VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 88 I 297  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss Art. 21 Abs. 1 WStB unterliegt der Wehrsteuer das  ...
2. Die kantonalen Behörden betrachten die Einkünfte, we ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
47. Auszug aus dem Urteil vom 7. Dezember 1962 i.S. X. und Mitbetelligte gegen Steuerrekurskommisslon des Kantons Aargau.
 
 
Regeste
 
Wehrsteuer: Beruht der bei der Veräusserung von Vermögensstücken (Aktien einer Immobiliengesellschaft) erzielte Gewinn auf Erwerbstätigkeit, so wird er auch dann als Einkommen erfasst, wenn er nicht im Betriebe eines zur kaufmännischen Buchführung verpflichteten Unternehmens erlangt worden ist (Art. 21 Abs. 1 lit. a und d WStB).  
 
Sachverhalt
 
BGE 88 I, 297 (297)A.- Eine industrielle Unternehmung in Basel suchte in der weiteren Umgebung dieser Stadt Industrieland zu erwerben. Sie wandte sich deshalb an X., Direktor einer Handelsfirma und Amman der ländlichen Gemeinde A. Dieser wurde von Bankverwalter Y. und Notar Z. darauf aufmerksam gemacht, dass in der Landgemeinde B. Boden erhältlich sei. Die Industriefirma zeigte dafür Interesse.
1
BGE 88 I, 297 (298)Im Jahre 1954 gründeten X., Y. und Z. eine Immobiliengesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 50'000.--. Diese Gesellschaft schloss am 8. Juli 1954 mit dem Industrieunternehmen eine schriftliche Vereinbarung ab, worin festgehalten wurde, dass sie bestrebt sein werde, in B. einen Landkomplex, wie ihn der Vertragspartner wünschte, zu erwerben. Die Industriefirma verpflichtete sich, nach Erwerb eines ihr zusagenden Landkomplexes durch die Immobiliengesellschaft deren Aktienmantel "um das Total der Landkaufpreise" zu übernehmen, d.h. gegen Bezahlung eines Betrages, der in der Vereinbarung durch Festlegung abgestufter Quadratmeterpreise für die verschiedenen Lagen von vornherein bestimmt wurde. Für den Fall, dass die Landbeschaffung gelinge, sicherte das industrielle Unternehmen der Arbeitgeberin des X. die Entrichtung einer "Courtage" von 2% der Kaufsumme für die Inanspruchnahme ihres Personals zu. Für den Fall des Misslingens sollte es einzig die "generellen Planungskosten" der Immobiliengesellschaft bis zu einem bestimmten Maximalbetrag vergüten.
2
In der Folge kaufte die Immobiliengesellschaft Land in B. zusammen. Die einzelnen Kaufverträge enthielten die Klausel, dass sie nur dann zustande kommen sollten, wenn der gesamte in Aussicht genommene Komplex erworben werden könne. Nachdem die Industriefirma festgestellt hatte, dass die von ihr gestellten Bedingungen erfüllt waren, leistete sie an die Immobiliengesellschaft Vorschüsse zur Bezahlung der Kaufpreise. Sie überwies ihr im I-aufe des Jahres 1955 insgesamt mehr als eine Million Franken. Damit war der Preis für die Aktien der Immobiliengesellschaft erlegt, und diese gingen an die Industriefirma über. Von der an die Immobiliengesellschaft überwiesenen Summe blieb nach Abzug der für den Landerwerb aufgewendeten Beträge, der Kosten der Gründung dieser Gesellschaft und des Aktienkapitals von Fr. 50'000.-- ein beträchtlicher Überschuss, der auf X., Y. und Z. gleichmässig verteilt wurde.
3
BGE 88 I, 297 (299)B.- Diese Bezüge wurden bei der Einschätzung von X., Y. und Z. für die Wehrsteuer der 9. Periode (Berechnungsjahre 1955/6) als Einkommen aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a WSTB) erfasst. Die Veranlagungsbehörde nahm an, es handle sich um Entschädigungen für die Ausführung eines Auftrages der Industriefirma. Die kantonale Rekurskommission schützte diesen Standpunkt.
4
C.- Gegen die Entscheide der Rekurskommission erheben die drei Steuerpflichtigen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen, ihr steuerbares Einkommen sei herabzusetzen. Zur Begründung wird geltend gemacht, die Einkünfte der Beschwerdeführer aus der Transaktion mit der Industriefirma seien nicht Erwerbseinkommen (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB), insbesondere nicht Entschädigungen für Auftragsbesorgung und auch nicht Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftshandel, sondern Kapitalgewinne aus Aktienverkauf und unterlägen daher, weil nicht im Betriebe eines buchführungspflichtigen Unternehmens erzielt, der Wehrsteuer für Einkommen nicht (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB).
5
D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerden.
6
 
Aus den Erwägungen:
 
1. Gemäss Art. 21 Abs. 1 WStB unterliegt der Wehrsteuer das gesamte Einkommen der natürlichen Personen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen, insbesondere nach lit. a jedes Einkommen aus einer Tätigkeit (namentlich aus Handel, Gewerbe usw.) mit Einschluss der Nebenbezüge (wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen und dgl.). Danach wird u.a. jedes Entgelt für irgend eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit als Einkommen erfasst, gleichgültig, ob die Tätigkeit im Haupt- oder bloss im Nebenberuf und ob sie regelmässig oder wiederkehrend oder nur einmalig ausgeübt wird. Auch der Gewinn, der bei der Veräusserung von Vermögensstücken erzielt wird, kann unter Umständen BGE 88 I, 297 (300)auf Erwerbstätigkeit beruhen und daher Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB bilden. Stellt er dagegen einen Kapitalgewinn dar, der dem Veräusserer ohne solche Tätigkeit zufällt (Zuwachsgewinn), so unterliegt er nach Art. 21 Abs. 1 lit d WStB der Wehrsteuer für Einkommen nur dann, wenn er im Betriebe eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens erzielt wird.
7
2. Die kantonalen Behörden betrachten die Einkünfte, welche Gegenstand des Streites sind, als Vergütung für die Ausführung eines Auftrages der Industriefirma durch die Beschwerdeführer. Das ist auch der Hauptstandpunkt der eidgenössischen Steuerverwaltung. Die Beschwerdeführer fechten diese Auffassung mit der Begründung an, die Industriefirma habe die Vereinbarung vom 8. Juli 1954 mit der Immobiliengesellschaft und nicht mit deren Aktionären abgeschlossen, und vor allem habe sie dabei das volle Risiko auf den Vertragspartner überwälzt und sich nicht verpflichtet, ihm seine Auslagen - abgesehen von einem unbedeutenden Betrag für Planungskosten - zu ersetzen, was die Annahme eines Auftrages ausschliesse. Sie machen geltend, es liege überhaupt kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor, insbesondere auch nicht aus erwerbsmässigem Liegenschaftshandel. Die Industriefirma habe lediglich ein bedingtes Kaufsrecht an den Aktien der Immobiliengesellschaft erworben. Es handle sich um einen beim Verkauf der Aktien erzielten Kapitalgewinn, der mangels Verpflichtung der Verkäufer zur kaufmännischen Buchführung der Wehrsteuer vom Einkommen nicht unterliege.
8
Indessen steht fest, dass die Beschwerdeführer eine rege Tätigkeit entfaltet haben, um der idustriellen Unternehmung das von ihr gewünschte Land zu verschaffen. Zu diesem Zweck hat X., dem die Unternehmung ihr Anliegen unterbreitet hatte, sich mit Y. und Z. in Verbindung gesetzt. Sie haben ihn darauf aufmerksam gemahct, dass in B. Land erhältlich sei. Hierauf ist zur Durchführung der BGE 88 I, 297 (301)beabsichtigten Transaktion die Immobiliengesellschaft gegründet worden, und zwar offenbar deshalb, weil die Industriefirma befürchtete, bei Bekanntwerden ihres Interesses für Landkäufe könnten Preistreibereien einsetzen, und weil die Beschwerdeführer nicht als Makler in Erscheinung treten wollten. X. hat für die Immobiliengesellschaft die Verhandlungen mit den Grundeigentümern geführt und den Kontakt mit dem industriellen Unternehmen aufrecht erhalten. Y. hat die Buchhaltung der Immobiliengellschaft besorgt, und Z. hat als Revisor dieser Gesellschaft geamtet. Ausserdem haben diese beiden, wie ohne weiteres angenommen werden darf, X. bei seinen Bemühungen, in B. Land für das industrielle Unternehmen zusammenzubringen, aktiv unterstützt; waren sie doch, der eine als Bankverwalter und der andere als Notar, mit den Verhältnissen auf dem Liegenschaftsmarkt in der Gegend vertraut. Z. hat also entgegen seiner Darstellung nicht bloss als instrumentierende Urkundsperson mitgewirkt. Weil jeder der drei Beschwerdeführer ds Seinige zur Erreichung des gemeinsamen Ziels beigetragen hat, haben sie den Betrag, der von der durch das industrielle Unternehmen an die Immobiliengesellschaft als Kaufpreis für deren Aktien überwiesenen Summe nach Abzug der Kosten geblieben ist, unter sich gleichmässig aufgeteilt. Diesen Betrag haben sie offensichtlich als Entgelt für intensive - und erfolgreiche - Arbeit im Interesse der Industriefirma erhalten. Sie haben die Arbeit in der begründeten Erwartung übernommen, dafür in dieser Weise entschädigt zu werden. Man hat es also mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu tun.
9
Ob diese Tätigkeit, unter dem Gesichtspunkte des Zivilrechtes betrachtet, Auftragsbesorgung (Erfüllung eines einfachen Auftrags oder eines Mäklervertrags) oder (vom Geschäftsherrn genehmigte) Geschäftsführung ohne Auftrag oder Handel mit Immobiliarwerten für eigene Rechnung der Beschwerdeführer oder Geschäftsführung für die Immobiliengesellschaft oder etwas anderes ist, kann offen BGE 88 I, 297 (302)gelassen werden. Auf jeden Fall war sie auf Erwerb gerichtet und sind daher die Einkünfte, welche die Beschwerdeführer daraus gezogen haben, als Einkommen (Nebenbezüge) gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu besteuern.
10
Anders wäre es, wenn die Beschwerdeführer die in Frage stehenden Einnahmen bloss im Rahmen der Verwaltung eigenen Vermögens oder nur in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit, ohne eine eigentliche gewerbliche Tätigkeit, erzielt hätten (Urteil H. vom 28. März 1958, Erw. 1b, wiedergegeben in ASA Bd. 27 S. 176). So verhält es sich indessen nicht; denn nach den gesamten Umständen müssen jene Einnahmen als Entgelt für eine Erwerbstätigkeit betrachtet werden. X. selbst hat die Einkünfte seinerzeit der Steuerkommission gegenüber - zutreffend - als "Honorar" und "Entschädigung" bezeichnet.
11
Daraus, dass die umstrittenen Einkünfte Einkommen aus Erwerbstätigkeit darstellen, folgt weiter, dass sie nicht als Zuwachsgewinn im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB - wonach sie mangels Buchführungspflicht der Empfänger von der Wehrsteuer für Einkommen befreit wären - betrachtet werden können. Von einem solchen Gewinn (Kapitalgewinn) kann umsoweniger gesprochen werden, als der für die Landbeschaffung erforderliche Kapitaleinsatz im wesentlichen nicht von den Beschwerdeführern, sondern von der industriellen Unternehmung geleistet worden ist.
12
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).