BVerwGE 82, 76 - Transzendentale Meditation


BVerwGE 82, 76 (76):

1.  Die verfassungsrechtlichen Befugnisse der Bundesregierung zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit (sog. Öffentlichkeitsarbeit) schließen das Recht zu öffentlichen Warnungen ein.
2.  Gegenstand einer solchen Warnung kann auch das Wirken einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft sein, sofern hiervon Gefahren für die Menschenwürde, das Leben oder die Gesundheit anderer Bürger ausgehen. U. U. kann auch schon der begründete Verdacht einer Gefahr die Warnung rechtfertigen.


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3.  Die Bundesregierung ist nicht auf die Mitteilung von gefahrenträchtigen Tatsachen beschränkt, sondern kann aus ihnen selbst wertende Schlußfolgerungen ziehen, solange sie die Grenzen einer sachlich begründeten Warnung nicht überschreitet.
4.  Betrifft die Warnung mehrere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften, die mit einem Sammelbegriff -- hier: "Jugendreligionen, Jugendsekten" -- bezeichnet werden, so ist sie nicht schon allein deswegen rechtswidrig, weil sich trotz hinreichender Unterscheidungen nicht völlig ausschließen läßt, daß einzelne Bürger zu Unrecht die Vorwürfe gegen eine Gemeinschaft auf eine andere übertragen.
5.  Erweist sich eine Warnung bei erneuter Überprüfung als nicht in jeder Hinsicht zutreffend oder zu weitgehend, so ist die bisherige Darstellung der Gefahrenlage durch eine neue Darstellung zu ersetzen. Weitergehende Ansprüche des durch die Warnung in seinen Grundrechten Betroffenen auf Widerruf oder Richtigstellung bestehen nicht.
 
Urteil
des 7. Senats vom 23. Mai 1989 -- BVerwG 7 C 2.87
GG Art. 1, 2, 4, 103, 140; WRV Art. 137; VwGO §§ 86, 88, 108
I. Verwaltungsgericht Köln
II. Oberverwaltungsgericht Münster
Die Kläger wenden sich gegen Äußerungen der Bundesregierung über die Bewegung der "Transzendentalen Meditation" (TM). Ihre auf Unterlassung und Widerruf bzw. Richtigstellung dieser Äußerungen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht als unbegründet ab, das Oberverwaltungsgericht gab ihr im wesentlichen statt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte die verwaltungsgerichtliche Entscheidung wieder her.
 
Aus den Gründen:
Die Klage ist nicht begründet. Den Klägern stehen die mit ihr verfolgten Unterlassungs- und Widerrufs- bzw. Richtigstellungsansprüche nicht zu.
a) Als Rechtsgrundlage für ihre Unterlassungsansprüche kommen die Grundrechte der Kläger aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 4 Abs. 1 GG in Betracht. Die Grundrechte schützen den Bürger

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vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln (Verwaltungsrealakt). Infolgedessen kann der Bürger. wenn ihm -- wie dies hier von den Klägern geltend gemacht wird -- eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwGE 44, 235 [243]; Urteil vom 21. September 1984 -- BVerwG 4 C 51.80 --, NJW 1985, 1481; BVerwGE 71, 183 [189, 199]).
aa) Die Kläger begreifen das vorliegende Verfahren in erster Linie als "Ehrenschutzprozeß". Das Recht auf Ehre ist als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (BVerfGE 54, 208 [217]; 75, 369 [380]). Dieser Schutz kommt nicht nur natürlichen Personen wie den Klägern zu 3 bis 8, 11 und 12, sondern wegen Art. 19 Abs. 3 GG auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung wie den Klägern zu 1 und 2 zugute, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BGH, NJW 1981, 675; Frotscher, JuS 1978, 505 [510]); letzteres ist hier der Fall.
Die Kläger nehmen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, darüber hinaus auch den Schutz des Grundrechts auf Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 Abs. 1 GG) in Anspruch. Ob sie sich auf dieses Grundrecht berufen können, ist deshalb zweifelhaft, weil es sich bei dem von ihnen gepflegten Gedankengut möglicherweise nicht um eine Religion oder eine Weltanschauung handelt. Die Kläger haben wiederholt vorgetragen, die "Transzendentale Meditation" (TM) sei eine hochwirksame Entspannungstechnik, derer sich jedermann unabhängig von seinem Glauben oder seiner Weltanschauung zu seinem Nutzen bedienen könne. Die Vermittlung und Ausübung einer geistigen Technik ohne bestimmte gedankliche Inhalte oder die Gewährung bloßer Lebenshilfe wird jedoch nicht von Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Andererseits geht es den Klägern nach ihren Ausführungen bei ihrem Einsatz für TM zugleich um eine fortschreitende Vervollkommnung der Welt durch Vermehrung der Zahl derjenigen, die TM ausüben, und sie stehen demgemäß als Teil einer weltweiten Bewegung im Dienst einer universalen, mit dem Begriff  "Zeitalter der Erleuchtung" umschriebenen Heilserwartung;

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dieser weltanschauliche Hintergrund ihrer Lehre spricht für die Gewährung des Schutzes aus Art. 4 Abs. 1 GG. Die Frage nach der Anwendbarkeit dieser Grundrechtsbestimmung bedarf indes keiner Vertiefung. Denn der Senat kann im folgenden, ohne daß sich dies auf das Ergebnis seiner Entscheidung auswirkt, zugunsten der Kläger unterstellen, daß sie als Träger und Anhänger der TM-Bewegung (auch) unter dem Schutz der Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG stehen.
bb) Die hier streitigen Äußerungen der Beklagten berühren die Kläger, wie diese zu Recht hervorheben, unmittelbar in ihrem durch Art. 2 Abs. 1  in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten sozialen Geltungsanspruch. Zugleich haben sie, da die Beklagte auf eine bestehende Gefahrenlage hinweist, den Charakter einer öffentlichen Warnung und greifen damit in die -- vom Senat unterstellten -- Grundrechte der Kläger aus Art. 4 Abs. 1 GG ein. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß derartige öffentliche Äußerungen des Staates nicht zuletzt wegen der mit ihnen in Anspruch genommenen Staatsautorität für die Ausbreitung der angesprochenen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft und ihre Rolle in der religiös-weltanschaulichen Auseinandersetzung, mithin für den von Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Freiheitsraum (BVerfGE 24, 236 [245]; BVerwGE 30, 29 [30 f.]) schwerwiegende Folgen haben können. Diese Folgen sind, soweit sie das Verhalten der gewarnten Öffentlichkeit betreffen, beabsichtigt und im übrigen vorhergesehen und in Kauf genommen. Sie müssen daher mit ihrem vollen Gewicht dem Staat zugerechnet und wegen ihrer freiheitsmindernden Bedeutung als Grundrechtseingriffe behandelt werden. Die Problematik staatlicher Warnungen ist in Rechtsprechung und Literatur bislang hauptsächlich im Zusammenhang mit staatlicher Verbraucher- und Umweltberatung erörtert worden (vgl. dazu OVG NW, GewArch. 1988, 11 und NJW 1986, 2783 sowie Dolde, Behördliche Warnungen vor nicht verkehrsfähigen Lebensmitteln, 1987, S. 11 ff.; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 14 ff.; Sodan, DÖV 1987, 860 ff.; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2708 ff.; Schulte, DVBI 1988, 515 ff.; Zuck, MDR 1988, 1020 ff.; Pinger, JuS 1988, 54 ff.); auch in diesem Zusammenhang wird die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durchweg bejaht.
cc) Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die in Rede stehenden

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Grundrechtseingriffe der Beklagten fehlt. Sie werden jedoch durch die verfassungsrechtliche Aufgabenstellung der Bundesregierung und deren Befugnisse zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit hinreichend gerechtfertigt.
Es gehört zu den im Grundsatz vorausgesetzten Aufgaben der Bundesregierung als Organ der Staatsleitung, die gesellschaftliche Entwicklung ständig zu beobachten, Fehlentwicklungen oder sonst auftretende Probleme möglichst rasch und genau zu erfassen, Möglichkeiten ihrer Verhinderung oder Behebung zu bedenken und die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten, und zwar unabhängig davon, ob es dazu der Beschlußfassung des Gesetzgebers bedarf oder nicht (vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Kommentar, Art. 20 Abschnitt V Rdnr. 102). Diese beobachtende, vorsorgende und lenkende Tätigkeit der Bundesregierung wird nicht selten -- wie dies auch im Streitfall wiederholt geschehen ist -- zum Gegenstand von Anfragen im Deutschen Bundestag gemacht, mit denen sich die Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats, insbesondere zur Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben nötigen Informationen verschaffen (vgl. BVerfGE 13, 123 [125 f.]; 57, 1 [5]). Da sich die Parlamentsarbeit in der Öffentlichkeit vollzieht, legt die Bundesregierung bei der Beantwortung solcher Anfragen nicht nur dem Parlament, sondern zugleich auch der Öffentlichkeit gegenüber Rechenschaft darüber ab, wie sie die jeweilige Lage beurteilt und in welcher Weise sie darauf zu reagieren gedenkt. Unabhängig davon kann sie sich zur Darlegung ihrer Erkenntnisse und Absichten auch selbst unmittelbar an die Öffentlichkeit wenden. Grundlage hierfür ist ihre ebenfalls unausgesprochene, aber funktionsbedingte Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgeführt (BVerfGE 44, 125 [147 f.]; 63, 230 [243]), daß es ein wichtiges Ziel der Regierungstätigkeit ist, die Politik der Regierung sowie ihre Maßnahmen, Entscheidungen und Lösungsvorschläge öffentlich darzulegen und zu erläutern und auf diese Weise den im demokratischen Gemeinwesen nötigen Grundkonsens zwischen Staat und Bürgern lebendig zu erhalten. Diese Aufgabe stellt sich der Regierung namentlich dann, wenn bestimmte gesellschaftliche Erscheinungen -- und dazu zählt auch das Wirken der als "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" bezeichneten Gruppierungen -- in

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der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert und mit Sorge verfolgt werden, weil die Öffentlichkeit gerade unter solchen Voraussetzungen erwarten kann, alsbald über die Erkenntnisse und Absichten der Bundesregierung unterrichtet zu werden. Die Erfüllung dieses Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit schließt die Möglichkeit staatlicher Empfehlungen und Warnungen ein. Denn auch derartige Äußerungen der Bundesregierung sind unmittelbarer Ausdruck ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl und werden daher von ihrer Befugnis zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit mitgetragen. Öffentliche Warnungen des Staates vor einer bestehenden Gefahrenlage sind darüber hinaus selbst wirksame Mittel, den aufgezeigten Gefahren zu begegnen. Sie dienen damit zugleich dem Schutz der gewarnten Bürger und -- insofern sie weitergehende Maßnahmen, insbesondere gesetzliche Sanktionen entbehrlich machen -- der Erhaltung ihres Freiheitsraums.
Da sich die Befugnis der Bundesregierung zu öffentlichen Warnungen aus der Verfassung selbst ergibt, ist eine weitergehende (einfach-)gesetzliche Regelung dieser Befugnis nicht erforderlich. Das gilt auch in Anbetracht der Beeinträchtigung der Grundrechte derjenigen, deren Tätigkeit von der Bundesregierung als Gefahr für die Allgemeinheit bezeichnet wird. Denn solche Grundrechtseingriffe sind mit öffentlichen Warnungen der Bundesregierung zwangsläufig und unvermeidlich verbunden und werden daher von ihrer verfassungsrechtlichen Äußerungsbefugnis gedeckt. Die Grenzen der zulässigen Grundrechtseingriffe beurteilen sich gleichfalls unmittelbar nach Verfassungsrecht. Denn der Staat hat bei negativen Äußerungen über einzelne Personen -- soweit die jeweils berührten Grundrechte solche Äußerungen überhaupt zulassen -- stets den seine Eingriffsmacht mäßigenden und begrenzenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (BVerwGE 59, 319 [325]; BVerwG, Urteil vom 4. Februar 1988 -- BVerwG 5 C 88.85 --, aaO [S. 2400]). Eine detaillierte gesetzliche Regelung ist wegen der Vielgestaltigkeit der möglichen Eingriffslagen und -wirkungen praktisch nicht möglich und daher verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Kläger werden mithin entgegen ihren Ausführungen durch die umstrittenen Äußerungen der Beklagten nicht schon mangels einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung in ihren Grundrechten verletzt.
dd) Es fehlt auch nicht an der Zuständigkeit der Beklagten für die

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umstrittenen Äußerungen. Wie bereits erwähnt, hat die Ausbreitung der als "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" bezeichneten Gruppierungen im Bundesgebiet in der Öffentlichkeit zu erheblicher Beunruhigung geführt. Die Bundesregierung hat deshalb pflichtgemäß geprüft, ob und inwieweit die erhobenen Vorwürfe begründet waren und ob zur Gefahrenbekämpfung neue Bundesgesetze -- in Betracht kam etwa die Ausübung der Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes für das Recht der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Nr. 7 GG) oder auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (Art. 74 Nr. 19 GG) -- zu erlassen waren. Die bisherigen, sozusagen im Vorfeld denkbarer Gesetzgebungsmaßnahmen liegenden Äußerungen der Bundesregierung zu den "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" und ihre künftige Wiederholung fallen in den Rahmen dieser Bundeszuständigkeit. Eine nähere Abgrenzung zu den Zuständigkeiten der Länder auf diesem Gebiet ist nicht erforderlich, weil die staatlichen Informations- und Aufklärungszuständigkeiten nicht überschneidungsfrei geordnet sind (vgl. Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 [2708]). An der Ressortkompetenz (Art. 65 Satz 2 GG) des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (jetzt: Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit) besteht ebenfalls kein Zweifel.
ee) Da der Senat zugunsten der Kläger die Anwendbarkeit des Art. 4 GG unterstellt, sind die umstrittenen Äußerungen der Beklagten in materieller Hinsicht vorrangig an dieser Grundrechtsbestimmung zu messen. Im Gegensatz zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ist nämlich das Grundrecht der Bekenntnisfreiheit vorbehaltlos gewährleistet; es vermittelt daher seinem Träger einen über jenes Grundrecht hinausreichenden Schutz.
Dieser Schutz reicht freilich nicht so weit, daß er keinerlei Einschränkungen zuließe. Denn auch das Grundrecht aus Art. 4 GG ist in die Gesamtheit der Verfassungsbestimmungen eingebunden und wird von daher inhaltlich begrenzt (BVerfGE 32, 98 [107 f.]; 52, 223 [246 f.]). Insbesondere findet die Bekenntnisfreiheit dort ihre Grenzen, wo die Ausübung dieses Grundrechts durch den Grundrechtsträger auf die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit anderer Personen trifft. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ist die Staatsgewalt verpflichtet, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Ebenso verpflichtet das Grund

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recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit den Staat nicht nur dazu, eigene Eingriffe zu unterlassen, sondern überdies auch dazu, seine Bürger vor Beeinträchtigungen durch andere zu schützen (BVerfGE 77, 170 [214]; 381 [402 f.]). Als geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen kommen -- über das von der Rechtsordnung im übrigen bereitgehaltene Schutzinstrumentarium hinaus -- auch staatliche Warnungen in Betracht. Das Grundgesetz läßt es daher, wie auch das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, trotz der vorbehaltlosen Grundrechtsgarantie in Art. 4 GG im Prinzip zu, daß der Staat seine Bürger zum Schutz der in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG genannten Rechtsgüter vor den Gefahren warnt, die von den Aktivitäten einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft ausgehen. Der verfassungsrechtlich legitimierte Schutz der Rechtsgüter Dritter begrenzt zugleich auch -- und erst recht -- den der betreffenden Gemeinschaft und ihren Anhängern nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zustehenden Ehrenschutz.
Die näheren Zulässigkeitsvoraussetzungen solcher Warnungen ergeben sich aus dem als Prüfungsmaßstab schon genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Grundrechtseingriffe auf das jeweils erforderliche und zumutbare Maß beschränkt. Danach muß für die Warnung ein hinreichender Anlaß bestehen; ein solcher Anlaß besteht dann, wenn eine Gefahr für die zu schützenden Rechtsgüter vorliegt. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für staatliche Warnungen ähneln damit den polizeirechtlichen Eingriffstatbeständen (vgl. VGH Baden-Württemberg, DÖV 1989, 169; Groh, RdJB 1987, 483 [485]; ferner: Dolde, aaO, S. 23 ff.). Hier wie dort kann nicht nur eine konkrete, sondern auch eine abstrakte Gefahr Anlaß zu Schutzmaßnahmen geben. Der Staat braucht sich bei seiner Warnung nicht auf die Mitteilung von Tatsachen zu beschränken. Vielmehr kann er aus den mitgeteilten Tatsachen im Interesse einer wirksamen Warnung der Öffentlichkeit auch selbst wertende Schlußfolgerungen ziehen. Er muß sich allerdings, da staatliche Meinungsäußerungen generell dem Gebot der Sachlichkeit unterstehen (BVerfGE 40, 287 [293]), auch insoweit unnötiger Abwertungen enthalten. Sind diese Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, so kann der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, deren Wirken als gefährlich bezeichnet wird, die Warnung grundsätzlich auch zugemutet werden.


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Wegen des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter kann u. U. sogar -- wieder ähnlich wie im Polizeirecht -- schon der begründete Verdacht einer Gefahr ausreichen, um Schutzmaßnahmen in Form eines Hinweises oder einer Warnung zu rechtfertigen. Auch dann muß der Staat aber die Umstände, aus denen er die Notwendigkeit der Warnung herleitet, zutreffend wiedergeben und unsachliche oder aggressive Wertungen vermeiden.
b) Für die Unterlassungsansprüche der Kläger ergibt sich hiernach im einzelnen folgendes:
aa) Die Kläger sehen sich in erster Linie durch die Bezeichnung der TM-Bewegung als "Jugendreligion" bzw. . "Jugendsekte" in ihren Rechten verletzt. Das Berufungsgericht hat dazu in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt: Wie sich aus einer Vielzahl von Presseveröffentlichungen ergebe, wecke die Bezeichnung "Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte" bei der Öffentlichkeit ein Bündel negativ besetzter Assoziationen, nämlich die Vorstellung gesetzwidriger pseudoreligiöser und destruktiver Praktiken verschiedenster Art bis hin zu strafbaren Handlungen wie Nötigung, Betrug und Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Einen konkreten Informationsgehalt habe die Bezeichnung nicht. Als Gesamteindruck bleibe das Odium der Jugendgefährdung.
Die Beklagte greift diese Feststellungen des Berufungsgerichts mit der Rüge unzureichender Sachaufklärung an. Sie ist der Ansicht, das Berufungsgericht hätte sein Verständnis des Begriffs "Jugendreligionen/Jugendsekten" nicht auf der Grundlage einer Zufallsauswahl ungenannter Presseveröffentlichungen gewinnen dürfen, sondern sich auf einen objektiven Querschnitt durch die Medien oder aber auf demoskopische Umfragen stützen müssen. Der fragliche Begriff habe keinen abwertenden, sondern nur einen beschreibenden Inhalt. Insbesondere sei mit ihm nicht der Vorwurf der Jugendgefährdung verbunden. Der Senat läßt offen, ob diese Verfahrensrüge der Beklagten zulässig und begründet ist. Hierauf kommt es nicht an, weil die Kläger die Bezeichnung ihrer Bewegung als "Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte" unabhängig davon dulden müssen, ob diese Bezeichnung den vom Berufungsgericht festgestellten Bedeutungsgehalt hat oder nicht.
Wie auch das Berufungsgericht annimmt, hat der Begriff "Jugendreli

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gionen/Jugendsekten" keine deutlichen Konturen. Das hat die Beklagte veranlaßt, sich in ihren öffentlichen Verlautbarungen ausdrücklich zu dem Inhalt dieses Begriffs zu äußern. Sie hebt immer wieder hervor, daß es sich um einen Sammelbegriff handele, unter dem höchst unterschiedliche Gruppen zusammengefaßt würden (vgl. "Pressedienst des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit" vom 10. Juli 1978 S. 1; BT-Drs. 8/2790 vom 27. April 1979 S. 1 f.; Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags vom 21. Dezember 1979 S. 3; BT-Drs. 9/1932 vom 23. August 1982 S. 1; BT-Drs. 10/2094 vom 10. Oktober 1984 S. 1). Es bedürfe daher einer subtilen und differenzierten Betrachtung, da gerade in diesem heterogenen Feld pauschale und verallgemeinernde Darstellungen zwangsläufig zu einer unzulässigen Verkürzung führen müßten. Mit Vorbehalt ließen sich allerdings einige Merkmale nennen, die -- mehr oder weniger -- für alle in der Bundesrepublik tätigen "Jugendsekten" gälten: Weltverbesserungsideologie mit Totalitätsanspruch, unumstrittene autoritäre Führergestalt, missionarisches Sendungsbewußtsein der Anhänger, feste -- vielfach totalitäre -- Gruppenstruktur, gruppenspezifisches Ritual und bewußt stufenweise Einführung in die Sektenlehre (vgl. BT-Drs. 8/2790 vom 27. April 1979 S. 2 f.; ähnlich bereits "Pressedienst des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit" vom 10. Juli 1978 S. 3). Hat der Begriff "Jugendreligionen/Jugendsekten" in den Äußerungen der Beklagten zur TM-Bewegung, wie die Beklagte meint, nur diesen vorwiegend deskriptiven Inhalt, so muß der Unterlassungsanspruch der Kläger schon mangels einer beachtlichen Grundrechtsbeeinträchtigung scheitern.
Das Ergebnis ist kein anderes, wenn entsprechend den Feststellungen des Berufungsgericht angenommen wird, daß der Begriff "Jugendreligionen/Jugendsekten" im Bewußtsein der Öffentlichkeit weitgehend mit dem Odium der Jugendgefährdung verbunden ist. Da die Beklagte diesen Begriff überaus behutsam, z.T. sogar mit Anführungszeichen oder unter Beifügung des Adjektivs "sogenannt" verwendet und immer wieder die zwischen den einzelnen Gruppierungen bestehenden Unterschiede hervorhebt, können ihr nicht sämtliche in diesem Zusammenhang in der öffentlichen Diskussion erhobenen Vorwürfe als eigene zugerechnet werden. Denn auch dort, wo die Beklagte selbst allgemein über die von den "Jugendreligionen" bzw.

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"Jugendsekten" ausgehenden Gefahren berichtet, fügt sie einschränkend hinzu, die geschilderten Gefahren träfen nicht in gleichem Maße für alle genannten Bewegungen zu (Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages vom 21. Dezember 1979 S. 14). Dementsprechend begnügt sie sich nicht mit einer allgemeinen Kennzeichnung der Gefahren, sondern geht auf das Wirken jeder einzelnen Bewegung ein. Das ist bislang am ausführlichsten in dem soeben zitierten und durch spätere Äußerungen nicht überholten Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages vom 21. Dezember 1979 geschehen. Wie sich aus diesem Bericht ergibt, sieht die Beklagte die Gefahren, die von der TM-Bewegung ausgehen, vor allem darin, daß es bei labilen Menschen oder solchen, die in einer Krise stehen, also insbesondere auch bei jungen Menschen, in Einzelfällen zu schweren psychischen Störungen kommen kann. Wie noch auszuführen sein wird, ist diese Besorgnis begründet, so daß die Beklagte berechtigt ist, vor den entsprechenden Gesundheitsgefahren öffentlich zu warnen. Dann darf sie dies aber auch unter der Bezeichnung "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekte" tun, selbst wenn schon diese Bezeichnung, wie das Berufungsgericht annimmt, den Vorwurf der Jugendgefährdung enthält. Dabei bietet der bisherige Sprachgebrauch der Beklagten hinreichende Gewähr dafür, daß sie es auch künftig nicht an den erforderlichen Unterscheidungen und Einschränkungen fehlen lassen wird. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte ihre die TM-Bewegung betreffenden öffentlichen Warnungen über die vorliegenden Äußerungen hinaus, in denen sie der TM-Bewegung übrigens auch mögliche positive Auswirkungen ihres Meditationsverfahrens bescheinigt, verschärfen will.
Die Bezeichnung der TM-Bewegung als "Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte" ist auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig. Zwar ist nicht auszuschließen, daß einzelne Bürger in Anbetracht der Vielzahl der als "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" bezeichneten Bewegungen und der Breite der gegen sie -- von der Beklagten und von anderer Seite -- erhobenen Vorwürfe die Unterscheidungen und Einschränkungen in den Äußerungen der Beklagten nicht hinreichend beachten und Vorwürfe, die nur einzelnen Bewegungen gelten, zu Unrecht auf andere nicht angesprochene Bewegungen übertragen. Diese Möglichkeit beruht aber nicht auf der Bezeichnung

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"Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte", sondern bestünde in gleicher Weise auch dann, wenn die Beklagte für die in Betracht kommenden Bewegungen eine andere, aus der Sicht der Kläger und des Berufungsgerichts neutrale Bezeichnung wählen würde. Daß die Beklagte diese Bewegungen trotz ihrer Unterschiede überhaupt gemeinsam unter einem Sammelbegriff abhandelt, rechtfertigt sich aus ihrem im wesentlichen zeitgleichen Vordringen und der in der Öffentlichkeit lebhaft diskutierten Frage nach ihrer gemeinsamen Gefährlichkeit. Angesichts der in der öffentlichen Diskussion vielfach geäußerten Besorgnis konnte es der Beklagten nicht verwehrt sein, sich auch ihrerseits mit den betreffenden Bewegungen insgesamt zu befassen; sie darf sich dabei auch -- mit der gebotenen Vorsicht -- des Sammelbegriffs "Jugendreligionen/Jugendsekten" bedienen, den sie nicht, zumal nicht mit abwertender Zielsetzung, selbst geprägt, sondern in der öffentlichen Diskussion vorgefunden hat.
bb) Die Bezeichnung der TM-Bewegung als "Psychosekte" -- gleiches gilt für die Bezeichnung als "Psychogruppe" -- ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Wie sich aus den Äußerungen der Beklagten vor dem Deutschen Bundestag vom 27. April 1979 (BT-Drs. 8/2790 S. 1, 3) und vom 23. August 1982 (BT-Drs 9/1932 S. 1) ergibt, versteht die Beklagte unter "Psychosekten" bzw. "Psychogruppen" eine Untergruppe der als "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" bezeichneten Bewegungen, die durch eine offene Organisationsstruktur und durch das Angebot von Kursen, Seminaren und Trainingsformen mit quasitherapeutischer Zielsetzung gekennzeichnet ist. Auch die TM-Bewegung erfüllt diese Merkmale, denn sie will durch die von ihr in Kursen verbreitete Meditationstechnik die Gesundheit ihrer Anhänger fördern und deren Persönlichkeitsentwicklung verbessern. Die Kläger werden daher durch die Verwendung des Begriffs "Psychosekten/ Psychogruppen" nicht anders oder stärker belastet als durch die Bezeichnung ihrer Bewegung als "Jugendreligion" bzw. Jugendsekte". Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte werfe der TM-Bewegung mit der Bezeichnung als "Psychosekte" den "Einsatz obskurer psychologischer Mittel zur Persönlichkeitsveränderung bzw. -verformung" vor, wird durch den für die Unterlassungsansprüche der Kläger maßgeblichen bisherigen Sprachgebrauch der Beklagten nicht bestätigt.


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cc) Die von den Klägern weiter bekämpfte Äußerung der Beklagten, TM werde von nicht ausreichend qualifizierten Lehrern vermittelt, ist wiederum nicht schon aus sich heraus verständlich, sondern steht ähnlich wie die Einbeziehung der TM-Bewegung in den Kreis der "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" in engem Zusammenhang mit dem von der Beklagten angenommenen und durch die Feststellungen des Berufungsgerichts bestätigten Umstand, daß es bei der Ausübung von TM zu psychischen Schäden kommen kann. Ist einer psychisch wirksamen Betätigung wie der TM-Technik eine Gesundheitsgefahr jedenfalls für labile Personen nicht abzusprechen, so stellt es keine übermäßige oder unzumutbare Belastung dar, wenn von demjenigen, der andere in diese gesundheitsgefährdende Betätigung einübt, ohne die durch eine einschlägige Ausbildung auf dem Gebiet der Psychiatrie oder Psychologie vermittelten Kenntnisse zur Abwehr der Gefahren zu besitzen, gesagt wird, er sei als Lehrer nicht ausreichend qualifiziert. Da die TM-Lehrer unstreitig weder psychiatrisch noch psychologisch ausgebildet sind, ist die Beklagte zu einem entsprechenden, die bestehende Gefahrenlage zutreffend kennzeichnenden Hinweis an die Öffentlichkeit berechtigt. Auch das Berufungsgericht hält einen solchen Hinweis für grundsätzlich denkbar, meint aber, die Beklagte sei auf die Vermittlung von Sachinformationen über die Aus- bzw. Vorbildung der TM-Lehrer beschränkt. Es verkennt dabei, daß die Beklagte die vorliegenden Tatsachen aufgrund der ihr zustehenden Aufklärungs- und Warnungsbefugnisse auch selbst als gefahrenträchtig bewerten darf, solange sie die Grenzen einer sachlich begründeten Warnung nicht überschreitet. Das ist, soweit die Beklagte die Ausbildung der TM-Lehrer als (zur Gefahrenabwehr) nicht ausreichend bezeichnet, nicht der Fall.
Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf, daß nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 und 7 WRV jede Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft das Recht habe, Ämter ohne staatliche Mitwirkung zu verleihen und zu entscheiden, welche Ausbildungsanforderungen sie stelle. Es ist zwar richtig, daß das Selbstbestimmungsrecht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nach Art. 140 GG, 137 Abs. 3 und 7 WRV sich auch auf die nähere Ausgestaltung ihrer Ämter einschließlich der zu stellenden Ausbildungsanforderungen

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erstreckt. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Einführung oder Durchsetzung bestimmter, mit diesem Selbstbestimmungsrecht kollidierender staatlicher Ausbildungsanforderungen, sondern um eine staatliche Warnung vor drohenden Gesundheitsschäden. Die Rechtmäßigkeit dieser Warnung ist unabhängig davon zu beurteilen, ob und gegebenenfalls welche Anforderungen der Staat an die Ausbildung der TM-Lehrer -- etwa unter dem Gesichtspunkt der Ausübung der Heilkunde -- zu stellen berechtigt wäre.
dd) Wie schon in den vorstehenden Ausführungen vorausgesetzt, ist die Beklagte ferner zu der Äußerung berechtigt, TM könne zu psychischen Schäden oder zu einer Persönlichkeitszerstörung führen. Das Berufungsgericht hat wegen dieser Äußerung der Beklagten, die den eigentlichen Kern ihrer die TM-Bewegung betreffenden Gefahrenwarnung bildet, Beweis erhoben und ausgeführt: Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, daß die Ausübung von TM oder auch das Engagement in der TM-Bewegung als "life event" Auslöser für Psychosen sein könnten. Der Ausbruch der Erkrankung setze eine entsprechende Disposition voraus (sog. vulnerable Individuen). Auslösendes Element könne jedes Ereignis sein, das die ganze Person in Anspruch nehme, eine Verlobung, eine Heirat, eine Niederkunft, ein Militärdienst und auch TM. Psychische Störungen nicht psychotischen Ausmaßes seien nach den Äußerungen der Sachverständigen noch weniger verläßlich erfaßbar, Aussagen dazu seien noch schwieriger. Eine Beteiligung von TM könne jedoch auch in diesem Bereich nicht ausgeschlossen werden. Alle drei angehörten Sachverständigen vermuteten eine Gefährlichkeit von TM für Menschen mit labiler Ich-Struktur. Auch die Zeugen hätten von etlichen Fällen berichtet, in denen der Zusammenhang zwischen TM und psychischer Entgleisung mehr oder weniger deutlich zutage getreten sei.
Die Beklagte stellt diese Feststellungen des Berufungsgerichts -- weil für sie günstig -- nicht in Frage. Die Kläger räumen zwar ein, daß es in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausübung von TM Manifestationen von psychischen Störungen gegeben habe, leugnen aber trotz der von ihnen an anderer Stelle wiederholt betonten (positiven) Wirksamkeit des Meditationsverfahrens einen Kausalzusammenhang. Sie greifen deshalb die Fest

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stellungen des Berufungsgerichts mit Verfahrens(gegen)rügen an, die jedoch erfolglos bleiben.
Soweit die Kläger dem Berufungsgericht unzureichende Sachaufklärung vorwerfen wollen, sind ihre Rügen bereits unzulässig, denn sie enthalten entgegen den formellen Erfordernissen des § 139 Abs. 2 Satz 2 VwGO keine Darlegungen dazu, welches Ergebnis die vermißte Beweisaufnahme im einzelnen gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer abweichenden Beurteilung hätte führen können. Sie sind darüber hinaus auch unbegründet. Nach § 98 VwGO, §§ 404 Abs. 1, 412 ZPO stand die Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens im Ermessen des Berufungsgerichts. Besondere Umstände, die dieses Ermessen hätten einschränken können, lagen nicht vor. Die erstatteten Gutachten wiesen keine offenkundigen Mängel auf, und es bestanden auch keine Zweifel an der Sachkunde oder Unvoreingenommenheit der Gutachter. Die zwischen den Gutachtern entstandenen Meinungsverschiedenheiten betrafen allein die Frage nach der Häufigkeit ("signifikante Korrelation") der auftretenden psychischen Schäden, nicht aber das Vorliegen einer Gefahr als solcher. Unter diesen Umständen war das Berufungsgericht nicht gehindert, die von den Klägern angegriffenen Feststellungen auf die vorliegenden Sachverständigengutachten zu stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Einsichten durch eine weitere Zeugenvernehmung hätten gewonnen werden können. Die Kläger haben das in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht offenbar nicht anders gesehen, denn sie haben insoweit keine Beweisanträge gestellt.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Feststellung auch nicht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt. Allein aus dem Umstand, daß die von den Klägern vorgelegten gutachtlichen Äußerungen und Materialien im Berufungsurteil nicht erwähnt sind, kann nicht geschlossen werden, daß das Berufungsgericht den Inhalt der Akten nicht vollständig zur Kenntnis genommen hat (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Sonstige Anhaltspunkte, die für eine derartige Pflichtverletzung sprechen könnten, sind nicht aufgezeigt und auch nicht erkennbar. Die weiteren Ausführungen der Kläger zur Frage des Eintritts psychischer Schäden betreffen ausschließ

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lich die dem Berufungsgericht vorbehaltene Beweiswürdigung. Ein Verstoß gegen eine allgemeine Beweiswürdigungsregel ist nicht ersichtlich.
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die umstrittene Äußerung der Beklagten, TM könne zu psychischen Schäden oder zu einer Persönlichkeitszerstörung führen. Das gilt auch mit Blick auf den Begriff der "Persönlichkeitszerstörung", denn Psychosen können nach ihrem Ausbruch bis zu irreversiblem totalem Persönlichkeitszerfall führen (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl., Stichwort "Psychose"). Daß es regelmäßig zu psychischen Schäden kommt, wird von der Beklagten nicht behauptet; die Rede ist nur von der Möglichkeit solcher Schäden in Einzelfällen. Die Beklagte hat in der Vergangenheit wiederholt ausdrücklich hinzugefügt, daß sie Gefahren insbesondere für labile Personen oder solche Personen sieht, die in einer Krise stehen (vgl. BT, 8. Wahlperiode, 194. Sitzung am 14. Dezember 1979 StenBer. S. 15532 B; Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags vom 21. Dezember 1979 S. 9). Im übrigen ist die Äußerung auch ohne die Hervorhebung dieser Personengruppe sachlich zutreffend, da deren besondere Gefährdung auf der Hand liegt.
Das Berufungsgericht hält demgegenüber den festgestellten Sachverhalt zur Rechtfertigung der Äußerung der Beklagten für nicht ausreichend. Es führt aus, eine Warnung der Beklagten dergestalt, TM könne zu psychischen Schäden oder zu einer Persönlichkeitszerstörung führen, werde von der Bevölkerung dahin verstanden, daß eine -- nicht erwiesene -- "gesteigerte Gefahrensituation" bestehe; "TM müßte deutlich gefährdender sein als andere Meditationsverfahren oder die Zugehörigkeit zu anderen weltanschaulichen oder religiösen Gemeinschaften, zu denen die Beklagte Vergleichbares nicht äußert". Das Berufungsgericht belegt die damit postulierten Vorstellungen der Bevölkerung nicht, sondern verweist lediglich darauf, daß der Begriff "psychischer Schaden", insbesondere, wenn er im Zusammenhang mit "Persönlichkeitszerstörung" gebraucht werde, "gewichtig" sei. Es geht offenbar davon aus, daß eine Warnung der Beklagten vor dem Eintritt solcher Schäden nur unter den von ihm genannten qualifizierten Voraussetzungen zulässig ist und folglich von der Öffentlichkeit auch nur unter diesen Voraussetzungen erwartet wird. Das trifft indes nicht zu.


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Daß die vom Berufungsgericht festgestellten Gefahren nur einen Teil der Bevölkerung, nämlich Menschen mit einer bestimmten psychischen Disposition, betreffen, hindert die Beklagte nicht, die Öffentlichkeit vor diesen Gefahren zu warnen. Im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts wird üblicherweise die Schwelle für staatliche Eingriffe um so niedriger angesetzt, je größer der drohende Schaden ist. Dieser Grundsatz kann auf staatliche Warnungen übertragen werden. Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, daß psychische Schäden, erst recht solche mit dem Ergebnis einer "Persönlichkeitszerstörung", besonders schwer wiegen. Das nötigt aber -- anders als das Berufungsgericht anzunehmen scheint -- nicht dazu, im gleichen Maße die Anforderungen an den zu erwartenden Schaden zu steigern. Im Gegenteil ist die Beklagte wegen der besonderen Schwere der drohenden Schäden auch in Anbetracht einer möglicherweise geringen Schadenshäufigkeit zu Warnungen berechtigt. Das ist den Klägern um so eher zuzumuten, als die Eingriffsintensität staatlicher Warnungen hinter derjenigen herkömmlicher Staatseingriffe wie Ge- und Verbote deutlich zurückbleibt. Denn staatliche Warnungen zielen zwar auf ein bestimmtes Verhalten der Öffentlichkeit ab, lassen aber dem angesprochenen Personenkreis die Freiheit, sich über sie hinwegzusetzen und das aufgezeigte Risiko aus eigenem Entschluß in Kauf zu nehmen.
Ebensowenig kann die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Warnung mit der Erwägung in Frage gestellt werden, daß die Beklagte andere psychische Einwirkungen -- das Berufungsgericht nennt neben der Meditation die Hypnose, das Autogene Training, die Psychoanalyse und andere Formen der Psychotherapie -- sowie die Zugehörigkeit zu anderen weltanschaulichen und religiösen Gemeinschaften nicht zum Anlaß von Warnungen nehme, obwohl auch in diesen Bereichen für psychisch labile Personen Gefahren bestünden. Wie der Oberbundesanwalt zu Recht ausführt, verlieren mit Gesundheitsgefahren verbundene Aktivitäten nicht deshalb ihre Gefährlichkeit, weil auch andere Handlungen oder Ereignisse in vergleichbarem Umfang gesundheitsgefährdend sind. Daher könnte selbst mit einem zusätzlichen Hinweis darauf, daß sich TM im Rahmen der Gefährlichkeit anderer die menschliche Psyche beeinflussender Praktiken hält, nicht die Gefahrlosigkeit von TM dargetan werden. Daß die Beklagte ihre Warnun

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gen auf die von den sog. "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" ausgehenden Gefahren beschränkt, erklärt sich aus dem schon mehrfach angesprochenen Umstand, daß gerade die Aktivitäten dieser Vereinigungen in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit gefunden und dort erhebliche Besorgnis ausgelöst haben. Einen ebenso gewichtigen Anlaß, sich auch mit den Gefahren anderer psychisch wirksamer Betätigungen oder der Zugehörigkeit zu anderen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften auseinanderzusetzen, hatte und hat die Beklagte nicht. Davon abgesehen ist durchaus offen, ob -- was das Berufungsgericht ohne nähere Erörterung voraussetzt -- der Bevölkerung in den genannten anderen Lebensbereichen überhaupt Gesundheitsgefahren drohen, die den von der Beklagten aufgezeigten Gefahren vergleichbar sind. Die Kläger werden mithin durch die Warnung der Beklagten weder unverhältnismäßig noch gleichheitswidrig belastet.
ee) Soweit die Kläger von der Beklagten die Unterlassung von Äußerungen zum Finanzgebaren der TM-Bewegung verlangen, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß der den Klägern zustehende Grundrechtsschutz keinesfalls so weit reicht, daß die Beklagte jede Äußerung zu diesem Thema unterlassen muß. Insbesondere werden die Kläger durch sachlich zutreffende Informationen über die Art der Finanzierung ihrer Bewegung und über die Höhe der verlangten Kursgebühren weder in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht noch in anderen Freiheitsrechten berührt. Die Kläger wirken mit ihren Aktivitäten in die Öffentlichkeit hinein und müssen es sich daher gefallen lassen, daß ihre finanziellen Verhältnisse zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht werden, an der sich -- innerhalb der durch das Grundgesetz und die sonstige Rechtsordnung gezogenen Grenzen -- auch der Staat beteiligen darf.
Das Berufungsgericht hätte der Klage aber auch nicht insoweit stattgeben dürfen, als es der Beklagten die Äußerung untersagt hat, das Finanzgebaren der TM-Bewegung sei unseriös. Das folgt zwar nicht daraus, daß das Berufungsgericht damit, wie die Kläger rügen, von ihrem Begehren abgewichen wäre (vgl. § 88 VwGO), denn das Ziel der Klage, jede öffentliche Äußerung der Beklagten zum Finanzgebaren der TM-Bewegung zu verhindern, schließt die Abwehr pauschal herabsetzender -- und damit den Schutz

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bereich der Grundrechte der Kläger jedenfalls berührender -- Äußerungen zu diesem Thema ein. Trotzdem kann das Verbot des Berufungsgerichts deshalb keinen Bestand haben, weil den Klägern insoweit keine Verletzung ihrer Rechte droht. Die Beklagte hat sich in den vorliegenden öffentlichen Äußerungen mit dem Finanzgebaren der TM-Bewegung nur am Rande -- nämlich in Form eines Hinweises auf die Erhebung von Kursgebühren von 400 bis 10000 DM als hauptsächliche Finanzierungsquelle -- beschäftigt (vgl. "Pressedienst des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit" vom 10. Juli 1978 S. 3; Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestagt vom 21. Dezember 1978 S. 7). Den Vorwurf unseriösen Finanzgebarens hat sie unter Darlegung von Einzelvorkommnissen erstmals und ausschließlich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens erhoben. Das reicht jedoch nicht für die Annahme aus, daß sie diesen Vorwurf künftig öffentlich wiederholen wird. Vielmehr müssen ihre Vorstellungen darüber, ob und inwieweit Warnungen an die Öffentlichkeit erforderlich sind, in erster Linie ihren vorliegenden öffentlichen Äußerungen entnommen werden. Wie bereits festgestellt, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie diese Äußerungen zu verschärfen beabsichtigt. Im Gegenteil hat sie im Revisionsverfahren ausgeführt, sie wolle sich bei denkbaren künftigen Anlässen zur Problematik der "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" nur in den bisherigen Formen und mit den bisherigen Inhalten öffentlich äußern (Revisionsbegründung vom 9. April 1987 S. 52). Die Kläger selbst halten das gerichtliche Verbot der Äußerung, das Finanzgebaren der TM-Bewegung sei unseriös, offenbar für überflüssig; anderenfalls wäre nicht verständlich, daß sie dem Berufungsgericht vorhalten, es habe ihnen mit diesem Verbot etwas zugesprochen, was sie nicht beantragt hätten.
ff) Da die Beklagte rechtlich nicht gehindert ist, die TM-Bewegung als "Jugendreligion", "Jugendsekte", "Psychosekte" oder "Psychogruppe" zu bezeichnen, besteht auch kein Anspruch der Kläger auf Unterlassung des Versands von Informationsmaterial mir dieser Bezeichnung.
c) Die weitergehenden Ansprüche der Kläger auf Widerruf bzw. Richtigstellung der bisherigen Äußerungen der Beklagten sind gleichfalls sämtlich unbegründet, denn die Voraussetzungen des als Grundlage dieser

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Ansprüche allein in Betracht zu ziehenden allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs sind nicht erfüllt.
aa) Der Anspruch auf Folgenbeseitigung ist nicht anders als der Anspruch auf Unterlassung künftigen rechtswidrigen Verwaltungshandelns verfassungsrechtlichen Ursprungs und wird ebenso wie dieser aus dem jeweils berührten Grundrecht (so BVerwG, Urteil vom 25. August 1971 -- BVerwG 4 C 23.69 --, NJW 1972, 269; Urteil vom 21. September 1984 -- BVerwG 4 C 51.80 --, aaO), teilweise auch aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet (so BVerwGE 69, 366 [370]). Der Folgenbeseitigungsanspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist; er ist auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (BVerwGE 69, 366 [370 f.]; 80, 178 [179]). Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsakts, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands an. Ihm liegt die sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich motivierte Forderung zugrunde, diesen Zustand mit der rechtsnormativen Lage zur Deckung zu bringen (vgl. Schoch, VerwArch., Bd. 79 [1988] S. 1 [43]).
Die Forderung nach der Wahrung rechtmäßiger Zustände gewinnt gerade im Zusammenhang mit staatlichen Warnungen Bedeutung. Denn solche Warnungen dienen der Gefahrenabwehr, die nicht selten rasches Verwaltungshandeln erfordert. Es kann deshalb leicht zu Warnungen kommen, die sich bei nochmaliger Prüfung als nicht in jeder Beziehung zutreffend oder zu weitgehend erweisen. In derartigen Fällen ist es zur Vermeidung übermäßiger und darum rechtswidriger Eingriffsfolgen erforderlich, daß die frühere Darstellung der Gefahrenlage durch eine neue, dem fortgeschrittenen Erkenntnisstand entsprechende Darstellung ersetzt wird, und zwar unabhängig davon, ob die Warnung zunächst rechtmäßig oder rechtswidrig ergangen war. Andererseits ist mit der neuen Darstellung dem genannten Erfordernis zugleich auch Genüge getan, denn der Staat gibt durch die neue Darstellung zu erkennen, daß er die frühere Darstellung in dem Umfang, in dem er von ihr abweicht, nicht aufrechterhält. Weitergehende Ansprüche des durch die Warnung in seinen Grundrechten Betroffenen auf Widerruf oder Richtigstellung bestehen nicht. Für die Beurteilung der Widerrufs-

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bzw. Richtigstellungsansprüche der Kläger folgt daraus, daß nicht allein auf die ersten öffentlichen Äußerungen der Beklagten zur Problematik der sog. "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten" abgestellt werden darf. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtheit ihrer Äußerungen zu diesem Thema und der hierdurch geschaffene gegenwärtige Zustand.
Ob die Beklagte vor ihren Äußerungen die Kläger, wie diese meinen, hätte anhören müssen, ist nicht entscheidungserheblich. Wäre diese Frage zu bejahen, so ergäbe sich lediglich ein durch die spätere Entwicklung überholter, zumindest aber heilbarer formeller Rechtsfehler. Die Kläger verlangen indes mit ihrer Klage, daß die Beklagte von ihren bisherigen Äußerungen inhaltlich abrückt. Eine solche Erklärung kann nur auf der Grundlage einer materiellrechtlichen Beanstandung erreicht werden.
bb) Im einzelnen ist zu den Widerrufs- bzw. Richtigstellungsansprüchen der Kläger zu bemerken:
Wie im Zusammenhang mit den Unterlassungsansprüchen der Kläger dargelegt worden ist, darf die Beklagte die TM-Bewegung in der bisher geschehenen Weise als "Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte" bezeichnen; infolgedessen ist sie auch nicht verpflichtet, diese Bezeichnung öffentlich zu widerrufen. Dasselbe gilt für ihre Äußerung, TM könne zu gesundheitlichen, insbesondere psychischen Schäden führen.
Die Kläger haben ferner keinen Anspruch auf eine richtigstellende Erklärung der Beklagten des Inhalts, daß das Programm der TM sich nicht speziell an Jugendliche, sondern an die gesamte Gesellschaft wende. Zu dieser Erklärung ist die Beklagte deshalb nicht verpflichtet, weil sie das Gegenteil weder ausdrücklich noch stillschweigend behauptet hat. Insbesondere kann eine gegenteilige Aussage der Beklagten nicht der Bezeichnung der TM-Bewegung als "Jugendreligion" bzw. "Jugendsekte" entnommen werden. Die Beklagte hat vielmehr in ihrem Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags vom 21. Dezember 1979 (S. 3) -- möglicherweise abweichend von früheren Äußerungen -- ihr Verständnis des Begriffs "Jugendreligionen/Jugendsekten" dahin erläutert, daß er sehr verschiedenartige Gruppierungen einschließe, die sich nicht nur an Jugendliche, sondern insbesondere an junge Erwachsene, "einige Gruppen auch an ältere Men

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schen", wendeten. Die Beklagte verwendet mithin den Begriffsbestandteil "Jugend" ersichtlich nur, um auszudrücken, daß die unter dem Begriff "Jugendreligionen/Jugendsekten" zusammengefaßten Bewegungen junge Menschen anziehen und insofern als Ausdruck der für diese Altersgruppe typischen Lebens- und Sinnkrise begriffen werden können (vgl. auch BT-Drs. 8/2790 vom 27. April 1979 S. 1; Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags vom 21. Dezember 1979 S. 1 ff.; BT-Drs 10/2094 vom 10. Oktober 1984 S. 1 f.).
Schließlich ist die Beklagte auch nicht zu der Erklärung verpflichtet, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die TM-Organisation junge oder erwachsene Menschen in ihrer freien Willensbestimmung beeinträchtige. Mit dieser Erklärung wollen die Kläger dem Vorwurf strafbarer Handlungen (Freiheitsberaubung, Betrug) und psychologischer Manipulationen entgegenwirken. Es mag sein, daß die Beklagte in ihren ersten Äußerungen zur Problematik der "Jugendreligionen" bzw. "Jugendsekten", vor allem in dem in den "Informationen des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit" vom 30. November 1978 veröffentlichten Interview des Staatssekretärs Prof. Dr. W., in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hat, (auch) die TM-Bewegung beeinträchtige bewußt und gewollt die freie Willensbestimmung ihrer Anhänger. Dasselbe trifft aber nicht -- auch nicht in Form einer verdeckten Anschuldigung oder einer Verdächtigung -- auf ihre späteren öffentlichen Äußerungen, insbesondere auf den die Problematik am gründlichsten verarbeitenden Bericht an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages vom 21. Dezember 1979 zu (s. dort S. 7 ff. und S. 21). Wie bereits in anderem Zusammenhang dargelegt, bewertet die Beklagte die TM-Bewegung nach dem Inhalt dieses Berichts vor allem deshalb als gefährlich, weil die Ausübung von TM bei labilen Personen oder solchen Personen, die in einer Krise stehen, zu psychischen Schäden führen kann. Dagegen hat sie der TM-Bewegung weder in dieser noch in einer späteren Äußerung strafbare Handlungen oder psychologische Manipulationen vorgeworfen. Das Risiko unberechtigter Assoziationen ist, wie gleichfalls bereits bemerkt, mit der der Beklagten erlaubten zusammenfassenden Darstellung des Wirkens zahlreicher unterschiedlicher Bewegungen unvermeidlich verbunden und muß daher mitsamt seinen Folgen in Kauf genommen werden.