steht, die Vaterschaftsklage des schweizerischen Rechts zu versagen und sie auf ein ungünstigeres ausländisches Recht zu verweisen. Um dem von Einzelnen befürchteten Zustrom schwangerer Ausländerinnen nach der Schweiz vorzubeugen, genügt wohl die genaue Prüfung der Voraussetzungen einer wahren Wohnsitznahme. Sollten sich erhebliche Übelstände aus diesem Gesichtspunkt erzeigen, so wäre übrigens eher eine engere Umgrenzung des Wohnsitzgerichtsstandes der Klägerschaft ins Auge zu fassen (was in BGE 79 II 349 Mitte als mögliche Auslegung des geltenden Art. 312 ZGB erwogen wurde, aber allenfalls auf gesetzgeberischem Weg zu erreichen wäre) als eine Verweisung des schweizerischen Richters auf ausländisches Recht. Im übrigen ist die aus Art. 312 ZGB abgeleitete Rechtsanwendungsregel grundsätzlicher Art. Sie gilt ohne Rücksicht darauf, zu Gunsten welcher Partei sie sich (verglichen mit der früher in der Schweiz anerkannten Kollisionsnorm) im einzelnen Fall auswirkt (ganz abgesehen davon, dass mitunter eine bestimmte Rechtsordnung nicht in jeder Hinsicht für dieselbe Partei günstiger ist). Die Anwendung ungleichen Rechtes durch den schweizerischen Richter auf Klagen der in Frage stehenden Art ist, beim Fehlen besonderer gesetzlicher oder staatsvertraglicher Kollisionsnormen, auch wegen des sittlichen Gehaltes der vom ZGB aufgestellten Normen des Vaterschaftsrechtes abzulehnen. Solchen Gehalt haben auch die BGE 84 II, 602 (614)das Klagerecht ausschliessenden oder beschränkenden Bestimmungen. Das einheimische Rechtsbewusstsein wäre daher nicht nur verletzt, wenn schweizerische Gerichte eine hier zuständigen Ortes angehobene und nach ZGB begründete Vaterschaftsklage mit Rücksicht auf ausländisches Recht abzuweisen hätten (wie in BGE 82 II 575 dargetan), sondern ebenso, wenn eine nach schweizerischem Recht verwirkte oder unbegründete Vaterschaftsklage von schweizerischen Gerichten mit Rücksicht auf ausländisches Recht gutgeheissen werden müsste. Somit bleibt es auch im vorliegenden Falle bei der Anwendung des schweizerischen Rechtes. Es kann daher offen bleiben, ob nicht das von der klagenden Partei angerufene österreichische Recht wegen der Kollisionsnorm von § 12 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz ohnehin die Anwendung des materiellen schweizerischen Vaterschaftsrechtes mit sich bringen würde.
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