BGE 61 II 330 - Verpfändung von Namenaktien
 
74. Urteil der II. Zivilabteilung
vom 6. Dezember 1935
i.S. Bosshard gegen Hallheimer.
 


BGE 61 II 330 (330):

Regeste
Künftige Aktien sind verpfändbar (Erw.1).
Form der Verpfändung von Namenaktien (Art. 900, 901 Abs. 2 ZGB, 165, 637 Abs. 3 OR) (Erw. 2).
 
Sachverhalt
 
A.
Der Kläger liess gegen Ende 1934 für seine Konkursverlustscheinforderung von 13,772 Fr. 40 Cts. gegen W. Bär 24 Stück Namenaktien der Halba A.-G. im Nominalwert von je 500 Fr. mit Arrest belegen, die sich beim Beklagten befanden, welcher an denselben für 12,000 Fr. ein Pfandrecht beansprucht gestützt auf folgenden Vertrag vom 2. Mai 1933 :
§ 1: Die Herren Hallheimer und Baer gründen eine Aktiengesellschaft unter der Firma Halba A.-G. mit einem Aktienkapital von 30,000 Fr., und es werden von Herrn Hallheimer 18,000 Fr., von Herrn Baer 12,000 Fr. übernommen.
§ 7: Herr Hallheimer gibt Herrn Baer ein Darlehen von 12,000 Fr. zwecks Zeichnung und Übernahme der zu erwerbenden Aktien der Halba... Herr Baer verpfändet als Sicherheit die erwähnten 12,000 Fr. Aktien. -- Die konstituierende Generalversammlung fand am 5. Mai 1933,

BGE 61 II 330 (331):

und die Eintragung im Handelsregister am 19. Mai 1933 statt, von welchem Tage die Aktien auch datiert sind.
 
B.
Mit der vorliegenden Klage gemäss Art. 109 SchKG verlangt der Kläger, das vom Beklagten geltend gemachte Faustpfandrecht sei als unbegründet zu erklären.
 
C.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 29. Mai 1935 die Klage abgewiesen.
 
D.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage.
 
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
 
Erwägung 1
1. Die Aktienrechte, an denen der Beklagte ein Pfandrecht beansprucht, bestunden im Zeitpunkt des Abschlusses des Pfandvertrages freilich noch nicht. Allein es ist nicht einzusehen, warum künftige Forderungen oder andere Rechte nicht ebensogut sollten verpfändet werden können, wie sie nach der Rechtsprechung abtretbar sind (BGE 57 II 537). Nur kann ein solches Pfandrecht ebenfalls erst im Zeitpunkt der Entstehung des verpfändeten künftigen Rechtes wirksam werden (vgl. a.a.O. 540), wogegen keine Bedenken bestehen ; dies ist hier bereits nach wenigen Wochen, lange vor der Arrestierung geschehen. Die Erfordernisse der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des künftigen Gegenstandes der Abtretung bezw. Verpfändung (vgl. a.a.O. 539) sind hier in weitgehendem Mass erfüllt. Was anderes als eben die erst künftig entstehenden Aktienrechte Baer dem Beklagten durch den Vertrag vom 2. Mai 1933 hätte verpfänden und letzterer zu Pfand erwerben wollen können, ist unerfindlich.
 
Erwägung 2
OR Art. 637 Abs. 3 : Die Übertragung (der Namenaktien) kann durch Indossament geschehen.


BGE 61 II 330 (332):

ZGB Art. 900 Abs. 3 : Zur Verpfändung anderer Rechte (als Forderungen, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht) bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
ZGB Art. 901 Abs. 2 : Bei andern Wertpapieren (als Inhaberpapieren) bedarf es (zur Verpfändung) der Übergabe der Urkunde in Verbindung mit einem Indossament oder mit einer Abtretungserklärung.
Art. 637 OR ist eine Spezialvorschrift für die Übertragung von Namenaktien, die zwar nicht ohne weiteres auf die Verpfändung angewendet werden kann, aber doch insoweit analog angewendet werden sollte, dass sie strengere Formvorschriften für die Verpfändung ausschliesst (vgl. BGE 42 III 299 unten). Wie das Bundesgericht bereits ausgesprochen hat, ist nach Art. 637 OR "die Übertragung (von Namenaktien) durch Indossament nur gestattet, nicht geboten, diejenige durch Zession also nicht ausgeschlossen" (BGE 24 II 924). Somit wären der vorliegend geschlossene schriftliche Pfandvertrag oder eine schriftliche Verpfändungserklärung (vgl. Art. 165 OR, Art. 900 Abs. 1 und 3, 901 Abs. 2 ZGB) für die Verpfändung von Namenaktien auch ohne Indossament auf den Aktienurkunden selbst ausreichend. Hiezu wird, obwohl es in Art. 637 OR nicht einmal ausdrücklich vorgesehen ist, auch für die Wirkung der Verpfändung unter den Parteien des Pfandvertrages die Übergabe der Aktienurkunde treten müssen ; allein wenn sie nicht beim Abschluss des Pfandvertrages oder zusammen mit der Übergabe der Verpfändungserklärung erfolgt, so ist das Pfandrecht einfach solange noch nicht begründet, wird es aber ohne weiteres durch die nachträgliche Übergabe der Aktienurkunde. Sonst könnten ja nicht einmal bereits endgültig begründete Aktienrechte, für welche jedoch erst Interimsscheine bestehen, verpfändet werden.
Unter diesem Gesichtspunkt wäre also die Anwendung des Art. 901 Abs. 2, wonach es bei andern Wertpapieren

BGE 61 II 330 (333):

(als Inhaberpapieren) zur Verpfändung der Übergabe der Urkunde in Verbindung mit einem Indossament oder mit einer Abtretungserklärung bedarf, auf Namenaktien ausgeschlossen, wie ja überhaupt in Frage gezogen werden kann, ob damit eine Ordnung auch für andere Wertpapiere als solche über Forderungen getroffen werden wollte. Wäre in diesem Sinne statt des Art. 901 Abs. 2 der Art. 900 Abs. 3 ZGB anwendbar, wonach es zur Verpfändung anderer Rechte (als Forderungen) neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form bedarf, die für die Übertragung vorgesehen ist, so bestünde diese letztere Form nach dem bereits Ausgeführten (höchstens) in der Übergabe der Aktienurkunden, die auch erst nachträglich stattfinden konnte.
Bezüglich des Art. 901 Abs. 2 ZGB ist übrigens bereits ausgesprochen worden, dass er der Verpfändung von anderen Wertpapieren als Inhaberpapieren ohne Indossament und ohne Abtretungs- bezw. Verpfändungserklärung auf dem Papier selbst, sondern vermittelst selbständigen Pfandvertrages nicht entgegensteht (BGE 42 III 296 ff.). An diesem wohlerwogenen Präjudiz, gegen das der Kläger nichts Neues, damals nicht bereits Berücksichtigtes oder vorstehend bereits Erledigtes vorzubringen weiss, ist festzuhalten, umsomehr, als sich die Geschäftspraxis danach eingerichtet haben dürfte.
 
Dispositiv
 
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 29. Mai 1935 bestätigt.