EuGH Rs. T-342/99, Slg. 2002, S. II-2585 - Airtours
 
Urteil
des Gerichts (Fünfte erweiterte Kammer)
vom 6. Juni 2002
In der Rechtssache
-- T-342/99 --
Airtours plc, Prozessbevollmächtigte: J. Swift, QC, und R. Anderson, Barrister, sowie M. Nicholson, J. Holland und A. Gomes da Silva, Solicitors, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Klägerin
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Beklagte
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(1999) 3022 endg. der Kommission vom 22. September 1999 zur Erklärung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und mit dem EWR-Abkommen (Sache Nr. IV/M. 1524 - Airtours/First Choice), veröffentlicht unter der Nummer 2000/276/EG (ABl. 2000, L 93, S. 1)
erlässt
Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Fünfte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter R. García-Valdecasas, J. D. Cooke, M. Vilaras und N. J. Forwood, Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2001 folgendes
 
Urteil
 
Sachverhalt und Verfahren
1. Am 29. April 1999 gab die Klägerin Airtours plc, eine britische Gesellschaft, die hauptsächlich Reisen veranstaltet und Pauschalreisen anbietet, ihre Absicht bekannt, das gesamte Kapital einer ihrer Konkurrentinnen, der britischen Reiseveranstalterin First Choice plc, zu erwerben.
2. Am selben Tag meldete die Klägerin dieses Zusammenschlussvorhaben bei der Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, berichtigt ABl. 1990, L 257, S. 13), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 180, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 4064/89), an.
3. Mit Entscheidung vom 3. Juni 1999 stellte die Kommission fest, dass der Zusammenschluss hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu ernsthaften Bedenken Anlass gebe, und beschloss, gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 das Verfahren zur eingehenden Prüfung einzuleiten.
4. Am 9. Juli 1999 sandte die Kommission der Klägerin gemäß Artikel 18 der Verordnung Nr. 4064/89 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie darlegte, weshalb sie aufgrund einer vorläufigen Prüfung meine, dass der geplante Zusammenschluss eine kollektive beherrschende Stellung auf dem britischen Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen begründen werde. Die Klägerin antwortete auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte am 25. Juli 1999.
5. Am 28. und 29. Juli 1999 fand gemäß den Artikeln 14, 15 und 16 der Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. März 1998 über die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 (ABl. L 61, S. 1) eine Anhörung vor dem Anhörungsbeauftragten der Kommission statt.
6. Am 7. September 1999 schlug die Klägerin gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 eine Reihe von Verpflichtungen vor, um die festgestellten wettbewerbsrechtlichen Probleme zu beseitigen.
7. Am 9. September 1999 kam der Beratende Ausschuss für Unternehmenszusammenschlüsse zusammen und gab seine Stellungnahme zum Zusammenschluss und zu den von der Klägerin vorgeschlagenen Verpflichtungen ab.
8. Am 15. September 1999 fand ein Treffen von Vertretern der Klägerin und der Kommission statt, an dessen Ende die Klägerin einen verbindlichen Vorschlag geänderter Verpflichtungen unterbreitete.
9. Mit Entscheidung vom 22. September 1999 (Sache Nr. IV/M. 1524 - Airtours/First Choice) (Entscheidung K[1999] 3022 endg., veröffentlicht unter der Nummer 2000/276/EG [ABl. 2000, L 93, S. 1], im Folgenden: Entscheidung) erklärte die Kommission den Zusammenschluss gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des Europäischen Wirtschaftsraums, da er auf dem britischen Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen eine kollektive beherrschende Stellung begründen würde, durch die der Wettbewerb im Gemeinsamen Markt erheblich behindert würde. Die Kommission stellte in der Entscheidung fest, dass die am 7. September 1999 von der Klägerin vorgeschlagenen Verpflichtungen nicht ausreichten, um die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung zu verhindern, und dass die am 15. September 1999 vorgelegten Verpflichtungen zu spät eingegangen worden seien, um in diesem Stadium des Verfahrens berücksichtigt werden zu können.
 
Verfahren und Anträge der Parteien
10. Am 2. Dezember 1999 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
11. Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen sind die Klägerin und die Kommission aufgefordert worden, bestimmte Unterlagen vorzulegen und schriftlich eine Reihe von Fragen zu beantworten.
12. Mit Schreiben vom 27. Juli 2001 und 3. August 2001 ist die Kommission, mit Schreiben vom 31. August 2001 die Klägerin der Aufforderung des Gerichts nachgekommen.
13. Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Oktober 2001 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
14. Die Klägerin beantragt,
    - die Entscheidung für nichtig zu erklären;
    - der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
15. Die Kommission beantragt,
    - die Klage abzuweisen;
    - der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
 
Begründetheit
16. Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund werden offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Umschreibung des relevanten Produktmarktes und ein Verstoß gegen Artikel 253 EG gerügt, mit dem zweiten ein Verstoß gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89 und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da die Kommission bei der Prüfung des vorliegenden Falles einen neuen und fehlerhaften Begriff der kollektiven beherrschenden Stellung angewandt habe, sowie ein Verstoß gegen Artikel 253 EG. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89 insoweit, als die Kommission festgestellt habe, dass der angemeldete Zusammenschluss eine kollektive beherrschende Stellung begründen würde, sowie ein Verstoß gegen Artikel 253 EG geltend gemacht. Der vierte Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 und einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hergeleitet, da die Kommission die von der Klägerin vorgeschlagenen Verpflichtungen nicht akzeptiert habe.
 
Erster Klagegrund: Fehlerhafte Umschreibung des relevanten Produktmarkts und Verstoß gegen Artikel 253 EG
A - Die Entscheidung
17. Bei der von der Klägerin allein angegriffenen Umschreibung des relevanten Produktmarktes als Tätigkeit der Veranstaltung von Auslandspauschalreisen für britische Verbraucher unterscheidet die Entscheidung zwei gesonderte Märkte, den für Pauschalreisen zu Langstreckenzielen (im Folgenden: Langstreckenreisen) und den für Pauschalreisen zu Kurzstreckenzielen (im Folgenden: Kurzstreckenreisen). In der Entscheidung heißt es hierzu, dass dem Langstreckenbereich im Reisegewerbe alle Zielorte zugeordnet würden, bei denen die Flugzeit vom Vereinigten Königreich aus erheblich mehr als drei Stunden betrage, mit Ausnahme von Flügen in den östlichen Mittelmeerraum oder auf die Kanarischen Inseln, die bis zu vier Stunden dauern könnten. Somit fielen effektiv alle Ziele in Europa (auf dem Festland und den Inseln) und in Nordafrika in die Kategorie "Kurzstrecken", nicht aber Ziele in der Karibik, in Nord- und Südamerika oder Südostasien, wo die Flugzeiten erheblich länger seien (in der Regel mindestens doppelt so lang) (10. bis 13. Begründungserwägung der Entscheidung).
18. In der 16. bis 28. Begründungserwägung der Entscheidung sind die Gründe dargestellt, aus denen die Kommission der Auffassung ist, dass unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten die Unterschiede zwischen Langstrecken- und Kurzstreckenreisen größer als die Ähnlichkeiten seien, so dass es gerechtfertigt sei, bei der Beurteilung des angemeldeten Zusammenschlusses von zwei gesonderten Märkten auszugehen. Die Gründe seien folgende:
    a) zum einen die eingeschränkten Substituierungsmöglichkeiten zwischen Langstrecken- und Kurzstreckenflügen für Fluggesellschaften (und somit für vertikal integrierte Reiseunternehmen), bedingt durch die geringen Möglichkeiten, die gleichen Flugzeuge auf Kurzstrecken und auf Langstrecken einzusetzen, durch die Betriebskosten für Großraumflugzeuge im Vergleich zu denen für kleinere Flugzeuge, und durch die Schwierigkeiten, die Charterfluggesellschaften (einschließlich derjenigen der beteiligten Unternehmen) zu bewältigen hätten, wenn sie versuchten, "die Langstrecken- und Kurzstreckenkapazitäten ihrer Flotte substanziell zu verändern", d.h. die Notwendigkeit von Investitionen, die dafür benötigte Zeit und die Schwierigkeit, kurzfristig Flugzeuge zu leasen, da sich die meisten Flugzeuge der Chartergesellschaften (einschließlich der Chartergesellschaften der beteiligten Unternehmen) in deren Besitz befänden oder aufgrund relativ langfristiger Verträge geleast würden (Leasingverträge würden in der Regel für fünf Jahre geschlossen), um die Kosten zu senken, die Qualität zu sichern und die Kontinuität des Angebots zu gewährleisten (16. bis 18. Begründungserwägung der Entscheidung);
    b) zum anderen, dass aus Sicht der Endverbraucher eine Reihe signifikanter Unterschiede zwischen Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen und Langstrecken-Auslandspauschalreisen bestehe:
    - erstens, was das Image oder die Vorstellung von Urlaubsreisen angehe: Langstreckenreisen erschienen exotischer und seien daher attraktiv für Singles und kinderlose Paare, Kurzstreckenreisen z.B. in den Mittelmeerraum seien eher für Familien interessant (20. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - zweitens, was den Reisezeitpunkt angehe: Langstreckenreisen seien weniger geeignet für in Familie reisende britische Verbraucher, die einen Großteil der Auslandspauschalreisen in der Sommersaison durchführten (etwa Mitte Juli bis Ende August), was mit den Schulferien (und in einigen Regionen auch mit den Betriebsferien) zusammenfalle (20. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - drittens, was die Dauer der Beförderung betreffe: Erheblich längere Flugdauer könne davon abhalten, sich für Reisen zu einem Langstreckenziel zu entscheiden, selbst wenn es in anderer Hinsicht wie Wetter, Lage, Preis, Visumpflicht und medizinische Erfordernisse einem Kurzstreckenziel vergleichbar sei (21. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - viertens, was die fehlende Substituierbarkeit von Langstrecken- und Kurzstreckenpreisen angehe: Die Preise für Langstreckenreisen seien wesentlich höher, und es gebe nur eine begrenzte Preiskonvergenz zwischen vergleichbaren Langstrecken- und Kurzstreckenreisen. Zwar könnten die Preise für diese beiden Arten von Reisen, besonders zu bestimmten Zeiten des Jahres (wenn beispielsweise schlechte Wetterbedingungen herrschten), einander weitgehend entsprechen, doch genüge diese sehr begrenzte Überschneidung nicht, um einen Wettbewerbsdruck auf die Preise im gesamten Kurzstreckenmarkt auszuüben, da die entsprechenden Fernreisen nur von einem sehr kleinen Teil der Verbraucher als eine effektive Substitutionsmöglichkeit angesehen würden (22. bis 26. Begründungserwägung der Entscheidung).
B - Zur Umschreibung des relevanten Produktmarkts
19. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die angemessene Umschreibung des relevanten Marktes bei der Anwendung der Verordnung Nr. 4064/89 notwendige Voraussetzung für die Beurteilung der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses auf den Wettbewerb ist (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1998 in den Rechtssachen C-68/94 und C-30/95, Frankreich u.a./Kommission, Urteil Kali & Salz, Slg. 1998, I-1375, Randnr. 143).
20. Der Markt für die vom Zusammenschluss betroffenen Produkte ist unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gesamtzusammenhangs so zu ermitteln, dass die tatsächliche Wirtschaftsmacht des oder der betreffenden Unternehmen beurteilt werden kann. Zu diesem Zweck ist vorab zu klären, welche Produkte, ohne mit anderen Erzeugnissen austauschbar zu sein, nicht nur aufgrund ihrer objektiven Merkmale, sondern auch aufgrund der Wettbewerbsbedingungen sowie der Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt hinreichend mit den von den Unternehmen angebotenen Produkten austauschbar sind (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 14. November 1996 in der Rechtssache C-333/94 P, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1996, I-5951, Randnrn. 10 und 13, und des Gerichts vom 6. Oktober 1994 in der Rechtssache T-83/91, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1994, II-755, Randnr. 63).
21. Die Klägerin beanstandet die Umschreibung des relevanten Produktmarktes in der Entscheidung. Statt den relevanten Markt auf den Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen einzugrenzen, hätte die Kommission ihn als Markt für sämtliche Auslandspauschalreisen einschließlich der Langstrecken-Pauschalreisen definieren müssen. Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie sei von der bisherigen Praxis bei der Umschreibung des Marktes für Auslandspauschalreisen abgewichen und habe die Substituierbarkeit der Nachfrage und die Substituierbarkeit des Angebots nicht richtig beurteilt. Aufgrund dieses Argumentationsfehlers sei die Entscheidung mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet, aus denen sich ein Rechtsfehler ergebe.
22. Zur Auffassung der Kommission, dass bei Langstrecken- und Kurzstreckenreisen keine Substituierbarkeit der Nachfrage bestehe, trägt die Klägerin vor, dass die Argumente der Kommission, die zum einen die verschiedenen Produktmerkmale und zum anderen die Unterschiede bei den Durchschnittspreisen für Langstrecken- und Kurzstreckenreisen beträfen, irrig seien.
23. Die Klägerin bezieht sich erstens auf die Produktmerkmale und bestreitet die Behauptung der Kommission, dass Langstreckenreisen exotischer, weniger geeignet für Familien und mit einer längeren Flugdauer verbunden seien. So seien Kurzstreckenziele wie die Türkei oder Nordafrika "exotischer" als Langstreckenziele wie Florida und die Dominikanische Republik, die eher "Familienziele" seien. Was die Dauer der Anreise bis zur Unterkunft betreffe, so könne diese bei Kurzstreckenreisen genauso so lang sein wie bei Langstreckenreisen, da es auf die Gesamtreisezeit einschließlich Check-in und Transfers ankomme und nicht auf die Flugdauer als solche. Schließlich böten Reiseveranstalter sowohl im Segment für Langstreckenreisen als auch im Segment für Kurzstreckenreisen verschiedenartige Reisen an, um den unterschiedlichen Lebensstilen (z.B. mit oder ohne Familie) und Präferenzen (insbesondere hinsichtlich Unterbringung, Ernährung, Aktivitäten, Interessen usw.) Rechnung zu tragen.
24. Was zweitens die Unterschiede bei den Reisepreisen betrifft, so ist nach Auffassung der Klägerin irrelevant, dass die Durchschnittspreise für Langstreckenreisen höher seien als die für Kurzstreckenreisen, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ganz uneinheitliche Produkte handele. Auch bestehe eine Preiskonvergenz zwischen den beiden Arten von Reisen, da bestimmte Kurzstreckenflüge in derselben Preismarge lägen wie bestimmte Langstreckenflüge.
25. Aus den Akten geht hervor, dass die Kommission unter Berücksichtigung der Präferenzen der Verbraucher, der durchschnittlichen Flugdauer, der Höhe der Durchschnittspreise und der eingeschränkten Austauschbarkeit der für die jeweilige Streckenart eingesetzten Flugzeugflotten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Kurzstreckenreisen zu einem vom Markt für Langstreckenreisen getrennten Markt gehörten. Dabei hat die Kommission weder angezweifelt, dass Langstrecken-Auslandspauschalreisen von den Verbrauchern immer mehr geschätzt werden, noch, dass die von der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten Marktstudien (siehe British National Travel Survey, 1998, Band 4, The 1998 Holiday Market, und Mintel, Holidays - The booking procedure, 1997) eine Tendenz der britischen Verbraucher aufzeigen, den geografischen Horizont ihrer Reisen insbesondere in Richtung der anderen Seite des Atlantiks zu erweitern. Sie hat auch nicht bestritten, dass ein beträchtlicher Anteil der Urlaubsreisenden (36%), die in den letzten fünf Jahren Kurzstreckenreisen gebucht haben, in diesem Zeitraum auch Langstreckenreisen unternommen hat und dass eine noch wesentlich größere Zahl Urlaubsreisender (62%) dies innerhalb der nächsten fünf Jahre "sehr wahrscheinlich" oder "wahrscheinlich" tun wird, wie die Klägerin in der Tabelle 2. 4 ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte angegeben hat.
26. Zu prüfen ist daher, ob die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Auffassung vertrat, dass die genannten Umstände eine enge Umschreibung des relevanten Produktmarktes unter Ausschluss der Langstreckenreisen rechtfertigten, die mit Kurzstreckenreisen nicht hinreichend austauschbar seien.
27. Was erstens die durchschnittliche Flugdauer angeht, so hat die Kommission, ohne dass ihr die Klägerin in diesem Punkt widersprochen hätte, auf den erheblichen Unterschied zwischen der durchschnittlichen Dauer der Langstreckenflüge, die mehr als acht Stunden beträgt, und der der Kurzstreckenflüge, die zumeist weniger als drei Stunden beträgt (die Flüge vom Vereinigten Königreich in den östlichen Mittelmeerraum oder auf die Kanarischen Inseln können bis zu vier Stunden dauern), hingewiesen. Die Klägerin macht geltend, dass in der Praxis aus Sicht der Verbraucher nicht die Flugdauer entscheidend sei, sondern die Gesamtdauer der Beförderung vom Heimatort bis zum Hotel des Zielorts. Mit diesem Argument kann sie jedoch nicht den fraglos bestehenden Unterschied zwischen der durchschnittlichen Flugdauer von drei Stunden bei Kurzstreckenflügen und der von acht Stunden bei Langstreckenflügen relativieren, da auch der Transfer vom Flughafen zum Hotel unabhängig vom Zielort in der Praxis unterschiedlich lang dauern kann.
28. Was zweitens die Bedeutung, die den Verkaufspreisen für die beiden Arten von Reisen beizumessen ist, und die Auswirkungen der Preise auf die Verbraucher betrifft, so hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass die Unterschiede zwischen dem Durchschnittspreis für Langstreckenreisen und dem für Kurzstreckenreisen es rechtfertigten, gesonderte Märkte zu definieren. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission einräumt, dass eine gewisse Konvergenz zwischen den Preisen der beiden Arten von Reisen besteht. Sie macht jedoch geltend, dass diese Konvergenz nicht ausreiche, damit die beiden Produkte als austauschbar angesehen werden könnten oder damit sich die Preise des einen Produkts auf die Preise des anderen Produkts auswirken könnten.
29. Die Kommission erläutert in der 23. Begründungserwägung der Entscheidung, weshalb sie meint, dass die beiden Arten von Reisen auf der Ebene der Preise nicht austauschbar seien. Nach den Angaben der Klägerin in Anlage 1a zur Antwort vom 29. Juni 1999 auf das Auskunftsverlangen der Kommission seien die den Verbrauchern angebotenen Preise für Langstreckenreisen wesentlich höher.
30. So hat die Kommission zunächst festgestellt, dass zwischen dem "Katalogpreis" für Fernreiseziele im Sommer 1998 und dem für Kurzstreckenziele eine Differenz von über 100% bestehe. Sie hat die Frage ferner unter dem Blickwinkel eines Vergleichs ähnlicher Pauschalreiseangebote (14 Übernachtungen, 3-Sterne-Hotel, Selbstversorgung) in Florida und Spanien betrachtet und festgestellt, dass ein Kurzstreckenurlaub im Durchschnitt etwa die Hälfte von einem Langstreckenurlaub kostet. Ein entsprechender Vergleich zwischen Florida und Griechenland oder den Kanarischen Inseln habe weitgehend ähnliche Ergebnisse ergeben (eine Differenz von rund 30% bis 40% bei Unterkunft mit Verpflegung). Die Entscheidung enthält detaillierte exemplarische Vergleiche von Preisangeboten für bestimmte Kurz- und Fernreiseziele aus den Airtours-Broschüren, die erhebliche Preisunterschiede zwischen den beiden Arten von Zielen deutlich werden lassen.
31. Nach Ansicht der Klägerin sind die Durchschnittspreise kein geeigneter Maßstab, um die Auswirkungen des Preises auf die Entscheidungen der Verbraucher bezüglich sehr uneinheitlicher Produkte zu vergleichen. Entscheidend für die Bestimmung des relevanten Produktmarktes sei das Verhalten der Kunden "im Grenzbereich" und die Frage, ob diese bereit sein, Langstreckenreisen statt Kurzstreckenreisen zu unternehmen, wenn Letztere teurer würden. Die Kommission räumt ein, dass die Durchschnittspreise nicht unbedingt die marginalen Preise reflektierten, meint aber, dass es, wenn die Unterschiede so groß seien wie im vorliegenden Fall, unwahrscheinlich sei, dass eine breite Angebotspalette wirklich vergleichbarer Fernreisen zu einem hinreichend ähnlichen Preis verfügbar wäre, um Wettbewerbsdruck auf Kurzstreckenpreise ausüben zu können, da die entsprechenden Fernreisen nur von einem sehr kleinen Teil der Verbraucher als eine effektive Substitutionsmöglichkeit angesehen würden.
32. Zu prüfen ist somit, ob die Kommission die Frage, wie groß der Grenzbereich ist, d.h. wie viele der Kunden von Reiseveranstaltern, die üblicherweise Kurzstreckenreisen kaufen, bei einem Anstieg der Preise dieser Reisen bereit wären, durch Buchung von Langstreckenreisen zu reagieren, offensichtlich fehlerhaft beurteilt hat.
33. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass britische Verbraucher, die Auslandspauschalreisen buchen, im Allgemeinen sehr stark auf die Preise dieser Produkte reagieren.
34. Die Auffassung der Kommission ist in der 24. Begründungserwägung der Entscheidung dargestellt, in der es heißt: "Bei einigen Reisen im Langstreckenbereich, besonders zu bestimmten Zeiten des Jahres (wenn beispielsweise mit schlechten Wetterbedingungen zu rechnen ist), entsprechen die Preise weitgehend denen, die im oberen Preis-/Qualitätssegment für Kurzstreckenziele (Sommerhochsaison, qualitativ bessere Unterbringung) gelten. ... Es ist ... nicht zu erwarten, dass diese sehr begrenzte Überschneidung einen Wettbewerbsdruck auf die Preise im gesamten Kurzstreckenmarkt ausübt, da die entsprechenden Fernreisen nur von einem sehr kleinen Teil der Verbraucher - aus preislichen oder anderen Gründen - als eine effektive Substitutionsmöglichkeit angesehen werden."
35. Zur Stützung dieser Beurteilung hat die Kommission in der 25. Begründungserwägung der Entscheidung darauf hingewiesen, dass sich keine der Fernreisen, die die Klägerin zur Untermauerung ihrer Ansicht zur Preiskonvergenz in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Tabelle 2. 6) angeführt habe, im gleichen Preissegment wie die zuvor von ihr übermittelten Preisangaben bewege.
36. Die Prüfung der Anlagen 1a und 2 zur schriftlichen Antwort der Klägerin vom 29. Juni 1999 auf die Auskunftsverlangen der Kommission vom 15. und 21. Juni 1999 (die Dokumente wurden von der Kommission im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen vorgelegt, vgl. Anlage 6b/7b zum ersten Dokumentenkonvolut der Kommission) ergibt die Richtigkeit der Behauptung der Kommission, dass die Unterschiede zwischen den Durchschnittspreisen erheblich seien, insbesondere wenn Letztere innerhalb derselben Saison (Sommer oder Winter) verglichen würden. Anlage 1a zeigt nämlich, dass 1996, 1997 und 1998 die durchschnittlichen Preise in der Sommersaison (in Pfund Sterling) pro Woche für Kurzstreckenreisen 354, 378 bzw. 369 GBP betrugen, für Langstreckenreisen dagegen 676, 757 bzw. 781 GBP.
37. Darüber hinaus bestätigt die Prüfung dieser Unterlagen die Richtigkeit der Beurteilung, die die Kommission in der 25. Begründungserwägung der Entscheidung vorgenommen hat. Aus Anlage 2 zum Schreiben der Klägerin vom 29. Juni 1999 geht nämlich hervor, dass die Klägerin für Kurzstreckenziele angegeben hatte, dass ein typischer Urlaub, z.B. eine Woche in einem 3-Sterne-Hotel mit Halbpension auf Mallorca, im Juli/August 2000 485 GBP gekostet habe. Diese Zahlen sind aber wesentlich niedriger als die Zahlen in Tabelle 2. 6 auf Seite 21 der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die in der 25. Begründungserwägung der Entscheidung erwähnt wird. Nur die Preisangebote für Dezember 1999 für Reisen nach Jamaika (699 GBP), Mexiko (649 GBP) und Sri Lanka (699 GBP) liegen in der Nähe der Durchschnittspreise für Kurzstreckenreisen für den Sommer 2000.
38. Auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen stützen die Auffassung der Kommission. Wie in der 26. Begründungserwägung der Entscheidung ausgeführt, werden in der von der Klägerin in der mündlichen Anhörung vorgelegten Werbeanzeige für von BA Holidays angebotene Langstrecken-Pauschalreisen (vgl. 26. Begründungserwägung der Entscheidung, Fußnote 23) vier Ziele zu sehr günstigen Preisen angeboten: Barbados (399 GBP), Tobago (499 GBP), Grenada (529 GBP) und St. Lucia (799 GBP). Wie die Kommission hervorhebt, ist jedoch nur bei der Pauschalreise nach St. Lucia die Verpflegung inbegriffen, bei den übrigen Pauschalreisen nur die Übernachtung und der Flug. Außerdem handelt es sich um Nebensaisonpreise für die Monate September und Oktober 1999.
39. Ferner hat die Klägerin in ihrer Antwort vom 29. Juni 1999 auf die Fragen der Kommission vom 15. und 21. Juni 1999 als Beispiel für ein von ihr angebotenes typisches Produkt Sommerurlaub auf Mallorca in einem 3-Sterne-Hotel zu einem Preis von ungefähr 485 GBP zuzüglich des Aufpreises für den Flug genannt.
40. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie für Kurzstrecken- und für Langstreckenreisen jeweils einen eigenen Katalog herausgibt.
41. Unter diesen Umständen kann die Auffassung der Kommission, dass Langstreckenreisen hinsichtlich des Preis-/Leistungsverhältnisses ("value for money") lediglich aus Sicht eines kleinen Teils der Kunden der größten britischen Reiseveranstalter an die Stelle von Kurzstreckenreisen treten könnten, nicht als offensichtlich fehlerhaft angesehen werden.
42. Dieser Feststellung steht das weitere Vorbringen der Klägerin nicht entgegen.
43. Die Klägerin macht geltend, dass die im betreffenden Sektor durchgeführten Studien Langstreckenreisen dem "Mainstream" zurechneten. Sie zitiert insbesondere die Veröffentlichung Holidays - The Booking procedure von Mintel, in der es heißt: "Langstreckenreisen haben Eingang in den Mainstream-Urlaubsmarkt gefunden. Dahinter steht der Wunsch, weiter weg zu reisen und die Welt außerhalb Europas zu sehen. Die Preise haben dabei für die Entscheidung des Verbrauchers unweigerlich zentrale Bedeutung gewonnen." Nach Auffassung der Klägerin hätte die Kommission zudem die Aussagen dritter Reiseveranstalter im Verlauf ihrer Untersuchung berücksichtigen müssen, die ebenfalls auf die zunehmende Bedeutung der Substituierung von Kurzstreckenreisen durch Langstreckenreisen hinwiesen.
44. Unter den Umständen des vorliegenden Falles genügt jedoch im Zusammenhang mit der Umschreibung des Marktes der Umstand, dass die Kommission weder der Änderung der Vorlieben der Verbraucher noch der zunehmenden Substituierung von Kurzstreckenreisen durch Langstreckenreisen etwa nach Florida und in die Dominikanische Republik, noch dem Wachstum des Marktes für Langstreckenreisen im Verlauf der letzten Jahre entscheidende Bedeutung beigemessen hat, nicht, um festzustellen, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessens überschritten hätte, als sie die Auffassung vertrat, dass Kurzstrecken-Pauschalreisen nicht zum selben Produktmarkt gehörten wie Langstrecken-Pauschalreisen.
45. Was drittens das Vorbringen der Klägerin zur Substituierbarkeit auf der Angebotsseite und zur Austauschbarkeit der auf Kurz- und auf Langstreckenflügen eingesetzten Flugzeuge betrifft, so kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie die Feststellung, dass bestimmte vielseitig verwendbare Flugzeuge wie die Boing 757 in gewissem Umfang sowohl auf Langstrecken als auch auf Kurzstrecken eingesetzt werden können, angesichts der übrigen Feststellungen zur Substituierbarkeit des Produkts unter dem Gesichtspunkt der Nachfrage nicht für gewichtig genug hielt, um den Markt umfassender zu umschreiben. Hierzu ist, wie dies die Klägerin selbst getan hat, auf Randnummer 13 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) zu verweisen, in der es heißt:
    "Aus wirtschaftlicher Sicht - im Hinblick auf die Definition des relevanten Marktes - stellt die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt, vor allem was ihre Preisentscheidungen anbetrifft."
46. Schließlich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die Umschreibung der relevanten Marktes nicht begründet worden sei.
47. Die Kommission hat in einem längeren Abschnitt der Entscheidung (5. bis 28. Begründungserwägung) erläutert, weshalb sie der Auffassung war, dass der relevante Markt nur der Markt für Kurzstreckenreisen sei. Die Entscheidung gibt somit die Überlegungen der Kommission zur Umschreibung des relevanten Marktes so klar und unzweideutig wieder, dass der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann und dass es den Betroffenen möglich ist, zur Wahrnehmung ihrer Rechte die tragenden Gründe der Maßnahme zu erfahren (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u.a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15).
48. Der erste Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.
 
Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89, gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und gegen Artikel 253 EG, da die Kommission bei der Prüfung des vorliegenden Falles einen fehlerhaften Begriff der kollektiven beherrschenden Stellung angewandt habe
49. Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe im Rahmen der Entscheidung unter Abweichung von ihrer bisherigen Entscheidungspraxis, der Gemeinschaftsrechtsprechung und vernünftigen wirtschaftlichen Grundsätzen einen neuen und fehlerhaften Begriff der "kollektiven beherrschenden Stellung" angewandt, der in der 51. bis 56. Begründungserwägung der Entscheidung umfassend dargestellt sei, und dabei gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89 verstoßen. Dadurch habe die Kommission zudem gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und gegen Artikel 253 EG verstoßen, da die Entscheidung unzureichend begründet sei.
50. Die Kommission bestreitet, dass sie einen neuen Ansatz gewählt habe, und macht geltend, dass sie das bereits in früheren Sachen herangezogene Kriterium der kollektiven beherrschenden Stellung angewandt habe, das vom Gericht in seinem Urteil vom 25. März 1999 in der Rechtssache T-102/96 (Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753) bestätigt worden sei.
51. Die vorgenannten Begründungserwägungen der Entscheidung (51. bis 56.) stehen in deren Teil V.A, in dem die Kommission nur einleitend und zusammenfassend darlegt, weshalb sie zu dem Schluss gelangt ist, dass der angemeldete Zusammenschluss eine beherrschende Stellung begründen würde, und in dem sie eine allgemeine Antwort auf die Äußerungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zu bestimmten Merkmalen der kollektiven beherrschenden Stellung gibt.
52. In diesem einleitenden Kapitel der rechtlichen Prüfung des angemeldeten Zusammenschlusses gibt die Kommission lediglich in groben Zügen ihre Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses wieder, die im Folgenden in der 57. bis 180. Begründungserwägung der Entscheidung im Detail dargestellt und entwickelt wird.
53. Da die Entscheidung eine Maßnahme zur Anwendung des Artikels 2 der Verordnung Nr. 4064/89 auf einen bestimmten Zusammenschluss ist, muss das Gericht bei der Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit davon ausgehen, wie die Kommission sich zum angemeldeten Zusammenschluss gestellt hat; d.h., es muss prüfen, wie das Recht auf den Sachverhalt angewandt wurde, und darüber befinden, ob die Kommission die Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses auf den Wettbewerb zutreffend beurteilt hat. Im vorliegenden Fall ist die spezielle Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb, aufgrund deren die Kommission zu der Auffassung gelangt ist, dass der Zusammenschluss zu verbieten sei, in der 57. bis 180. Begründungserwägung der Entscheidung dargestellt und entwickelt und wird von der Klägerin im Rahmen ihres dritten Klagegrundes angegriffen.
54. Zunächst ist somit zu prüfen, ob das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes zutrifft; dabei ist ihr Vorbringen zu der in der 51. bis 56. Begründungserwägung der Entscheidung enthaltenen allgemeinen Beurteilung durch die Kommission zu berücksichtigen.
 
Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89, soweit die Kommission festgestellt hat, dass der angemeldete Zusammenschluss eine kollektive beherrschende Stellung begründen würde, und Verstoß gegen Artikel 253 EG
55. Mit diesem Klagegrund möchte die Klägerin aufzeigen, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie entschieden hat, dass der beabsichtigte Zusammenschluss zu verbieten sei. In der Entscheidung werde rechtlich nicht hinreichend dargetan, dass das Ergebnis des Zusammenschlusses die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung wäre, durch die der Wettbewerb auf dem relevanten Markt erheblich behindert würde. Durch das Verbot des Zusammenschlusses habe die Kommission somit gegen Artikel 2 der Verordnung Nr. 4064/89 verstoßen.
A - Allgemeine Ausführungen
56. Nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 sind Zusammenschlüsse, die keine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.
57. Nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung sind Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.
58. Wenn die Kommission im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 4064/89 die Frage einer kollektiven beherrschenden Stellung prüft, muss sie untersuchen, ob die Begründung oder Verstärkung einer solchen Stellung, die geeignet ist, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt erheblich und dauerhaft zu behindern, die unmittelbare und sofortige Folge des Zusammenschlusses wäre (in diesem Sinne Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 94). Wird der gegenwärtige Wettbewerb nicht wesentlich verändert, müsste der Zusammenschluss genehmigt werden (in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-2/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-323, Randnrn. 78 und 79, und Gencor/Kommission, Randnrn. 170, 180 und 193).
59. Nach der Rechtsprechung muss die Kommission "[i]n Bezug auf eine angebliche kollektive beherrschende Stellung ... anhand einer Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung des Referenzmarktes prüfen, ob der Zusammenschluss, mit dem sie befasst ist, zu einer Situation führt, in der ein wirksamer Wettbewerb auf dem relevanten Markt von den zusammengeschlossenen Unternehmen und einem oder mehreren dritten Unternehmen, die insbesondere aufgrund der zwischen ihnen bestehenden verbindenden Faktoren zusammen die Macht zu einheitlichem Vorgehen auf dem Markt und in beträchtlichem Umfang zu einem Handeln unabhängig von den anderen Wettbewerbern, ihrer Kundschaft und letztlich den Verbrauchern besitzen, erheblich behindert wird" (Urteile Kali & Salz, Randnr. 221, und Gencor/Kommission, Randnr. 163).
60. Das Gericht hat entschieden, dass "rechtlich oder wirtschaftlich gesehen kein Grund [besteht], in den Begriff der wirtschaftlichen Verbindung nicht auch die Wechselbeziehung zwischen den Mitgliedern eines beschränkten Oligopols mit einzubeziehen, in dessen Rahmen diese auf einem Markt mit den entsprechenden Merkmalen insbesondere im Hinblick auf Marktkonzentration, Transparenz und Homogenität des Erzeugnisses in der Lage sind, ihre jeweiligen Verhaltensweisen vorherzusehen, und daher unter einem starken Druck stehen, ihr Marktverhalten einander anzupassen, um insbesondere ihren gemeinsamen Gewinn durch eine auf Preiserhöhung abzielende Produktionsbeschränkung zu maximieren. In einem solchen Kontext weiß nämlich jeder Marktbeteiligte, dass jede auf Vergrößerung seines Marktanteils gerichtete, stark wettbewerbsorientierte Maßnahme (z.B. eine Preissenkung) seinerseits die gleiche Maßnahme seitens der anderen auslösen würde, so dass er keinerlei Vorteil aus seiner Initiative ziehen könnte. Folglich hätten alle Marktbeteiligten die Absenkung des Preisniveaus hinzunehmen" (Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 276).
61. Eine kollektive beherrschende Stellung, durch die der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert wird, kann sich daher aus einem Zusammenschluss ergeben, wenn dieser - aufgrund der Merkmale des relevanten Marktes und indem die Marktstruktur durch den Zusammenschluss geändert wird - dazu führt, dass jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols es in Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen für möglich, wirtschaftlich vernünftig und daher ratsam hält, dauerhaft einheitlich auf dem Markt vorzugehen, um zu höheren als den Wettbewerbspreisen zu verkaufen, ohne zuvor eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 EG treffen oder auf eine abgestimmte Verhaltensweise in Sinne dieser Vorschrift zurückgreifen zu müssen (in diesem Sinne Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 277) und ohne dass die tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerber oder die Kunden und Verbraucher wirksam reagieren können.
62. Wie die Klägerin geltend gemacht und die Kommission in ihren Schriftsätzen zugegeben hat, setzt die Begründung einer solchen kollektiven beherrschenden Stellung dreierlei voraus:
    - Zum einen muss jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols das Verhalten der anderen Mitglieder in Erfahrung bringen können, um festzustellen, ob sie einheitlich vorgehen oder nicht. Wie die Kommission ausdrücklich einräumt, genügt es nicht, dass jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols sich dessen bewusst ist, dass alle von einem interdependenten Verhalten auf dem Markt profitieren können, sondern es muss auch über ein Mittel verfügen, zu erfahren, ob die anderen Marktbeteiligten dieselbe Strategie wählen und beibehalten. Der Markt müsste daher so transparent sein, dass jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols mit hinreichender Genauigkeit und Schnelligkeit die Entwicklung des Verhaltens aller anderen Mitglieder auf dem Markt in Erfahrung bringen kann;
    - zum anderen muss die stillschweigende Koordinierung auf Dauer erfolgen können, d.h., es muss einen Anreiz geben, nicht vom gemeinsamen Vorgehen auf dem Markt abzuweichen. Wie die Kommission ausführt, können die Mitglieder des beherrschenden Oligopols nur dann, wenn sie alle ein Parallelverhalten beibehalten, davon profitieren. Diese Voraussetzung schließt daher Gegenmaßnahmen im Fall eines Abweichens vom gemeinsamen Vorgehen ein. Die Parteien sind sich hier darin einig, dass eine kollektive beherrschende Stellung nur dann Bestand haben kann, wenn genügend Abschreckungsmittel langfristig für einen Anreiz sorgen, nicht vom gemeinsamen Vorgehen abzuweichen, was voraussetzt, dass jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols weiß, dass jede auf Vergrößerung seines Marktanteils gerichtete, stark wettbewerbsorientierte Maßnahme seinerseits die gleiche Maßnahme seitens der anderen auslösen würde, so dass es keinerlei Vorteil aus seiner Initiative ziehen könnte (in diesem Sinne Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 276);
    - zum dritten kann die Kommission das Vorliegen einer kollektiven beherrschenden Stellung rechtlich hinreichend nur dartun, wenn sie nachweist, dass die voraussichtliche Reaktion der tatsächlichen und potenziellen Konkurrenten sowie der Verbraucher die erwarteten Ergebnisse des gemeinsamen Vorgehens nicht in Frage stellt.
63. Die Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung, die die Kommission im Rahmen der Kontrolle von Zusammenschlüssen in Bezug auf eine kollektive beherrschende Stellung vorzunehmen hat, erfordert eine eingehende Untersuchung insbesondere der Umstände, die sich nach Lage des Einzelfalls als maßgebend für die Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem Referenzmarkt erweisen (Urteil Kali & Salz, Randnr. 222). Wie die Kommission selbst in Randnummer 104 ihrer Entscheidung Price Waterhouse/Coopers & Lybrand vom 20. Mai 1998 (Sache IV/M. 1016) (ABl. 1999, L 50, S. 27) festgestellt hat, ergibt sich aus dem Urteil Kali & Salz ferner, dass die Kommission, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Zusammenschluss zu verbieten ist, weil er eine kollektive beherrschende Stellung begründen wird, eindeutige Beweise liefern muss. Diese Beweise müssen insbesondere die Umstände betreffen, die eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Frage spielen, ob eine kollektive beherrschende Stellung begründet wird, wie das Fehlen eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den angeblich dem Oligopol angehörenden Marktbeteiligten und die Schwäche des Wettbewerbsdrucks, der unter Umständen von den anderen Marktbeteiligten ausgeübt werden kann.
64. Ferner räumen die materiellen Bestimmungen der Verordnung Nr. 4064/89, insbesondere Artikel 2, der Kommission ein bestimmtes Ermessen namentlich bei wirtschaftlichen Beurteilungen ein; daher muss die Kontrolle der Ausübung dieses Ermessens, die bei der Festlegung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlich ist, durch den Gemeinschaftsrichter unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums erfolgen, der den wirtschaftlichen Bestimmungen, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt (Urteile Kali & Salz, Randnrn. 223 und 224, und Gencor/Kommission, Randnrn. 164 und 165).
65. Das Vorstehende ist demnach zu berücksichtigen, wenn die Begründetheit der Rügen der Klägerin geprüft wird, mit denen aufgezeigt werden soll, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die Auffassung vertrat, dass die Voraussetzungen oder Merkmale einer kollektiven beherrschenden Stellung vorlägen, wenn der angemeldete Zusammenschluss genehmigt würde.
B - Die Entscheidung
66. Die Entscheidung unterscheidet (siehe 72. und 75. Begründungserwägung) zwei Gruppen von Marktbeteiligten, die großen Reiseveranstalter und die kleinen unabhängigen Veranstalter:
    - Die großen Reiseveranstalter zeichnen sich dadurch aus, dass sie von relativ bedeutendem Zuschnitt sind - sie halten Marktanteile von mehr als 10% (nach den Angaben der Klägerin tätigt Thomson 27% des Absatzes, Airtours 21%, Thomas Cook 20% und First Choice 11%, zusammen also 79%; nach den Angaben der Klägerin tätigt Thomson 30, 7% des Absatzes, Thomas Cook 20, 4%, Airtours 19, 4% und First Choice 15%, zusammen also 85, 5%) - und alle als integrierte Unternehmen auch in vorgelagerten Märkten (Betrieb von Charterfluggesellschaften) und in nachgelagerten Märkten (Betrieb von Reisebüros) tätig sind;
    - die kleinen unabhängigen Veranstalter sind von weniger bedeutendem Zuschnitt; keiner hält einen Marktanteil von mehr als 5%, und sie verfügen in der Regel weder über eigene Charterfluggesellschaften noch über eigene Reisebüros. Neben den Firmen Cosmos (die als einzige der kleinen unabhängigen Veranstalter vertikal integriert ist, da sie mit Monarch, einer der größten Charterfluggesellschaften des Vereinigten Königreichs, verbunden ist), Manos und Kosmar, die an fünfter, sechster und siebter Stelle der Reiseveranstalter liegen und 2, 9%, 1, 7% bzw. 1, 7% des Absatzes tätigen, gibt es mehrere hundert konkurrierender kleiner Reiseveranstalter, von denen keiner mehr als 1% des Absatzes tätigt.
67. Aus der Entscheidung geht hervor (siehe Zusammenfassung der Beurteilung durch die Kommission in der 168. bis 172. Begründungserwägung der Entscheidung), dass die Kommission der Ansicht war, dass der beabsichtigte Zusammenschluss eine beherrschende Stellung auf dem britischen Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen begründen würde, durch die der Wettbewerb im Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 aus folgenden Gründen erheblich behindert würde:
    - Der beabsichtigte Zusammenschluss würde den Wettbewerb zwischen den nach dem Zusammenschluss verbleibenden drei großen Reiseveranstaltern (der Einheit Airtours/First Choice, Thomson und Thomas Cook) beseitigen; für sie bestünde aufgrund der Strukturmerkmale und der Funktionsweise des Marktes, die von den Entscheidungen über das Angebot abhänge, sowie aufgrund der starken Marktkonzentration (80% für die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter, wenn der Zusammenschluss durchgeführt würde) kein Anreiz mehr, einander Konkurrenz zu machen (169. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - durch den Zusammenschluss würden die bereits bestehende gegenseitige Abhängigkeit und die Durchschaubarkeit zunehmen, so dass die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter alles Interesse daran hätten, bei der Festlegung der Zahl der auf den Markt gebrachten Pauschalreisen parallel vorzugehen und das Angebot weiter einzuschränken, als dies aufgrund der Marktentwicklung erforderlich wäre (170. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - diese Feststellung werde durch eine Prüfung des früheren Wettbewerbs untermauert, da diese zeige, dass auf dem relevanten Markt bereits eine gewisse Tendenz zu einer kollektiven Marktbeherrschung bestehe (128. bis 138. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - es gebe Gegenmaßnahmen oder Möglichkeiten zur Unterbindung von Konkurrenz, da, wenn einer der verbleibenden drei großen Reiseveranstalter beschließen sollte, sein Angebot nicht einzuschränken, die Gefahr bestehe, dass die beiden anderen dasselbe tun würden, was zu einem Überangebot und schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen für jeden dieser Marktbeteiligten führen würde (170. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - kleine Reiseveranstalter oder neue Marktteilnehmer, d.h. tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber, würden durch den Zusammenschluss noch weiter marginalisiert, da sie First Choice als Anbieter von Sitzplatzkapazitäten und Vertriebsalternative verlören; jedenfalls hätten diese Marktbeteiligten nicht die Möglichkeit, etwaige Angebotsbeschränkungen durch die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter zu kompensieren (171. Begründungserwägung der Entscheidung).
68. Was die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf einen wirksamen Wettbewerb angeht, so hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass durch die Einschränkung der insgesamt verfügbaren Kapazitäten das Angebot im Markt knapp gehalten werde und die Preise und Erträge der Mitglieder des beherrschenden Oligopols stiegen (siehe insbesondere 56. und Ende der 168. Begründungserwägung der Entscheidung).
C - Zu den angeblichen Beurteilungsfehlern der Kommission
69. Die Klägerin macht geltend, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission die Umstände, die sie in der Entscheidung herangezogen hat, um eine kollektive beherrschende Stellung festzustellen, zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht vorgelegen hätten und im Falle des Zusammenschlusses nicht eintreten würden.
70. Erstens habe die Kommission rechtlich nicht hinreichend dargetan, dass der Zusammenschluss die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter aufgrund der Merkmale des relevanten Marktes dazu verleiten würde, einander keine Konkurrenz mehr zu machen.
71. Zweitens würde, selbst wenn ein solcher Anreiz bestehen sollte, das Fehlen von Abschreckungsmitteln oder Möglichkeiten angemessener Gegenmaßnahmen die Begründung des angeblichen beherrschenden Oligopols verhindern.
72. Drittens würden sich die kleinen Reiseveranstalter und neue Marktteilnehmer, d.h. die tatsächlichen und die potenziellen Wettbewerber, auf jeden Fall gegen etwaige Angebotsbeschränkungen zur Wehr setzen, und als Folge würden die Verbraucher reagieren, so dass der Zusammenschluss den drei verbleibenden großen Reiseveranstaltern nicht die Macht verleihen würde, zusammen in beträchtlichem Umfang unabhängig von den übrigen Wettbewerbern und den Verbrauchern zu handeln.
73. Schließlich habe die Kommission die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem relevanten Markt fehlerhaft beurteilt.
1. Vorbemerkungen
74. Die Klägerin macht zunächst geltend, dass die natürliche Tendenz der Beteiligten des relevanten Marktes zur Vorsicht bei der Festlegung des Angebots sie in der Vergangenheit in keiner Weise daran gehindert habe, einander Konkurrenz zu machen, und dass es keinen Grund zur Annahme gebe, dass der beabsichtigte Zusammenschluss zur Beseitigung dieses Wettbewerbs durch Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung der drei verbleibenden großen Reiseveranstalter führen würde.
75. Die Entscheidung ist bei der Beschreibung der zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Wettbewerbssituation besonders knapp gehalten. Fest steht aber, dass die Kommission zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der beabsichtigte Zusammenschluss nicht zur Verstärkung, sondern zur Begründung einer beherrschenden Stellung auf dem Markt führen würde (194. Begründungserwägung der Entscheidung). Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen bestätigt, dass sie nicht behaupte, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung ein beherrschendes Oligopol existiert habe, und dass es sich um die Begründung und nicht um die Verstärkung einer kollektiven beherrschenden Stellung handele. Sie bestreitet also nicht, dass die größten Reiseveranstalter es vor der Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses nicht für möglich und rentabel gehalten haben, zur Erhöhung ihrer Preise und Einnahmen ihr Angebot einzuschränken.
76. Daraus folgt, dass das Gericht bei seiner Prüfung davon ausgehen muss, dass - nach den Angaben der Kommission selbst - die vier großen Reiseveranstalter nicht die Macht zu einem einheitlichen Vorgehen auf dem Markt haben und dort somit nicht als Einheit gegenüber ihren Konkurrenten, ihren Geschäftspartnern und den Verbrauchern auftreten, und dass sie somit nicht die für eine kollektive beherrschende Stellung charakteristischen Möglichkeiten haben.
77. Somit oblag der Kommission der Nachweis, dass die Genehmigung des angemeldeten Zusammenschlusses aufgrund der Merkmale des Marktes für die Veranstaltung von Kurzstrecken-Pauschalreisen für britische Verbraucher zur Begründung einer wettbewerbsbeschränkenden kollektiven beherrschenden Stellung geführt hätte, da Airtours/First Choice, Thomson und Thomas Cook die zuvor nicht bestehende Möglichkeit haben würden, einheitlich auf dem Markt vorzugehen, indem sie das Angebot stärker einschränkten, als dies auf einem vom Wettbewerb geprägten Markt, der sich bereits durch eine gewisse Vorsicht bei der Angebotsplanung auszeichnet, sonst der Fall wäre.
78. Dies alles ist zu berücksichtigen, wenn das Vorbringen der Klägerin geprüft werde.
2. Zur Feststellung, dass der Zusammenschluss die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter dazu verleiten würde, einander keine Konkurrenz mehr zu machen
79. Die Klägerin macht geltend, dass die Feststellung, der Zusammenschluss würde die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter dazu verleiten, einander keine Konkurrenz mehr zu machen, unzutreffend sei, da die Kommission zum einen versäumt habe, den Wettbewerb zu berücksichtigen, der zum Zeitpunkt der Anmeldung zwischen den großen Reiseveranstaltern geherrscht habe, und zum anderen bei der Beurteilung der Merkmale des Marktes, die als Indizien dafür herangezogen worden seien, dass auf dem Markt eine kollektive beherrschende Stellung begründet würde, namentlich die frühere und die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage, die Nachfragevolatilität und der Grad an Markttransparenz, Fehler begangen habe.
a) Zur Beurteilung des Wettbewerbs zwischen den großen Reiseveranstaltern
80. Die Klägerin macht geltend, dass die Analyse des vor der Anmeldung bestehenden Wettbewerbs (früherer Wettbewerb) im vorliegenden Fall eine grundlegende Rolle spiele, da die von der Kommission angeführten Hauptanreize, nämlich die angeblichen Rigiditäten im Bereich des Angebots, für das normale Funktionieren des Marktes charakteristisch seien, den gesamten Berufsstand beträfen und durch den beabsichtigten Zusammenschluss nicht beeinflusst würden. Die Klägerin bringt vor, dass der relevante Markt in den letzten Jahren wettbewerbsorientiert gewesen sei, und bestreitet die Behauptung der Kommission, dass bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung bestehe. Insbesondere kritisiert die Klägerin die Art und Weise, in der die Kommission die angebliche Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung berücksichtigt habe, noch bevor die Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses und die Volatilität der historischen Marktanteile geprüft worden seien.
81. Die Kommission macht geltend, dass die frühere Funktionsweise des Marktes und das Bestehen von Wettbewerb in der Vergangenheit nicht von Bedeutung seien, da die Entscheidung auf die Feststellung gestützt sei, dass der beabsichtigte Zusammenschluss eine kollektive beherrschende Stellung begründen, mithin die Marktbedingungen so verändern würde, dass die Anreize und Verhaltensweisen, die für die Vergangenheit geprüft worden seien, keine zuverlässigen Anhaltspunkte mehr seien, um die Reaktion der Marktbeteiligten in der neuen Marktsituation zu ermitteln. Entscheidend sei daher, ob der beabsichtigte Zusammenschluss die gegenwärtigen Marktbedingungen so verändern würde, dass die wichtigsten Marktbeteiligten sich nicht mehr so wie in der Vergangenheit verhalten würden. So bedeute der Umstand, dass der Markt mit vier großen Reiseveranstaltern vom Wettbewerb geprägt gewesen sei, nicht, dass er es auch mit nur drei großen Reiseveranstaltern noch sein werde. Die Kommission bestreitet gleichwohl das Vorbringen der Klägerin, mit dem aufgezeigt werden soll, dass zwischen den wichtigsten Marktbeteiligten ein scharfer Wettbewerb bestanden habe und weiterhin bestehe.
82. Das Gericht stellt jedoch fest, dass die Kommission in Bezug auf eine angebliche kollektive beherrschende Stellung u.a. die Frage prüfen muss, ob der Zusammenschluss, mit dem sie befasst ist, zu einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt führen würde (Urteile Kali & Salz, Randnr. 221, und Gencor/Kommission, Randnr. 163). Wird das Ausmaß des früheren Wettbewerbs nicht wesentlich verändert, müsste der Zusammenschluss genehmigt werden, da er keine wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen hat (siehe oben, Randnr. 58). Folglich ist das Ausmaß an Wettbewerb auf dem relevanten Markt zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zusammenschlusses ein entscheidender Umstand, wenn es darum geht, im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 4064/89 die etwaige Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung festzustellen.
83. Wie die Klägerin geltend gemacht hat, ist die Untersuchung des vor der Anmeldung bestehenden Wettbewerbs im vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung, da Zweck der stillschweigenden Koordinierung, zu der es nach Auffassung der Kommission infolge des Zusammenschlusses käme, eine Beschränkung des auf den Markt gebrachten Angebots seitens der drei verbleibenden integrierten Reiseveranstalter wäre, die dabei über die von der Kommission selbst für charakteristisch für das normale Funktionieren des Marktes gehaltene natürliche Vorsicht bei der Angebotsplanung hinausgehen würden.
i) Zur angeblichen Tendenz zu einer kollektiven Marktbeherrschung vor der Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses
84. Zunächst ist festzustellen, dass sich die Kommission zwar in einem Teil der Entscheidung mit der Prüfung des "Wettbewerb[s] in der Vergangenheit" befasst hat (128. bis 138. Begründungserwägung), dass aber die genaue Betrachtung dieser Begründungserwägungen ergibt, dass sich die Kommission in Wirklichkeit nicht zum Umfang des Wettbewerbs auf diesem Markt geäußert hat. Sie nennt lediglich (128. bis 138. Begründungserwägung) eine Reihe von Umständen oder Gegebenheiten dieses Marktes in den Jahren vor der Anmeldung, um zu dem Schluss zu gelangen (138. Begründungserwägung): "Abschließend steht also eindeutig fest, dass bereits die Tendenz zu einer kollektiven Marktbeherrschung (insbesondere bei der Festlegung des Angebots) besteht." In diesen Passagen der Entscheidung ist jedoch nicht davon die Rede, dass vor der Anmeldung möglicherweise ein eingeschränkter Wettbewerb auf dem Markt bestanden hat.
- Zu dem Umstand, dass die großen Reiseveranstalter bei der Angebotsplanung vorsichtig sind und insbesondere den Schätzungen der anderen großen Veranstalter Rechnung tragen
85. In der 135. und der 136. Begründungserwägung der Entscheidung führt die Kommission aus, dass die großen Reiseveranstalter bei der Angebotsplanung vorsichtig seien und insbesondere den Schätzungen der anderen großen Veranstalter Rechnung trügen (in der 136. Begründungserwägung werden einige Äußerungen der Geschäftsführer der großen britischen integrierten Reiseveranstalter zitiert, die diese Vorsicht bei der Angebotsplanung belegen sollen). In der 135. Begründungserwägung wird ein Vorfall aus dem Sommer 1995 geschildert, der laut Kommission die Folgen eines Überangebots am Markt illustriert. Während des Planungszeitraums 1994 überschätzten die Reiseveranstalter die Nachfrage für die Sommersaison 1995 und blieben auf einem Teil ihres Angebots sitzen, so dass gewaltige Preisabschläge praktiziert werden mussten, wodurch ihnen erhebliche Verluste entstanden.
86. Die Klägerin macht geltend, den großen Reiseveranstaltern könne nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie bei der Angebotsplanung vorsichtig seien, und insbesondere auf die Planschätzungen der anderen großen Reiseveranstalter achteten, denn der Gerichtshof habe anerkannt, dass das Selbständigkeitspostulat nicht das Recht der Unternehmen beseitigt, sich dem derzeitigen oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73, 55/73, 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u.a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnrn. 173 und 174). Diese Vorsicht schließe nicht aus, dass sie einen sehr aggressiven Wettbewerb betrieben, um ihre Marktanteile zum Nachteil ihrer Hauptkonkurrenten zu behalten oder auszubauen. Die Klägerin zitiert in diesem Zusammenhang die Erklärungen der großen Reiseveranstalter, in denen ihre Wachstumsambitionen beschrieben werden.
87. Die Kommission macht geltend, dass die Absichten, die die Klägerin den großen Reiseveranstaltern zuschreibe, die Situation vor dem beabsichtigten Zusammenschluss widerspiegelten und sich daher auf andere Umstände bezögen. Sie behaupte nicht, dass es zuvor ein beherrschendes Oligopol gegeben habe. Außerdem sei das "aggressive Wachstum", von dem in einigen Erklärungen die Rede sei, in der Vergangenheit durch Übernahmen erzielt worden und müsse auch in Zukunft so erzielt werden. Schließlich habe die Firma Thomas Cook der Kommission mitgeteilt, dass sie sich nicht mehr um ihre Größe zu kümmern brauche, sondern jetzt an Rentabilität denken könne (131. Begründungserwägung der Entscheidung).
88. In der Entscheidung wird wiederholt gesagt, dass diese natürliche Tendenz zur Vorsicht bei der Angebotsplanung eine der Besonderheiten des relevanten Marktes in seinem derzeitigen Zustand sei, in dem es keine wettbewerbsbeschränkende kollektive beherrschende Stellung gebe, und dass sie alle Marktbeteiligten und nicht nur die großen Reiseveranstalter betreffe, ganz besonders jedoch Letztere (siehe 60. bis 66., 97. und 136. Begründungserwägung der Entscheidung). So stellt die Kommission in der 97. Begründungserwägung der Entscheidung fest, dass es sich "[wegen der Volatilität der Nachfrage] beispielsweise insbesondere [empfiehlt], das geplante Angebot zu beschränken und anschließend zu erweitern, falls die Nachfrage besonders groß ist. Auf diese Weise schützen sich die Veranstalter gegen Abwärtstendenzen in der Volatilität der Nachfrage", und in der 136. Begründungserwägung, dass "[d]ie großen Reiseveranstalter ... bei der Angebotsplanung vorsichtig [sind] und ... insbesondere den Schätzungen der anderen großen Veranstalter Rechnung [tragen]".
89. Da die Kommission andererseits nicht bestritten hat, dass der relevante Markt vor der Anmeldung, insbesondere während der Krise von 1995, vom Wettbewerb geprägt war, kann der Vorfall aus diesem Jahr, dem die Entscheidung große Bedeutung beimisst, als solcher kein Indiz dafür sein, dass in diesem Sektor bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung bestand. Dass sich die Veranstalter während des Planungszeitraums 1994 verkalkulierten und erhebliche Verluste erlitten, weil sie die Nachfrage für die Sommersaison 1995 überschätzt hatten, kann nur als Beispiel für die typischen Risiken dieses Marktes angesehen werden, dessen sehr besondere Funktionsweise in der 59. bis 66. Begründungserwägung der Entscheidung erläutert wird.
90. Aus den in der 136. Begründungserwägung der Entscheidung wiedergegebenen Äußerungen geht zwar hervor, dass sich die Geschäftsführungen der großen Reiseveranstalter insbesondere aufgrund des Vorfalls von 1995 und des Umstands, dass der Schlüssel zur Rentabilität in der Anpassung des Angebots an die Nachfrage liegt (siehe 60. Begründungserwägung der Entscheidung), der mit der Verfolgung eines Expansionskurses auf dem relevanten Markt verbundenen Risiken bewusst sind. Jedoch enthalten diese Äußerungen nicht den geringsten Hinweis darauf, dass zwischen den großen Reiseveranstaltern kein Wettbewerb stattfand.
91. Schließlich kann entgegen der Feststellung der Kommission (siehe 137. und 138. Begründungserwägung der Entscheidung), der Umstand, dass es sich bei den institutionellen Investoren in Airtours, First Choice und Thomson in gewissem Umfang (30% bis 40% des Kapitals) um dieselben Investoren handelt, nicht als Hinweis darauf angesehen werden, dass in diesem Sektor bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung besteht. Wie die Kommission selbst in ihrer Klagebeantwortung zugibt (Nr. 73), wird nämlich in der Entscheidung nicht behauptet, dass die Gruppe institutioneller Aktionäre eine homogene Gesamtheit sei, die eine Kontrolle dieser börsennotierten Gesellschaften möglich mache oder einen Mechanismus für einen Informationsaustausch zwischen den drei Veranstaltern biete. Die Kommission kann auch nicht geltend machen, dass diese Aktionäre eine zusätzliche Gewähr für vorsichtige Angebotsplanung bieten, ohne geprüft zu haben, inwieweit sie in die Verwaltung der betreffenden Gesellschaften eingreifen. Selbst wenn man von der Möglichkeit der Einflussnahme auf deren Verwaltung ausginge, wäre die Kommission, da es sich bei dem Interesse der gemeinsamen institutionellen Aktionäre am Wachstum und folglich an der Kapazität lediglich um ein für den relevanten Markt charakteristisches Merkmal handelt, den Nachweis schuldig geblieben, dass die Beteiligung derartiger institutioneller Investoren am Kapital von drei der vier großen Reiseveranstalter ein Indiz dafür ist, dass bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung besteht.
92. Demnach durfte die Kommission, die nicht bezweifelte, dass der relevante Markt vom Wettbewerb geprägt war, die Vorsicht bei der Angebotsplanung, die diesen Markt unter normalen Bedingungen kennzeichnet, nicht als Indiz für die Richtigkeit ihrer Auffassung ansehen, dass in diesem Sektor bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung bestehe.
- Zur Beurteilung der Tendenzen zu horizontaler und vertikaler Integration, die den Markt seit der Veröffentlichung des Berichtes der Monopolies and Mergers Commission kennzeichnen
93. Die Klägerin trägt vor, dass die Monopolies and Mergers Commission, eine Wettbewerbsbehörde im Vereinigten Königreich (im Folgenden: MMC), den 1997 auf dem relevanten Markt bestehenden Wettbewerb untersucht und einen Bericht mit dem Titel Foreign package holidays: a report on the supply in the UK of tour operators' services and travel agents' services in relation to foreign package holidays (im Folgenden: MMC-Bericht) verfasst habe. MMC habe in diesem Bericht festgestellt, dass die Situation auf diesem Markt hinreichend vom Wettbewerb geprägt sei.
94. Die Kommission macht geltend, dass sich die Marktsituation seit der Herausgabe des MMC-Berichts im Jahr 1997 erheblich gewandelt habe, nicht nur, wie die Klägerin behaupte, aufgrund der Zunahme der vertikalen Integration der großen Reiseveranstalter, sondern auch aufgrund der erheblichen horizontalen Konzentration.
95. In der 128. bis 134. Begründungserwägung der Entscheidung verweist die Kommission als Indiz für eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung auf die Tendenzen zu horizontaler und vertikaler Integration, die den britischen Markt für Auslandspauschalreisen in den letzten Jahren gekennzeichnet hätten und die sich seit der Veröffentlichung des MMC-Berichts im Dezember 1997 insbesondere aufgrund der Zahl der von den vier großen Reiseveranstaltern übernommenen mittleren Reiseveranstaltern beschleunigt hätten.
96. Eine genaue Prüfung dieser Tendenzen zeigt jedoch, dass die in der 134. Begründungserwägung der Entscheidung angesprochenen Übernahmen von Reiseveranstaltern, Fluggesellschaften und Reisebüros durch die großen Reiseveranstalter keine größeren Änderungen auf dem Markt zur Folge gehabt haben, die im Jahr 1999 die Ende 1997 von der MMC getroffenen Feststellungen zum Wettbewerb auf dem Markt hätten hinfällig machen könnten, und dass diese Übernahmen daher nicht als Indiz für eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung angesehen werden konnten.
97. Wie die Klägerin vorgetragen hat, hat die MMC in ihrem 1997 veröffentlichten Bericht den Sektor für Auslandspauschalreisen als dynamischen Sektor beschrieben, in dem ein starker Wettbewerb herrsche und in dem es keine bedeutsamen Zutrittsschranken gebe. Zu diesem Ergebnis ist die MMC aufgrund einer ausgesprochen ausführlichen Untersuchung (von über 300 Seiten) der Situation und des Funktionierens des Reisesektors gelangt, die innerhalb von zwölf Monaten auf der Grundlage zahlreicher Daten und Meinungsäußerungen sämtlicher im Sektor für den Verkauf von Auslandsreisen im Vereinigten Königreich tätigen Beteiligten durchgeführt wurde. Zur Vorbereitung ihres Berichts hat die MMC vier Marktstudien bei externen Beratern in Auftrag gegeben. Dieser Bericht wurde im November 1997 erstellt, also nur anderthalb Jahre, bevor die Kommission diesen Markt im Rahmen des angemeldeten Zusammenschlusses untersuchte.
98. In Nummer 1. 6 ihres Berichts führt die MMC Folgendes aus:
    "Der Reisesektor war in den letzten zehn Jahren keineswegs statisch und unterliegt weiterhin Wandelungen, wobei eine Tendenz zu größerer vertikaler Integration besteht. Von den Hauptbeteiligten, die in unserer Untersuchung aus dem Jahr 1986 über Auslandspauschalreisen beschrieben sind, hat nur Thomson eine führende Stellung behalten. Wir haben zahlreiche Beweise dafür gefunden, dass in diesem Sektor starker Wettbewerb herrscht, und stimmen dieser Ansicht im Wesentlichen zu. Die Konzentration hat zwar in den letzten fünf Jahren zugenommen, ist aber nicht besonders stark ausgeprägt. Die jährlichen Erträge sind nicht übermäßig hoch. Die Beteiligten kommen und gehen. Weder auf dem Reiseveranstaltermarkt noch auf dem Reisebüromarkt gibt es bedeutsame Zutrittsschranken."
99. Die Kommission hat diese Analyse in der Entscheidung nicht in Frage gestellt und zitiert wiederholt die von der MMC in diesem Bericht vorgenommenen Bewertungen anderer Fragen (9., 11., 47., 70., 76., 81., 114., 115., 123., 128., 129., 131., 133. und 134. Begründungserwägung der Entscheidung). Sie beanstandet also nicht die Feststellung der MMC, dass der betreffende Markt im Jahr 1997 stark vom Wettbewerb geprägt gewesen sei.
100. Die Kommission ist jedoch der Ansicht (123. Begründungserwägung der Entscheidung), dass sich die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt seit 1997 vor allem wegen der in der 134. Begründungserwägung der Entscheidung beschriebenen zunehmenden Konzentration und vertikalen Integration wesentlich verändert hätten. Die Ausschaltung mittlerer Reiseveranstalter ändere die Wettbewerbsstruktur wesentlich und erweitere die Möglichkeiten eines Parallelverhaltens der großen Reiseveranstalter.
101. Die Tendenzen zu horizontaler und vertikaler Integration, die seit der Veröffentlichung des MMC-Berichts im britischen Sektor für Auslandspauschalreisen feststellbar waren, sind jedoch weniger stark als von der Kommission behauptet.
102. Zur horizontalen Integration geht aus den Akten hervor (S. 33a der Anmeldung des Zusammenschlusses bei der Kommission [Anlage 5 zur Klageschrift], Nr. 4. 18 des MMC-Berichts für 1997 und 72. Begründungserwägung der Entscheidung), dass die Marktanteile von Thomson, Airtours und First Choice von 1996 bis 1999 auf dem Markt für Kurzstreckenreisen sich nicht nennenswert vergrößert haben. Nach der Grafik, in der unter Einbeziehung sämtlicher Zielorte die Entwicklung der Marktanteile der Reiseveranstalter beschrieben ist (Anlage 5 zur Klageschrift, S. 33a), tätigte Thomson 1996 25% des Absatzes von Auslandspauschalreisen, 1998 dagegen nur noch 22%, Airtours sowohl 1996 als auch 1998 16% und First Choice 1996 10% und 1998 9%. Die drei größten Reiseveranstalter, die 1997 auf dem Markt waren, tätigten somit 1996 51% des Absatzes von Auslandspauschalreisen und 1998 47%. Diese Feststellung wird durch die Prüfung der allein die Kurzstreckenreisen betreffenden Daten gestützt. Nach Nummer 4. 18 ihres Berichts hatte die MMC 1997 die Marktanteile der integrierten Reiseveranstalter auch auf der Grundlage der in der Entscheidung vertretenen engen Definition des Produktmarkts untersucht, da Thomas Cook damals der Ansicht gewesen war, dass ein Interesse daran bestehe, den Markt auch auf der Grundlage einer solcher engen Definition zu untersuchen. Aus einer vergleichenden Prüfung der bezifferten Marktanteile für 1996 (Nr. 4. 18 des MMC-Berichts) und für 1998 (72. Begründungserwägung der Entscheidung) ergibt sich, dass der Anteil von Thomson von 33% auf 30% oder 27% (je nach Quelle) gesunken, der von Airtours von 20% auf 19% oder 21% (je nach Quelle) gesunken oder gestiegen und der von First Choice von 12% auf 15% oder 11% (je nach Quelle) gesunken oder gestiegen ist. Nur der Marktanteil von Thomas Cook hat sich beträchtlich vergrößert, nämlich von 6% auf 20%.
103. Eine Schlüsselrolle bei der Konzentration im Sektor für Auslandspauschalreisen seit 1997 spielt somit die Firma Thomas Cook, die sich innerhalb weniger Jahre aufgrund externen Wachstums (Übernahme von Sunworld im Juni 1996, von Flying Colors mit einem Anteil von 3% am Sektor für Auslandspauschalreisen und von Carlson/Inspirations mit einem Anteil von 1% bis 3% am Sektor im Jahr 1998) von einem kleinen Unternehmen in einen großen Reiseveranstalter gewandelt hat (MMC-Bericht, Tabelle 4. 1, S. 76, 131. und 134. Begründungserwägung der Entscheidung). Dank dieses Wachstums war Thomas Cook im Jahr 1998 ein vierter großer Reiseveranstalter, der vertikal integriert und daher besser in der Lage war, mit den anderen integrierten Reiseveranstalten zu konkurrieren. Dieser Umstand kann nicht als Beleg dafür gedeutet werden, dass auf dem Markt kein Wettbewerb geherrscht habe.
104. Mit Ausnahme von Thomas Cook betreffen die Übernahmen von Reiseveranstaltern, von denen in der 134. Begründungserwägung der Entscheidung die Rede ist, im Wesentlichen den Erwerb kleiner Unternehmen, die nicht zu einer nennenswerten Vergrößerung der Marktanteile der großen Reiseveranstalter im Sektor für Auslandspauschalreisen geführt haben. Die Ausschaltung der mittleren Unternehmen, die nach Auffassung der Kommission die Wettbewerbsstruktur durch Erweiterung der Möglichkeiten eines Parallelverhaltens der größten Reiseveranstalter wesentlich geändert hat, bedeutet somit im Ergebnis, dass ein neuer großer Reiseveranstalter in Erscheinung getreten ist, Thomas Cook, dessen Marktanteil von 6% auf 20% gestiegen ist.
105. Was die Steigerung des Grades der vertikalen Integration der großen Reiseveranstalter betrifft, die ebenfalls seit 1997 feststellbar gewesen sein soll und die nach Ansicht der Kommission gleichfalls ein Indiz dafür ist, dass in dem betreffenden Sektor die Tendenz zu einer kollektiven Marktbeherrschung herrsche (138. Begründungserwägung der Entscheidung), so ist festzustellen, dass die Entscheidung insoweit widersprüchlich ist, da sie zugleich davon ausgeht, dass die vertikale Integration Voraussetzung für einen Wettbewerb mit den großen Reiseveranstaltern sei. So führt die Kommission in der 132. Begründungserwägung der Entscheidung aus, dass First Choice 1998 in das Reisevermittlungsgeschäft eingestiegen sei, um sich vor den Verkaufspraktiken der anderen großen Reiseveranstalter zu schützen, die Kosten für Provisionszahlungen zu vermeiden und bessere Informationen über Marktentwicklungen zu erhalten. Diese Notwendigkeit vertikaler Integration ist einer der Kernpunkte der Feststellung der Kommission, die die Auffassung vertreten hat, dass es im vorliegenden Fall insbesondere deswegen zu einer kollektiven beherrschenden Stellung käme, weil First Choice infolge des Zusammenschlusses auf allen drei Marktstufen als Wettbewerber ausgeschaltet werden würde (168. Begründungserwägung der Entscheidung).
106. Die Kommission räumt somit selbst in der Entscheidung ein, dass die Steigerung der vertikalen Integration den Wettbewerb begünstigt, da sie die Effizienz erhöht und die Interdependenz der großen Reiseveranstalter einschränkt, die dem Eigenvertrieb den Vorzug vor dem Vertrieb durch die anderen Großveranstalter geben. Dass seit der Veröffentlichung des MMC-Berichts im Jahr 1997 vertikale Integration stattgefunden hat, kann daher nicht gleichzeitig ein Indiz für eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung sein. Zudem hat die MMC in ihrem Bericht auch die wachsende Tendenz zu vertikaler Integration untersucht und die Ansicht vertreten, dass es sich dabei um ein Phänomen handele, das den Wettbewerb ebenso gut stimulieren wie behindern könne (siehe Nr. 2. 193 des MMC-Berichts). Insbesondere hat die MMC festgestellt, dass die vertikale Integration 1997 angesichts des Ausmaßes an Konzentration in dem betreffenden Sektor keine nennenswerten wettbewerbswidrigen Wirkungen gehabt habe.
107. Die Kommission ist somit zu Unrecht der Auffassung gewesen, dass die Tendenzen zu horizontaler und vertikaler Integration seit der Veröffentlichung des MMC-Berichts im Jahr 1997 es erforderlich gemacht haben, von der Beurteilung des den relevanten Markt kennzeichnenden Ausmaßes an Wettbewerb durch die MMC abzuweichen.
108. Demnach ist die Kommission in der 138. Begründungserwägung der Entscheidung zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der in der 128. bis 137. Begründungserwägung dargestellten Umstände "eindeutig fest[steht], dass bereits die Tendenz zu einer kollektiven Marktbeherrschung (insbesondere bei der Festlegung des Angebots) besteht".
ii) Beurteilung der Volatilität der historischen Marktanteile
109. Die Klägerin beruft sich als Beweis für die Existenz eines vom Wettbewerb geprägten Marktes ferner darauf, dass die Marktanteile der größten Reiseveranstalter in der Vergangenheit volatil, dynamisch und veränderlich gewesen seien.
110. Nach Auffassung der Kommission konnte in letzter Zeit auf dem relevanten Markt keine derartige Volatilität festgestellt werden. Die von der Klägerin angeführten Änderungen der Marktanteile der großen Reiseveranstalter beruhten auf den von diesen getätigten Übernahmen und somit nicht auf ihrer Marktleistung. Wenn man diese Übernahmen ausklammere, hätten sich die Marktanteile der größten Reiseveranstalter in den letzten Jahren nicht sehr bewegt, was die Annahme zulasse, dass das interne Wachstum schwierig sei (128. Begründungserwägung und Fußnote 86 der Entscheidung).
111. Im Rahmen der Prüfung, ob eine kollektive beherrschende Stellung besteht, ist die Stabilität der historischen Marktanteile ein Umstand, der die Entwicklung einer stillschweigenden Kollusion begünstigt, da sie die Aufteilung des Marktes anstelle eines heftigen Wettbewerbs erleichtert, wobei sich jedes Unternehmen auf den von ihm in der Vergangenheit gehaltenen Marktanteil bezieht, um nach dessen Maßgabe seine Produktion festzulegen.
112. Im vorliegenden Fall fußt die Feststellung der Kommission, dass die Marktanteile von Thomson, Airtours, Thomas Cook und First Choice in den letzten fünf Jahren stabil geblieben sei, auf der Annahme, dass das externe Wachstum nicht zu berücksichtigen sei. Die Kommission ist der Ansicht, dass bei Änderungen von Marktanteilen, die hauptsächlich auf der Übernahme von Konkurrenten beruhten, die jeweiligen "Quoten" durch Addition der Marktanteile des Käufers und des Kaufobjekts ermittelt werden könnten und dass sich mithin das Problem nicht stelle, dass Unternehmen versuchten, ihre Marktanteile nach in der Vergangenheit erzielten Höchstwerten auszurichten.
113. Die Nichtberücksichtigung des externen Wachstums bei der Ermittlung der Volatilität der Marktanteile ist jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht gerechtfertigt, da auf dem relevanten Markt die Größe und der Grad der vertikalen Integration der Unternehmen wichtige Wettbewerbsfaktoren sind (siehe u.a. 73., 75., 77., 78., 99., 100., 114. und 115. Begründungserwägung der Entscheidung). Unter derartigen Umständen können nämlich die zahlreichen von den großen Reiseveranstaltern in der Vergangenheit getätigten Übernahmen unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Veröffentlichung des MMC-Berichts erfolgt sind, als Zeichen für einen lebhaften Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen verstanden werden, die wiederholt Übernahmen tätigen, um zu verhindern, dass sie in wesentlichen Punkten von ihren Hauptkonkurrenten überholt werden, und um so in vollem Umfang von den Größenvorteilen profitieren zu können.
114. Der Annahme, dass das externe Wachstum nicht zu berücksichtigen sei, widerspricht zudem im vorliegenden Fall die Kommission selbst in mehreren Bemerkungen in der Entscheidung, in denen sie sich entgegen ihrem Vorbringen in ihren Schriftsätzen dahin äußert, dass eine Übernahme durch einen der großen Reiseveranstalter aus Sicht der übrigen großen Reiseveranstalter nicht zu einer rechnerischen Addition der Marktanteile des Käufers und des Kaufobjekts führe, sondern zu einer Wettbewerbsreaktion durch sie selbst.
115. So heißt es in der 137. Begründungserwägung der Entscheidung: "Als im April dieses Jahres die Absichten von Airtours zur Übernahme von First Choice bekannt wurden, führte eine Ankündigung von Thomson, dass es seinen Marktanteil verteidigen würde, unmittelbar am selben Tag zu einem Kursrückgang der Thomson-Aktie von 9%, weil .befürchtet wurde, dass die Gesellschaft einen Preiskrieg anzetteln würde. Die Geschäftsführung von Thomson musste anschließend erhebliche Anstrengungen machen, um institutionelle Investoren davon zu überzeugen, dass die Ankündigung falsch verstanden worden ist und keine Absicht besteht, das Angebot am Markt zu steigern, sondern dass lediglich der Teil des Angebots übernommen werden soll, der durch den Zusammenschluss von Airtours/First Choice abgestoßen wird."
116. Weiter wird in der 145. Begründungserwägung der Entscheidung festgestellt: "Anscheinend ist in der Branche der Glaube weit verbreitet, dass Fusionen grundsätzlich für die Beteiligten zum Verlust von Marktanteilen führen, da einige Kunden und Lieferanten wegen der Streichung von Doppelangeboten in den Veranstaltungsprogrammen abspringen." Diese Erwartungen werden durch die Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zur Entwicklung der historischen Marktanteile (Anlage 6 zur Erwiderung, S. 2, siehe auch Tabelle zur Entwicklung des Marktanteils der Reiseveranstalter, S. 8 der Klageschrift) bestätigt. So hätte nach der Übernahme von Horizon durch Thomson im Jahr 1989 der Marktanteil der neuen Einheit 32% betragen müssen (25% für Thomson und 7% für Horizon), tatsächlich sank er aber rasch wieder auf ungefähr 25%.
117. Eine Untersuchung der zu den Akten gegebenen Daten ergibt, dass, wie die Klägerin vor der Kommission unwidersprochen geltend gemacht hat, die Marktanteile der großen Reiseveranstalter im Bereich der Auslandspauschalreisen unter Einbeziehung des externen Wachstums erheblich schwanken. Dies lässt sich anhand der Tabelle mit den Marktanteilen der Reiseveranstalter feststellen, die die Klägerin in das Anmeldeformular aufgenommen hat (wiedergegeben auf S. 8 der Klageschrift). So lag 1990 der Marktanteil von Thomson bei 21, 81%, der von First Choice bei 5, 82%, der von Airtours bei 4, 27% und der von Thomas Cook bei 2, 13%. Im Jahr 1994 lag der Marktanteil von Thomson bei 23, 13%, der von Airtours bei 15, 52%, der von First Choice bei 5, 88% und der von Thomas Cook bei 2, 41%. Im Jahr 1998 dann betrug der Marktanteil von Thomson 19, 28%, der von Airtours 14, 26%, der von First Choice 7, 47% und der von Thomas Cook 11, 38%.
118. Zu Unrecht hat die Kommission folglich die Auffassung vertreten, dass die auf Übernahmen beruhenden Marktanteile nicht berücksichtigt werden dürften, und daraus geschlossen, dass die Marktanteile der größten Reiseveranstalter in den letzten Jahren stabil geblieben seien.
119. Schließlich ist zu dem auf dem relevanten Markt bestehenden Wettbewerb noch festzustellen, dass die Klägerin von der Kommission unwidersprochen behauptet hat, dass die Leistungen der großen Reiseveranstalter innerhalb derselben Saison unterschiedlich ausfallen (mit Gewinnern und Verlierern) und zudem von Saison zu Saison schwanken könnten. Dieser Umstand ist als Indiz dafür zu sehen, dass der Markt vom Wettbewerb geprägt ist, und spricht folglich gegen das Bestehen einer kollektiven beherrschenden Stellung.
iii) Ergebnis bezüglich der Beurteilung des Wettbewerbs zwischen den großen Reiseveranstaltern
120. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission Beurteilungsfehler bei ihrer Analyse des Wettbewerbs begangen hat, der vor der Anmeldung auf dem relevanten Markt herrschte. Zum einen hat sie ihre Auffassung, dass in diesem Sektor vor allem bei der Festlegung des Angebots bereits eine Tendenz zu kollektiver Marktbeherrschung und somit zu Wettbewerbsbeschränkung bestehe, rechtlich nicht hinreichend belegt. Zum anderen hat sie nicht, wie sie es hätte tun müssen, berücksichtigt, dass die Marktanteile der größten Reiseveranstalter in der Vergangenheit volatil gewesen sind und dass diese Volatilität ein Indiz für einen vom Wettbewerb geprägten Markt ist.
b)  Zur Beurteilung der früheren und der voraussichtlichen Entwicklung der Nachfrage, der Nachfragevolatilität und des Grades an Markttransparenz
121. In einem mit "Marktmerkmale (Marktbeherrschung durch ein Oligopol)" überschriebenen Teil der Entscheidung (87. bis 127. Begründungserwägung) nennt die Kommission eine Reihe von Merkmalen, die nach ihrer Ansicht zu einer oligopolistischen Marktbeherrschung führen können, z.B. Produkthomogenität, geringes Nachfragewachstum, geringe Preisempfindlichkeit der Nachfrage, ähnliche Kostenstrukturen bei den Hauptanbietern, hohes Maß an Transparenz, Interdependenz und kommerziellen Bindungen unter den Hauptanbietern, hohe Marktzutrittsschranken und geringe Nachfragemacht der Verbraucher. Nach der Entscheidung (87. Begründungserwägung) sind diese Merkmale bereits vorhanden und würden auch nach der Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses bestehen bleiben.
122. Die Klägerin beanstandet die Beurteilung, die der Annahme der Kommission zugrunde liegt, dass diese Merkmale auf dem relevanten Markt bereits vorhanden seien und bei Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses zu einer oligopolistischen Marktbeherrschung führen könnten. Insbesondere seien die Wachstumsrate der Nachfrage und der Grad der Nachfragevolatilität auf dem relevanten Markt sowie der Grad an Markttransparenz im vorliegenden Fall Faktoren, die entgegen der Behauptung der Kommission die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung erschwerten.
i) Zur Beurteilung des geringen Nachfragewachstums
123. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie davon ausgegangen sei, dass das Gesamtwachstum der Nachfrage niedrig sei, obwohl die im Verwaltungsverfahren übermittelten Daten und der Umstand, dass die Nachfrage schneller als das Bruttoinlandsprodukt wachse, das Gegenteil bewiesen.
124. In der 92. und der 93. Begründungserwägung der Entscheidung stellt die Kommission ihre Beurteilung des Nachfragewachstums auf dem relevanten Markt dar.
125. In der 92. Begründungserwägung stellt die Kommission fest: "In einer für einen großen Reiseveranstalter angefertigten neueren Studie, auf die in Antworten auf die Umfragen der Kommission verwiesen wurde, ist [davon] die Rede [, dass] das jährliche durchschnittliche Gesamtwachstum (3 bis 4% im Lauf von 10 Jahren) relativ niedrig [sei]." Ferner heißt es: "In den nächsten zwei Jahren wird verschiedenen Schätzungen der Branche zufolge fast mit keinem Nachfragewachstum gerechnet, für später aber eine gewisse Zunahme in Aussicht gestellt."
126. In der 93. Begründungserwägung führt die Kommission sodann aus, dass sie "[n]ach ihrer Untersuchung in dem vorliegenden Fall" zu dem Schluss gelangt sei, dass "das Nachfragewachstum am Markt der Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen insgesamt weiterhin wie in den 90er Jahren schwach sein wird". Abschließend stellt die Kommission fest, dass "das Marktwachstum in absehbarer Zeit keinen Wettbewerbsanreiz schaffen wird".
127. Die Beurteilung der Kommission beruht jedoch auf einer unvollständigen und fehlerhaften Bewertung der Daten, die ihr im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelt wurden.
128. Erstens hat die Kommission im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme, mit der das Gericht sie aufgefordert hatte, die Studie vorzulegen, auf die sie sich in der 92. Begründungserwägung der Entscheidung bezieht, erklärt, dass ihr während des Verwaltungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt die vollständige Studie zur Verfügung gestanden habe und dass sie dem Gericht nur einen Auszug übermitteln könne, den ein Reiseveranstalter einer Antwort auf ein Auskunftsverlangen beigefügt habe. Dieser Auszug enthält nur eine einzige Seite eines Papiers mit dem Titel "Forecasting Holiday Demand", das zu einem nicht bekannten Zeitpunkt von Ogilvy & Mather verfasst wurde.
129. Laut diesem Auszug ist "[d]er britische Markt für Auslandsreisen in den letzten zwanzig Jahren stark gewachsen. Nach der British National Travel Survey haben die britischen Verbraucher fast 30 Mio. Auslandsreisen (mit mehr als vier Übernachtungen) unternommen, also mehr als dreimal so viele wie 1978. Im letzten Jahrzehnt ist der Markt jährlich um durchschnittlich 3, 7% gewachsen." Zur Volatilität der Nachfrage heißt es in dem Auszug: "Zwar war das zugrunde liegende Wachstum des Marktes konstant, doch gilt dies keineswegs für die jährliche Wachstumsrate. Jährlichen Wachstumsraten von 10% oder mehr folgen rasch erhebliche Rückgänge", ferner: "[N]icht nur ist die Urlaubsnachfrage von größerer Volatilität als das Bruttoinlandsprodukt und das langfristige Ausgabeverhalten der Verbraucher, sie deckt sich auch nicht vollständig mit dem Konjunkturzyklus (z.B. ist der Markt mitten in der Rezession von 1980/1981 um mehr als 10% gewachsen)", und außerdem: "[D]ie Volatilität der Nachfrage macht die Vorhersage von Nachfragevolumen außerordentlich schwierig."
130. Eine einfache Analyse dieser Dokuments ergibt, dass die Kommission es nicht korrekt verstanden hat. So führt sie in der 92. Begründungserwägung aus, dass die Studie außerdem feststelle ("it also noted"), dass "das jährliche durchschnittliche Gesamtwachstum ... relativ niedrig" sei, obwohl sich in dem dem Gericht übermittelten Auszug kein Hinweis darauf findet. Dagegen hat die Kommission ignoriert, dass der Verfasser des Auszugs den starken Anstieg des Absatzes von Auslandsreisen in den letzten zwanzig Jahren betont hat. Die Kommission hat dieses Papier interpretiert, ohne seinen Wortlaut und Sinn und Zweck zu beachten, obwohl sie selbst es als wichtiges Papier für ihre Beurteilung herangezogen hat, dass die Wachstumsrate auf diesem Markt in den 90er Jahren schwach gewesen sei und weiterhin schwach sein werde (93. Begründungserwägung der Entscheidung).
131. Zweitens ergibt sich aus diesen Passagen der Entscheidung (92. und 93. Begründungserwägung), dass die Kommission die Wachstumsraten der Nachfrage in den beiden Jahren vor der Anmeldung, 1997 und 1998, nicht berücksichtigt hat, obwohl sie wichtige Bezugspunkte waren, da der Markt die Auswirkungen des Vorfalls von 1995 bereits verarbeitet hatte. Nach den Angaben im vierten Band des Berichts der British National Travel Survey für 1998 (der vom Februar 1999 datiert) (Anlage 9 zum Anmeldeformular der Klägerin) hat der Sektor für Auslandsreisen über das gesamte Jahrzehnt und somit auch in den letzten Jahren ein starkes Wachstum verzeichnet. Aus Seite 113 (und der Tabelle auf Seite 112) geht hervor, dass die Zahl der Auslandsreisen von 21 Mio. im Jahr 1989 auf 29, 25 Mio. im Jahr 1998 stieg (also um mehr als 39, 2% im letzten Jahrzehnt). Nach der Krise von 1995, die zu einem Rückgang der Zahl der Auslandsreisen von 26 Mio. im Jahr 1995 auf 23, 25 Mio. im Jahr 1996 geführt hatte (ein Rückgang um ungefähr 10, 5%), stieg die Zahl der Auslandsreisen von 23, 25 Mio. auf 27, 25 Mio. im Jahr 1997 (ein Anstieg um mehr als 17, 2%) und von 27, 25 Mio. auf 29, 25 Mio im Jahr 1998 (ein Anstieg um mehr als 7, 3%). In Bezug auf 1998 wird ausdrücklich gesagt, dass es sich um ein echtes Wachstum und nicht um eine Abweichung handele, die auf der herkömmlichen Praxis beruhe, die Zahlen aufzurunden, wenn die Änderungen von einem Jahr zum nächsten sehr gering seien. Dass diese Angaben auch die Langstrecken-Pauschalreisen betreffen, stellt nicht ihren Wert als Beweis für die Tendenz zu anhaltendem Wachstum in Frage, da diese Art von Reisen in den letzten Jahren nur ein Fünftel aller Reisen ausgemacht hat (siehe S. 116 des Berichts der British National Travel Survey).
132. Die Kommission hat diese Daten in ihren Schätzungen des Wachstumsniveaus auf dem relevanten Markt nicht berücksichtigt; dagegen hat sie auf die Tendenz für die kommenden beiden Jahre verwiesen und in der 92. Begründungserwägung der Entscheidung unterstrichen: "In den nächsten zwei Jahren wird verschiedenen Schätzungen der Branche zufolge fast mit keinem Nachfragewachstum gerechnet, für später aber eine gewisse Zunahme in Aussicht gestellt." In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission auf Nachfrage ausgeführt, dass diese Beurteilung auf einer ökonometrischen Studie beruhe, die im Verwaltungsverfahren als Antwort auf ein Auskunftsverlangen vorgelegt worden sei. In der Entscheidung werden jedoch weder die Verfasser noch die Art dieser Studie, noch der Kontext angegeben, in dem sie vorgelegt wurde. Schließlich wird dieser Schätzung, dass fast kein Nachfragewachstum eintreten werde, in der folgenden, 93. Begründungserwägung der Entscheidung widersprochen, in der die Kommission selbst feststellt, "dass der Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen wahrscheinlich weiterwachsen wird" und dass er "[m]öglicherweise ... sogar wegen längerer Ferien und einem größeren allgemeinen Wohlstand etwas schneller als das Bruttosozialprodukt wachsen [wird]".
133. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission die ihr vorliegenden Daten zum Nachfragewachstum unzutreffend interpretiert hat, da sie verkannt hat, dass der Markt ungeachtet der von einem Jahr zum nächsten bestehenden Nachfragevolatilität während des letzten Jahrzehnts insgesamt eine klare Tendenz zu beträchtlichem Wachstum aufgewiesen hat und dass die Nachfrage insbesondere in den letzten Jahren rasch zugenommen hat. Daher durfte die Kommission mangels Beweises dafür, dass sich die Wachstumstendenz in den kommenden Jahren umkehren müsse, nicht davon ausgehen, dass die Marktentwicklung durch geringes Wachstum gekennzeichnet sei und dadurch im vorliegenden Fall die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung durch die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter begünstigt würde.
ii) Zur Beurteilung der Volatilität der Nachfrage
134. Die Klägerin macht geltend, dass die Volatilität der Nachfrage den Nachweis einer kollektiven beherrschenden Stellung erschwere, da sie Unruhe in den Markt bringe, indem sie die Unterscheidung zwischen Nachfrageschwankungen aufgrund der Volatilität des Marktes und Kapazitätserweiterungen infolge eines Abweichens vom gemeinsamen Vorgehen erschwere. Wegen dieser fehlenden Unterscheidbarkeit der beiden Phänomene wäre eine stabile Kollusion nicht möglich.
135. Die Kommission räumt in der Entscheidung ein, dass auf dem Markt eine gewisse Nachfragevolatilität bestehe (92. und 95. Begründungserwägung). Sie vertritt jedoch die Auffassung (97. Begründungserwägung), dass diese Volatilität nicht die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung erschweren werde, sondern dass im Gegenteil "der Markt ... durch die Volatilität der Nachfrage für eine oligopolistische Beherrschung anfälliger [wird]. Wegen dieser Volatilität in Verbindung mit der Tatsache, dass es leichter ist, das Angebot zu steigern als zu reduzieren, empfiehlt sich nämlich für die Hauptreiseveranstalter nach dem Motto .abwarten und Tee trinken bei Entscheidungen über das Reiseangebot Vorsicht." Weiter heißt es: "Dabei empfiehlt es sich beispielsweise insbesondere, das geplante Angebot zu beschränken und anschließend zu erweitern, falls die Nachfrage besonders groß ist. Auf diese Weise schützen sich die Veranstalter gegen Abwärtstendenzen in der Volatilität der Nachfrage."
136. Zudem weist die Kommission in der 94. bis 96. Begründungserwägung der Entscheidung das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zur Volatilität der Nachfrage und zu ihren Ursachen zurück, die im Bruttoinlandsprodukt, neuen Konsumwünschen und sich verändernden Kosten lägen (z.B. durch Billigfluglinien). So stellt die Kommission fest (95. Begründungserwägung), dass "alle Reiseveranstalter der Konjunktur ausgesetzt sind und die makroökonomische Entwicklung ihrer Prognosen berücksichtigen müssen". Deswegen würden wahrscheinlich alle Reiseveranstalter die Marktentwicklung ähnlich beurteilen.
137. Die Kommission räumt ein (96. Begründungserwägung und Fußnoten 73 und 74 der Entscheidung), dass bestimmte exogene Schocks, wie etwa Terroranschläge gegen Touristen in Ägypten oder in der Türkei, die Planung der Reiseveranstalter durchkreuzen könnten; sie lehnt es jedoch ab, sie als Faktoren zu berücksichtigen, die eine kollektive Beherrschung schwieriger machen, da derartige Vorfälle, die vom Wesen her Ausnahmen seien, nicht charakteristisch für den Markt für Kurzstrecken-Pauschalreisen seien, sondern sich auf allen Märkten ereignen könnten.
138. Schließlich meint die Kommission, dass die Äußerungen der Klägerin zu den Schwierigkeiten, mit denen die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung aufgrund dieser Volatilität verbunden sei, mit der Wirtschaftstheorie im Einklang stünden, im vorliegenden Fall aber nicht stichhaltig seien. Da eine Erweiterung des Angebots leichter sei als eine Beschränkung, neigten die Reiseveranstalter zu vorsichtigem Verhalten, um sich vor einer etwaigen Volatilität zu schützen. Zudem könne ein Nachfragerückgang leicht von einer Erweiterung des Angebots eines anderen Reiseveranstalters unterschieden werden, da das Verhalten des Letzteren direkt beobachtet werden könne.
139. Wie die Kommission zugibt, erschwert nach der Wirtschaftstheorie die Nachfragevolatilität die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung. Dagegen bietet eine stabile und somit nur geringfügig schwankende Nachfrage einen Anhaltspunkt für die Feststellung einer kollektiven beherrschenden Stellung, da sich durch sie Abweichungen vom gemeinsamen Vorgehen (d.h. Regelverstöße) von Angebotsanpassungen als Reaktion auf Wachstum oder Schrumpfen des volatilen Marktes unterscheiden und somit leichter entdecken lassen.
140. Im vorliegenden Fall räumt die Kommission ein, dass der relevante Markt einen gewissen Grad an Nachfragevolatilität aufweist (92., 95. und 97. Begründungserwägung der Entscheidung). Auch in den Akten finden sich mehrere Hinweise darauf, dass auf diesem Markt ein erheblicher Grad an Volatilität herrscht. So heißt es in dem Auszug aus der in der 92. Begründungserwägung der Entscheidung zitierten Studie: "[N]icht nur ist die Urlaubsnachfrage von größerer Volatilität als das Bruttoinlandsprodukt und das langfristige Ausgabeverhalten der Verbraucher, sie deckt sich auch nicht vollständig mit dem Konjunkturzyklus (z.B. ist der Markt mitten in der Rezession von 1980/1981 um mehr als 10% gewachsen)", und außerdem: "[D]ie Volatilität der Nachfrage macht die Vorhersage von Nachfragevolumen außerordentlich schwierig." Auch durch die Angaben im Bericht der British National Travel Survey für 1998 wird die erhebliche Volatilität des Marktes belegt. So stieg nach der Krise von 1995, die zu einem Rückgang der Zahl der Auslandsreisen von 26 Mio. im Jahr 1995 auf 23, 25 Mio. im Jahr 1996 geführt hatte (ein Rückgang um ungefähr 10, 5%), die Zahl der Auslandsreisen von 23, 25 Mio. auf 27, 25 Mio. im Jahr 1997 (ein Anstieg um mehr als 17, 2%) und von 27, 25 Mio. auf 29, 25 Mio im Jahr 1998 (ein Anstieg um mehr als 7, 3%).
141. Nach Ansicht der Kommission ist dieser Umstand im vorliegenden Fall jedoch nicht relevant, da die Reiseveranstalter zu vorsichtigem Verhalten neigten, um sich vor einer etwaigen Volatilität zu schützen.
142. Die Kommission kann aber nicht unter Berufung darauf, dass die Reiseveranstalter zum Schutz vor Abwärtstendenzen in der Volatilität der Nachfrage das Angebot vorsichtig planten und es lieber im Falle einer besonders großen Nachfrage anschließend erweiterten (97. Begründungserwägung der Entscheidung), leugnen, dass ein für die Feststellung eines beherrschenden Oligopols wichtiger Faktor wie der Grad an Stabilität und Vorhersehbarkeit des relevanten Marktes im vorliegenden Fall von Bedeutung ist. Sicherlich führt die mit dem normalen Funktionieren dieses Marktes verbundene Vorsicht dazu, dass die Notwendigkeit einer möglichst genauen Prognostizierung der Nachfrageentwicklung berücksichtigt werden muss, doch bleibt die Planung schwierig, da jeder Reiseveranstalter (aufgrund der Besonderheiten des Marktes ungefähr achtzehn Monate im Voraus) gezwungen ist, die künftige Entwicklung einer Nachfrage zu prognostizieren, die sich durch erhebliche Volatilität auszeichnet und somit Risikobereitschaft verlangt. Im Übrigen hat nach Auffassung der Kommission weder die Vorsicht der Veranstalter noch die Volatilität der Nachfrage dem Markt vor dem Zusammenschluss seinen Wettbewerbscharakter genommen. Die Vorsicht kann daher als solche nicht als Umstand angesehen werden, der für eine kollektive beherrschende Stellung spricht, sondern ist als Merkmal eines vom Wettbewerb geprägten Marktes des Typs anzusehen, wie er zum Zeitpunkt der Anmeldung bestand.
143. Schließlich kann den Ausführungen der Kommission (94. bis 96. Begründungserwägung der Entscheidung) zu den Kritikpunkten der Klägerin nicht gefolgt werden.
144. Was die mit dem Konjunkturzyklus zusammenhängende Volatilität betrifft, so kann sich die Kommission nicht, wie in der 95. Begründungserwägung der Entscheidung geschehen, auf die Feststellung beschränken, dass "wahrscheinlich alle Reiseveranstalter die Marktentwicklung ähnlich beurteilen", ohne diese Behauptung auf irgendwelche Belege zu stützen, obwohl das Angebot zunächst ungefähr achtzehn Monate vor Saisonbeginn festgelegt wird (siehe 63. Begründungserwägung der Entscheidung). Zu diesem Zeitpunkt kann die Entwicklung der wichtigsten makroökonomischen Variablen wie Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, Wechselkurse oder Verbrauchertreue nicht genau vorhergesagt werden.
145. Was die Volatilität infolge exogener Schocks angeht, so tut die Kommission mit ihrer Annahme, dass die Reiseveranstalter die Daten zur Volatilität des Marktes in die Angebotsberechnung einbezögen (96. Begründungserwägung und Fußnoten 73 und 74 der Entscheidung) letztlich das, was sie kritisiert; sie behandelt diese exogenen Schocks durch Einbeziehung in die Nachfrageprognose als endogene Variablen. Die Reiseveranstalter scheinen aber nicht so vorzugehen. Das belegt der Misserfolg von Thomson im Mai 1999, als dieses Unternehmen aufgrund der Auswirkungen des Kosovo-Krieges und terroristischer Drohungen in der Türkei erhebliche Einbußen beim Absatz von Pauschalreisen in den Mittelmeerraum erlitt, während die Klägerin nicht betroffen war, wie sie vor der Kommission unwidersprochen vorgebracht hat.
146. Schließlich ist das Vorbringen der Kommission, dass jedenfalls ein Nachfragerückgang leicht von einer Erweiterung des Angebots eines anderen Reiseveranstalters unterschieden werden könne, da das Verhalten des Letzteren direkt beobachtet werden könne, zurückzuweisen, da ein integrierter Reiseveranstalter aus den nachstehend im Rahmen der Prüfung der Markttransparenz dargestellten Gründen Mühe haben wird, die Angebotsentscheidungen der übrigen Reiseveranstalter richtig zu interpretieren.
147. Demnach hat die Kommission nicht dargetan, dass im vorliegenden Fall die Wirtschaftstheorie nicht greift, und zu Unrecht angenommen, dass die Volatilität der Nachfrage die Begründung eines beherrschenden Oligopols durch die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter erleichtern würde.
iii) Zur Beurteilung des Grades an Transparenz auf dem relevanten Markt
148. In der 102. Begründungserwägung der Entscheidung führt die Kommission aus, dass "zwischen der Planungs[periode] und der Verkaufssaison im Anschluss an die Veröffentlichung der Reisekataloge zu unterscheiden [ist]" und dass "[f]ür die vier großen integrierten Reiseunternehmen ... zu beiden Zeiten die Markttransparenz hoch [ist]".
149. In der 103. bis 105. Begründungsentscheidung stellt die Kommission fest, dass "[w]ährend der Planungsperiode ... die wichtigen Entscheidungen über das Reiseangebot für die kommende Saison getroffen [werden]" und dass "[d]iese Entscheidungen ... aus folgenden Gründen bei jedem der vier großen Reiseunternehmen transparent [sind]":
    - Keiner der großen Reiseveranstalter biete von einer Saison zur nächsten ein völlig neues Programm an. Die Planung der kommenden Reisesaison beruhe vielmehr auf den in der vorangegangenen Saison erzielten Absatzzahlen, wobei sich das künftige Angebot um die voraussichtliche Nachfrage in der kommenden Saison erhöhe bzw. reduziere. Veränderungen im Vergleich zur vorangegangenen Saison seien daher unbedeutend; denn das Programm eines Reiseveranstalters entwickele sich nur ganz allmählich. Deswegen wüssten die Reiseveranstalter bereits vor der Planung einer Reisesaison sehr gut, welche Angebote die anderen vier integrierten Reiseunternehmen für die neue Saison machen würden (104. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - jeder der vier großen integrierten Reiseveranstalter könne sich während der Planungsperiode ein gewisses Bild über die von den anderen integrierten Veranstaltern geplanten Änderungen verschaffen, da sie dieselben Hotels buchten und mit den Fluggesellschaften der anderen großen Reiseveranstalter Sitzplatzkapazitäten aushandelten oder den Tausch von Sitzplätzen und Start- und Landezeiten vereinbarten (105. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - Entscheidungen, sehr viel zusätzliche Kapazität zu erwerben, könnten nicht verheimlicht werden, da der Kauf oder das Leasing zusätzlicher Flugzeuge zwangsläufig der Öffentlichkeit bekannt würde (105. Begründungserwägung der Entscheidung).
150. In der 105. Begründungserwägung der Entscheidung stellt die Kommission fest: "Deswegen wäre jedem der vier großen integrierten Reiseunternehmen bekannt, ob zum Beispiel einer von ihnen die Absicht hat, die Passagierzahl und damit sein Reiseangebot zu erhöhen. Demnach kann jeder von ihnen das Gesamtreiseangebot der anderen kontrollieren."
151. In der 113. Begründungserwägung der Entscheidung schließt die Kommission daraus, dass sich aufgrund der besonderen Sachzwänge bei Angebotsentscheidungen "nach dem Zusammenschluss wegen der großen Transparenz noch die Wahrscheinlichkeit [erhöht], dass die Hauptanbieter den Markt nicht hinreichend versorgen und einen größeren Teil der Nachfrage unbefriedigt lassen werden, als dies im Rahmen eines nicht so transparenten Systems der Fall wäre (bei dem ein größeres - vorübergehendes - Angebot herrschen und folglich niedrigere Preise praktiziert werden müssten, um die Reisen zu verkaufen). Auf diese Weise könnten die Hauptanbieter die durchschnittlichen Preise über das für den Wettbewerb notwendige Maß heraufsetzen."
152. Die Klägerin macht geltend, dass der relevante Markt während der Planungsperiode nicht transparent sei. Die Entscheidungen über das Gesamtangebot umfassten in Wirklichkeit zahlreiche Einzelentscheidungen über jeden geplanten Zielort und Flug, und die Änderungen des geplanten Angebots gegenüber dem früheren Angebot seien wesentlich und schwer zu erkennen.
153. Der relevante Markt sei auch während der Verkaufsperiode nicht transparent. Angebotstransparenz sei ohne Preistransparenz nicht möglich, und die Kommission habe nicht begriffen, welche Art von Informationen über elektronische Reisebuchungssysteme erhältlich seien.
154. Die Kommission räumt ein, dass die Angebotsentscheidungen während der Planungsperiode nicht völlig transparent seien, erinnert aber an die in der Entscheidung (104. und 105. Begründungserwägung) genannten verschiedenen Möglichkeiten, Informationen über die vier großen Reiseveranstalter zu erlangen.
155. Die Preistransparenz während der Verkaufssaison ist nach Ansicht der Kommission irrelevant, da entscheidender Wettbewerbsfaktor auf dem Markt nicht der Preis, sondern das Angebot sei. Während dieser Saison sei das Gesamtangebot jedoch praktisch völlig transparent, da jeder Reiseveranstalter die Kapazitäten seiner Konkurrenten auf der Grundlage ihrer Katalogangebote und früheren Programme berechnen könne.
156. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung erleichtert wird, wenn ein Markt so transparent ist, dass jedes Mitglied eines Oligopols das Verhalten der anderen in Erfahrung bringen kann.
157. Im vorliegenden Fall vertritt die Kommission die Auffassung, dass Gegenstand der stillschweigenden Koordinierung, die die kollektive beherrschende Stellung kennzeichne, nicht die Preise seien, sondern das auf den Markt gebrachte Angebot, und dass, wie sie in der 103. Begründungserwägung ihrer Entscheidung feststellt, während der Planungsperiode die wichtigen Entscheidungen über das Reiseangebot für die kommende Saison getroffen würden. In der 63. Begründungserwägung der Entscheidung erkennt die Kommission selbst an, dass "[m]it Beginn der Buchungen ... (z.B. Sommer 1999 bei Reisen im Sommer 2000) ... die Möglichkeiten für Änderungen sehr begrenzt [sind], weil die Verpflichtungen gegenüber den .Lieferanten vielfach keine Flexibilität zulassen und eine Änderung der Reisedaten, Flüge, Hotelreservierungen usw. von Kunden, die bereits gebucht haben, schwierig ist." Die Kommission führt aus (62. Begründungserwägung der Entscheidung), dass nach Angaben der Klägerin während dieses Zeitraums eine Aufstockung des Angebots um bis zu 10% möglich sei.
158. Dem entsprechen die Ausführungen der Kommission, die (in der 108. Begründungserwägung der Entscheidung) auf das Argument der Klägerin, dass jeder der großen integrierten Reiseveranstalter aufgrund seines umfangreichen Reiseangebots Tausende verschiedener Preise praktizieren müsse und deshalb eine stillschweigende Koordinierung dieser Preise nicht möglich sei, entgegnet, dass sie im vorliegenden Fall eine Koordinierung auf der Ebene der Preise nicht für erforderlich halte, um eine kollektive Marktbeherrschung zu begründen. Sie fügt hinzu:
    "[W]ährend der Verkaufssaison besteht z.B. für keines der integrierten Reiseunternehmen ein großer Anreiz, seine Preise im Hinblick auf eine Vergrößerung seines Marktanteils, der durch das Gesamtreiseangebot bestimmt wird, herabzusetzen. Deswegen brauchen sich die Reiseveranstalter auch nicht über Tausende von Preisen abzusprechen. Diese Einschätzung wurde im Übrigen von den Wirtschaftsexperten von Airtours bestätigt: .Das Preisverhalten der Unternehmen nach Festlegung ihres Angebots ist für die gemeinsame Beherrschung, also für die kollektive Ausübung von Marktmacht, nicht unmittelbar entscheidend."
159. Im vorliegenden Fall ist somit zunächst zu prüfen, ob jeder der großen Reiseveranstalter in dem Moment, in dem er während der Planungsperiode die wichtigen Angebotsentscheidungen trifft, mit hinreichender Sicherheit die betreffenden Entscheidungen seiner Hauptkonkurrenten in Erfahrung bringen kann. Nur bei ausreichender Transparenz kann er das von den übrigen Mitgliedern des angeblichen Oligopols beschlossene Gesamtangebot einschätzen und wissen, dass er bei einer bestimmten Angebotsplanung genauso vorgeht wie die anderen, und nur dann besteht ein Anreiz dazu. Der Grad an Transparenz ist auch deshalb wichtig, weil davon abhängt, ob die einzelnen Mitglieder des Oligopols Veränderungen des Angebots durch die anderen entdecken und Abweichungen vom gemeinsamen Vorgehen von sachgerechten Anpassungen an die volatile Nachfrageentwicklung unterscheiden und beschließen können, ob auf etwaige Abweichungen mit Gegenmaßnahmen zu regieren ist.
160. Aus den Antworten der Klägerin (Nr. B. 1 und Anlagen 5 bis 8) im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts geht hervor, dass die Festlegung des Angebots für jede Saison keine mechanische Übung ist, bei der ganz einfach und für die übrigen Reiseveranstalter leicht vorhersagbar das Angebot von Jahr zu Jahr erneuert wird, sondern im Gegenteil für jeden großen Reiseveranstalter eine sehr komplexe Aufgabe darstellt, bei der frühere Daten nur in beschränktem Umfang berücksichtigt werden und grundsätzlich auf der Basis eines subjektiven Urteils jedes Veranstalters nach Maßgabe zahlreicher Variablen und Faktoren gearbeitet wird.
161. Im Einzelnen zeigt die Prüfung dieser Daten, dass der Planungszyklus nicht einfach von einem Jahr bis zum nächsten läuft. So hat etwa für die Sommersaison 1999 (Jahr N), die von Mai bis Oktober 1999 geht, die Angebotsplanung fast 18 Monate zuvor, im Oktober oder November 1997 (Jahr N-2), begonnen. Während der Hauptplanungsphase, die mit der ersten Veröffentlichung des Katalogs im April oder Mai 1998 beginnt (Jahr N-1), verfügen die Reiseveranstalter also über die Daten zu den Ergebnissen der Sommersaison 1997 (Jahr N-2) und bestimmte Daten zur kommenden Sommersaison 1998 (Jahr N-1). Innerhalb dieses Zeitrahmens erfolgt die Planung des Gesamtangebots aufgrund allgemeiner und spezieller Überlegungen, die im Laufe der Zeit präzisiert werden. Die allgemeinen Überlegungen (top-down considerations) berücksichtigen die Hauptfaktoren, die die Nachfrage nach Urlaubsreisen beeinflussen, wie z.B. wirtschaftliche Aktivität, Wechselkurse und Verbrauchertreue. Die speziellen Überlegungen (bottom-up considerations) beruhen auf einer detaillierten Analyse der bestehenden Produktangebote, ausgehend z.B. von einer Prüfung der Brutto- und Nettogewinnspannen pro Flug oder Unterkunftseinheit für den jeweiligen Zielort. In diesem Zusammenhang werden jeder Flug (nach Abflug- und Zielflughäfen sowie Start- und Landezeiten), der Zielort und das verfügbare Produkt sowie die Nachfrage der Verbraucher nach besonderen Arten von Reisen untersucht, um das Gesamtangebot an Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen vorzubereiten. Dieses Angebot wird durch Angebote neuer Produkte durch die Klägerin ergänzt.
162. Die Klägerin hat erläutert, dass sie, da es sich um verderbliche Produkte handele, bei der Planung einer Analyse der makroökonomischen Faktoren oder den speziellen Überlegungen zu den Kosten und zur Gewinnspanne den Vorzug vor einer Prüfung des früheren Nachfrageniveaus gebe, weil sich diese Umstände auf die verfügbaren Einnahmen und die künftige Nachfrage eher auswirken könnten als frühere Leistungen (getätigter und geplanter Absatz in den Jahren N-2 und N-1). Die früheren Leistungen würden aber bei der Planung für die Sommersaison des Jahres N ebenfalls berücksichtigt, da sie zeigten, wo die Stärken und Schwächen des bestehenden Angebots lägen und inwieweit dieses verbessert werden könne.
163. Statistisch lassen sich anhand der von der Klägerin vorgelegten Tabelle (Anlage 7 zu ihrer Antwort), die einen Vergleich zwischen prognostiziertem und tatsächlichem Absatz ihrer größten Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich, Airtours Holidays Ltd., für den Zeitraum 1996-2000 enthält, Abweichungen zwischen dem geplanten Angebot für das in Vorbereitung befindliche Jahr (Jahr N), dem veranschlagten Angebot für das Jahr N-1 (dessen Verkaufssaison bereits begonnen hat) und dem im Jahr N-2 verkauften Angebot (da die Saison bereits beendet ist) feststellen. Nach dieser Tabelle weist das von Airtours Holidays Ltd. für das Jahr N geplante Angebot erhebliche Unterschiede zu dem für das Jahr N-1 veranschlagten Angebot (von + 7, 2% bis zu + 11, 2% je nach Jahr N) bzw. zum im Jahr N-2 verkauften Angebot (von + 7, 5% bis zu + 18, 6% je nach Jahr N) auf. Es handelt sich um eine Angebotserweiterung, die zwei- bis dreimal so groß ist wie das von der Kommission in der 92. Begründungserwägung genannte jährliche durchschnittliche Wachstum der Gesamtnachfrage auf dem Markt (3% bis 4%).
164. Demnach besteht der Planungsprozess nicht einfach in einer Erneuerung des in der Vergangenheit veranschlagten oder verkauften Angebots; vielmehr wird versucht, die Nachfrageentwicklung sowohl makroökonomisch als auch mikroökonomisch vorherzusagen.
165. Hinzu kommen die von der Klägerin hervorgehobenen praktischen Schwierigkeiten, die dazu führen, dass das von jedem der anderen großen Reiseveranstalter während der Planungsperiode geplante Angebot nur sehr schwer in Erfahrung zu bringen ist, da ihre Entscheidungen in Bezug auf das Gesamtangebot für eine bestimmte Saison das Ergebnis zahlreicher Einzelentscheidungen für jeden Zielort und Flug darstellen und von Saison zu Saison verschieden ausfallen.
166. Die Klägerin trägt vor der Kommission unwidersprochen vor, dass sie ungefähr 50 Ziele von 21 Flughäfen im Vereinigten Königreich aus bediene, dass es also mehr als 1 000 Kombinationen gebe, die sie von Saison zu Saison erheblich ändere. So habe sie für den Sommer 1999 ihre Kapazität nach Fuerteventura um 19% erweitert, dabei jedoch ihre Kapazität auf dieser Strecke von Manchester aus um 13% reduziert und die Kapazität von Cardiff aus um 42% erweitert. Ihre Kapazität nach Menorca habe sie um 9% reduziert; dabei sei die Kapazität auf dieser Strecke von Manchester aus um 33% reduziert und von schottischen Flughäfen aus um 25% erweitert worden. Die Kategorie "3-Sterne-Hotel mit Selbstverpflegung" etwa, in der laut Entscheidung (90. Begründungserwägung) die meisten Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen angeboten werden, weist Unterschiede nach Flughafen und Abflugdatum, Urlaubsdauer oder Zielort auf. Hierzu ist festzustellen, dass das Argument, dass der Flug eine Konstante sei, bei der keine großen Unterschiede gemacht würden (90. Begründungserwägung der Entscheidung), nichts daran ändert, dass die Entscheidungen über das Flugangebot individuell für jeden Flughafen und Flug getroffen werden.
167. Somit bestehen die Angebotsentscheidungen entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht einfach in einer Erweiterung oder Einschränkung des Gesamtangebots ohne Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den verschiedenen Kategorien von Pauschalreisen, die sich nach Zielort, Abflugdatum, Abflughafen, Flugzeugtyp, Art und Qualität der Unterkunft, Dauer des Aufenthalts und schließlich Preis unterscheiden. Um diese Pauschalreisen entwickeln zu können, müssen die Reiseveranstalter eine Reihe von Variablen wie verfügbare Unterkünfte in den verschiedenen Zielorten und verfügbare Sitzplätze in Flugzeugen zu verschiedenen Zeitpunkten und Saisons im Jahr berücksichtigen. Wie die Klägerin vorgebracht hat, sind die Angebotsentscheidungen somit zwangsläufig auf der "Mikro-"ebene zu treffen.
168. Die Gesamtbetrachtung der Kommission (88. bis 91. Begründungserwägung der Entscheidung), wonach entscheidend die Gesamtzahl der von jedem Reiseveranstalter angebotenen Pauschalreisen ist, stößt mithin in praktischer Hinsicht auf erhebliche Schwierigkeiten, da das Gesamtangebot auf einer heterogenen Gruppe von Einzelentscheidungen beruht und daher nur dann, wenn diese Entscheidungen erkennbar sind, in Erfahrung gebracht werden kann.
169. Auf den ersten Blick erschwert daher die Komplexität der Angebotsplanung sowie der Produktentwicklung und -vermarktung eine stillschweigende Koordinierung erheblich. Da es sich nämlich um einen Markt handelt, auf dem die Nachfrage zwar insgesamt wächst, aber jährlichen Schwankungen unterliegt, wird ein integrierter Reiseveranstalter Mühe haben, die Entscheidungen der übrigen Reiseveranstalter im Bereich des Angebots für Reisen, die anderthalb Jahre später stattfinden, richtig zu interpretieren.
170. Ungeachtet dessen, dass die Angebotsentscheidung von jedem Reiseveranstalter auf der Grundlage einer heterogenen Gruppe von Überlegungen getroffen wird, ist aber noch zu prüfen, ob in der Praxis jedes Mitglied des Oligopols im Moment der Festlegung seines Gesamtangebots "das Gesamtreiseangebot der einzelnen integrierten Reiseunternehmen" in Erfahrung bringen kann.
171. Die Kommission behauptet in der 105. Begründungserwägung der Entscheidung, dass "jeder [integrierte Reiseveranstalter] das Gesamtreiseangebot der anderen [während der Planungsperiode] kontrollieren [kann]" und dass die in diesem Stadium von einem großen Reiseveranstalter vorgenommenen Änderungen von den anderen großen Reiseveranstaltern über ihre Verträge mit den Hotels oder dadurch festgestellt werden könnten, dass sie je nach Bedarf und Verfügbarkeit Sitzplatzkapazitäten aushandelten oder den Tausch von Sitzplätzen und Start- und Landezeiten vereinbarten.
172. Die Kommission hat diese Behauptungen jedoch nicht belegt.
173. Erstens lässt sich anhand der Entscheidung nicht ermessen, in welchem Umfang integrierte Reiseveranstalter dadurch Informationen erlangen können, dass einige von ihnen möglicherweise mit denselben Hotels in Verbindung treten, um Zimmerkontingente auszuhandeln und zu reservieren. Selbst wenn die großen britischen Reiseveranstalter bei ihren Pauschalreisen tatsächlich dieselben Hotels anbieten sollten, gibt es doch im Sektor für Urlaubsunterkünfte sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite zahlreiche Beteiligte. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass einer der großen Reiseveranstalter in einem Hotel vertreten ist, in dem keine Möglichkeit besteht, dass er auf einen seiner Konkurrenten stößt. Diese Wahrscheinlichkeit wird dadurch erhöht, dass Hotelbesitzer es vorziehen, ihre Zimmer an mindestens zwei Reiseveranstalter, im Allgemeinen aus verschiedenen Ländern, zu vermieten. Diese in der Anmeldung des Zusammenschlusses erwähnte Strategie erklärt sich dadurch, dass sich der Hotelbesitzer vor dem Risiko eines Rückgangs der Nachfrage nach den von einem seiner Kunden angebotenen Reisen oder der Nachfrage in einem dieser Länder schützen will.
174. Die Möglichkeit, dass mehrere integrierte Reiseveranstalter mit demselben Hotel verhandeln, trägt also nicht wesentlich zu einer größeren Transparenz des Marktes zum Zeitpunkt der Angebotsentscheidungen bei.
175. Zweitens nennt die Entscheidung kaum Details zum Umfang und zur Bedeutung der Informationen, die dadurch erlangt werden können, dass die großen Reiseveranstalter untereinander je nach Bedarf und Verfügbarkeit Sitzplatzkapazitäten aushandeln oder den Tausch von Sitzplätzen und Start- und Landezeiten vereinbaren. Mangels näherer Angaben zu diesem Punkt in der Entscheidung ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass einem Tausch von Sitzplätzen oder Start- und Landezeiten nützliche Informationen zur Erweiterung oder Beibehaltung der Kapazität entnommen werden können, da dieser Tausch im Prinzip auf der Grundlage eines Austauschs eines Platzes gegen einen anderen oder einer Start- und Landezeit gegen eine andere erfolgen sollte.
176. Hierzu ist festzustellen, dass in dem von der Kommission befürchteten Fall, dass das Angebot so stark eingeschränkt wird, dass es erheblich unter den Schätzungen der Nachfrageentwicklung liegt, die integrierten Reiseveranstalter weniger Sitzplätze und Hotelübernachtungen buchen würden. Entscheidungen über eine Einschränkung des Geschäftsumfangs lassen sich aber zweifellos im Allgemeinen viel schwerer entdecken und interpretieren als Entscheidungen über dessen Ausbau; in einem Kontext wachsender Nachfrage wären derartige Restriktionsstrategien besonders schwer zu entdecken. Außerdem hat die Klägerin von der Kommission unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen über eine erhebliche Erweiterung des Angebots und die entsprechenden Investitionen erst nach Festlegung des ursprünglichen Angebots bekannt gegeben würden, so dass sie die genaue Feststellung der während der Planungsperiode getroffenen Entscheidungen nicht ermöglichten. Das Argument der Kommission in der 105. Begründungserwägung der Entscheidung, dass der Kauf oder das Leasing zusätzlicher Flugzeuge nicht verheimlicht werden könnten, da die betreffenden Entscheidungen zwangsläufig der Öffentlichkeit bekannt würden, ist kein Beleg dafür, dass für die vier großen Reiseveranstalter im Stadium der Angebotsplanung Markttransparenz bestand.
177. Zudem werden die Entscheidungen über den Einsatz der Flugzeugflotten zu einem späten Zeitpunkt während der Planungsperiode getroffen. Nach den Daten, die die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt hat, trifft sie die ersten Entscheidungen über die Verwendung ihrer Sitzplatzkapazität erst ab dem zwölften Monat vor Saisonbeginn, d.h. zeitgleich mit der Veröffentlichung des Katalogs. Erst im Laufe der darauf folgenden Monate werden die Entscheidungen über die bei anderen Fluggesellschaften erworbene Kapazität getroffen. Informationen werden daher im Rahmen der Verhandlungen zwischen den großen Reiseveranstaltern später erlangt als in der Entscheidung angegeben.
178. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Klägerin beim Erwerb von Sitzplätzen nach den im Rahmen der Anmeldung übermittelten Daten nicht wesentlich von den übrigen großen Reiseveranstaltern abhängt. Offenkundig setzt die Klägerin die Charterfluggesellschaften ihrer Hauptkonkurrenten nur selten ein. So waren die Hauptanbieter von Sitzplätzen für Airtours Holidays für den Sommer 1998: Spanair (27, 2% der Einkäufe), Monarch (22%), Air Europa (21%), Air 2000, die Fluggesellschaft von First Choice, (9, 4%), Airworld, die Fluggesellschaft von Thomas Cook, (8, 7%), Air Malta (3, 8%), und zwölf andere Fluglinien (7, 9%). Airtours Holidays setzt also nicht oder nur selten Britannia, die Fluggesellschaft von Thomson, ein, die bekanntlich hauptsächlich für ihre Muttergesellschaft fliegt, und nur in geringem Umfang die wichtigsten Fluggesellschaften von First Choice und Thomas Cook (Air 2000 und Airworld machen insgesamt 18, 1% aus) (Anlage 5 zur Klageschrift, Nrn. 6. 94, 6. 119 and 6. 122, MMC-Bericht, Tabelle 3. 6, S. 66). Andererseits waren die Hauptabnehmer von Sitzplätzen der Klägerin für den Sommer 1998: First Choice (Unijet) (ungefähr 68 000 Plätze), Monarch (Cosmos) (ungefähr 45 000 Plätze), Jet Direct (ungefähr 11 500 Plätze), Air Travel Group (ungefähr 10 500 Plätze) und Manos (ungefähr 10 500 Plätze); die übrigen Plätze wurden an zwanzig andere Unternehmen verkauft. Auch hier lässt sich feststellen, dass Airtours Holidays keine oder nur wenige Geschäftsbeziehungen mit den Fluggesellschaften von Thomson (Britannia) und von Thomas Cook (Caledonian, Airworld, Flying Colours, Peach) hat (Anlage 5 zur Klageschrift, Nr. 6. 94, und MMC-Bericht, Tabelle 3. 6, S. 66).
179. Entgegen dem Vorbringen der Kommission gewährleistet der Umstand, dass die großen Reiseveranstalter untereinander Sitzplatzkapazitäten aushandeln oder den Tausch von Sitzplätzen und Start- und Landezeiten vereinbaren, somit zu dem Zeitpunkt, zu dem die Angebotsentscheidungen getroffen werden, keine ausreichende Transparenz.
180. Nach alledem hat die Kommission in der 102. Begründungserwägung der Entscheidung zu Unrecht angenommen, dass die Markttransparenz für die vier großen Reiseunternehmen während der Planungsperiode sehr hoch sei. Sie ist deshalb zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass der Grad an Transparenz auf dem relevanten Markt ein Merkmal sei, das zu einer oligopolistischen Marktbeherrschung führen könne (87. Begründungserwägung). Ob die Kommission den Grad an Transparenz während der Verkaufssaison richtig beurteilt hat, braucht dabei nicht geprüft zu werden, da die wichtigen Entscheidungen über das Angebot für die kommende Saison während der Planungsperiode getroffen werden und danach nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten einer Erweiterung bestehen.
iv) Ergebnis bezüglich der Beurteilung der früheren und der voraussichtlichen Entwicklung der Nachfrage, der Nachfragevolatilität und des Grades an Markttransparenz
181. Die Kommission hat demnach den Wettbewerb zwischen den größten Reiseveranstaltern zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht angemessen geprüft, die Entwicklung und Vorhersehbarkeit der Nachfrage, die Nachfragevolatilität und den Grad an Markttransparenz fehlerhaft beurteilt und zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass diese Markmale im vorliegenden Fall die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung erleichtern könnten.
c) Ergebnis
182. Nach alledem hat die Kommission bei ihrer Schlussfolgerung, dass der Zusammenschluss die drei danach verbleibenden großen Reiseveranstalter dazu verleiten werde, einander keine Konkurrenz mehr zu machen, Beurteilungsfehler begangen.
3.    Zur mangelnden Eignung der von der Kommission festgestellten Abschreckungsmittel, den inneren Zusammenhalt des angeblichen beherrschenden Oligopols zu gewährleisten
183. Die Klägerin wirft der Kommission vor, nicht beachtet zu haben, dass selbst dann, wenn die drei verbleibenden großen Reiseveranstalter nach dem Zusammenschluss aufgrund der Merkmale des relevanten Marktes und der Auswirkung des Zusammenschlusses auf den Markt verleitet sein könnten, stillschweigend ihre Angebotsstrategien zu koordinieren, keine ausreichenden Sanktions- oder Abschreckungsmechanismen bestünden, um den inneren Zusammenhalt des angeblichen beherrschenden Oligopols zu gewährleisten. Da es auf dem relevanten Markt keine effektiven Sanktionsmechanismen gebe, sei der Bestand eines angeblichen beherrschenden Oligopols in Frage gestellt, da es langfristig keinen Anreiz gebe, nicht vom gemeinsamen Vorgehen abzuweichen. Der Strafmechanismus müsse glaubwürdig sein, weshalb die bloße Androhung von Gegenmaßnahmen kein ausreichendes Abschreckungsmittel sein könne, wie die Kommission aber in der 151. Begründungserwägung der Entscheidung anscheinend meine.
184. Die angeblich möglichen Gegenmaßnahmen während der Saison seien nicht glaubwürdig. Eine Aufstockung des Angebots während der im Februar zu Ende gehenden Periode sei vor Beginn der Sommersaison nur um 10% und später gar nicht mehr möglich. In einem durch Nachfragevolatilität gekennzeichneten Sektor sei aber eine Erweiterung des Angebots um 10% noch keine spürbare Strafe. Darüber hinaus würden die zusätzlichen Kosten durch die Aufstockung des Angebots zu Strafzwecken nicht durch die Vorteile kompensiert, die die Opfer des Regelverstoßes von einer Bestrafung hätten. Jedenfalls wäre eine Erweiterung des Angebots außerordentlich schwierig, da sie den Interessen der Unternehmen zuwiderlaufen könnte, die zur Bestrafung veranlasst gewesen seien, denn das in letzter Minute zusätzlich erfolgte Angebot sei wahrscheinlich von schlechter Qualität (ungünstige Flugzeiten, schlechte Unterkünfte) und deshalb schwer absetzbar. Es sei auch nicht möglich, einen Verkauf zu herabgesetzten Preisen oder einen produktgerichteten Verkauf gegen einen Wettbewerber als disziplinierende Maßnahme einzusetzen.
185. Schließlich seien die angeblich vorhandenen Mittel zu Gegenmaßnahmen während der folgenden Saison nicht wirksam. Da zur Erstellung eines umfangreichen Angebots 18 Monate benötigt würden, könne ein während einer Verkaufssaison entdeckter Regelverstoß erst zwei Saisons später durch erhebliche Angebotsaufstockungen bestraft werden. Zwischen der Abweichung von der Absprache und der Bestrafung bestehe also nur ein lockerer Zusammenhang.
186. Die Kommission führt zunächst zu den in der Entscheidung genannten Sanktionsmechanismen aus, dass sie ein beherrschendes Oligopol nicht als Kartell ansehe und deshalb niemals angenommen habe, dass ein Unternehmen mit Gegenmaßnahmen lediglich drohe.
187. Sodann könne die Möglichkeit von Gegenmaßnahmen während derselben Saison als echte und wirksame Drohung angesehen werden, da die Unternehmen das von ihren Konkurrenten auf den Markt gebrachte Angebot mit Veröffentlichung der ersten Auflage der Kataloge, also zwölf bis fünfzehn Monate vor der Reisesaison, einschätzen könnten (siehe 105. bis 107. Begründungserwägung der Entscheidung). Eine Erweiterung des Angebots um 10% würde vermutlich stark preismindernd wirken und einen Großteil der Gewinne, mit denen das "abweichende" Unternehmen gerechnet habe, unmöglich machen.
188. Was die Mittel zu Gegenmaßnahmen während der folgenden Saison betrifft, so meint die Kommission anders als die Klägerin, dass es möglich sei, das Angebot während dieser Saison und nicht erst zwei Saisons später beträchtlich zu erweitern.
189. Das Vorbringen der Klägerin, dass es irrational wäre, wenn die übrigen Unternehmen ein allgemeines Überangebot riskierten, und dass daher ein Unternehmen in aller Ruhe gegen die Regeln verstoßen könne, gehe fehl, da es impliziere, dass die einzig rationale Reaktion der übrigen Unternehmen darin bestünde, Marktanteile zugunsten des "Abweichlers" aufzugeben.
190. Schließlich verwirft die Kommission das Vorbringen, dass die Taktik der Entfernung der Kataloge eines "abweichenden" Wettbewerbers aus den Regalen der Reisebüros der jeweiligen Reiseveranstalter und die Praxis von gegen dessen Produkte gerichteten Verkaufsmethoden ineffektiv seien, da selbst bei Zugrundelegung der von der Klägerin vorgelegten, den gegenseitigen Produktverkauf betreffenden Zahlen (16% ihrer Produkte sollen über Thomson und Thomas Cook verkauft worden sein) ein potenzieller Verlust bis zu einem solchen Anteil des Absatzes in einem Gewerbe mit hohem Umsatz und geringen Gewinnspannen eine gravierende Bedrohung darstelle.
191. Die Kommission hat in der Entscheidung einen nicht ganz eindeutigen Standpunkt eingenommen, da sie in auf Zwang beruhenden "straffen Sanktionsmöglichkeiten oder Gegenmaßnahmen" keine notwendige Voraussetzung für die Existenz eines Oligopols im vorliegenden Fall sieht (55. Begründungserwägung der Entscheidung, siehe auch 150. Begründungserwägung), zugleich aber "der Behauptung [widerspricht], dass es im fraglichen Markt keinen Raum für Sanktionen bzw. Gegenmaßnahmen gibt", und ausführt, dass "[d]er Spielraum ... hier sogar ziemlich groß [ist] und ... geradezu parallele Verhaltensweisen [stimuliert], die dem Wettbewerb schaden" (55. Begründungserwägung der Entscheidung, siehe auch 151. Begründungserwägung).
192. Vorab ist festzustellen, dass, wie bereits erwähnt (siehe oben, Randnrn. 61 und 62) im Rahmen der Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung des Marktes, die bei jeder Beurteilung einer angeblichen kollektiven beherrschenden Stellung erforderlich ist, diese Stellung nicht lediglich statisch zu einem gegebenen Zeitpunkt, nämlich dem der Durchführung des Zusammenschlusses und der Änderungen der Wettbewerbsstruktur, betrachtet werden darf, sondern auch dynamisch zu bewerten ist, insbesondere hinsichtlich ihres inneren Zusammenhalts, ihrer Stabilität und der Frage, ob das wettbewerbswidrige Parallelverhalten, zu dem sie führen könnte, über längere Zeit beibehalten werden kann.
193. Wichtig ist somit die Frage, ob das Eigeninteresse jedes der großen Reiseveranstalter (Gewinnmaximierung durch Wettbewerb mit allen Reiseveranstaltern) nicht gegenüber dem gemeinsamen Interesse der Mitglieder des angeblichen beherrschenden Oligopols (Angebotsbeschränkung zum Zweck der Preiserhöhung und der Erzielung von über dem Wettbewerbsniveau liegenden Gewinnen) überwiegt, was dann der Fall ist, wenn das Fehlen von Abschreckungsmitteln den betreffenden Reiseveranstalter dazu verleitete, vom gemeinsamen Vorgehen abzuweichen, um unter Ausnutzung des dieses Vorgehen kennzeichnenden Fehlens von Wettbewerb wettbewerbsorientierte Verhaltensweisen aufzunehmen und deren Vorteile zu nutzen (in diesem Sinne Urteil Gencor/Kommission, Randnr. 227 für Markttransparenz und Randnrn. 276 und 281 für strukturelle Verbindungen).
194. Die Möglichkeit von Gegenmaßnahmen gewährleistet in gewissem Maße den dauerhaften Zusammenhalt der Mitglieder des Oligopols, da sie die einzelnen Mitglieder davon abhält, vom gemeinsamen Verhalten abzuweichen.
195. In diesem Kontext muss die Kommission nicht unbedingt das Bestehen eines bestimmten, mehr oder weniger strengen Sanktionsmechanismus nachweisen; sie muss aber auf jeden Fall beweisen, dass es ausreichende Abschreckungsmittel gibt, so dass keines der Oligopolmitglieder ein Interesse daran hat, zum Nachteil der übrigen Mitglieder vom gemeinsamen Verhalten abzuweichen.
196. In der Entscheidung werden auf den vorliegenden Fall bezogen folgende Abschreckungsmittel genannt:
    - die abschreckende Wirkung schon der Gefahr einer Rückkehr zu einer Situation des Überangebots, wobei das Beispiel von 1995 hinreichend veranschauliche, was in einer Angebotsschlacht passieren könne (151. Begründungserwägung, siehe auch 170. Begründungserwägung);
    - die Möglichkeit einer Aufstockung des Angebots während der Verkaufssaison, zumindest bis Februar, um bis zu 10% (152. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - die Möglichkeit einer Erweiterung des Angebots zwischen zwei Saisons, wobei die Reiseveranstalter öffentlich kundtäten, gegen welches Vorgehen sich ihre Sanktionen richteten, um den Zusammenhang zwischen Ausbrechen aus der Marktdisziplin und Sanktionen klarzustellen (152. Begründungserwägung der Entscheidung);
    - die Möglichkeit der Entfernung der betreffenden Kataloge aus den Regalen der Reisebüros der jeweiligen Reiseveranstalter oder von gegen das abweichende Unternehmen gerichteten Verkaufsmethoden, um es zu zwingen, eine größere Zahl von Ferienreisen zu ermäßigten Preisen zu verkaufen (152. Begründungserwägung der Entscheidung, siehe auch 170. Begründungserwägung).
197. Zunächst ist festzustellen, dass die Merkmale des relevanten Marktes und seine Funktionsweise es schwer machen, Gegenmaßnahmen so rasch und wirksam zu treffen, dass sie hinreichend abschreckend wirken.
198. So hätten die übrigen Oligopolmitglieder im Fall einer Abweichung oder, anders ausgedrückt, eines Regelverstoßes, also in einer Situation, in der z.B. einer der großen Reiseveranstalter während der Planungsperiode versuchen würde, die aus dem wettbewerbswidrigen Parallelverhalten resultierende allgemeine Angebotsbeschränkung auszunutzen, wegen des vom Gericht bereits festgestellten Mangels an ausreichender Transparenz Mühe, diese Abweichung zu entdecken. Eine etwaige Abweichung ist nämlich im Planungsstadium schwer erkennbar, da es für einen großen Reiseveranstalter schwierig ist, mit Genauigkeit die Angebotsentscheidungen seiner Hauptkonkurrenten vorherzusehen.
199. In diesem Kontext scheinen die von der Kommission genannten Abschreckungsmittel nicht greifen zu können.
200. Was erstens die bloße Gefahr einer Rückkehr zu einer Situation des Überangebots angeht, so hat die Kommission sie zu Unrecht für abschreckend gehalten. Die Kommission verweist als Beispiel für die Folgen eines Überangebots auf dem Markt auf die Krise von 1995. Diese spielte sich jedoch vor einem anderen Hintergrund ab als der ins Auge gefasste Fall. Damals erweiterten alle Reiseveranstalter unabhängig von ihrer Größe während der Planungsperiode 1994 ihr Angebot im Vorgriff auf einen Anstieg der Gesamtnachfrage, auf den die sektoralen Indikatoren und das Wachstum in den beiden Vorjahren hinzudeuten schienen. Dagegen denkt die Kommission im vorliegenden Fall an eine Situation, in der die drei großen Reiseveranstalter mit wesentlich größerer Vorsicht als üblicherweise ihr Angebot stärker eingeschränkt haben, als es der prognostizierten Nachfrage entspricht, und in der ein Regelverstoß stattgefunden hat. Die Frage, ob die Möglichkeit eines Überangebots abschreckend wirkt, ist in Bezug auf diese sich von der Situation des Überangebots im Jahr 1995 deutlich unterscheidende Situation zu prüfen. Ein solches Überangebot wäre aber erst eine Saison später und nur dann möglich, wenn die übrigen Oligopolmitglieder beschlössen, das Angebot stärker als es den Schätzungen der Nachfrageentwicklung entspricht, und damit gegenüber dem zu knappen Angebot, das im Rahmen der stillschweigenden Koordinierung bestünde, die die Kommission vor Augen hatte, sehr erheblich zu erweitern.
201. Zweitens kann die Möglichkeit einer Aufstockung des Angebots während der Verkaufssaison nicht abschreckend wirken.
202. Zum Ersten zeichnet sich, wie in der Entscheidung selbst festgestellt wird, der betreffende Markt durch eine natürliche Tendenz zur Vorsicht bei Entscheidungen über das Angebot aus (siehe 60. bis 66., 97. und 136. Begründungserwägung der Entscheidung), da bei der verderblichen Ware Pauschalreise die Anpassung des Angebots an die Nachfrage für die Rentabilität von ausschlaggebender Bedeutung ist (60. Begründungserwägung der Entscheidung).
203. Zum Zweiten würde auf diesem Markt die Entscheidung, von der gemeinsamen Position durch Erweiterung des Angebots während der Verkaufssaison abzuweichen, in einem Stadium erfolgen, in dem sie sich kaum rechtzeitig entdecken ließe. Selbst wenn es aber den übrigen Oligopolmitgliedern gelänge, das abweichende Verhalten zu entdecken, könnte eine Reaktion, die in der Aufstockung des Angebots als Gegenmaßnahme bestünde, nicht schnell und effektiv genug erfolgen, da sie - wie in der Entscheidung implizit anerkannt wird - während derselben Saison starken Beschränkungen unterläge, die mit Voranschreiten der Verkaufssaison ständig zunähmen (allenfalls könnte das Angebot für die bevorstehende Sommersaison bis zum Februar um 10% aufgestockt werden) (siehe 152. und 62. Begründungserwägung).
204. Schließlich darf davon ausgegangen werden, dass die übrigen Mitglieder des beherrschenden Oligopols in dem Wissen, dass die Urheber der Gegenmaßnahmen möglicherweise Mühe haben werden, die im letzten Moment zusätzlich angebotenen Pauschalreisen zu verkaufen, da sie von schlechter Qualität sind (ungünstige Flugzeiten, schlechte Unterkünfte), zögern werden, derartige Angebotserweiterungen als Gegenmaßnahmen vorzunehmen. Das so geschaffene Angebot scheint mit dem vom abweichenden Unternehmen während der Planungsperiode hinzugefügten Angebot nicht wirksam konkurrieren zu können, da es verspätet erfolgt und von geringerer Qualität ist. Der abweichende Veranstalter würde so von den Vorteilen profitieren, die damit verbunden sind, dass er als erster gehandelt hat.
205. Drittens ist zur Möglichkeit einer Erweiterung des Angebots während der folgenden Saison oder zwischen zwei Saisons (Ende der 152. Begründungserwägung der Entscheidung) festzustellen, dass dies als Gegenmaßnahme wegen der unvorhersehbaren jährlichen Nachfrageentwicklung und des Zeitaufwands für die Durchführung einer solchen Maßnahme möglicherweise ohne Wirkung bliebe.
206. Viertens beträfe eine Gegenmaßnahme der übrigen Oligopolmitglieder auf der Vertriebsebene (Entfernung der Kataloge oder produktgerichtete Verkäufe), wäre sie gegen die Klägerin gerichtet, nur ungefähr 16% von deren Absatz (davon weniger als 10% über Lunn Poly [Thomson] und nur 6% über Thomas Cook). Wie die Klägerin geltend macht, würden solche Reaktionen sekundärer Angebotsquellen kein ausreichendes Gegengewicht darstellen. Darüber hinaus würden derartige Gegenmaßnahmen zu einem wirtschaftlichen Verlust bei ihren Urhebern führen, die auf die Provisionen der Klägerin für Verkäufe über die Reisebüroketten ihrer Hauptkonkurrenten verzichten müssten. Eine derartige Gegenmaßnahme wirkt also nicht so abschreckend wie in der Entscheidung behauptet.
207. Demnach hat die Kommission zu Unrecht angenommen, dass die in der 151. und der 152. Begründungserwägung der Entscheidung genannten Punkte unter den Umständen des vorliegenden Falles Abschreckungsmittel seien, die ausreichten, um ein Mitglied des beherrschenden Oligopols zu veranlassen, nicht vom gemeinsamen Vorgehen abzuweichen.
4.    Zur Unterschätzung der voraussichtlichen Reaktion der kleinen Reiseveranstalter, der potenziellen Wettbewerber und der Verbraucher als eines ausreichenden Gegengewichts, um die Stabilität des angeblichen beherrschenden Oligopols zu verhindern
208. Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission die voraussichtliche Reaktion der kleinen Reiseveranstalter (auch unabhängige oder kleine unabhängige Reiseveranstalter genannt), der potenziellen Wettbewerber (insbesondere der Anbieter von Langstrecken-Auslandspauschalreisen) und der Verbraucher als Gegengewicht unterschätzt habe, das der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung entgegenwirken könnte, die nicht vorstellbar sei, wenn die großen Reiseveranstalter nicht zusammen die Macht hätten, in beträchtlichem Umfang unabhängig von den übrigen tatsächlichen und potenziellen Wettbewerbern und den Verbrauchern zu handeln.
209. Die Kommission entgegnet, dass einer von den Oligopolmitgliedern beschlossenen abgestimmten Beschränkung des Angebots nur begegnet werden könne, wenn eine große Zahl sehr kleiner Veranstalter ihr Angebot beträchtlich erweitere, was angesichts des derzeitigen Zuschnitts dieser Veranstalter nicht möglich sei. Da der Marktzutritt und das Wachstum über eine gewisse Größe hinaus Schranken unterlägen, hätten die kleineren Veranstalter und die neuen Anbieter der Macht der integrierten Reiseveranstalter und ihrer Möglichkeit, das Angebot knapper festzulegen, als es dem Wettbewerbsgleichgewicht entspräche, nichts entgegenzusetzen. So könnten die kleinen unabhängigen Reiseveranstalter wegen der erheblichen Hindernisse, auf die sie bei einer Expansion stießen, kein ausreichendes Angebot zur Deckung einer etwaigen zusätzlichen Nachfrage bereitstellen.
210. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, um das Bestehen einer kollektiven beherrschenden Stellung in der vorliegenden Rechtssache rechtlich hinreichend darzulegen, auch dartun musste, dass die voraussichtliche Reaktion der tatsächlichen und potenziellen Wettbewerber sowie der Verbraucher die vom gemeinsamen Vorgehen der großen Reiseveranstalter erwarteten Ergebnisse nicht gefährden würde. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Beschränkung des auf den Markt gebrachten Angebots durch die großen Reiseveranstalter zu wettbewerbswidrigen Zwecken, d.h. über das zur Anpassung an die erwartete Nachfrageentwicklung erforderliche Maß hinaus, durch die Reaktion ihrer tatsächlichen Konkurrenten (der kleinen Reiseveranstalter), ihrer potenziellen Konkurrenten (der Reiseveranstalter in anderen Ländern oder auf dem Markt für Langstreckenreisen) und ihrer Kunden (der britischen Verbraucher) nicht in der Weise ausgeglichen werden darf, dass das beherrschende Oligopol keinen Bestand haben kann.
a) Zur möglichen Reaktion der tatsächlichen Wettbewerber, der kleinen Reiseveranstalter
i) Vorbemerkungen zur Frage der Größe der kleinen Reiseveranstalter
211. In der 77. und der 78. Begründungserwägung der Entscheidung führt die Kommission aus, dass die Möglichkeiten der kleinen Reiseveranstalter, wirksamen Wettbewerbsdruck auf die vier Großen der Branche auszuüben, auch durch die Tatsache, dass sie keine vertikal integrierten Unternehmen seien, und durch ihre geringe Größe eingeschränkt seien, die u.a. zur Folge habe, dass sie nicht in demselben Maße Größen- oder Umfangsvorteile erzielen könnten wie die großen Veranstalter.
212. Die Kommission räumt ein (Nr. 103 der Klagebeantwortung), dass, wie der Sachverständige der Klägerin, Professor Neven, im Rahmen des Verwaltungsverfahrens dargestellt hat, der Pauschalreisensektor ein Sektor ist, in dem alternative Geschäftsstrategien zu guten Ergebnissen führen können und in dem nur wenig Platz für mittlere Reiseveranstalter ist. Nach diesem Sachverständigen haben Veranstalter die Möglichkeit, in geringem Umfang tätig zu sein und die Kapazität (Sitzplätze und Hotelbetten), die sie für ihr Angebot von Pauschalreisen benötigen, auf den freien Märkten zu kaufen. Alternativ können sie in großem Umfang Pauschalreisen verkaufen. Diese Veanstalter würden es jedoch für riskant halten, große Kapazitätsmengen insbesondere an Sitzplätzen auf den freien Märkten zu kaufen, weshalb sie auf eine vertikale Integration zumindest im Bereich des Luftverkehrs angewiesen sind. Diese alternative Geschäftsstrategie führe nicht unbedingt zu niedrigeren Kosten und einem systematischen Wettbewerbsvorteil gegenüber den kleinen Veranstaltern. Sie sei auch per se riskanter als die Strategie, klein zu bleiben und Kapazität auf den freien Märkten zu kaufen.
213. Es geht hier nicht darum, ob sich ein kleiner Reiseveranstalter so vergrößern kann, dass er wirksam mit den integrierten Reiseveranstaltern konkurrieren und ihnen ihren Platz als führender Veranstalter streitig machen kann. Vielmehr geht es darum, ob in dem von der Kommission beschriebenen wettbewerbswidrigen Umfeld die Hunderte von bereits auf dem Markt tätigen kleinen Reiseveranstaltern in ihrer Gesamtheit wirksam reagieren können, wenn die großen Reiseveranstalter das auf den Markt gebrachte Angebot stärker einschränken, als es den Schätzungen der Nachfrageentwicklung entspricht, indem sie ihr Angebot erweitern, um die Möglichkeiten zu nutzen, die eine solche allgemeine Angebotsknappheit bietet, und ob sie auf diese Weise der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung entgegenwirken können.
214. Daher genügt es nicht, wenn die Kommission als Nachweis dafür, dass die kleinen Reiseveranstalter der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung nicht wirksam entgegenwirken könnten, den zwischen den Parteien unstreitigen Umstand anführt, dass im gegenwärtigen Kontext des relevanten Marktes ein kleiner Reiseveranstalter mit den integrierten Reiseveranstaltern nur wirksam konkurrieren kann, wenn er eine Mindestgröße, die es ihm erlaubt, in ausreichendem Umfang tätig zu sein, und somit einen gewissen Grad an vertikaler Integration erreicht. Das Vorbringen, mit dem die Kommission auf die Schwierigkeiten hinweist, die kleine Reiseveranstalter dabei hätten, die für einen wirksamen Wettbewerb mit den vier großen Reiseveranstaltern erforderliche Mindestgröße zu erreichen, ist daher nicht relevant, soweit es um die Bewertung der Möglichkeiten der kleinen Reiseveranstalter und neuer Anbieter geht, ihr Angebot zu erweitern, um die Produktknappheit auszunutzen, die nach Auffassung der Kommission bei Genehmigung des Zusammenschlusses eintreten würde.
215. Zudem sind, wie die Klägerin ausgeführt hat, trotz der zahlreichen Übernahmen kleiner Reiseveranstalter durch die großen im letzten Jahrzehnt weiterhin sehr viele (mehrere hundert) kleiner Reiseveranstalter tätig, findet eine ständige Regeneration mit dem Markteintritt neuer Anbieter statt, und machen schließlich die kleinen Veranstalter immer noch einen Großteil des Marktes aus.
216. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die kleinen Reiseveranstalter im vorliegenden Fall ihr Angebot genügend aufstocken können, um einer etwaigen Beschränkung des von den großen Reiseveranstaltern auf den Markt gebrachten Angebots zu begegnen.
ii) Zur Möglichkeit der kleinen Reiseveranstalter, ihr Angebot aufzustocken
217. Vorab ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Mitglieder des angeblichen beherrschenden Oligopols weder einzeln noch zusammen die Rohstoffmärkte oder die Märkte für die zur Erstellung und zum Vertrieb des betreffenden Produktes erforderlichen Dienstleistungen kontrollieren. Hierzu geht aus der Entscheidung (5. bis 42. Begründungserwägung) hervor, dass die Kommission neben dem Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen die Auswirkungen der Konzentration auf den vorgelagerten Markt - Bereitstellung von Sitzplatzkapazitäten auf Kurzstrecken-Charterflügen - und auf den nachgelagerten Markt - Betrieb von Reisebüros - geprüft hat, ohne jedoch zu dem Ergebnis zu kommen, dass der Zusammenschluss zur Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung durch die drei verbleibenden Wettbewerber auf diesen vorgelagerten und nachgelagerten Märkten führen würde oder dass das daraus resultierende Unternehmen (Airtours/First Choice) eine individuelle beherrschende Stellung hätte.
218. Erstens hat die Klägerin mehrere von der Kommission nicht in Frage gestellte Beispiele für kleine Reiseveranstalter angeführt, die als Reaktion auf die infolge der unerwarteten Marktentwicklungen gebotenen Möglichkeiten ihr Angebot aufgestockt haben. So haben 1996 (aufgrund der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Krise von 1995) die zum damaligen Zeitpunkt drei größten Reiseveranstalter ihr Angebot reduziert oder eingefroren, während mehrere kleine Reiseveranstalter wie Virgin Holidays ((+ 28%), Kuoni Travel (+ 20%), Direct Holidays (+ 68%) und Sun Express (+ 109%) beträchtlich expandiert haben.
219. Zweitens hat die Klägerin vor der Kommission unwidersprochen ausgeführt, dass die kleinen Reiseveranstalter dazu tendierten, ihr Angebot festzulegen, nachdem die großen Reiseveranstalter ihre grundlegenden Angebotsentscheidungen getroffen hätten, und dass sie ihr Angebot wie jeder Reiseveranstalter nachträglich noch in gewissem Umfang erweitern könnten.
220. Drittens geht ebenfalls aus den Akten hervor, dass mehrere kleine Reiseveranstalter angekündigt haben, dass sie ihren Marktanteil vergrößern wollten, was den Schluss zulässt, dass sie jedenfalls stark dazu neigen, die Möglichkeiten zu nutzen, die sich aus den mit der voraussichtlichen Nachfrageentwicklung nicht übereinstimmenden Angebotsbeschränkungen durch die großen Reiseveranstalter ergeben.
221. In der 85. Begründungserwägung der Erklärung geht die Kommission auf das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren ein, dass kleine unabhängige Reiseveranstalter wie Cosmos und Virgin Sun künftig Wettbewerbsdruck auf sie ausüben könnten, da sie expandieren wollten. Die Kommission entgegnet, dass "keines [dieser Unternehmen] dazu in der Lage sein [dürfte], den Großen der Branche in absehbarer Zukunft ihre Stellung streitig zu machen", da zum einen die Unternehmensgruppe Cosmos/Monarch stark von den Sitzplatzbestellungen der großen Veranstalter abhänge und nicht in der Reisevermittlung tätig sei und zum anderen der Geschäftsumfang von Virgin Sun derzeit noch sehr klein sei und auch dieses Unternehmen nicht über eigene Reisebüros verfüge. Davon abgesehen habe Virgin Sun erhebliche Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Hotelbetten an wichtigen Kurzstreckenzielen gehabt.
222. Diese Überlegungen der Kommission können ihre Auffassung jedoch nicht stützen, da entscheidend ist, wie die kleinen Reiseveranstalter in Zukunft reagieren könnten, wenn das von den drei verbleibenden großen Reiseveranstaltern auf den Markt gebrachte Angebot so stark eingeschränkt wird, dass es unter Wettbewerbsniveau liegt. Im Gegenteil belegen diese Überlegungen, dass diese beiden kleinen unabhängigen Reiseveranstalter fest entschlossen sind, jede sich auf dem Markt bietende Möglichkeit zu nutzen.
223. So darf die Kommission nicht deshalb, weil Cosmos (Monarch) derzeit angeblich dazu tendiert, den großen Reiseveranstaltern beim Verkauf von Sitzplätzen den Vorzug vor den kleinen zu geben, davon ausgehen, dass dieses Unternehmen sein eigenes Interesse nicht vor das Interesse der Mitglieder des angeblichen beherrschenden Oligopols stellen würde, wenn das Angebot so stark eingeschränkt würde, das es unter Wettbewerbsniveau liegt. Schließlich hat der neue Geschäftsführer von Cosmos erklärt, er wolle den Marktanteil dieses Unternehmens innerhalb von zwei Jahren von 3, 5% auf 5% vergrößern. Zu diesem Zweck verfügt Cosmos über ATOL-Lizenzen für die Beförderung von 1, 1 Mio. Passagieren (Air Travel Organisers' License, erteilt von der Civil Aviation Authority).
224. Aus denselben Gründen würden die Schwierigkeiten, die Virgin Sun angeblich bei der Beschaffung von Hotelbetten für bestimmte Kurzstreckenziele hatte, leicht behoben, wenn die großen Reiseveranstalter ihre Nachfrage nach Zimmern reduzierten. Aus einem im Rahmen der prozessleitenden Maßnahmen zu den Akten genommenen Schreiben vom 16. August 1999 von Virgin Sun an die Kommission geht hervor, dass es bei den meisten Zielen des Mittelmeerraums leicht sei, genug Betten in ausreichender Qualität zu beschaffen, außer auf den Balearen, wo die großen Reiseveranstalter immer häufiger Langzeitverträge mit den Hotelbesitzern abschlössen, was es für die kleinen Veranstalter schwierig mache, die gewünschten Plätze zu finden. Aus diesem Schreiben geht jedoch auch hervor, dass Reiseveranstalter wie Virgin Sun wachsam blieben, um jede Möglichkeit zu nutzen, die sich auf diesen begehrtesten Märkten ergeben könnte. Sollten die großen Reiseveranstalter somit zum Zweck der Angebotsbeschränkung die gebuchten Betten nicht in Anspruch nehmen, wären die kleinen Reiseveranstalter sofort in der Lage, sie zu buchen, um die Zahl der auf den Markt gebrachten Pauschalreisen zu erhöhen. Schließlich ist Virgin Sun der Anbieter von Kurzstreckenreisen, der unlängst von der Virgin Travel Group gegründet wurde und seit Mai 1999 Pauschalreisen von den Abflughäfen London Gatwick und Manchester zu den begehrtesten Zielen wie Korfu, Costa Blanca, Costa del Sol, Mallorca, Menorca, Ibiza, Portugal, Rhodos, Gran Canaria, Teneriffa und Türkei anbietet, und dass der Marktanteil von Virgin Sun nach Aussage des Präsidenten der Virgin Travel Group in zehn Jahren so groß sein soll wie der von Thomson. Die Virgin Travel Group verfügt übrigens über ATOL-Lizenzen für die Beförderung von 400 000 Passagieren.
225. Schließlich wären British Airways Holidays (375 000 ATOL-Lizenzen im Jahr 1999) und Kuoni (im Jahr 1998 im Vereinigten Königreich verkaufte Pauschalreisen: 230 000), zwei finanzkräftige Wettbewerber auf dem Markt für Kurzstrecken-Pauschalreisen, ebenfalls in der Lage, rasch ihr Angebot zu erweitern, wenn die großen Reiseveranstalter versuchten sollten, eine kollektive beherrschende Stellung zu erlangen.
226. Viertens zeigt eine im Verwaltungsverfahren vorgelegte und von der Kommission nicht in Frage gestellte Studie über die Tätigkeit einer Auswahl von 59 kleinen Reiseveranstaltern auf zwölf der meistgefragten, von den großen Reiseveranstaltern bedienten Kurzstreckenziele, dass alle diese Ziele von mindestens vier kleinen Reiseveranstaltern bedient werden, dass die beliebtesten Reiseziele wie Korfu, Rhodos, Mallorca oder das spanische Festland von zahlreichen von ihnen bedient werden (20 bis 30 kleine Reiseveranstalter) und dass mehrere kleine Reiseveranstalter (wie Cosmos, Manos oder Virgin Holidays) praktisch alle Ziele bedienen (siehe Tabelle 1 der Anlage 8 zur Klageschrift, Bericht des Sachverständigen der Klägerin Professor D. Neven, Der Wettbewerb auf dem Markt des Vereinigten Königreichs für Auslandspauschalreisen. Eine wirtschaftliche Analyse, Juli 1999). Diese Studie zeigt ferner, dass die kleinen Reiseveranstalter ähnliche Produkte (hinsichtlich der Übernachtungen und Dienstleistungen) wie die großen Reiseveranstalter und vergleichbare oder sogar bessere Preise anbieten.
227. Fünftens ergibt sich entgegen den Ausführungen der Kommission in der 83. Begründungserwägung der Entscheidung aus dieser von der Kommission nicht in Frage gestellten Studie, dass es kleinen Reiseveranstaltern normalerweise gelingt, für die Unterkunft an Kurzstreckenzielen ähnliche Bedingungen auszuhandeln wie die großen Reiseveranstalter. Die Studie untersucht 20 Hotels an beliebten Kurzstreckenzielen und vergleicht die von der Klägerin ausgehandelten Preise mit den Preisen, die Panorame und Direct ausgehandelt haben, zwei kleine unabhängige Reiseveranstalter, die später von der Klägerin übernommen wurden: Danach sind diese Preise ähnlich und haben die kleinen Veranstalter in bestimmten Fällen bessere Bedingungen als die Klägerin ausgehandelt, obwohl diese viel mehr Übernachtungen buchte als die betreffenden kleinen Reiseveranstalter.
228. Daraus folgt, dass die kleinen Reiseveranstalter in dem untersuchten Fall versuchen würden, ihr Angebot aufzustocken. Um feststellen zu können, ob ihnen dies möglich ist, ist allerdings genauer zu prüfen, ob sie ausreichenden Zugang zum Markt für Sitzplätze in Flugzeugen und zum Reisebüromarkt haben.
iii) Zugang der kleinen Reiseveranstalter zu Sitzplätzen in Flugzeugen
229. In der Entscheidung heißt es, dass die kleinen Reiseveranstalter keinen ausreichenden Zugang zu Sitzplätzen hätten und das der beabsichtigte Zusammenschluss diese Situation verschlechtern würde (78., 79. und Ende der 83. Begründungserwägung der Entscheidung). Die geringe Größe der Unabhängigen habe zur Folge, dass sie nicht in demselben Maße Größen- oder Umfangsvorteile erzielen könnten wie die großen Veranstalter. So reiche die Zahl ihrer Reisekunden nicht aus, um von Chartergesellschaften durchgeführte Flüge jeweils komplett zu belegen (außer vielleicht an einigen Tagen in der Hochsaison). Dies wiederum bedeute, dass die betreffenden Fluggesellschaften ein erhöhtes Risiko liefen, Flüge durchführen zu müssen, die nicht voll ausgelastet seien, weshalb sie dazu neigten, kleinen Reiseveranstaltern höhere Sitzplatzkosten anzurechnen als den Großveranstaltern (78. Begründungserwägung der Entscheidung). Kleine Anbieter klagten schon jetzt über Schwierigkeiten, Sitzplätze auf Flügen zu ansprechenden Zeiten (vor allem am Wochenende) und ab den beliebtesten Abflugorten - Gatwick und Manchester - zu bekommen. Reiseveranstalter müssten aber laut eigener Aussage (und der von Fluggesellschaften) Gatwick und Manchester im Programm haben, um Flüge ab den am meisten nachgefragten Ferienflughäfen durchführen und ein wirklich landesweites Angebot unterbreiten zu können, weil sie sonst keine Aussichten hätten, sich vom Status eines Kleinanbieters befreien und expandieren zu können (79. Begründungserwägung der Entscheidung).
230. In der 80. Begründungserwägung der Entscheidung fügt die Kommission hinzu: "Es hat den Anschein, dass die großen Reiseveranstalter bei der Bereitstellung von Sitzplatzkontingenten für unabhängige Veranstalter schon jetzt ziemlich tonangebend sind. So stillt die Fluggesellschaft Monarch - der einzige Anbieter von Bedeutung, auf den die unabhängigen Veranstalter nach Vollzug des Zusammenschlusses noch zurückgreifen könnten - laut Aussage eines betroffenen Unternehmens zunächst den Bedarf der Großen, die zusammengenommen mehr als die Hälfte ihres Absatzes an Dritte ausmachen, bevor sie sich mit der Nachfrage der Unabhängigen beschäftigt. Sie hat sich sogar rundheraus geweigert, mit dem betroffenen Unternehmen über das Programm für das bevorstehende Jahr zu verhandeln, solange sie die Bestellungen der großen Konzerne noch nicht vorliegen hatte."
231. Erstens ergibt sich aus der Tabelle 2 der Entscheidung (159. Begründungserwägung), die die Marktanteile der Hauptanbieter von Sitzplätzen für Dritte zeigt (unter Berücksichtigung des gesamten Verkaufs an Dritte einschließlich des Verkaufs an die oder zwischen den großen Reiseveranstaltern sowie an die kleinen Reiseveranstalter), dass Airtours/First Choice nach dem Zusammenschluss weniger als ein Viertel des Angebots an Sitzplätzen für Dritte kontrollieren könnte und dass die drei großen Reiseveranstalter zusammen weniger als die Hälfte anböten, wobei Thomson nur in geringem Umfang auf dem Markt tätig ist. Der Bedarf Dritter an Sitzplätzen würde daher weiterhin im Wesentlichen durch von den großen Reiseveranstaltern unabhängige Unternehmen gedeckt. Diese Situation bietet den kleinen Reiseveranstaltern gewisse Garantien, da nur zwei der drei großen Reiseveranstalter in erheblichem Umfang auf dem Markt tätig sind und die unabhängigen Dritten eine wichtige Quelle für Sitzplätze darstellen.
232. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Situation durch die Auswirkungen des Zusammenschlusses wesentlich ändern würde, auch wenn die Kommission befürchtet, dass die fusionierte Einheit, bestehend aus der Klägerin und First Choice, die Sitzplätze noch weiter rationalisieren könnte und durch die Einschränkung der verfügbaren Sitze die Probleme der Kleinveranstalter verschärft würden. Wie die Klägerin vorträgt, hätte die Fusion keine negativen Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Sitzplätzen für Dritte: Wenn die Klägerin und First Choice mehr Sitzplätze innerhalb der durch den Zusammenschluss entstehenden Gruppe buchen würden (so dass Drittveranstalter, die gegenwärtig mit Airtours International und Air 2000 fliegen, nicht mehr berücksichtigt würden), würden in entsprechendem Umfang Sitze auf dritten Fluglinien frei, die zuvor für die Klägerin und First Choice reserviert waren. So hat übrigens die Kommission selbst in ihrer Entscheidung Westdeutsche Landesbank/Carlson/Thomas Cook vom 8. März 1999 (Fall IV/M. 1341) (ABl. C 102, S. 9) argumentiert, in der sie festgestellt hat, dass, soweit die fusionierte Einheit Thomas Cook ihre Strategie ändern und die Kapazitäten von Chartergesellschaften innerhalb der Gruppe nutzen könnte (z.B. die verfügbare Kapazität bei Caledonian), anstatt Kapazitäten bei Dritten zu kaufen, diese Kapazitäten der Dritten für Kunden frei würden, die bis dahin bei Flying Colours oder Caledonian gekauft hatten. Die Kommission bringt keine überzeugenden Argumente dafür vor, dass diese Überlegung im vorliegenden Fall nicht mehr gelten soll.
233. Ebenso genügt zu den Ausführungen in der 80. Begründungserwägung der Entscheidung die Feststellung, dass die Klägerin vor der Kommission unwidersprochen im Verfahren vor dem Gericht geltend macht, dass die Firma Monarch bezeugt habe, sie gebe den großen Reiseveranstaltern nicht den Vorzug vor den kleinen, und dass sie eingeräumt habe, dass die Fusion Thomas Cook/Carlson ihre Abhängigkeit von dritten Reiseveranstaltern ohne eigene Charterfluglinien erhöht habe, wie dies auch eine Fusion Airtours/First Choice getan hätte.
234. Zweitens zeigt, wie die Klägerin geltend gemacht hat, die Aussage eines der größten Vermittler von Sitzplätzen, Hunt & Palmer, der Angebot und Nachfrage aufeinander abstimmt, indem er Reiseveranstaltern freie Kapazitäten verkauft, die die Fluggesellschaften noch übrig haben (Anlage 39 zur Klageschrift), dass die kleinen Reiseveranstalter Sitzplätze für eine Saison (oder einen kürzeren Zeitraum) mit Abflug am Wochenende bei vier Quellen erhalten können: bei ausländischen Fluggesellschaften, bei Linienfluggesellschaften, Billigfluglinien und unabhängigen, vom Vereinigten Königreich aus operierenden Charterfluggesellschaften. Im Vereinigten Königreich gibt es mindestens 15 unabhängige Vermittler; auch hat die Kommission diese Aussage nicht bestritten.
235. Die Argumente, die die Kommission dafür vorbringt, dass es sich nicht um geeignete Versorgungsquellen handele, überzeugen nicht.
236. Die erste Quelle sind die ausländischen Fluggesellschaften, die vom Zielflughafen aus operieren (wie Spanair, Air Europa oder Futura).
237. Nach Auffassung der Kommission bieten diese Fluggesellschaften keine geeignete Lösung, da sie Schwierigkeiten hätten, an den wichtigsten britischen Flughäfen, insbesondere in Gatwick, genug günstige Start- und Landezeiten zu erhalten. Da ihre Flotten nicht von den britischen Flughäfen aus operierten, müssten die Flugzeuge zudem morgens in das Vereinigte Königreich fliegen und abends zurückfliegen; für die Kunden bedeute dies Hinflüge am späten Abend und Rückflüge am frühen Morgen. Dadurch würde die tatsächliche Urlaubsdauer erheblich reduziert, was die Verbraucher nicht schätzten. Dieses Argument wird jedoch durch die Aussage von Hunt & Palmer widerlegt, dass Flugpaare von Gatwick aus möglich seien.
238. Entscheidend ist hier jedoch, ob die kleinen Reiseveranstalter vor dem Hindergrund eines zu knappen Angebots an Pauschalreisen zusätzliche Sitzplätze zu angemessenen Bedingungen erhalten könnten, und nicht, ob sie Zugang zu besseren Abflughäfen und Start- und Landezeiten haben können. Die Kommission hat es nicht für zweckdienlich gehalten, die britischen Märkte für Kurzstrecken-Pauschalreisen und für die Vermittlung von Sitzplätzen auf Charterflügen an Reiseveranstalter etwa nach Regionen oder Abflughäfen zu unterteilen. Im Gegenteil hat sie in der Entscheidung (45. Begründungserwägung) die Auffassung vertreten, dass es eine relativ einheitliche Preis- und Kostengestaltung gebe, die darauf hindeute, dass sich die möglichen regionalen und lokalen Märkte soweit überlappten ("chain of substitution"), dass man zum Zweck dieser Entscheidung nachfrageseitig von einem einzigen, landesweiten Markt ausgehen könne. Die Kommission ist zu diesem Schluss gelangt (45. Begründungserwägung), nachdem sie festgestellt hatte, dass die Verbraucher es vorzögen, von einem Flughafen abzufliegen, der nicht allzu weit von ihrem Wohnort entfernt liege, dass die Landegebühren und damit zusammenhängende Faktoren dazu führten, dass die Abflüge von einigen kleineren Regionalflughäfen oft teurer seien als von den wichtigsten "Ferienflughäfen" London-Gatwick und Manchester, dass allerdings die erhobenen Gebühren (oder angebotenen Preisnachlässe) relativ gering seien, verglichen mit den gesamten Urlaubskosten, vor allem, wenn die zusätzlichen Kosten der Reise zu einem weiter entfernteren "billigeren" Flughafen berücksichtigt würden. Dasselbe gilt für die Angebotsseite, da die Kommission meint (45. Begründungserwägung der Entscheidung), dass Reiseveranstalter ihre Produkte ohne spürbare preisliche oder sonstige regionale Differenzierung national vermarkteten. Außerdem könnten Reiseveranstalter und Fluggesellschaften im Allgemeinen ohne weiteres mit Flugzeugen und Flügen zwischen verschiedenen Flughäfen manövrieren, mit Ausnahme von Gatwick, wo Start- und Landezeiten nur begrenzt verfügbar seien (46. Begründungserwägung der Entscheidung).
239. Das Vorbringen der Kommission, dass die von ausländischen Fluggesellschaften eingesetzten Flugzeuge in der Regel morgens in das Vereinigte Königreich fliegen und abends zurückfliegen müssten, was für den Verbraucher nachteilig sei, ist in der Sache nicht zutreffend, da die durchschnittliche Dauer eines Fluges zu einem europäischen Ziel ungefähr zwei Stunden beträgt. Die in Zielflughäfen niedergelassenen Fluggesellschaften können somit täglich mehrere Hin- und Rückflüge bewältigen, z.B. morgens einen ersten Flug Spanien/Vereinigtes Königreich und einen zweiten Flug Vereinigtes Königreich/Spanien und am Abend einen ersten Flug Spanien/Vereinigtes Königreich und einen zweiten Flug Vereinigtes Königreich/Spanien.
240. Schließlich hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren von der Kommission unwidersprochen vorgetragen, dass die von den Zielflughäfen aus operierenden Fluggesellschaften 1998 (dem letzten Jahr, für das zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung Daten vorlagen) mehr als eine Million Sitzplätze für Urlaubsreisende, die Pauschalreisen gekauft hatten, und für Reisende, die nur den Flug gekauft hatten, gestellt hätten und dass die Zahl der Sitze, die von vom Zielort aus operierenden Fluggesellschaften gestellt würden, im Laufe der letzten Jahre rasch gestiegen sei.
241. Entgegen dem Vorbringen der Kommission könnten diese Fluggesellschaften somit eine wichtige Rolle spielen, wenn die kleinen Reiseveranstalter versuchen sollten, bei passender Gelegenheit die Zahl der Pauschalreisen zu erhöhen.
242. Die zweite Quelle sind die Linienfluggesellschaften (wie Debonair, Flightline oder CityFlyer), die mangels Geschäftsreisenden am Wochenende nur eine geringe Auslastung haben.
243. Die Kommission meint, dass die von den Linienfluggesellschaften gestellten Plätze im Vereinigten Königreich, wo British Airways nur geringe Kapazitäten für diese Art von Flügen nutze, lediglich marginale Bedeutung besäßen. Grund dafür seien die höheren Preise, der Umstand, dass die Linienfluggesellschaften keine Direktflüge zu Urlaubszielen anböten, ein Mangel an verfügbaren Plätzen und unflexible Zeitpläne.
244. Diese Faktoren können jedoch für kleine Reiseveranstalter, die ihr Angebot erweitern wollen, kein wesentliches Hindernis sein. Was die Preisunterschiede betrifft, so machen die Flugkosten nur einen kleinen Teil der Kosten für Pauschalreisen aus. So kostete im August ein Flug von Liverpool nach Malaga mit EasyJet 108 GBP und ein Flug von Stansted nach Malaga mit Go 140 GBP, während ein vierzehntägiger Pauschalreiseurlaub im August in Marbella/Spanien mit Virgin Holidays 1 598 GBP, mit Bath Travel 1 698 GBP und mit Airtours 1 738 GBP kostete (Anlage 8 Tabelle 2 und Anlage 40 zur Klageschrift). Die Transportkosten machen also in allen Fällen weniger als 10% des Pauschalreisepreises aus. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren eine Tabelle (Tabelle 5 des Wirtschaftsgutachtens, Anlage 8 zur Klageschrift) vorgelegt, in der die Preise von Linienflügen und Charterflügen zu verschiedenen Zielen und Zeitpunkten verglichen werden. Diese Tabelle wurde auf der Grundlage von Daten von Panorama erstellt, eines unlängst von der Klägerin übernommenen kleinen Veranstalters. Es besteht Grund zu der Annahme, dass die Daten anderer Kleinveranstalter ähnlich aussehen. Aus dem Wirtschaftsgutachten geht hervor, dass der Preisunterschied zwischen 20 und 30 GBP schwankt, was sich letztlich auf den Pauschalreisepreis und damit auf die Konkurrenzfähigkeit der auf Linienflüge zurückgreifenden Kleinveranstalter nur geringfügig auswirkt. Übrigens erklärt sich der Preisunterschied hauptsächlich durch die Pflicht zur Zahlung von Flughafengebühren bei Linienflügen.
245. Was die Bedingungen angeht, die die Linienfluggesellschaften insbesondere in Bezug auf Daten und Start- und Landezeiten anbieten können, so zeigen zwei der fünf von der Klägerin zitierten Beispiele auf der Grundlage von Daten des Veranstalters Panorama für den Zeitraum vor seiner Übernahme, dass Abflüge am Samstag oder Sonntag möglich sind. Ebenso wird in der Erklärung von Hunt & Palmer darauf hingewiesen, dass es bei Sitzplatzvermittlern darauf ankommt, dass sie Abflüge für das Wochenende finden können. Außerdem wird in der Entscheidung selbst (Fußnote 38) festgestellt, dass British Airways am Wochenende von britischen Regionalflughäfen aus einige Charterflüge mit Flugzeugen anbietet, die zu diesen Zeiten nicht für Liniendienste benötigt werden. Was des Weiteren die Abflughäfen betrifft, so ist auf die oben getroffenen Feststellungen zu ausländischen Fluggesellschaften zu verweisen. Was schließlich die Frage angeht, ob es nachteilig ist, wenn nur ein Teil der Sitzplätze in einem Flugzeug und nicht alle Sitzplätze gekauft werden, so ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten Beispiele für Preise der Vermittler belegen, dass der Preisunterschied sehr gering ist (weniger als 10%) und dass der Preis für einen Sitzplatz im Rahmen des Erwerbs nur eines Teils der Sitzplätze weniger teuer sein kann als im Rahmen des Erwerbs sämtlicher Sitzplätze (siehe Bericht von Professor Neven in Anlage 8 zur Klageschrift).
246. Zur begrenzten Zahl von Zielen, die von den Linienfluggesellschaften angeflogen werden, ist festzustellen, dass die von der Klägerin angeführten Linienfluggesellschaften abgesehen von den wichtigsten Reisezielen in Spanien auch Südfrankreich und Süditalien anfliegen. Zudem scheinen die ausländischen Fluggesellschaften gegebenenfalls einen Ausgleich dafür bieten zu können, dass andere Ziele von den Linienfluggesellschaften nicht angeflogen werden.
247. Demnach können die Linienfluggesellschaften entgegen dem Vorbringen der Kommission von den kleinen Reiseveranstaltern eingesetzt werden, um ihr Angebot effektiv zu erweitern und auf diese Weise etwaigen Beschränkungen durch die großen Reiseveranstalter zu begegnen.
248. Die dritte Quelle ist die der Billigfluglinien (wie Ryanair oder Go), deren Kapazitäten in den letzten Jahren stark erweitert wurden und die maßgeschneiderte Dienstleistungen anbieten können. Die Klägerin hat einen Plan mit den wichtigsten Zielen der Billigfluglinien vorgelegt (Anlage 40 zur Klageschrift), aus dem hervorgeht, dass die wichtigsten Ziele an der spanischen Mittelmeerküste zumindest von einer oder oft von zwei oder sogar drei Gesellschaften angeflogen werden: Barcelona (vom Flughafen Luton mit Debonair, vom Flughafen Liverpool mit EasyJet, vom Flughafen Gatwick mit AB Airlines), Palma (vom Flughafen Luton mit EasyJet, vom Flughafen Stansted mit Go), Ibiza (vom Flughafen Stansted mit Go), Alicante (vom Flughafen Stansted mit Go) und Malaga (vom Flughafen Liverpool mit EasyJet, vom Flughafen Stansted mit Go).
249. Die vierte Quelle sind die vom Vereinigten Königreich aus operierenden unabhängigen Charterfluggesellschaften (wie Monarch, aber auch European Air Charter, British World oder Titan), die ebenfalls kleine Flugzeuge mit niedrigen Betriebskosten einsetzen. Da diese Gesellschaften mehr als 50% des verfügbaren Angebots auf dem Markt für die Bereitstellung von Charterflug-Sitzplätzen für Dritte ausmachen (siehe Tabelle 2 in der 159. Begründungserwägung der Entscheidung), verfügen sie entgegen der Auffassung der Kommission über eine ausreichende Kapazität, um eine seriöse Versorgungsquelle für die kleinen Reiseveranstalter darzustellen.
250. Schließlich hat die Kommission nicht berücksichtigt, dass die integrierten Reiseveranstalter darauf angewiesen sind, ihre Flugzeuge voll auszulasten, wenn sie rentabel bleiben wollen. Da ihre Flotten einen sehr großen Teil ihrer Fixkosten ausmachen, werden die Fluggesellschaften der großen Reiseveranstalter bestrebt sein, den kleinen Veranstaltern die Plätze anzubieten, die in dem von der Kommission genannten Fall einer deutlichen Beschränkung des Angebot durch die großen Reiseveranstalter frei bleiben.
251. Demnach ist die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass die kleinen Reiseveranstalter nicht zu Bedingungen Zugang zu Sitzplätzen hätten, die ihnen den Versuch erlaubten, ihr Angebot zu erweitern, um die Möglichkeiten zu nutzen, die sich infolge der Produktknappheit böten, zu der es in dem wettbewerbswidrigen Umfeld käme, das nach Auffassung der Kommission bei Genehmigung des Zusammenschlusses entstünde.
iv) Zum Zugang der kleinen Reiseveranstalter zum Vertrieb
252. Die Kommission weist in der 81. und der 82. Begründungserwägung der Entscheidung auf gewisse Schwierigkeiten kleiner Reiseveranstalter hin, etwa Benachteiligungen durch die Reisebüros der integrierten großen Reiseveranstalter bei der Höhe der Provisionen, aufgrund der Bevorzugung der Produkte der großen Reiseveranstalter durch gezielte Verkaufsmethoden sowie beim Auslegen von Katalogen und bei Sonderangeboten, was sie daran hindere, einen wirksamen Wettbewerbsdruck auf die großen Reiseveranstalter auszuüben.
253. Die Klägerin kritisiert die Ansicht der Kommission, dass die vertikale Integration der großen Reiseveranstalter den Zugang zum Vertrieb beschränkt habe. Nach Auffassung der Klägerin führt eine vertikale Integration nur dann zu einer nicht hinnehmbaren Ausschaltung, wenn auf der Vertriebsebene horizontale Marktmacht gegeben sei, was vorliegend nicht der Fall sei.
254. Die Kommission macht geltend, dass die großen Reiseveranstalter alle großen inländischen Reisebüroketten und die Mehrzahl der Verkaufsstellen kontrollierten. In diesen Reisebüros sähen sich die übrigen Unternehmen gezielten Verkaufsmethoden gegenüber, d.h. der Vorzugsbehandlung der Produkte der Muttergesellschaft, was den Marktzugang und das Wachstum der kleinen Reiseveranstalter stark behindere. Die übrigen Vertriebswege wie Call Center und Internet seien noch kein echter Ersatz für Reisebüros, wie die Bemühungen der großen Veranstalter, darunter First Choice, Reisebüroketten zu gründen oder zu übernehmen, zeigten.
255. Es geht hier nicht darum, welche Größe ein Veranstalter haben muss, um mit den großen Reiseveranstaltern um die Marktführung zu konkurrieren, sondern darum, ob die bereits auf dem Markt tätigen kleinen Reiseveranstalter in dem wettbewerbswidrigen Umfeld, an das die Kommission denkt, zu angemessenen Bedingungen Zugang zum Markt für den Vertrieb hätten und den Verbrauchern mehr Pauschalreisen verkaufen könnten. Dass dies, wie auch die Klägerin geltend macht, der Fall ist, ergibt sich aus einer einfachen Analyse der Entscheidung.
256. Wie die Kommission in der 32. Begründungserwägung der Entscheidung ausgeführt hat, würde der Zusammenschluss wohl nicht zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung im Reisebüromarkt als Ganzem führen, und zwar unabhängig davon, ob der Direktvertrieb von Pauschalreisen durch Reiseveranstalter und/oder der Fernabsatz (z.B. Telefonbuchung) einbezogen ist, da der kombinierte Marktanteil der beteiligten Unternehmen, was die Zahl der Verkaufsstellen anbetrifft, mit ca. 15% gering ist.
257. Sodann geht aus der Entscheidung (81. Begründungserwägung) hervor, dass fast 40% aller Auslandspauschalreisen, die über Reisebüros angeboten werden, über unabhängige Büros verkauft werden. Zudem räumt die Kommission selbst ein (31. Begründungserwägung), dass es andere, sich stark entwickelnde Vertriebswege wie den Direktkauf über Telefon oder Internet gibt, die bereits fast 20% des Gesamtabsatzes von Pauschalreisen ausmachen, was die Chancen der kleinen Reiseveranstalter erhöht, im Kontext eines eingeschränkten Angebots ihre Produkte effektiv zu vertreiben. In diesem Zusammenhang verdient Beachtung, dass Direct Holidays (ein von der Klägerin übernommener unabhängiger Reiseveranstalter), der alle seine Reisen direkt verkauft, im Zeitraum 1995/96 (demselben Zeitraum, in dem die großen Reiseveranstalter finanziellen Schwierigkeiten hatten) ein starkes Wachstum verzeichnet hat (Nr. 9. 18 der Klageschrift). Die Klägerin hat übrigens von der Kommission unwidersprochen darauf hingewiesen (Nr. 9. 19 der Klageschrift), dass diese im Verwaltungsverfahren folgende Aussagen Dritter über den Direktverkauf als geeigneten Marktzugang erhalten habe (zitiert in Nr. 3. 57 der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, Anlage 7 zur Klageschrift):
    - Thomas Cook hat erklärt, dass "gegenwärtig ... eine Tendenz dazu [besteht], nicht mehr wie traditionell üblich Reisen über einen Reisevermittler in persönlichem Kontakt zu buchen. Der Bericht der British National Travel Survey zeigt, dass die indirekten Buchungen seit Ende der achtziger Jahre zugenommen haben; 1992 haben sie 29% der Gesamtbuchungen ausgemacht, ... 1998 34%";
    - Thomson hat die Auffassung vertreten, dass "die Zahl der Verbraucher, die Reisen auf nichttraditionellen direkten Verkaufswegen buchen, ... ebenso [wächst] wie der Anteil der Verbraucher, die den Direktkauf als Alternative zur Reservierung über einen traditionellen Reisevermittler in einer Geschäftsstraße ansehen";
    - Virgin Holidays hat erklärt: "Als Reiseveranstalter haben wir keine Vertriebskette. Was unseren Eigenverkauf angeht, so haben wir einen deutlichen Anstieg der Zahl der über Call Center gekauften Reisen festgestellt. Weiter haben wir einen Anstieg der Zahl der über Teletextagenturen gekauften Reisen festgestellt."
258. Was die (in der 81. und der 82. Begründungserwägung der Entscheidung genannten) angeblichen Schwierigkeiten der kleinen Reiseveranstalter betrifft, so würden die fraglichen Praktiken, falls sie tatsächlich vorkommen und rechtmäßig sein sollten, die Möglichkeit der kleinen Reiseveranstalter, die Gelegenheiten zu nutzen, die sich aus der nach Auffassung der Kommission im Fall des Zusammenschlusses eintretenden Angebotsknappheit ergeben würden, nicht wesentlich beschränken. Man darf davon ausgehen, dass die Reisebüros angesichts der Erwartungen der Verbraucher und der Notwendigkeit der Einnahmenmaximierung in einer solchen Situation nicht umhin könnten, zu angemessenen Bedingungen die Produkte der kleinen Reiseveranstalter anzubieten, selbst wenn die Reisebüros der vertikal integrierten Reiseveranstalter zunächst die Produkte der Gruppe und nicht die Produkte der Konkurrenz anbieten würden.
259. Jedenfalls dürften die kleinen Reiseveranstalter, da 40% aller Pauschalreisen nicht in von den großen Reiseveranstaltern kontrollierten Reisebüros verkauft werden, zu Bedingungen Zugang zum Vertrieb haben, die es ihnen erlauben, das Angebot zu verkaufen, das sie zusätzlich ins Programm nähmen, wenn die größten Reiseveranstalter beschlössen, das Angebot so stark zu einzuschränken, das es unter Wettbewerbsniveau läge.
260. Die Kommission hat demnach zu Unrecht angenommen, dass die kleinen Reiseveranstalter beim Verkauf ihrer Produkte an die Verbraucher nicht unter Bedingungen Zugang zum Vertrieb hätten, die es ihnen erlaubt, ihr Angebot wesentlich zu erweitern, um die Möglichkeiten zu nutzen, die sich infolge der Produktknappheit böten, zu der es nach Auffassung der Kommission bei Genehmigung des Zusammenschlusses käme.
261. Nach alledem hat die Kommission die Möglichkeiten zur Angebotserweiterung unterschätzt, die die kleinen Reiseveranstalter haben, um die Möglichkeiten zu nutzen, die sich aus einer von den großen Reiseveranstaltern verursachten allgemeinen Angebotsknappheit ergeben, und somit der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung infolge des angemeldeten Zusammenschlusses zu begegnen.
b) Zur möglichen Reaktion der potenziellen Konkurrenten, nämlich der übrigen Reiseveranstalter
262. Zu prüfen ist ferner, ob im Fall einer Beschränkung des von den großen Reiseveranstaltern auf den Markt gebrachten Angebots auf ein wettbewerbswidriges Niveau die in anderen Ländern der Gemeinschaft oder auf dem britischen Markt für Langstrecken-Auslandspauschalreisen tätigen Reiseveranstalter nicht in den britischen Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen eintreten könnten.
263. Im Bericht der MMC für 1997 heißt es:
    "Die Beteiligten kommen und gehen. Weder auf dem Reiseveranstaltermarkt noch auf dem Reisebüromarkt gibt es bedeutsame Zutrittsschranken" [Nr. 1. 6], ferner: "... wenn bestimmte Arten von Reisen, Reisen von bestimmten Flughäfen aus oder Reisen zu bestimmten Zeiten im Jahr überteuert wären, wären Reiseveranstalter in der Lage, ihr Geschäft in einen dieser Bereiche zu verlagern und die Preise zu unterbieten" [Nr. 4. 15].
264. In der 114. Begründungserwägung der Entscheidung räumt die Kommission ein, dass auf Dauer keine kollektive Beherrschung möglich sei, wenn die Zutrittsschranken zum Reiseveranstalter-, zum Charterflug- und zum Reisevermittlungsmarkt unbedeutend seien, und dass im MMC-Bericht für 1997 die Ansicht der Klägerin zum Fehlen von Zutrittschranken zum relevanten Markt weitgehend geteilt werde.
265. In der 115. Begründungserwägung der Entscheidung stellt die Kommission jedoch fest, dass seit Abschluss des MMC-Berichts für 1997 die Konzentration in dem relevanten Wirtschaftszweig erheblich zugenommen habe, und vertritt die Ansicht, dass die Marktzutrittsschranken nunmehr höher seien (sie "wirken sich ... stärker aus"), was noch zunehmen werde, falls das angemeldete Vorhaben durchgeführt werde. Weiter führt die Kommission aus:
    "Die Möglichkeit des Marktzutritts reicht als solche nicht aus, um die Gefahr der Begründung einer beherrschenden Stellung auszuräumen. Der Eintritt in den Markt muss unter anderem auf Dauer erfolgen können, was bedeutet, dass in Märkten wie dem relevanten Markt, auf dem Größe ein wichtiger Faktor ist, ein neues Unternehmen in der Lage sein muss, von Anfang an groß genug zu sein oder in kurzer Zeit groß genug zu werden, um für die beherrschenden Anbieter eine tatsächliche Herausforderung darzustellen: Dies ist nach Ansicht der Kommission im vorliegenden Fall unwahrscheinlich."
266. Es geht hier jedoch genauso wenig wie bei den tatsächlichen Wettbewerbern darum, ob die potenziellen Wettbewerber groß genug werden können, um mit den großen Reiseveranstaltern gleichzuziehen, sondern lediglich darum, ob diese Wettbewerber die Möglichkeiten nutzen können, die sich daraus ergeben, dass das von den großen Reiseveranstaltern auf den Markt gebrachte Angebot so stark eingeschränkt wird, dass es unter Wettbewerbsniveau liegt. In diesem Zusammenhang kann die Kommission nicht geltend machen, dass Reiseveranstalter, die andere Produkte anbieten (z.B. Langstrecken-Auslandspauschalreisen) oder in anderen Ländern tätig sind (z.B. in Deutschland oder den Niederlanden), bereits deswegen, weil sie Mühe hätten, über eine bestimmte Größe hinaus zu wachsen, nicht wirksam und schnell in den britischen Markt für Kurzstrecken-Auslandspauschalreisen eintreten könnten, wenn die großen Reiseveranstalter beschließen sollten, den Wettbewerb erheblich zu beschränken. Die Klägerin nennt andere wichtige Reiseveranstalter, die in Europa tätig sind, wie Neckermann und TUI, als potenzielle Konkurrenten, die rasch im Vereinigten Königreich tätig werden könnten, wenn das Angebot eingeschränkt oder die Preise erhöht werden sollten.
267. Im Übrigen fehlt es in der Entscheidung an einer Prüfung der Wettbewerbslage bei Ferienunterkünften. Für das Verständnis der Dynamik des relevanten Marktes spielt aber die Bereitstellung von Unterkunftskapazitäten eine wichtige Rolle, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten der Mitglieder des angeblichen beherrschenden Oligopols, unabhängig von den Hotelbesitzern an Kurzstreckenzielen zu handeln und - als Folge - der Möglichkeiten der tatsächlichen und potenziellen Wettbewerber, auf eine etwaige Reduzierung des Angebots der großen Reiseveranstalter zu reagieren. Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass die Hotelbetten, die infolge der von den großen Reiseveranstaltern beschlossenen Angebotsbeschränkungen frei werden, nicht sofort von anderen Reiseveranstaltern reserviert werden, deren Entschlossenheit, sich derartige Unterkunftskapazitäten zu sichern, durch mehrere im Verwaltungsverfahren übermittelte Dokumente und Aussagen bekundet wird (siehe z.B. das oben in Randnr. 224 zitierte Schreiben von Virgin Sun).
268. Jeder große Reiseveranstalter wird daher wohl die Risiken berücksichtigen, die mit der Reaktion der Hotelbesitzer auf einen erheblichen Rückgang der Bettenreservierungen verbunden sind, der in Wirklichkeit nicht einem Nachfragerückgang entspricht, sondern auf einer Entscheidung beruht, das Angebot zu wettbewerbswidrigen Zwecken zu einzuschränken. Möglicherweise wären für die großen Reiseveranstalter in den folgenden Saisons nicht mehr Betten in ausreichender Zahl und zu angemessenen Bedingungen verfügbar.
269. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission zwar die Hindernisse geprüft hat, die einem Wachstum über eine gewisse Größe hinaus auf dem Markt entgegenstehen, dass sie aber nicht, wie sie es hätte tun müssen, berücksichtigt hat, dass es potenziellen Wettbewerbern aufgrund des Fehlens von Zugangsschranken zum Markt möglich sein dürfte, in den relevanten Markt einzutreten, um ihre Produkte anzubieten, und somit wirksam und schnell zu intervenieren, wenn es infolge einer Angleichung der Angebotsstrategien der großen Reiseveranstalter zu einer Angebotsknappheit kommen sollte.
c) Zur möglichen Reaktion der Verbraucher
270. Der Beweis, dass das durch den Zusammenschluss entstehende Oligopol die Möglichkeit hätte, unabhängig von den Verbrauchern zu handeln, setzt die Beantwortung der Frage voraus, wie die britischen Verbraucher reagieren würden und ob sie bereit wären, Alternativen zu suchen, wenn die Preise für Kurzstrecken-Pauschalreisen erheblich steigen oder diese Reisen knapp werden sollten.
271. In der 124. Begründungserwägung der Entscheidung führt die Kommission aus, dass die Verbraucher über keine Nachfragemacht verfügten und aufgrund dieses Umstands in Verbindung mit anderen Marktfaktoren Schwierigkeiten hätten, anhand der wenigen Informationen in den Katalogen der Reiseveranstalter konkurrierende Erzeugnisse miteinander zu vergleichen, wodurch die Möglichkeit des Verbrauchers eingeschränkt werde, wettbewerbsfeindliche Merkmale auf der Angebotsseite aufzufangen.
272. Nach Auffassung der Klägerin zeigen mehrere Marktstudien, dass die Mehrzahl der Reisenden ihre Reise erst auswählten, nachdem sie mehr als ein Reisebüro besucht hätten, und dass für 85% von ihnen der Preis der wichtigste Faktor bei der Kaufentscheidung sei. Die Einzelverbraucher könnten also mit "ihren Füßen abstimmen", nach weniger teuren Reisen suchen und so den Reiseveranstalter veranlassen, seine Preise den Wettbewerbsbedingungen entsprechend festzulegen.
273. Nach Auffassung der Kommission kann nicht gesagt werden, dass die Verbraucher auf einem Konsumgütermarkt wie dem für Pauschalreisen über eine ausgleichende und signifikante Nachfragemacht verfügten.
274. Dass die Verbraucher keine signifikante Nachfragemacht haben, da sie keine einheitliche Gruppe bilden, darf jedoch nicht mit der Frage verwechselt werden, ob sie auf den Preisanstieg reagieren können, zu dem es käme, wenn das von den großen Reiseveranstaltern auf den Markt gebrachte Angebot auf ein wettbewerbswidriges Niveau beschränkt würde. Wie die Klägerin geltend macht, steht aber fest, dass die Verbraucher vor dem Kauf von Reisen Vergleiche anstellen. Die Kommission selbst räumt übrigens in der 98. Begründungserwägung der Entscheidung ein, dass "die Verbraucher bei vergleichbaren Reisen auf verhältnismäßig kleine Preisunterschiede [reagieren]".
275. Die Kommission hat in diesem Zusammenhang die mögliche Rolle der britischen Verbraucher unterschätzt, die sich bei den kleinen Reiseveranstaltern nach besseren Preisen umschauen könnten.
276. Wie im Übrigen im Rahmen des ersten Klagegrundes festgestellt, hat die Kommission zwar den relevanten Produktmarkt im Rahmen ihres Ermessens eng umschrieben, aber weder in Frage gestellt, dass Langstrecken-Auslandspauschalreisen von den Verbrauchern immer mehr geschätzt würden, noch, dass die Marktstudien, die die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte anführt (Anlage 7 zur Klageschrift: Bericht der British National Travel Survey und Mintel, Holidays - The booking procedure, 1997) eine Tendenz der britischen Verbraucher aufzeigten, den geografischen Horizont ihrer Reisen insbesondere in Richtung der anderen Seite des Atlantiks zu erweitern. Dieser Umstand untermauert die These der Klägerin, dass ein Teil der Nachfrage möglicherweise auf andere Arten von Reisen verlagert würde, wenn sich die Preise einander hinreichend annäherten, da die betreffenden Studien deutlich eine Entwicklung des Geschmacks der Verbraucher zeigen, die keineswegs von der Vorstellung besessen scheinen, unbedingt am Mittelmeer Urlaub machen zu wollen.
d) Ergebnis
277. Damit ist festzustellen, dass die Kommission die voraussichtliche Reaktion der kleinen Reiseveranstalter, der potenziellen Wettbewerber, der Verbraucher und der Hotelbesitzer nicht zutreffend beurteilt und diese Reaktionen als Gegengewicht, das der Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung entgegenwirken könnte, unterschätzt hat.
5. Zur Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb
278. Die Kommission legt ihre Beurteilung der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlusses in der 139. bis 147. Begründungserwägung der Entscheidung dar.
279. Erstens (139. Begründungserwägung) behauptet sie, dass der Zusammenschluss zu einem höheren Konzentrationsgrad führen würde, da die drei größten Anbieter auf einen erheblich größeren Marktanteil kommen würden, nach den Berechnungen der Kommission auf 83% (85% nach Nielsen) gegenüber derzeit rund 70% (für die Klägerin, Thomson und Thomas Cook). Außerdem erziele der dann viertgrößte Anbieter (Cosmos) weniger als 5% Marktanteile, während der jetzt an vierter Stelle liegende Veranstalter First Choice 11% erziele. Aus der 139. bis 147. Begründungserwägung der Entscheidung ergibt sich jedoch, dass die Kommission den Umstand, dass sich bei der Zusammenrechnung der Marktanteile ein hoher Anteil ergibt (mehr als 80%) nicht als ausreichenden Beleg für eine kollektive beherrschende Stellung angesehen hat.
280. So hat die Kommission zweitens die Auffassung vertreten (in der 140. und der 141. Begründungserwägung der Entscheidung), dass mit dem Zusammenschluss First Choice als Sitzplatzanbieter und Vermittler von Reisen der kleinen unabhängigen Reiseveranstalter wegfiele, wodurch die kleinen unabhängigen, unverbundenen Reiseveranstalter weiter marginalisiert würden. Da es jedoch darum geht, zu prüfen, ob die Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung wahrscheinlich ist, läuft die Bewertung der voraussichtlichen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die übrigen Wettbewerber auf dem Markt auf die Prüfung der Frage hinaus, ob Letztere in der Lage wären, die Stabilität des angeblichen beherrschenden Oligopols zu verhindern. Es ist aber festgestellt worden, dass die Kommission nicht dargetan hat, dass sie dazu nicht imstande wären.
281. Drittens erklärt die Kommission (142. bis 147. Begründungserwägung der Entscheidung), dass der Zusammenschluss zu einer erhöhten Durchschaubarkeit des Marktes und zu einem höheren Grad an Interdependenz der großen Reiseveranstalter führen würde. In der 143. Begründungserwägung der Entscheidung vertritt sie die Auffassung, dass der Umstand, dass der Zusammenschluss die Zahl der möglichen Konkurrenzverhältnisse zwischen den großen Anbietern um die Hälfte von sechs auf drei reduzieren werde, die Interdependenz der Oligopolmitglieder und damit auch den Anreiz zur Einschränkung des Angebots wesentlich erhöhen werde, da es für die drei Oligopolmitglieder offensichtlich wäre, dass ein Wettbewerb um Marktanteile nur die Gewinnspanne für alle nach unten drücken würde. Die zunehmende Marginalisierung der Kleinanbieter mache ein solches Ergebnis noch wahrscheinlicher. Nach der 144. Begründungserwägung wird mit dieser Verringerung der möglichen bilateralen Konkurrenzverhältnisse bzw. Geschäftsverbindungen auch der Markt durchschaubarer, da den großen Anbietern die Aufdeckung etwaiger Versuche einer Veränderung des Marktgleichgewichts, z.B. durch den Kampf um Marktanteile, erleichtert werde. Damit wachse auch das Risiko, dass wettbewerbsfördernde Maßnahmen ein Überangebot herbeiführten und die Gewinne abnehmen würden; ein solcher Vorstoß wäre also kontraproduktiv.
282. Die Kommission ist daher zu dem Ergebnis gekommen (147. Begründungserwägung der Entscheidung), dass die sich durch den Zusammenschluss ergebende Marktstruktur Anreize für eine Einschränkung des Angebots erzeuge und eine solche Einschränkung für die Oligopolmitglieder sinnvoll würde.
283. Was den voraussichtlichen Grad an Markttransparenz nach dem Zusammenschluss angeht, so ist jedoch festgestellt worden, dass die Kommission den auf diesem Markt bestehenden Grad an Transparenz zu Unrecht für ausreichend gehalten hat, damit jeder große Reiseveranstalter das Verhalten der anderen in Erfahrung bringen, etwaige Abweichungen vom gemeinsamen Verhalten entdecken und Gegenmaßnahmen als solche begreifen könne. Die Kommission hat auch nicht dargetan, dass die Umwandlung von vier großen Reiseveranstaltern in drei die Situation verändern würde. Zwar würde die Verringerung der Zahl der Konkurrenzverhältnisse zwischen den großen Anbietern von sechs auf drei die Markttransparenz sicherlich in gewissem Maße vergrößern, doch wäre es für jeden der drei verbleibenden großen Reiseveranstalter weiterhin genauso schwierig, rechtzeitig die jeweiligen Absichten der beiden anderen vorauszusehen und ihr abweichendes Verhalten als solches zu erkennen.
284. Was die Annahme betrifft, dass der Zusammenschluss die Interdependenz der großen Reiseveranstalter wesentlich erhöhen werde, so argumentiert die Kommission widersprüchlich, wenn sie einerseits geltend macht, dass echte Wettbewerbsfähigkeit auf diesem Markt eine vertikale Integration voraussetze, und andererseits behauptet, dass der Umstand, dass jeder integrierte Reiseveranstalter im vorgelagerten Markt Chartersitzplätze an andere verkaufe und im nachgelagerten Markt Pauschalreisen der anderen verkaufe, wettbewerbswidrige Wirkungen habe, da so die Interdependenz der Reiseveranstalter erhöht werde. Mangels Beweises des Gegenteils ist aber aufgrund der Sachgesetzlichkeiten dieses Marktes anzunehmen, dass die vertikale Integration die gegenseitige Unabhängigkeit der großen Reiseveranstalters vergrößert und somit ihre Interdependenz verringert.
285. Die Kommission hat auch nicht erläutert, weshalb das, was sie als geschäftliche Verflechtungen ansieht (Kauf von Sitzplätzen bei anderen und Verkauf der eigenen Produkte auch über die Reisebüros der anderen), nur mit starken wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den großen Anbietern (142. Begründungserwägung der Entscheidung) und nicht einfach dadurch erklärt werden kann, dass diese Beziehungen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld rentabel sind, da die großen Reiseveranstalter wirtschaftliche Gruppen bilden, die in mehreren Märkten dieses Sektors stark engagiert und daran interessiert sind, dass alle diese Märkte rentabel sind und maximale Gewinne abwerfen.
286. Die Entscheidung enthält keine klaren Angaben zu den starken wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den großen Anbietern und zur Art und Weise, in der sie die Interdependenz der integrierten Reiseveranstalter verstärken. In der 57. Begründungserwägung der Entscheidung stellt die Kommission fest, dass "das Ausmaß und die Art der vertikalen Integration der einzelnen Großanbieter [sowie] die umfassenden geschäftlichen und sonstigen Beziehungen dieser Unternehmen untereinander" zu den besonderen Wettbewerbsmerkmalen des relevanten Produktmarktes gehörten. In der 71. Begründungserwägung der Entscheidung wird die Art der fraglichen Beziehungen etwas näher erläutert und auf die Existenz geschäftlicher Verflechtungen zwischen den Touristikkonzernen hingewiesen, die sich zum Teil aus der vertikalen Integration im nachgelagerten Bereich - gegenseitige Inanspruchnahme der jeweiligen Reisebüroketten beim Absatz der Reisen - und auf dem vorgelagerten Markt ergäben, wo sich die Unternehmen ihre Sitzplatzkapazitäten teilten, indem sie einander Kontingente direkt abkauften oder Sitzplätze im Wege einschlägiger Regelungen oder Zusammenlegungsvereinbarungen tauschten, um ihre jeweiligen Flugzeugflotten optimal auszulasten. Sodann hat die Kommission in der 102. bis 113. Begründungserwägung eine Reihe von Überlegungen unter dem Titel "Transparenz, Interdependenz und kommerzielle Bindungen" angestellt. In diesen Begründungserwägungen wird der Grad an Transparenz dargestellt, der nach Auffassung der Kommission auf dem Markt besteht. Die Kommission führt hierzu aus, dass die vertikale Integration und die geschäftlichen Verflechtungen der Hauptanbieter diesen dazu verhülfen, genaue und stets aktuelle Schätzwerte ihrer Marktanteile und der Marktanteile ihrer Hauptmitbewerber zu erhalten. In diesen Begründungserwägungen wird jedoch nicht erläutert, weshalb die integrierten Reiseveranstalter interdependent sind und welche Auswirkungen - abgesehen von einer Verstärkung der Transparenz - die aus der vertikalen Integration und der Funktionsweise des Marktes resultierenden geschäftlichen Verflechtungen haben.
287. Weiter stellt die Kommission in der 142. Begründungserwägung im Rahmen der Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses fest, dass bereits jetzt die Reiseveranstalter bis zu einem gewissen Grad wegen der Auswirkungen des saisonalen Programmangebots auf die Marktbedingungen voneinander abhängig seien. Nach Auffassung der Kommission "entstehen [hierdurch] starke wirtschaftliche Verflechtungen zwischen den großen Anbietern". Weder wird jedoch beschrieben, um welche Art wirtschaftlicher Verflechtungen es in diesem Abschnitt geht, noch wird in der Entscheidung erläutert, was unter starken wirtschaftlichen Verflechtungen zu verstehen ist. Jedenfalls scheint sich die Kommission in diesem Abschnitt nicht auf die aus der vertikalen Integration resultierenden geschäftlichen Verflechtungen zu beziehen (Kauf von Sitzplätzen bei anderen und Verkauf der Reisen von anderen).
288. Damit hat die Kommission für die Situation vor dem Zusammenschluss nicht geprüft, in welchem Maße die aus der vertikalen Integration und der Funktionsweise des Marktes resultierenden geschäftlichen Verflechtungen die Interdependenz der integrierten Reiseveranstalter verstärken; sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass sie die auf diesem Markt bestehende Transparenz verstärken.
289. Da die Kommission nicht das Gegenteil bewiesen hat, ist aber davon auszugehen, dass die Tatsache, dass jeder integrierte Reiseveranstalter bei den Unternehmen eines Konkurrenten Sitzplätze kauft und seine Produkte verkauft, unter den vor dem Zusammenschluss auf dem relevanten Markt bestehenden Bedingungen weder ein Indiz für Interdependenz noch für Unabhängigkeit sein kann. Dieser Umstand erklärt sich vielmehr ganz einfach aus dem normalen Wirtschaftsleben, in dessen Rahmen das Geschäft an erster Stelle steht und die integrierten Reiseveranstalter versuchen müssen, in einem Sektor mit sehr hohen Fixkosten und geringen Gewinnspannen Kapazitäten und Geschäftschancen maximal zu nutzen. Wie in der Entscheidung erwähnt, sind die integrierten Reiseveranstalter auf drei verschiedenen Märkten und damit in drei verschiedenen Geschäftszweigen tätig: Kurzstrecken-Charterflüge, Veranstaltung von Kurzstrecken-Pauschalreisen und Verkauf von Reisen in Reisebüros. First Choice ist sogar in einem vierten Geschäftszweig tätig, nämlich in der Vermittlung von Sitzplätzen (siehe 1. Begründungserwägung der Entscheidung). Es entspricht der wirtschaftlichen Sachgesetzlichkeit einer Unternehmensgruppe, dass jedes der Unternehmen, die einen integrierten Reiseveranstalter bilden, versucht, so leistungsfähig wie möglich zu sein.
290. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses nicht erwogen zu haben scheint, wie sich die wirtschaftliche Sachgesetzlichkeit einer Gruppe auswirkt, nämlich als Einnahmenmaximierung durch Maximierung der Gesamtgewinne auf der Ebene der Gruppe als Ganzer. In der Entscheidung wird jedoch ausgeführt (59. Begründungserwägung), dass die Gewinnspannen der Reiseveranstalter verhältnismäßig niedrig sind, in der Größenordnung von 7% für die letzten Jahre, dass aber vertikal integrierte Unternehmen darüber hinaus in der Regel auch noch Einkünfte aus dem Betrieb von Fluggesellschaften und Reisebüroketten beziehen, in denen die Gewinnspannen - vor allem beim Flugbetrieb - unter Umständen höher sind. In der Entscheidung wird auch ausgeführt, dass aus diesem Grund "der Bruttogewinn aus allen Tätigkeiten eines integrierten Unternehmens auch höher ausfallen [kann] als die Bruttogewinnspanne des Veranstaltungsgeschäfts allein".
291. Da die wirtschaftliche Sachgesetzlichkeit der Gruppe aber normalerweise die Erzielung größtmöglicher Synergieeffekte begünstigt, wird die Rentabilität der verschiedenen Geschäftszweige der Gruppe (Charterflüge, Veranstaltung von Pauschalreisen und Betrieb von Reisebüros) parallel zur Nutzung der Vorteile einer vertikalen Integration steigen.
292. Selbst wenn die Synergieeffekte, zu denen der Zusammenschluss führen dürfte, bei nicht mehr als 1% der Gesamtkosten des fusionierten Unternehmens liegen sollten (146. Begründungserwägung der Entscheidung), gibt es schließlich keinen Hinweis darauf, dass die Klägerin die Zahlung des Preises (der bei einer feindlichen Übernahme in der Regel höher ist) für die Aktien von First Choice in der Erwartung beschlossen hat, dass sich diese erhebliche Investition wegen der Vorteile einer dauerhaften kollektiven beherrschenden Stellung rentieren werde.
293. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen und mangels einer genaueren Bewertung des Ausmaßes der Verstärkung der Markttransparenz und der Interdependenz der großen Reiseveranstalter, zu der der Zusammenschluss führen dürfte, ist festzustellen, dass die Kommission nicht dargetan hat, dass der Zusammenschluss die Struktur des relevanten Marktes so ändern würde, dass die großen Veranstalter anders als in der Vergangenheit handeln und eine kollektive beherrschende Stellung begründen würden.
D) Gesamtergebnis
294. Nach alledem ist festzustellen, dass die in der Entscheidung dargestellte Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung nicht auf eindeutige Beweise gestützt ist und hinsichtlich von Faktoren, die für die Beurteilung einer etwaigen Begründung einer kollektiven beherrschenden Stellung wichtig sind, eine Reihe von Beurteilungsfehlern aufweist. Die Kommission hat somit den Zusammenschluss untersagt, ohne rechtlich hinreichend dargetan zu haben, dass er zu einer kollektiven beherrschenden Stellung der daraus hervorgehenden drei großen Reiseveranstalter führen würde, die geeignet wäre, einen wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt erheblich zu behindern.
295. Damit ist der dritte Klagegrund begründet und die Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne dass die übrigen Rügen und Klagegründe der Klägerin noch geprüft werden müssten.
 
Kosten
296. Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Beklagte mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Klägerin beantragt hat, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, sind dieser ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat das Gericht (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung K(1999) 3022 endg. der Kommission vom 22. September 1999 zur Erklärung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und mit dem EWR-Abkommen (Sache Nr. IV/M. 1524 - Airtours/First Choice) wird für nichtig erklärt.
2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin.
Lindh, Garcia-Valdecasas, Cooke, Vilaras, Forwood
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. Juni 2002.
H. Jung (Der Kanzler), P. Lindh (Die Präsidentin)