BGE 41 I 423 - Dampfschiffgesellschaft des Vierwaldstättersees
 


BGE 41 I 423 (423):

61. Urteil  vom 11. November 1915
i. S. Dampfschiffgesellschaft des Vierwaldstättersees
gegen Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden einerseits, und Luzern anderseits.
Bedeutung einer Aenderung der Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts für die Rechtskraft vorher ergangener Urteile.
Besteuerung einer Dampfschiffgesellschaft mit Stationsanlagen in mehreren Kantonen.
Grundsätze für die quotenmässige Verteilung des Steuerrechts unter diese Kantone.
 
Sachverhalt
 
A.
Die Dampfschiffgesellschaft des Vierwaldstättersees, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern, die für ihren Betrieb auf dem Gebiete der fünf Seeuferkantone Luzern, Schwyz, Uri, Ob- und Nidwalden insgesamt 45 Dampfschiffstationen mit Landungsbrücken und teilweise auch noch weiteren Stationseinrichtungen benutzt, ist vom Bundesgericht durch Urteil vom 28. September 1898 (AS 24 I N  83 S. 444 ff.) als mit Bezug auf ihr Mobiliarvermögen und ihren Erwerb allgemein der Steuerhoheit bloss des Kantons Luzern - mit Ausschluss der

BGE 41 I 423 (424):

vier Urkantone - unterstehend erklärt worden, nachdem entsprechend schon durch Urteil vom 11. Juni 1886 (AS 12 N  31 S. 246 ff.) ein Steueranspruch des Kantons Schwyz an ihrem Gewerbefonds abgewiesen worden war. Hieran haben sich die beteiligten Kantone dann bis zum Jahre 1914 gehalten. In diesem Jahre aber traten auch die vier Urkantone unter Hinweis auf die neue Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts wieder als Steueransprecher auf und eröffneten der Dampfschiffgesellschaft mit Zuschrift der Finanzdirektion Uri vom 4. Mai 1914, dass sie gemeinsam die Gesellschaft mit 3,800,000 Fr. Vermögen und 200,000 Fr. Einkommen taxiert und sich folgende Quoten dieser Beträge - die gemäss späterer Erläuterung den verhältnismässigen Hoheitsanteilen der Uferkantone am Seegebiet entsprechen - zugeteilt hätten :
I. Vermögen.
    Uri...............17,88% =    680,000 Fr.
    Schwyz........14,88% =    565,000 "
    Obwalden.....2,17% =        83,000 " 
    Nidwalden....27,55% = 1,112,000 "
II. Einkommen.
    Uri................17,88% =      35,800 Fr.
    Obwalden......2,17% =      4,400 "
    (Die Kantone Schwyz und Nidwalden kennen die Einkommens- oder Erwerbsbesteuerung nicht.)
 
B.
Gegenüber dieser Mitteilung hat die Dampfschiffgesellschaft rechtzeitig den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und folgende Anträge gestellt:
    1.  Die in der Mitteilung angegebenen Taxationsentscheide der Kantone Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden seien aufzuheben und es sei zu erkennen, dass die genannten Kantone nicht berechtigt seien, die Rekurrentin für Erwerb und bewegliches Vermögen zu besteuern.
    2.  Eventuell wolle das Bundesgericht feststellen, in welchem Verhältnis die genannten vier Kantone und der Kanton Luzern berechtigt seien, die Rekurrentin für Er

    BGE 41 I 423 (425):

    werb zu besteuern, wobei als steuerpflichtiger Erwerb nur zu gelten habe der Ueberschuss des Ertrages des Dampfbootbetriebes über alle Unkosten der Verwaltung und des Betriebes, die Reparaturen und Abschreibungen und die Verzinsung der fremden und eigenen Gelder der Gesellschaft zu 5% hinaus.
In der Begründung wird zunächst unter Hinweis auf die beiden Urteile des Bundesgerichts aus den Jahren 1886 und 1898 die Einrede der abgeurteilten Sache erhoben und anschliessend wesentlich vorgebracht:
Irgendwelche Aenderung der tatsächlichen Verhältnisse sei seit jenen Urteilen nicht eingetreten. Die Beziehungen der Rekurrentin zu den Urkantonen seien heute wie früher einfach die, dass sie mit ihren Dampfschiffen den See befahre und an den Landungsbrücken die Passagiere und Güter ein- und auslade. Neben den Landungsbrücken, die bei den grösseren Stationen eine Ueberdachung, eine Wartehalle und einen Raum für die ankommenden und abgehenden Güter hätten, bestehe in Luzern und Flüelen je eine Billetausgabe. Für die Bedienung der Landungsstellen seien 1 bis 4 Brückenwarte vorhanden, welche die Stege an die Schiffe heranzuschieben und zurückzuziehen und die Brücken instand zu halten hätten. Das Ein- und Ausladen der Güter geschehe durch die Schiffsmannschaft. Wenn nun auch die bundesgerichtliche Doppelbesteuerungspraxis seither, nach den Urteilen vom 29. März 1905 in Sachen Elektrizitätswerk Kubel gegen Appenzell A. Rh. und St. Gallen (AS 31 I S. 56 ff.) und vom 12. April 1911 in Sachen Motor -A.-G. gegen Zürich eventuell Aargau (AS 37 I S. 249 ff.), insofern geändert habe, als ein besonderes Steuerdomizil nicht mehr nur bei selbständigen Zweiggeschäften, sondern überall da angenommen werde, wo das betreffende Geschäft ständige körperliche Anlagen oder Einrichtungen besitze, mittelst deren sich daselbst ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil seines technischen oder kommerziellen Betriebes vollziehe, so träfen doch diese Voraussetzungen auf den geschilderten

BGE 41 I 423 (426):

Geschäftsbetrieb der Rekurrentin nicht zu. Die Landungsbrücken seien im Grunde genommen weder Teile des kaufmännischen noch des technischen Betriebes der Dampfschiffahrt; sie erfüllten bloss die Aufgabe, Personen und Güter von den öffentlichen Strassen auf die Dampfschiffe zu bringen, und stellten somit einfach die Anpassung der öffentlichen Verkehrswege an den Dampfschiffsverkehr dar, die richtigerweise den Kantonen und Gemeinden obläge, während der eigentliche technische und kaufmännische Betrieb der Dampfschiffahrt erst beginne, wenn das Publikum oder die Güter verladen seien. Früher hätten die Schiffe bekanntlich nicht an den Ufern angelegt, sondern die Reisenden und Güter seien durch besondere Schiffe (Stationsschiffe) an die im offenen See haltenden Schiffe herangebracht oder von dort abgeholt worden, was beweise, dass die Landungsbrücken, die tatsächlich vielfach nicht den Schiffahrtsgesellschaften, sondern den Ufergemeinden gehörten, nicht Bestandteile des Schifffahrtsbetriebes seien. Eine für diesen ebenso notwendige Sache sei die Wasserstrasse selbst. Wenn aber auch ohne See keine Dampfschiffe und keine Einnahmen, so sei deswegen der See doch nicht Bestandteil des Betriebes. Den vier Urkantonen entständen aus dem Schiffahrtsverkehr der Rekurrentin keine Lasten, sondern nur Vorteile, und ihre Steueransprüche entbehrten demnach der innern Begründung.
Eventuell gäben die Landungsbrücken für das Mass der Besteuerung keinen Anhaltspunkt. Es werde schwierig sein, hiefür einen richtigen Massstab zu finden. Jedenfalls könne der auf jeden Kanton entfallende Teil des Vierwaldstättersees nicht massgebend sein; denn die Seefläche sei nicht eine ständige körperliche Anlage oder Einrichtung im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis, und die Länge der auf dem See befahrenen Strecke sei auch nicht abhängig von der Grösse der zum einzelnen Kanton gehörenden Fläche. Eventuell werde vielmehr die Verteilung des Besteuerungsrechts nach dem auf die sämtlichen

BGE 41 I 423 (427):

Stationen jedes Kantons entfallenden Gesamtverkehr beantragt. Die gesamte Personenfrequenz (ein- und aussteigende Personen) habe nach dem Geschäftsbericht der Rekurrentin im Jahre 1913 betragen auf den Stationen der Kantone: Luzern 55,35%, Nidwalden 16,69%, Uri 13,57%, Schwyz 11,71% und Obwalden 2,68%. Immerhin liessen sich auch andere Arten der Verteilung denken, und es sei eventuell Sache einer  auf Kosten der beteiligten Kantone durchzuführenden  Expertise, den logisch und wirtschaftlich richtigsten Verteilungsmodus zu finden.
Die Taxation des Einkommens der Rekurrentin auf 200,000 Fr. durch die Urkantone entspreche auch an sich der bundesgerichtlichen Praxis nicht. Steuerrechtliches Einkommen oder steuerpflichtiger Erwerb sei, wie der Kanton Luzern gemäss § 18 seines Steuergesetzes vom 30. November 1892 anerkenne, nur der Ueberschuss des Ertrages über die Unkosten und die Abschreibungen und landesübliche Verzinsung der im Unternehmen investierten Kapitalien, und zwar sei die letztere auch dann zu berücksichtigen, wenn der Unternehmer mit eigenem Kapital arbeite; denn dessen Zinsertrag werde von der Vermögenssteuer betroffen. Die Rekurrentin habe in ihrem Unternehmen 3,704,992 Fr. 33 Cts. eigene Kapitalien investiert, deren landesübliche Verzinsung zu 5% rund 185,000 Fr. erfordere; die Gesamteinnahmen aus dem Betrieb aber betrügen laut Gewinn- und Verlustrechnung pro 31. Dezember 1913 nur 167,132 Fr. 33 Cts., deckten also nicht einmal die Kapitalzinsen. Es könne deshalb von einer Erwerbsbesteuerung der Rekurrentin in den Urkantonen zur Zeit auch ziffernmässig nicht die Rede sein.
Zur Besteuerung des beweglichen Vermögens der Rekurrentin wären die Urkantone auch dann nicht berechtigt, wenn ein Steuerrecht derselben hinsichtlich des Einkommens angenommen würde. Die Landungsbrücken würden schon längst als unbewegliches Vermögen besteuert, andere Anstallen oder Einrichtungen aber seien

BGE 41 I 423 (428):

in den Urkantonen nicht vorhanden. Insbesondere könnten die den See befahrenden Schiffe nicht als bewegliches Vermögen, das sich auf ihrem Gebiete befinde, angesehen werden, da die Schiffe in Luzern stationiert seien, wo auch die gesamte Bedienungsmannschaft wohne und jeweilen ihren Dienst antrete. Uebrigens beziehe sich die neuere Praxis des Bundesgerichts, welche die Urkantone im Auge hätten, nur auf das Erwerbseinkommen, nicht auf das Vermögen. Dies gehe z.B. aus dem Urteil vom 26. Mai 1909 in Sachen Union Réclame gegen Zürich und Luzern (AS 35 IS. 331 Erw. 3) hervor. Und im Urteil vom 3. April 1914 in Sachen Bächtold & Cie gegen Thurgau und Basel-Stadt sei (laut Referat der "Neuen Zürcher Zeitung") der Satz bestätigt worden, dass das bewegliche Vermögen am Orte des Geschäftsdomizils zu versteuern sei. In verschiedenen Fällen von Gesellschaften, deren Betrieb sich auf mehrere Kantone erstrecke und bei denen das Bundesgericht eine Teilung der Einkommenssteuerpflicht anerkannt habe, sei eine Teilung auch der Besteuerung des beweglichen Vermögens gar nicht beansprucht worden; so z.B.  nicht im Falle der Société suisse de pétrole (AS 36 I S. 576 ff.), die in verschiedenen Kantonen förmliche Verkaufsgeschäfte betreibe, obschon dort eine solche Teilung eher hätte in Frage kommen können, als hier, wo gar keine jenen Verkaufsgeschäften analoge Einrichtungen vorhanden seien. Nach der Bilanz der Rekurrenitin pro 31. Dezember 1914 bestehe ihr bewegliches Vermögen neben den Schiffen der verschiedenen Kategorien aus Wertschriften, Schwimmdock, Brennmaterialvorrat, Inventar für Verwaltung, Betrieb und Reparaturen, Kassa, Bankguthaben und Debitoren. Alle diese Objekte befänden sich in Luzern, wo die Verwaltung und Geschäftsleitung ihren Sitz habe, und seien daher auch nur dort zu versteuern. Auf alle Fälle verstosse das Mass, in dem die Urkantone das Vermögen der Gesellschaft auf Grund ihrer Taxation von 3,800,000 Fr. beanspruchten, gegen

BGE 41 I 423 (429):

das Verbot der Doppelbesteuerung. Denn nach der Bilanz pro 31. Dezember 1913 betrage das Reinvermögen, mit Einschluss der Immobilien im Gesamtwerte von 609,445 Fr. 61 Cts., nur 3,704,992 Fr. 33 Cts., somit an beweglichen Bestandteilen nur 3,095,546 Fr. 72 Cts. Und die Art der Verteilung des Vermögens nach den Seeflächen der Kantone sei rein willkürlich.
Eventuell müssten, soweit ein Steuerrecht der Urkantone geschaffen würde, Staat und Stadt Luzern, die pro 1914 gemäss dem bundesgerichtlichen Urteil vom 28. September 1898 die Steuer vom ganzen beweglichen Vermögen und Erwerb der Rekurrentin bezogen hätten, mit ihren Ansprüchen entsprechend zurücktreten.
 
C.
Die vier Urkantone haben in gemeinsamer Vernehmlassung die Anträge gestellt, der Rekurs sei als unbegründet abzuweisen, eventuell sei die Art und Höhe der Taxation nach richterlichem Ermessen vorzunehmen ; subeventuell hätten die Kantone eine neue Taxation nach den vom Bundesgericht aufgestellten Grundsätzen vorzunehmen.
Sie lassen wesentlich ausführen: Die Einrede der abgeurteilten Sache gehe fehl; denn abgesehen davon, dass speziell die Kantone Ob- und Nidwalden seit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 28. September 1898 neue Steuergesetze erlassen hätten, sei die Steuerperiode, über welche jenes Urteil entschieden habe, in allen Kantonen längst abgelaufen, und wie dort (Erw. 4) dem Steuerpflichtigen das Recht zuerkannt worden sei, seine Taxation in jeder Steuerperiode neuerdings anzufechten, so müsse auch dem Staate das Recht zustehen, für jede Steuerperiode eine neue Taxation vorzunehmen. Materiell aber seien die beanstandeten Steueransprüche nach der heutigen Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts nicht mehr unzulässig; denn die Rekurrentin habe Unbestrittenermassen in allen Uferkantonen ständige körperliche Anlagen, ohne die ihr Betrieb, sowohl der Personen-, als  auch  der  Güterverkehr, gar nicht

BGE 41 I 423 (430):

durchführbar wäre; sie beschäftige überall Personal, das bei Abschluss und Ausführung der Frachtverträge mitzuwirken habe. Insbesondere sei das Urteil des Bundesgerichts vom 27. März 1914 in Sachen Birsigtalbahn-gesellschaft gegen Solothurn und Basel-Stadt (AS 40 I S. 69 ff.) wie auf den vorliegenden Fall zugeschnitten. Und zwar werde darin, wie übrigens schon in früheren Urteilen, z.B. vom 8. November 1911 in Sachen Schweiz. Depeschenagentur gegen Basel-Stadt: AS 37 I S. 491 ff., die Steuerpflicht ausserhalb des Geschäftssitzes nicht nur für das Einkommen, sondern auch für das bewegliche Vermögen  begründet. Was  aber die Taxationsansätze betreffe, könne die Bilanz der Gesellschaft, auf deren Prüfung durch das Bundesgericht, eventuell im Wege einer Expertise, abgestellt werde, nicht ohne weiteres massgebend sein, da in ihrer Bewertung der Aktiven stille Reserven steckten, die der Besteuerung nicht entzogen werden dürften. Speziell hinsichtlich der Vermögensbesteuerung sei allerdings das unbewegliche Vermögen wie bisher da zu versteuern, wo es liege, und deshalb zuerst vom Gesamtvermögen in Abzug zu bringen.
 
D.
Der  Regierungsrat des  Kantons Luzern,  der ebenfalls zur  Vernehmlassung eingeladen worden ist, hat  namens  des Kantons und der Stadt Luzern beantragt, es sei das Hauptbegehren der Rekurrentin im vollen Umfange gutzusprechen. Schon im Interesse der Rechtssicherheit müsse an den vom Bundesgericht auf diesen Steuerfall bereits zweimal  zur Anwendung gebrachten Rechtsgrundsätzen festgehalten werden. Jedenfalls aber könne keine Rede davon sein, das von den Urkantonen vertretene Besteuerungsverhätnis anzunehmen, wonach dem Kanton Luzern nur noch 37,52% des Vermögens und wohl auch des Erwerbes zufallen würden. Auch der Vorschlag der Rekurrentin; die Besteuerung ausschliesslich nach dem auf die sämtlichen Stationen eines Kantons entfallenden 'Gesamtverkehr zu verteilen, sei unannehmbar. Die Verkehrsfrequenz möge als Ver

BGE 41 I 423 (431):

teilungsfaktor mitberücksichtigt werden; allein daneben sei nicht zu übersehen, dass der weitaus überwiegende Teil der körperlichen Einrichtungen des Unternehmens der Rekurrentin, d.h. die gesamte Schiffsflotte, ihren ordentlichen Standort in Luzern habe und dass sich daselbst auch das ausserordentlich wertvolle Areal der Werfte mit allen baulichen und technischen Einrichtungen befinde. Demgegenüber verschwänden die körperlichen Einrichtungen in den andern Uferkantonen beinahe vollständig. Ferner falle bei Festsetzung des Besteuerungsverhältnisses schwer zugunsten von Luzern in Betracht, dass hier der rechtliche und geschäftliche Sitz der Rekurrentin sei, von dem aus die gesamte kommerzielle Leitung ihres Unternehmens sich vollziehe. In Berücksichtigung dieser Verhältnisse könnte eventuell den übrigen Uferkantonen zusammen höchstens ein Besteuerungsrecht von 5% des Vermögens und Erwerbes zuerkannt werden.
 
E.
In der Replik hat die Rekurrentin an ihren Anträgen festgehalten und zu ihrem Eventualstandpunkt hinsichtlich der Verteilung des Erwerbes ergänzend bemerkt, eine Ausscheidung des Güter- und Gepäckverkehrs nach Stationen (neben der angerufenen Statistik des Personenverkehrs) besitze sie nicht und deren Erstellung würde eine Arbeit von vielen Wochen erfordern; doch dürfte in dieser Hinsicht wohl ihre Versicherung genügen, dass die Einnahmen aus Gepäck- und Güterverkehr zusammen durchschnittlich zirka 10% derjenigen des Personenverkehrs betrügen.
Die Duplikschriften der beteiligten Kantone enthalten keine neuen Argumente.
 
Das Bundesgericht  zieht in  Erwägung:
1.-  Die früheren Entscheidungen des Bundesgerichts über die Steuerpflicht der Rekurrentin, insbesondere das gegenüber allen interessierten und vorliegend wieder

BGE 41 I 423 (432):

um beteiligten Kantonen ergangene Urteil vom 28. September 1898, stehen einer erneuten Prüfung und Beurteilung der damals erledigten Doppelbesteuerungsfrage nicht entgegen, sofern jene Entscheidungen der heutigen Handhabung des aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleiteten Verbots  der  interkantonalen Doppelbesteuerung  nicht mehr entsprechen. Denn die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Steuerleistung wird als solche allgemein durch die jeweils  geltende  Rechtsordnung  bestimmt  und ändert sich deshalb, was speziell die Abgrenzung konkurrierender  kantonaler  Steuerhoheiten im Sinne des bundesrechtlichen Doppelbesteuerungsverbotes betrifft, mit der einschlägigen Rechtssprechung des Bundesgerichts, welche auf diesem Gebiete die noch ausstehende Bundesgesetzgebung vertritt. Folglich sind die Kantone einerseits  verpflichtet und anderseits auch berechtigt, ihre Steueransprüche nach Massgabe ihrer Vorschriften über die Steuerfestsetzung der jeweiligen bundesgerichtlichen Praxis anzupassen, und ein bundesgerichtlicher Entscheid bleibt, im Rahmen der kantonalrechtlichen Taxationsperioden, jedenfalls nur so lange rechtswirksam, als die ihm zugrunde liegende Rechtsauffassung Bestand hat (vgl. hiezu Erw. 9 des Urteils vom Jahre 1898: AS 24 I Nr. 83 S. 450). Vorliegend aber ist nicht bestritten, dass die vier Urkantone zur Neubestimmung der Steuerpflicht der Rekurrentin für das Jahr  1914 kantonalrechtlich befugt waren, und es ist deshalb auf die Frage einzutreten, ob die angefochtene Taxationsverfügung dieser Kantone einer seit dem Jahre 1898 erfolgten Aenderung der bundesgerichtlichen Doppelbesteuerungspraxis entspricht.
2.-  Nun hat sich diese Praxis in den letzten Jahren tatsächlich, wie übrigens die Rekurrentin selbst anerkennt, dahin entwickelt, dass ein Geschäft, dessen Betrieb sich als einheitlicher Organismus über das Gebiet mehrerer Kantone erstreckt, ein Steuerdomizil in jedem dieser Kantone hat, falls sich daselbst ständige körper

BGE 41 I 423 (433):

liche Anlagen oder Einrichtungen befinden, mittelst deren sich ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil des technischen oder kommerziellen Geschäftsbetriebes vollzieht -  auch soweit solche Bestandteile des Gesamtbetriebes nicht, wie dies im Jahre 1898 noch gefordert wurde (a. a. O. Erw. 8, S. 449/450), unter selbständiger oder relativ selbständiger Leitung stehen und nicht ohne wesentliche Aenderung völlig verselbständigt werden könnten (vgl. für diese neuere Praxis das Urteil vom 27. März 1914 in Sachen Birsigtalbahngesellschaft gegen Solothurn und Basel-Stadt: AS 40 I Nr. 7 Erw. 1S. 73 f. und die dortigen Verweisungen). Und zwar gilt der so erweiterte Begriff des geschäftlichen Steuerdomizils, entgegen der Behauptung der Rekurrentin, für die Besteuerung nicht nur des Einkommens oder Erwerbs, sondern auch des beweglichen Vermögens (vgl. z.B. AS 37 I Nr. 101 S. 491 ff. und 40 I Nr. 7 S. 69 ff.) Eine Unterscheidung der beiden Steuerarten rechtfertigt sich nur hinsichtlich der für die Steuerverteilung massgebenden Faktoren, wie noch näher auszuführen sein wird. Als in diesem Sinne steuerrechtlich wesentliche Anlagen oder Einrichtungen aber müssen in der Tat auch die Landungsbrücken und sonstigen Stationseinrichtungen der Rekurrentin im Seegebiete der vier Urkantone angesehen werden. Wenn die Rekurrentin hiegegen einwendet, dass diese Stationsanlagen, insbesondere die Landungsbrücken, überhaupt nicht zum "eigentlichen" Dampfschiffahrtsbetrieb gehörten, weil dieser Betrieb auch ohne solche ständige Anlagen, nämlich unter Verwendung von sogenannten Stationsschiffen, möglich wäre, so übersieht sie, dass ihre Steuerpflicht nach dem tatsächlich durchgeführten Betrieb, also unter Berücksichtigung der effektiv vorhandenen und benutzten festen Landungsanlagen, zu beurteilen ist. Ferner kann ernstlich nicht bestritten werden, dass sich vermittelst dieser Stationsanlagen ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil des Geschäftsbe-


BGE 41 I 423 (434):

triebes der Rekurrentin vollzieht. Denn technisch sind dieselben bei diesem Betrieb für die Verbindung der Schiffe mit den Ufern, wie der Transport von Personen und Gütern zu Wasser sie erfordert, und somit für den gesamten Betrieb unentbehrlich. Und auch kommerziell ist ihre Funktion tatsächlich nicht unbedeutend, indem auf ihnen Unbestrittenermassen allgemein die Entgegennahme und Aushändigung der Gütertransporte, sowie bezüglich des Personenverkehrs wenigstens die Kontrolle der Fahrtausweise der aussteigenden Reisenden sich abspielt. Endlich kommt für die streitige Steuerpflicht nichts darauf an, ob die Stationsanlagen im Eigentum der Rekurrentin stehen oder von ihr auf Grund eines anderweitigen Rechtstitels benutzt werden (vgl. AS 40 I Nr. 7 Erw. 1 S. 74). Demnach ist heute das Recht zur Besteuerung des beweglichen Vermögens und des Erwerbes der Rekurrentin grundsätzlich auch den Urkantonen zuzuerkennen.
a) Mit Bezug auf das Vermögen kennen alle beteiligten Kantone die Reinvermögenssteuer, wenn auch für den Fall der Rekurrentin in verschiedener Ausgestaltung. Der Kanton Luzern hat nämlich für die Ausmittlung des steuerpflichtigen Vermögens der Aktiengesellschaften neben der allgemeinen Vorschrift des Schuldenabzugs noch die spezielle Bestimmung, dass das einbezahlte Aktienkapital in Abzug zu bringen sei (Steuergesetz vom 30. November 1892, §§ 20 und 24). Die vier Urkantone dagegen ziehen als steuerpflichtiges Vermögen der Aktiengesellschaften die sogenannten eigenen Gelder (einbezahltes Aktienkapital, Reserven und allfällige weitere "Vermögensteile") heran (Urner Steuergesetz vom 2. Mai 1886, Art. 5; schwyz. Spezialgesetz vom 19. Oktober 1890 betr. die Besteuerung von Transportanstalten etc., § 1 Abs. 1; Obwaldner Steuergesetz vom 26. April

BGE 41 I 423 (435):

1908, Art. 4; Nidwaldner Spezialgesetz vom 29. April 1906 betr. Besteuerung von Aktien und Aktiengesellschaften, § 1 Abs. 1), wobei Uri, Ob- und Nidwalden auf den Nominalbetrag des einbezahlten Aktienkapitals abstellen, während Schwyz vorschreibt, dass die Aktien "nach dem Ertrag und Tageskurs" zu bewerten seien. Nun darf allerdings jeder Kanton die seiner Steuerhoheit unterstehende Vermögensquote ziffermässig nach seinem eigenen Steuersystem ermitteln. Allein für die Bestimmung dieser Vermögensquote als solcher, des quotenmässigen Anteils jedes Kantons am Gesamtvermögen, sind stets die - aus den Aktivposten der Gesellschaftsbilanzen ersichtlichen - unmittelbaren Vermögensobjekte massgebend. Und zwar kommt es auf deren örtliche und wirtschaftliche Beziehung zu den einzelnen Kantonsgebieten an, indem die quotenmässige Steuerberechtigung jedes Kantons dem Verhältnis der ihm nach solcher Beziehung zugehörigen Vermögensobjekte (Aktiven) zu den gesamten Vermögensobjekten (Gesamtaktiven) entspricht (vgl. AS 40 I Nr. 7 Erw. 4 S. 76 und namentlich Nr. 24 Erw. 3 lit. a S. 211/12). Es ist daher im vorliegenden Falle von der Bilanz der Rekurrentin pro 1913 auszugehen, die (abgesehen vom Betrage der nicht emittierten Aktien, der kein wirkliches Aktivum, sondern nur einen rechnerischen Gegenwert zu dem auf der Passivseite mit dem vollen Nominalbetrag figurierenden Aktienkapital darstellt) folgende Aktivposten aufweist:
    1.  23  Dampfschiffe  und  6 Motorboote samt Ausrüstung ;
    2.  14 Schleppschiffe samt Ausrüstung;
    3.  Schwimmdock;
    4.  Landungsbrücken und Hafenanlagen;
    5.  Liegenschaften in Luzern und Flüelen;
    6.  Schiffswerfte samt Aufzugsvorrichtungen;
    7.  Werkstätten und Magazine;
    8.  Brennmaterial-Vorrat;


    BGE 41 I 423 (436):

    9. Inventar für Verwaltung, Betrieb und Reparaturen;
    10.  Maschinenspeise- und Betriebsmaterial-Vorrat;
    11.  Kassakonto, Barbestand;
    12.  Wertschriften;
    13.  Guthaben bei verschiedenen Banken;
    14.  Diverse Debitoren.
Von diesen Aktiven sind zunächst diejenigen der Ziffern 3, 4, 5, 6, 7 und 9 ohne weiteres den Kantonen zuzuweisen, wo sie sich dauernd befinden und in diesem Sinne, auch soweit sie an sich bewegliches Vermögen darstellen, immobilisiert sind.
Die Aktiven der Ziffern 11, 12, 13 und 14 sodann haben  dadurch eine überwiegende wirtschaftliche Beziehung zum Kanton des Gesellschaftssitzes, dass sie als teils kapitalistisch angelegte, teils flüssige Geldmittel der Gesellschaft mit dem Betriebe nicht direkt, sondern nur durch ihre Verwertung zur Beschaffung der notwendigen Betriebsmaterialien im  Zusammenhang stehen und im übrigen ausschliesslich der am Gesellschaftssitze in Luzern zentralisierten Finanz- und Kassaverwaltung unterstellt sind. Sie sind deshalb, als angemessener Voraus-Anteil der Vermögensbesteuerung für den Gesellschafts- und Verwaltungssitz, dem Kanton Luzern zuzuerkennen.
Die übrigen Aktiven endlich, diejenigen der Ziffern 1, 2, 8 und 10, stellen die eigentlichen Betriebs- und Produktionsfaktoren der Gesellschaft dar, die als solche unmittelbar mit dem ganzen Betriebsbereiche ihres Unternehmens zusammenhängen. Es rechtfertigt sich daher ihre Verlegung auf alle mit ihren Stationen diesem Betriebsbereiche angehörigen  Uferkantone, und zwar im Verhältnis der auf sie entfallenden Verkehrsanteile, entsprechend dem hiernach für die Besteuerung des Erwerbes der Gesellschaft anerkannten Teilungsgrundsatze.
Die Vermögenstaxation hat somit in der Weise zu erfolgen, dass jeder beteiligte Kanton in erster Linie das Wert Verhältnis der seiner Steuerhoheit zugewiesenen

BGE 41 I 423 (437):

Aktiven zu den Gesamtaktiven ermittelt und hierauf die diesem Verhältnis entsprechende Quote des nach seiner Gesetzgebung steuerpflichtigen Vermögens der Gesellschaft - also, gemäss den angeführten Gesetzesbestimmungen, der Kanton Luzern des unmittelbar bestimmten Reinvermögens, die Urkantone dagegen des durch die sogenannten eigenen Gelder der Gesellschaft (Aktienkapital etc.) ausgewiesenen Vermögens - berechnet.
b) Der als steuerpflichtiger Erwerb in Betracht fallende Reingewinn ist nach der verhältnismässigen Bedeutung jedes beteiligten Kantonsgebietes für den Gesamtbetrieb zu verteilen, wobei jeder Kanton, der die Erwerbsbesteuerung kennt, die auf ihn entfallende Quote wiederum nach Massgabe seiner einschlägigen Gesetzesvorschriften ziffermässig zu bestimmen berechtigt ist. Diese Bedeutung des einzelnen Kantonsgebietes aber entspricht nicht den im angefochtenen Entscheide der Urkantone berücksichtigten Anteilen der Seeoberfläche und auch nicht den Gesamtlängen der darauf befahrenen Strecken, sondern vielmehr dem auf jeden Kanton entfallenden Verkehr, wie er durch die Personenfrequenz und den Gepäck- und Güterumsatz der sämtlichen Stationen jedes Kantonsgebietes dargestellt wird. Indessen dürfte nach den Replikangaben der Rekurrentin jedenfalls vorläufig, d.h. für die bereits abgelaufenen Geschäftsjahre, in denen der Gepäck- und Güterumsatz nicht nach Stationen ausgemittelt worden ist, die im Rekurse angerufene Statistik des Personenverkehrs allein als Vergleichsfaktor genügen. Dabei aber ist der Tatsache, dass sich Sitz und Verwaltung der Rekurrentin in Luzern befinden, wiederum in dem Sinne Rechnung zu tragen, dass dem Kanton Luzern auch hier ein der besonderen Bedeutung dieser Momente für den Gesamtbetrieb angemessener Voraus-Anteil zugeschieden wird. Und zwar dürfte dies

BGE 41 I 423 (438):

am einfachsten, analog der ausschliesslichen Zuweisung bestimmter Aktiven bei der Vermögensbesteuerung, geschehen in Form einer bestimmten Erhöhung seiner proportionalen Quote des steuerpflichtigen Reingewinns, unter entsprechender Reduktion der Quoten der übrigen Kantone (vgl. über diese Verteilungsgrundsätze schon AS 40 I Nr. 7 Erw. 4 S 76 f.).
4.- Mit der direkten Bestimmung der  einzelnen  Besteuerungsquoten, nach Massgabe der vorstehenden Erwägung, kann sich das Bundesgericht zur Zeit nicht befassen. Hierüber haben vielmehr in erster Linie die kantonalen Steuerbehörden selbst, in Verbindung mit den entsprechenden ziffermässigen Taxationen der Rekurrentin, neuerdings zu entscheiden. Dabei dürfte sich eine Verständigung aller beteiligten Kantone, eventuell auf Grund einer gemeinsam einzuholenden Expertise namentlich zur Bestimmung des dem Kanton Luzern gebührenden "praecipuum" bei der Erwerbsbesteuerung, empfehlen. Gegenüber den neuen Entscheidungen, hinsichtlich der Quoten sowohl, als auch der ziffermässigen Taxationen als solcher, die bei Abweichungen von den bilanzmässigen Ansätzen jedenfalls näherer Begründung bedürfen, bleibt der Rekurrentin natürlich das Recht der staatsrechtlichen Beschwerde gewahrt.
 
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: