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Informationen zum Dokument  BGE 95 I 579  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auffassung des ...
3. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, den Begriff der E ...
4. Das vorliegende Patentgesuch betrifft ein Planungsverfahren zu ...
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83. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. November 1969 i.S. Sacer gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum
 
 
Regeste
 
Patentrecht.  
Patentierbarkeit eines Planungsverfahrens zur Ausgestaltung eines Verteilungsnetzes für elektrische Energie? (Erw. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 95 I, 579 (579)A.- Joze F. Sacer reichte am 23. Januar 1965 beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum ein Patentgesuch ein für ein Planungsverfahren eines Verteilungsnetzes für elektrische Energie. Es wird darin eine Methode umschrieben, die sich zum Ziel setzt, ein Energieverteilnetz mit einer Mehrzahl von Einspeisestellen und einer Vielzahl von Verbraucherstellen bezüglich BGE 95 I, 579 (580)räumlicher Leitungsführung und Wahl der Leiterquerschnitte optimal zu gestalten, d.h. möglichst wenig Leitermaterial zu benötigen bei möglichst geringen Energieverlusten im Verteilsystem.
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In einer I. Beanstandung vom 9. August 1967 wies das Amt den Anmelder darauf hin, dass das Gesuch nach seinem sachlichen Inhalt nichts anderes sei als eine Neuanmeldung seines zurückgezogenen Gesuches Nr. 11966/61. Gleich jenem betreffe auch das neue Gesuch nur eine Anweisung an den menschlichen Geist und könne darum nach ständiger Praxis des Amtes nicht als gewerblich anwendbare Erfindung im Sinne von Art. 1 PatG betrachtet werden. Das Amt forderte daher den Anmelder auf, auch das neue Patentgesuch zurückzuziehen; andernfalls müsste es das Gesuch zurückweisen.
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Mit Schreiben vom 30. Oktober 1967 weigerte sich Sacer, das Patentgesuch zurückzuziehen, und beharrte darauf, dass dieses die Voraussetzungen für die Patenterteilung erfülle.
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B.- Mit Verfügung vom 28. Juli 1969 wies das Amt das Gesuch gestützt auf Art. 59 Abs. 1 PatG zurück mit der Begründung, es liege keine Erfindung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 PatG vor.
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C.- Gegen diese Zurückweisung hat der Anmelder beim Bundesgericht verwaltungsgerichtliche Beschwerde eingereicht. Er beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Amt für geistiges Eigentum anzuweisen, seine Patentanmeldung entgegenzunehmen.
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Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
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BGE 95 I, 579 (581)Damit macht der Beschwerdeführer geltend, die angefochtene Zurückweisungsverfügung beruhe auf einer rechtlich unzutreffenden Auffassung über den Begriff der patentierbaren Erfindung im Sinne des Art. 1 PatG.
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Keine Erfindung ist die Entdeckung (z.B. der Elektrizität), aber sie kann die Grundlage für eine solche abgeben (z.B. die Benützung der Elektrizität als Treibkraft). Die Erfindung ist somit weder die Naturkraft als solche, noch das Ergebnis ihrer Anwendung. Sie ist die abstrakte Regel, deren Wiederholung zu einem bestimmten technischen Erfolg führt, der gewerblicher Anwendung fähig ist. Sie gibt an, wie Naturkräfte beherrscht und dem Menschen dienstbar gemacht werden.
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Nicht zum Gebiet der Technik gehören und daher des Patentschutzes nicht teilhaftig sind dagegen blosse Anweisungen an den menschlichen Geist, die dem Menschen ein bestimmtes Verhalten vorschreiben und die einen bestimmten Erfolg herbeiführen, ohne dass dabei Naturkräfte unmittelbar eingesetzt werden. Nicht patentfähig sind daher z.B. Lotteriesysteme, Spielregeln, Lehrmethoden, Buchhaltungs- und Stenographiesysteme, Logarithmentafeln usw. (TROLLER, op.cit. S. 171; BLUM/PEDRAZZINI, PatG Art. 1 Anm. 8 S. 77 f.; ROUBIER, Le droit de la propriété industrielle, Bd. II S. 86).
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4. Das vorliegende Patentgesuch betrifft ein Planungsverfahren zur Ausgestaltung eines elektrischen Netzes. Nach den Ausführungen zur Kennzeichnung der Erfindung wird von einem massstabgerechten Plan des mit elektrischer Energie zu versorgenden Gebietes ausgegangen, in dem die Einspeisestellen und Bedarfsstellen eingetragen sind. Das von einer Einspeisestelle zu versorgende Gebiet wird zunächst rein graphisch und an sich BGE 95 I, 579 (582)willkürlich in schmale Sektoren unterteilt und die Summe der durchschnittlichen Leistungen in jedem dieser Sektoren ermittelt und graphisch aufgetragen, so dass sich ein Belastungsdiagramm ergibt. Der Patentanspruch enthält weiterhin Anweisungen, wie das zu versorgende Gebiet auf Grund des Belastungsdiagrammes in grössere Winkelsektoren eingeteilt wird, deren jedem eine Hauptleitung zugeordnet wird. Hierauf wird eine Formel angegeben, mit deren Hilfe der Verlauf der Leitungen von einem Ausgangspunkt zu zwei weiteren Bestimmungspunkten ermittelt werden kann; ferner wird angegeben, wie beim Vorhandensein von mehreren Verbindungsstellen ein Leistungsschwerpunkt zu berechnen und als dritter Bestimmungspunkt anzunehmen ist. Der Patentanspruch enthält somit ausschliesslich Anweisungen, wie auf Grund graphischer und rechnerischer Massnahmen ein Netzplan aufgezeichnet werden kann. Es handelt sich also ausschliesslich um ein Rechenverfahren, da auch hier graphische Methoden nichts anderes als Rechenmethoden sind.
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Die Idee, für die der Beschwerdeführer Patentschutz anstrebt, ist keine Schöpfung, die mit den Mitteln der Naturkräfte arbeitet oder auf sie einwirkt, um einen technischen Erfolg zu erzielen, sondern ist als eine rein geistige Leistung anzusehen, für die der Patentschutz nicht beansprucht werden kann. Ob das angegebene Planungsverfahren zur Lösung eines technischen Problems verwendet werden kann, ist unerheblich. Eine Methode zur Lösung einer mathematischen Aufgabe wird nicht dadurch patentfähig, dass durch ihre praktische Anwendung ein technisches Problem gelöst werden kann. Das Amt hat somit bei der Zurückweisung des vorliegenden Patentgesuches den bundesrechtlichen Begriff der Erfindung nicht verletzt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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