BGE 104 II 108 - Talentstudio
 
19. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Mai 1978 i.S. X. gegen Z.
 
Regeste
Zweiseitiger Vertrag auf Arbeitsleistung.
2. Arbeitsleistungen und andere Verpflichtungen, die einen Vertrag weder als einfache Gesellschaft (E. 2), noch als Agenturvertrag (E. 3) erscheinen lassen.
3. Art. 404 Abs. 1 OR. Ein Vertrag auf Arbeitsleistung, der als Auftrag zu behandeln ist, kann jederzeit widerrufen werden (E. 4).
4. Art. 27 ZGB. Übermässige Bindungen, die einer schwerwiegenden Beschränkung der persönlichen Freiheit gleichkommen und daher einen Vertrag unzulässig machen (E. 5).
 
Sachverhalt


BGE 104 II 108 (109):

A.- Frau X. betrieb in Zürich ein "Talent-Studio", in dem sie jüngere Leute in Gesang und Darbietung ausbildete, um sie auf eine Karriere in der Unterhaltungsindustrie vorzubereiten. Am 28. August 1975 schloss die damals 22-jährige Z. mit ihr einen "Ausbildungsvertrag" ab, der einen dreimonatigen Kurs mit 12 Doppelstunden im Schlagersingen vorsah. Nach Beendigung des Kurses unterzeichneten die Parteien einen mit "Der Weg zur Schallplatte" überschriebenen "Managements-Vertrag".
Durch diesen Vertrag übertrug Z. als Interpretin dem Talent-Studio das ausschliessliche Recht ihres "Managements für Auftritte und Produktionen jeder Art"; das Studio war alleinberechtigt, diesbezügliche Verträge in eigener Kompetenz abzuschliessen. Frau X. verpflichtete sich, die Interpretin für öffentliche Auftritte zu schulen und den Kontakt mit Schallplattenproduzenten herzustellen, sie bei Radio-Fernsehanstalten des In- und Auslandes bekannt zu machen, ihre künstlerischen und finanziellen Interessen zu vertreten. Z. versprach insbesondere, allen Anweisungen des Studios Folge zu leisten, angebotene Titel zu übernehmen, Vereinbarungen über Auftritte zu erfüllen, Termine einzuhalten und während der Dauer des Vertrages so unabhängig zu sein, dass sie bei Bedarf verfügbar war. Sie verpflichtete sich zudem, dem Studio aus allen Gagen und Lizenzeinnahmen ein Manager-Honorar bis 40% zu bezahlen. Das Vertragsverhältnis sollte am 9. Dezember 1975 beginnen und fünf Jahre dauern. Für den Fall, dass Z. den Vertrag nicht einhielt, wurde eine Konventionalstrafe von Fr. 50000.- vorgesehen.
Mit Schreiben vom 19. Januar 1976 teilte Z. der Gegenpartei mit, dass sie den "Managements-Vertrag" für unverbindlich halte, was Frau X. nicht gelten liess.
B.- Im September 1976 klagte Frau X. gegen Z. auf Zahlung einer Konventionalstrafe nach richterlichem Ermessen von höchstens Fr. 50000.- nebst Zins; sie beantragte ferner, die Beklagte zur Herausgabe von Tonbändern zu verpflichten.


BGE 104 II 108 (110):

Das Bezirksgericht Zürich nahm am 9. Mai 1977 davon Vormerk, dass die Beklagte die Tonbänder nicht gewerbsmässig verwende, und wies die Klage im übrigen ab.
Die Klägerin zog ihr Hauptbegehren an das Obergericht des Kantons Zürich weiter, das es am 21. November 1977 ebenfalls abwies. Das Obergericht würdigte den "Managements-Vertrag" als einfachen Auftrag, der gemäss Art. 404 Abs. 1 OR jederzeit widerrufen werden könne und keine Konventionalstrafe zulasse. Es liess offen, ob der Vertrag wegen Übervorteilung oder Willensmängel für die Beklagte unverbindlich war Oder gegen ihr Persönlichkeitsrecht verstiess.
C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt mit den Anträgen, es aufzuheben, die Beklagte zur Zahlung einer Konventionalstrafe zu verpflichten und die Sache zur Bestimmung des Betrages an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Zu den Verträgen auf Arbeitsleistung gehören namentlich der Arbeitsvertrag, der Werkvertrag, der Auftrag und dessen Abarten sowie die einfache Gesellschaft. Fällt ein Vertrag auf Arbeitsleistung unter keinen besondern Vertragstypus des Gesetzes, so sind gemäss Art. 394 Abs. 2 OR die Vorschriften über den Auftrag anzuwenden. Das schliesst entgegen den Einwänden der Klägerin einen Vertrag auf Arbeitsleistung sui generis

BGE 104 II 108 (111):

aus (GAUTSCHI, 3. Aufl. N. 56 zu Art. 394 OR). Möglich ist hingegen, dass ein Vertrag Elemente von zwei gesetzlichen Vertragsarten enthält, z.B. der Miete und des Arbeitsvertrages. Aber auch diesfalls wird ein Vertrag auf Arbeitsleistung nicht zu einem solchen sui generis. Dies gilt insbesondere, wenn der mit dem Vertrag auf Arbeitsleistung verbundene weitere Vertrag bloss Voraussetzung dafür ist, dass der erstere überhaupt erfüllt werden, ohne ihn also keinen Bestand haben kann.
Das ist in BGE 83 II 529 /30, wo der Vertrag über eine Liegenschaftsverwaltung nicht als eigentlicher Auftrag, sondern als Vertrag sui generis beurteilt worden ist, freilich übersehen worden. Diese Beurteilung widerspricht entgegen den Ausführungen in BGE 98 II 308 sowohl dem in Art. 394 Abs. 2 OR enthaltenen Grundsatz wie der Regel, dass auf das freie Widerrufsrecht gemäss Art. 404 OR nicht zum vorneherein verzichtet werden kann. Sie ist denn auch von verschiedener Seite kritisiert worden (MERZ, in ZBJV 95/1959 S. 59/60; GAUTSCHI, N. 23 c zu Art. 395 und N. 10 d zu Art. 404 OR; Urteil des zürch. Kassationsgerichts vom 3. Dezember 1968 in SJZ 66/1970 S. 8).
Im vorliegenden Fall ist daher zunächst zu prüfen, ob der "Managements-Vertrag" einem andern Typus von Verträgen auf Arbeitsleistung als dem Auftrag zugeordnet werden kann.
Sie beruft sich dagegen auf Gesellschaftsrecht und macht insbesondere geltend, ihre Beteiligung am gemeinsamen Erfolg sei als Entschädigung gedacht gewesen, weshalb das Vertragsverhältnis einer einfachen Gesellschaft nahekomme, die nur aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden könne. Diese Berufung auf Gesellschaftsrecht ist offenbar neu, aber gleichwohl zulässig, da es sich nur um eine neue rechtliche Begründung zum gleichen Sachverhalt handelt (BGE 99 II 49 E. 2, BGE 98 II 194).
Die einfache Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln

BGE 104 II 108 (112):

(Art. 530 OR). Schliessen sich nur zwei Personen zusammen oder werden die Rechte und Pflichten der Beteiligten ungleich geregelt, so nähert die einfache Gesellschaft sich dem zweiseitigen Vertrag. Bei der Gesellschaft werden durch den Zusammenschluss jedoch gemeinsame Interessen gefördert; jeder Gesellschafter hat durch seine Leistungen, deren Inhalt sehr verschieden sein kann und nicht zum vorneherein bestimmt sein muss, etwas zum gemeinsamen Zwecke beizutragen. Sachleistungen des einen gehen dabei nicht auf einen andern Gesellschafter über, und Dienstleistungen erfolgen im Interesse aller. Die synallagmatischen oder zweiseitigen Verträge, zu denen auch die Auftragsverhältnisse gehören, sind hingegen durch den Interessengegensatz zwischen den Vertragsparteien sowie durch die Bestimmtheit ihres Gegenstandes charakterisiert; durch den Austausch von Gütern oder Dienstleistungen werden entgegengesetzte Interessen befriedigt. Auftrag und einfache Gesellschaft voneinander abzugrenzen, kann namentlich dann schwierig sein, wenn sowohl der Auftraggeber wie der Beauftragte an der Ausführung des Auftrages interessiert sind. Diesfalls ist nach GAUTSCHI (N. 60 a zu Art. 394 OR) ein Auftrag anzunehmen, wenn ihr Interesse am Geschäft nicht gleicher Art ist. Dass beim Auftrag oder dessen Abarten ein Gewinnanteil ausbedungen wird, macht das Vertragsverhältnis zwar zu einem gesellschaftsähnlichen, aber nicht zu einer einfachen Gesellschaft (SIEGWART, N. 74 der Vorbem. zu Art. 530 OR).
Im vorliegenden Fall waren beide Parteien interessiert, dass die Beklagte als Schlagersängerin Karriere mache. Deswegen lässt sich ihr Vertragsverhältnis aber noch nicht als einfache Gesellschaft ausgeben, denn eine gewisse Interessengemeinschaft besteht auch bei zweiseitigen Verträgen. SO haben z.B. bei Miete und Werkvertrag beide Parteien ein Interesse daran, dass ein Mietobjekt möglichst gut erhalten bleibe bzw. dass ein Werk fachgemäss erstellt werde. Ihr gemeinsames Interesse erklärt sich daraus, dass es zum Zwecke des Austausches der Leistungen eines Zusammenwirkens bedarf. Ihre Hauptinteressen sind aber verschiedener Art, da dasjenige der einen Partei auf das Mietobjekt bzw. das Werk, dasjenige der andern dagegen auf das Entgelt (Mietzins, Honorar oder Werklohn) gerichtet ist. Ähnlich verhielt es sich auch hier. Die Beklagte war an einer beruflich und finanziell erfolgreichen Karriere als Schlagersängerin,

BGE 104 II 108 (113):

die Klägerin dagegen vor allem am Honoraranspruch interessiert, der sich für sie aus diesem Erfolg ergab. Dass sie mit gemeinsamen Kräften und Mitteln das gleiche Ziel verfolgten, liesse sich nur sagen, wenn sie ihre Rechte und Pflichten aus den mit Dritten abzuschliessenden Verträgen über Auftritte, Produktionen usw. als gemeinsame Aufgabe betrachtet hätten (vgl. BGE 83 II 38 /9 E. 1 c). Dies traf aber nicht zu. Die Einnahmen aus den Verträgen wären nicht in ein gemeinsames Vermögen geflossen, sondern sollten der Beklagten zukommen, die daraus den Honoraranspruch der Klägerin zu decken hatte; diese liess sich durch den "Managements-Vertrag" bloss bevollmächtigen, die Verträge mit Dritten abzuschliessen und das Inkasso von Gagen und Lizenzeinnahmen selber zu besorgen. Die Beklagte hätte auch für die "direkten Kosten" allein aufkommen müssen. Der Vertrag war somit nicht auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Mitteln gerichtet.
Dazu kommt, dass die Klägerin sich als Managerin bei der Abwicklung des Vertrages die meisten Befugnisse selber vorbehalten hat. Sie bestimmte darüber, wann die Beklagte auftreten, was sie singen und welche Gage sie beanspruchen sollte. In all diesen Belangen hatte die Beklagte sich den Anordnungen der Klägerin zu fügen und deren Weisungen zu befolgen. Eine derart ungleiche Stellung der Vertragspartner verträgt sich nicht mit dem Grundgedanken des Art. 530 OR und erlaubt daher nicht, den "Managements-Vertrag" dem Gesellschaftsrecht zu unterstellen.
a) Das Obergericht hat einen Agenturvertrag zwischen den Parteien vor allem deshalb verneint, weil die Klägerin berechtigt gewesen sei, die Verträge über Auftritte und Produktionen

BGE 104 II 108 (114):

der Beklagten "in eigener Kompetenz", d.h. im eigenen Namen abzuschliessen. Die Klägerin hält dem entgegen, die Wendung "in eigener Kompetenz" sage nichts darüber aus, in wessen Namen sie als Managerin handeln, sondern bloss dass sie die Verträge mit Dritten aus eigenem Entschluss, ohne Pflicht zu Rückfragen abschliessen durfte. Das damit vereinbarte Vorgehen spreche dafür, dass die Beklagte Vertragspartnerin der Dritten werden sollte, da sonst eine besondere Zuständigkeitsregelung müssig gewesen wäre. Dieser Einwand hat einiges für sich, schliesst doch die streitige Wendung Vertragsabschlüsse im Namen und für Rechnung der Beklagten und damit einen Agenturvertrag nicht zum vorneherein aus.
Fehl geht dagegen die Rüge, das Obergericht habe offensichtlich übersehen, dass die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren die streitige Klausel sinngemäss gleich verstanden habe, was eine Auslegung überflüssig mache und eine solche im Sinne des angefochtenen Urteils ausschliesse. Die Klägerin verkennt, dass ein offensichtliches Versehen gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. d OG nur vorliegt, wenn die Vorinstanz eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig wahrgenommen hat (BGE 99 II 325 mit Hinweisen), und dass Erklärungen oder Handlungen der Parteien im Prozess dem kantonalen Recht unterstehen (BGE BGE 95 II 295 E. 4, BGE 81 II 529), die Berufung aber nur mit Verletzung von Bundesrecht begründet werden darf (Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG). Ob der "Managements-Vertrag" sich als Agenturvertrag auffassen lässt, ist vielmehr eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht frei überprüft werden darf. Sie beurteilt sich nicht nur nach dem Inhalt der streitigen, sondern auch der übrigen Klauseln sowie nach den Umständen, unter denen der Vertrag abgeschlossen worden ist (BGE 101 II 279 /80 und BGE 96 II 333 mit Zitaten).
b) Gemäss Ziff. 4 des "Managements-Vertrages" gingen alle unmittelbaren Auslagen für "Studiomieten, Erstellen von Playbacks, Beschaffen von Photos und Fanpostkarten, etc." zulasten der Beklagten und waren von ihr zum voraus zu bezahlen. Das spricht nach der Auffassung des Obergerichts ebenfalls gegen einen Agenturvertrag, weil der Agent gemäss Art. 418g ff. OR keinen Anspruch auf Ersatz von Kosten und Auslagen habe. Wie aus Art. 418n erhellt, trifft dies jedoch nur soweit zu, als nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist. Richtig ist dagegen, dass beim Agenturvertrag eine Verpflichtung zum

BGE 104 II 108 (115):

Ersatz von Kosten und Auslagen im allgemeinen nicht üblich ist, weil der Agent nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingeordnet wird, sondern eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Wird ein Ersatz vereinbart, so kann das freilich auch ein Indiz dafür sein, dass es sich eher um einen andern Vertrag auf Arbeitsleistung handelt.
Das Bezirksgericht hat mit Recht hervorgehoben, dass die Klägerin der Beklagten nicht nur Auftrittsmöglichkeiten verschaffen, sondern sie noch weiter ausbilden sollte. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass sie ihre Leistungen gemäss Ziff. 4 des Vertrages in den "Rahmen der Aufbauarbeit" eingefügt und alle Übungen und Aufnahmen der Leitung ihres Studios unterstellt wissen wollte. Damit stimmt überein, dass sie gemäss Ausführungen in der Replik ihre "Schützlinge" auch persönlich betreut, in jeder Beziehung beraten und weitergebildet haben will. Sie übte angeblich keine reine Vermittlertätigkeit aus, welche ihren künstlerischen Neigungen nicht entsprach, sondern bediente sich dafür geeigneter Agenturen; hierzu liess sie sich durch den Vertrag denn auch ausdrücklich ermächtigen. Diesen von ihr selbst zugestandenen Pflichten zur Weiterbildung und Betreuung kommt für die Würdigung des Vertrages eine besondere Bedeutung zu, zumal sie sich nicht als blosse Nebenpflichten ausgeben lassen, mag der Vertrag auch hauptsächlich darauf angelegt gewesen sein, der Beklagten durch öffentliche Auftritte zum Durchbruch zu verhelfen.
Gegen die Annahme eines Agenturvertrages spricht ferner, dass die Klägerin nach dem "Managements-Vertrag" fast unbeschränkt über die Beklagte verfügen durfte. Eine derart weitgehende Entscheidungsbefugnis des Beauftragten, welche dem Auftraggeber kaum mehr einen Spielraum zur Mitgestaltung eigener Angelegenheiten lässt, ist völlig atypisch für den Agenturvertrag. Die Auffassung des Obergerichtes, das einen solchen Vertrag zwischen den Parteien verneint hat, ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.
4. Fällt der "Managements-Vertrag" somit unter keinen andern gesetzlichen Typus der Verträge auf Arbeitsleistung, so ist er gemäss Art. 394 Abs. 2 OR als Auftrag zu behandeln. Als solcher konnte er nach der zwingenden Bestimmung des Art. 404 Abs. 1 OR aber jederzeit widerrufen werden. Die Rechtfertigung dieser Regel ist darin zu erblicken, dass der Beauftragte meistens eine ausgesprochene Vertrauensstellung

BGE 104 II 108 (116):

einnimmt, es aber keinen Sinn hat, den Vertrag noch aufrechterhalten zu wollen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zerstört ist. Ein Verzicht auf das freie Widerrufsrecht würde sich damit nicht vertragen. Nach der Rechtsprechung und herrschenden Lehre (BGE 98 II 308 E. 2 a mit Zitaten) darf dieses Recht daher vertraglich weder wegbedungen noch beschränkt werden. Es geht auch nicht an, dass zulasten des Widerrufenden eine Konventionalstrafe vereinbart wird; denn dies liefe darauf hinaus, das freie Widerrufsrecht in unzulässiger Weise zu erschweren (GAUTSCHI, N. 10 e zu Art. 404 OR).
Dagegen ist mit dem Einwand der Klägerin, dass beide Parteien an einer längerdauernden Bindung interessiert gewesen seien, nicht aufzukommen. Der Gesetzgeber hat das Interesse an der freien Widerruflichkeit wegen der vorwiegend persönlich bedingten Beziehungen zwischen den Parteien höher bewertet als dasjenige an einer längeren Bindung. Diese Lösung entspricht dem Wesen des Auftrages (MERZ, a.a.O., S. 60/61), Obschon sie beim entgeltlichen Auftrag unter Umständen nicht zu befriedigen vermag. Das Widerrufsrecht ist nur insofern eingeschränkt, als es nicht zur Unzeit ausgeübt werden darf; diesfalls hat der Widerrufende den der Gegenpartei daraus entstehenden Schaden denn auch zu ersetzen (Art. 404 Abs. 2 OR). An einem Dauervertrag war hier übrigens vor allem die Klägerin interessiert. Die starke Bindung, welche die Beklagte mit dem "Managements-Vertrag" einging, war dieser jedenfalls nur solange zuzumuten, als zwischen den Parteien ein Vertrauensverhältnis bestand. Der Hinweis auf BGE 83 II 529 ff. hilft darüber nicht hinweg, zumal in diesem Entscheid die Rechtsnatur des Verwaltungsauftrages verkannt worden ist.
Die Beklagte hat der Klägerin insbesondere das Recht übertragen, Verträge über Auftritte und die Ausgabe von Schallplatten in eigener Kompetenz abzuschliessen, die Vermittlung von Auftritten jeder Art einer anerkannten Agentur zu überlassen und Gagen und Lizenzeinnahmen selber zu erheben. Sie verpflichtete sich, ohne Einwilligung der Klägerin nicht öffentlich

BGE 104 II 108 (117):

aufzutreten, keine die künstlerischen Belange betreffenden Verträge abzuschliessen, alle Weisungen der Klägerin zu befolgen, angebotene Titel zu übernehmen, Verträge über Auftritte zu erfüllen, Termine einzuhalten und so unabhängig zu bleiben, dass sie sich bei Bedarf zur Verfügung halten konnte. Sie versprach ferner, an sie gelangende Anfragen und Angebote der Klägerin zu melden und keine diesbezüglichen Verhandlungen zu führen sowie jede mehrtägige Abwesenheit und jede Adressänderung sofort mitzuteilen. Ein Mitspracherecht zu den Auftritten war einzig für das Repertoire vorgesehen, das gemeinsam festgelegt werden sollte; bei Meinungsverschiedenheiten entschied aber auch hier die Klägerin allein.
Damit hat die Beklagte sich in ihrer Erwartung, als Schlagersängerin Karriere zu machen, völlig der Klägerin ausgeliefert und sich jeder eigenen Entscheidungsbefugnis begeben. Sie musste sich nicht nur im Bereich ihrer künstlerischen Tätigkeit, sondern in der ganzen Lebensführung Beschränkungen der persönlichen Freiheit gefallen lassen, da sie stets bereit sein musste, wenn die Klägerin sie benötigte. Dadurch wurde sie in ihrer Freiheit, ein sinnvolles Privatleben zu führen, erheblich beeinträchtigt und wurde ihr die Aufnahme einer andern beruflichen Tätigkeit oder Weiterbildung wenn nicht verunmöglicht, so doch sehr erschwert.
Es liegt auf der Hand, dass das Fortbestehen einer solchen Bindung gegen den Willen der Beklagten deren Persönlichkeitsrecht verletzte. Der Vertrag sah eine vorzeitige Auflösung nur im beidseitigen Einverständnis, innerhalb der ersten zwei Jahre und für den Fall vor, dass die künstlerischen Fähigkeiten der Beklagten für einen "positiven Erfolg" nicht ausreichen, insbesondere die Bemühungen um einen Abschluss eines Schallplattenvertrages in dieser Zeit erfolglos bleiben sollten. Seine Erfüllung konnte ferner eingestellt werden, wenn die Beklagte ihre künstlerische Tätigkeit dauernd aufgab. In beiden Fällen schuldete die Beklagte der Klägerin aber "alle Kosten für Auslagen und Zeitaufwand des Managements seit Vertragsbeginn", was die Beklagte finanziell sehr belasten konnte.
Selbst nach Ablauf der festen Vertragsdauer von fünf Jahren wurde die Beklagte nicht ohne weiteres und vorbehaltlos frei.
Falls der Vertrag nicht sechs Monate vor Ablauf gekündigt wurde, sollte er sich stillschweigend um ein weiteres Jahr verlängern. Und wenn der Beklagten auf Vertragsende hin von

BGE 104 II 108 (118):

einem Dritten ein günstigerer Vertrag angeboten wurde, hatte die Klägerin das Vorrecht, "binnen 14 Tagen einen gleichwertigen Vertrag abzuschliessen".
Eine solche Häufung von Verpflichtungen zulasten einer 22- Jährigen, die sich über ihre beruflichen und künstlerischen Vorstellungen noch kaum im klaren sein konnte, kommt einer schwerwiegenden Beschränkung der persönlichen Freiheit gleich und ist daher unvereinbar mit Art. 27 ZGB, gleichviel wie der Vertrag, der die Verpflichtungen enthält, rechtlich zu würdigen ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. November 1977 bestätigt.