BVerfGE 60, 215 - Steuerberater


BVerfGE 60, 215 (215):

Zur Regelung der Berufsausübung von Steuerberatern (hier: Verbot der Sozietät mit nichtkammerangehörigen Personen, Werbeverbot und Führen nicht amtlich verliehener Berufsbezeichnungen).
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 20. April 1982
- 1 BvR 522/78 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Steuerberaters R... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Erhard Tiefenbacher, Kurfürstenanlage 8, Heidelberg - gegen a) den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. April 1978 - StbStB 1/78 -, b) das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. November 1977 -  3 StO 1/77 -, c) das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 1. April 1977 - StL 1/76 -.


BVerfGE 60, 215 (216):

Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die berufsgerichtliche Verurteilung eines Steuerberaters wegen unzulässiger Soziierung, berufswidriger Werbung und des Führens nicht amtlich verliehener Berufsbezeichnungen.
I.
Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz) vom 16. August 1961 (BGBl. I S. 1301) - StBerG -, mit veränderter Paragraphenfolge nach dem Dritten Änderungsgesetz vom 24. Juni 1975 (BGBl. I S. 1509) neu bekanntgemacht am 4. November 1975 (BGBl. I S. 2735), regelt unter anderem in den Grundzügen die Berufsbezeichnung und die allgemeinen Berufspflichten der Steuerberater.
1. Die Erfüllung der beruflichen Pflichten des Steuerberaters überwachen die jeweiligen Steuerberaterkammern (§ 34 Abs. 2 StBerG a.F. und § 76 Abs. 1 StBerG n.F.). Ein Steuerberater, der seine Pflichten schuldhaft verletzt, konnte nach § 46 StBerG a.F. berufsgerichtlich bestraft werden. Die entsprechende Vorschrift der Neufassung des Steuerberatungsgesetzes lautet:
    § 89
    Ahndung einer Pflichtverletzung
    (1) Gegen einen Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten, der seine Pflichten schuldhaft verletzt, wird eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt.
    (2)-(3) ...
Welche allgemeinen Auffassungen der Steuerberater zu den im Steuerberatungsgesetz geregelten Berufspflichten bestehen, stellt die Bundessteuerberaterkammer in sogenannten Berufsgrundsätzen und Berufsrichtlinien fest (§ 86 Abs. 2 Nr. 2 StBerG

BVerfGE 60, 215 (217):

n.F., § 43 Abs. 2 Nr. 2 StBerG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 [BGBl. I S. 1401]). Sie hat dazu die Berufsgrundsätze der Steuerberater - Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer - vom 17./18. November 1964 in der Fassung vom 20. September 1972 erlassen (abgedruckt in den Amtlichen Mitteilungen der Bundessteuerberaterkammer Nr. 9/1972, Beilage zu: Der Steuerberater 9/1972, S. 59 ff. - im folgenden: "Berufsgrundsätze"), neugefaßt als Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer vom 24./25. Januar 1977, 24./25. März 1980 und 20./21. Oktober 1980 (abgedruckt bei Kolbeck/Peter/Rawald, Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, Nr. 60-631 - im folgenden: "Standesrichtlinien").
2. a) Zum Sozietätsverbot bestimmt die Neufassung des Steuerberatungsgesetzes:
    § 57
    Allgemeine Berufspflichten
    (1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben.
    (2)-(4) ...
    § 60
    Eigenverantwortlichkeit
    (1) Eigenverantwortliche Tätigkeit nach § 57 Abs. 1 üben nur aus
    1. selbständige Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte,
    2. zeichnungsberechtigte Vertreter eines Steuerberaters, eines Steuerbevollmächtigten oder einer Steuerberatungsgesellschaft,
    3. Angestellte, die nach § 58 mit dem Recht der Zeichnung Hilfe in Steuersachen leisten.
    (2) Eine eigenverantwortliche Tätigkeit in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 übt nicht aus, wer sich als zeichnungsberechtigter Vertreter oder als Angestellter an Weisungen zu halten hat, durch die ihm die Freiheit zu pflichtmäßigem Handeln (§ 57) genommen wird.
Diesen Vorschriften entsprachen die §§ 22 Abs. 1, 24 StBerG in der Fassung vom 16. August 1961 mit im wesentlichen glei

BVerfGE 60, 215 (218):

chem Wortlaut. Die Berufsgrundsätze stellten darüber hinaus folgende Berufsauffassung fest:
    § 2
    Unabhängigkeit
    Der Steuerberater darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden könnten.
    § 3
    Eigenverantwortlichkeit
    (1) Eigenverantwortlich handelt, wer seine Entscheidungen selbst trifft und verantwortet.
    (2)-(4) ...
    § 7
    Bürogemeinschaften und Sozietäten
    Mehrere Steuerberater können sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in Bürogemeinschaften sowie in örtlichen und überörtlichen Sozietäten zusammenschließen. Bürogemeinschaften und Sozietäten mit Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern sind zulässig.
Den §§ 2, 3 Abs. 1 der Berufsgrundsätze entsprechen nunmehr inhaltlich die Nrn. 2, 4 Abs. 1 der Standesrichtlinien. In Nr. 30 der Standesrichtlinien heißt es:
    Sozietäten und Bürogemeinschaften
    (1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte können sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in Sozietäten oder in Bürogemeinschaften nur mit Angehörigen der steuerberatenden, wirtschaftsprüfenden oder rechtsberatenden Berufe zusammenschließen, die einer Berufskammer angehören.
    (2) Bürogemeinschaften dürfen nicht den Anschein einer Sozietät erwecken; sie dürfen nicht nach außen kenntlich gemacht werden, insbesondere dürfen keine gemeinsamen Geschäftspapiere oder Praxisschilder verwendet werden.
Auch im Gesetzgebungsverfahren ist von einem bestehenden Verbot einer Sozietät des Steuerberaters insbesondere mit Personen, die nicht der Standesaufsicht durch Berufskammern unterliegen, ausgegangen worden. Dies läßt sich mittelbar aus

BVerfGE 60, 215 (219):

dem in der 7. Wahlperiode des Deutschen Bundestages eingebrachten Entwurf eines "Partnerschaftsgesetzes" entnehmen. Als "freie", zum Zusammenschluß in einer Partnerschaft fähige Berufe werden darin nur diejenigen definiert, deren Angehörige in Körperschaften des öffentlichen Rechts (auch Berufskammern) auf Bundesebene direkt oder indirekt zusammengeschlossen sind (BTDrucks. 7/4089 S. 3 - § 1 -). Diese Definition wurde zwar im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht beibehalten, jedoch lag ihr Grundgedanke auch den weiteren Entwurfsfassungen zugrunde. Der vom Rechtsausschuß abgeänderte Entwurf sah in § 32 Abs. 10 vor, daß nach § 57 StBerG folgende Vorschrift über einen Zusammenschluß zu einer Partnerschaft eingefügt werde (BTDrucks. 7/5402 S. 11):
    § 57 a
    Steuerberater und Steuerbevollmächtigte dürfen sich mit anderen Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, mit Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern, Rechtsanwälten, auch wenn diese zu Notaren bestellt sind, oder mit Patentanwälten zu einer Partnerschaft zusammenschließen.
In der Begründung des Berichtes des Rechtsausschusses heißt es hierzu (BTDrucks. 7/5413 S. 10):
    Der Ausschuß hat erwogen, für die Berufe, die in diesen Berufsordnungen geregelt sind, von Beschränkungen über die Bildung von Partnerschaften zwischen Angehörigen auch verschiedener Berufe abzusehen, damit durch Partnerschaften mit einem breiten Dienstleistungsangebot eine möglichst optimale Versorgung der Bevölkerung erreicht werden kann. Dabei könnte davon ausgegangen werden, daß sich in der Praxis nur solche Berufe in einer Partnerschaft zusammenfinden werden, für die auch tatsächlich ein Bedürfnis nach gemeinschaftlicher Ausübung besteht. Andererseits hat der Ausschuß jedoch nicht verkannt, daß aufgrund der bestehenden Berufsordnungen eine Reihe von Beschränkungen für die Zusammenarbeit von Angehörigen verschiedener freier Berufe bestehen, deren uneingeschränkte Beseitigung nicht unbedenklich wäre. Es erscheint auch nützlich, zunächst einmal Erfahrungen mit der Anwendung des neuen Partnerschaftsgesetzes zu sammeln. Der

    BVerfGE 60, 215 (220):

    Ausschuß schlägt daher vor, in den betreffenden Berufsordnungen die Möglichkeiten des Zusammenschlusses zu einer Partnerschaft zwar gesetzlich einzugrenzen, dies aber nur in einem Umfang, der gegenüber dem geltenden Recht Zusammenschlüsse auch weiterer freier Berufe zuläßt.
Das Gesetz kam nicht zustande, weil der Bundesrat seine Zustimmung versagte (Bundesrat, 437. Sitzung vom 16. Juli 1976, StenBer. S. 345).
b) Der Steuerberater darf keine berufswidrige Werbung betreiben. Das Gesetz bestimmt hierzu neben dem bereits zitierten § 57 Abs. 1 StBerG n.F. (§ 22 Abs. 1 StBerG a.F.):
    § 8
    Verbot der Werbung
    (1) Das unaufgeforderte Anbieten der eigenen Dienste oder Dienste Dritter zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ist untersagt.
    (2) ...
Die Berufsgrundsätze enthielten hierzu folgende Vorschriften:
    § 28
    Berufswidrige Werbung
    (1) Jede unmittelbare und mittelbare Werbung um Aufträge, die Anwendung jedweder Werbeverfahren oder Werbemittel sowie die Zustimmung oder Duldung gegenüber einem Dritten, den Namen des Steuerberaters zu Werbezwecken zu benutzen, sind berufswidrig.
    (2) ...
    § 31
    Rundschreiben
    (1) Der Steuerberater darf fachliche Rundschreiben nur an seine Auftraggeber versenden. Er darf seinen Auftraggebern durch Rundschreiben ferner alle Tatbestände mitteilen, die nach § 30 kundgemacht werden können.
    (2) Die Weitergabe von fachlichen Rundschreiben eines Steuerberaters durch einen Verband an dessen Mitglieder oder deren sonstige Veröffentlichung darf der Steuerberater nur erlauben, wenn sein Name nicht genannt wird.


BVerfGE 60, 215 (221):

Dem entsprechen inhaltlich die Nrn. 33 und 35 der Standesrichtlinien. Die Gesetzesmaterialien zur alten Fassung des Steuerberatungsgesetzes enthalten hinsichtlich eines Werbeverbotes die Feststellung, daß auf eine dem freien Beruf zuwiderlaufende (standeswidrige) Werbung verzichtet werden müsse (BTDrucks. III/128 S. 32 - zu § 30 Abs. 1 - und zu BTDrucks. III/2859 S. 8 - zu §§ 22 bis 30 -).
c) Für das mit dem Werbeverbot eng zusammenhängende Verbot des Führens zusätzlicher Berufsbezeichnungen bestimmt das Gesetz in der Neufassung:
    § 43
    Berufsbezeichnung
    (1) Die Berufsbezeichnung lautet "Steuerberater" oder "Steuerbevollmächtigter". Die Berufsangehörigen haben im beruflichen Verkehr die Berufsbezeichnung zu führen.
    (2) Die Führung weiterer Berufsbezeichnungen ist nur gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind. Andere Zusätze und der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft sind im beruflichen Verkehr unzulässig.
    (3)-(4) ...
Zu dem Verbot des Führens zusätzlicher Berufsbezeichnungen als Steuerberater heißt es im Bericht des Wirtschaftsausschusses zum Entwurf eines Steuerberatungsgesetzes (BTDrucks. III/128 S. 30 - zu § 20 Abs. 2 -):
    Neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" oder "Steuerbevollmächtigter" können insbesondere die Berufsbezeichnungen "Rechtsanwalt", "Wirtschaftsprüfer", "vereidigter Buchprüfer" geführt werden. Nach § 30 Abs. 2 ist mit der Tätigkeit als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter nicht jede andere berufliche Tätigkeit vereinbar. Soweit eine solche vereinbar ist, dürfen nur amtlich verliehene Berufsbezeichnungen geführt werden, um eine unzulässige Werbung auszuschließen. Auch andere Zusätze zur Berufsbezeichnung und der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft im beruflichen Verkehr sind verboten. Der Berufsstand erblickt in derartigen Hinweisen einen unerlaubten Wettbewerb gegenüber den anderen Berufsangehörigen.


BVerfGE 60, 215 (222):

Die Berufsgrundsätze enthielten dazu folgendes:
    § 10
    Andere Bezeichnungen
    (1) Die Führung weiterer Berufsbezeichnungen ist dem Steuerberater im beruflichen Verkehr nur gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind.
    (2)-(5) ...
    § 35
    Geschäftspapiere
    (1) Druck und Ausstattung der Geschäftspapiere, Stempel usw. dürfen nur die nach den §§ 9 bis 11 zulässigen Bezeichnungen enthalten. Die Aufzählung besonderer Fachgebiete oder Fähigkeiten ist nicht gestattet. Unzulässig ist auch die besondere Hervorhebung einzelner Buchstaben, die Verwendung von Monogrammen, Symbolen und Firmenzeichen sowie jede übertriebene drucktechnische Ausgestaltung in Form, Material und Farbe.
    (2)-(3) ...
Dem § 10 der Berufsgrundsätze entspricht Nr. 32 der Standesrichtlinien.
II.
1. Der Beschwerdeführer ist Steuerberater in Heidelberg. Er war nach Ablegung seiner Diplomprüfung sechs Jahre als Konzernprüfer in der Finanzverwaltung tätig, ehe er 1971 zum Steuerberater bestellt wurde. Seit 1971 übt er seinen Beruf gemeinsam mit seinem Vater in einer - in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts geführten - Sozietät aus, die sich auf die Bearbeitung versicherungsmathematischer, steuer- und arbeitsrechtlicher Fragen auf dem Gebiet der beruflichen Altersversorgung, der Pensions- und Sterbekassen spezialisiert hat.
Der Vater des Beschwerdeführers gehört keiner Berufskammer der steuerberatenden, wirtschaftsprüfenden oder rechtsberatenden Berufe an. Seine früheren Bemühungen, als Wirtschaftsprüfer zugelassen zu werden, blieben erfolglos. Über einen von ihm gestellten Antrag auf Aufnahme in die Steuerberaterkam

BVerfGE 60, 215 (223):

mer Nordbaden war zum Zeitpunkt der letzten fachgerichtlichen Tatsacheninstanz noch nicht entschieden.
Nach dem Studium der Mathematik - insbesondere Versicherungsmathematik - und der Wirtschaftswissenschaften war er zunächst in der Versicherungswirtschaft und später bei Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet des Versicherungswesens tätig, zuletzt bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand als Oberregierungsrat im Versicherungsreferat des Bundeswirtschaftsministeriums. Das von ihm im Jahre 1957 gegründete Sachverständigenbüro für betriebliche Altersversorgung ging im Jahre 1971 in der Sozietät mit dem Beschwerdeführer auf. Er ist ferner als Rechtsbeistand zugelassen.
Von der Gründung der Sozietät an, mit Ausnahme einer Zeit von Ende Mai bis Ende Juli 1974, verwendete der Beschwerdeführer im geschäftlichen Verkehr als Steuerberater Briefbogen und Drucksachen, auf denen er sich als "Steuerberater, Diplom- Versicherungs-Sachverständiger" bezeichnete. Daneben war sein Vater mit dem Zusatz "Oberregierungsrat a. D., Versicherungs- und Wirtschaftsmathematiker, Betriebliche Altersversorgung, Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen" genannt.
Am 2. Januar 1973 und am 30. Mai 1973 versandte der Beschwerdeführer unter einem Briefkopf, in dem er sich als "Steuerberater - Versicherungsmathematiker - Diplomversicherungssachverständiger -" bezeichnete, inhaltlich im wesentlichen gleichlautende Schreiben an Berufskollegen, in denen er sich als jahrelanger versicherungsmathematischer Sachverständiger der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, der für alle Fragenkomplexe der betrieblichen und außerbetrieblichen Altersversorgung sowie der Unterstützungskassen zuständig gewesen sei, vorstellte und zugleich darauf verwies, daß er seit seinem Ausscheiden aus dem Finanzamt ausschließlich versicherungsmathematisch und steuerberatend auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung tätig sei und außerdem bei verschiedenen Steuerberaterkammern Aufnahme in die Gutachterliste gefunden habe. Er erbot sich den Adressaten zur Beratung, falls bei ihrer Tätigkeit, auch für

BVerfGE 60, 215 (224):

ihre Mandanten, Probleme der betrieblichen Altersversorgung aufträten, mit denen sie sich selbst nicht befaßten, aber die Mitarbeit eines Kammermitgliedes bevorzugen würden.
In ähnlichem Sinne wandte sich der Beschwerdeführer - ebenfalls unaufgefordert - unter dem Briefkopf der Sozietät am 6. Mai 1974 an eine Vielzahl von Pensionskassen sowie am 31. Oktober 1974 und am 17. Februar 1975 an eine größere Zahl von Steuerberatern und einige Steuerberaterkammern im Bundesgebiet. Den Schreiben vom 30. Mai 1973 und vom 17. Februar 1975 waren dabei jeweils von der Sozietät verfaßte Druckschriften zur betrieblichen Altersversorgung beigefügt, die sich im wesentlichen mit arbeits- und steuerrechtlichen Fragen, Hinweisen auf Gesetzesvorhaben, Ministerialerlassen und Gerichtsentscheidungen zur betrieblichen Altersversorgung beschäftigten.
Seit Mai 1973 ergingen an den Beschwerdeführer verschiedene Schreiben der zuständigen Steuerberaterkammer. In diesen wurde er auf die Unzulässigkeit der Sozietät und der Art der Firmierung, der Bezeichnung als "Versicherungsmathematiker" und "Leitender Mitarbeiter" sowie der Versendung der Mandantenrundschreiben an Steuerberater im Bundesgebiet hingewiesen.
Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Einleitung einer berufsgerichtlichen Voruntersuchung gegen sich selbst gemäß § 65 Abs. 3 StBerG a.F. wurde mangels weiterer Klärungsbedürftigkeit durch Beschluß des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 1974 abgelehnt.
2. a) Durch Urteil der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Landgerichts wurde dem Beschwerdeführer wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten als Steuerberater ein Verweis erteilt. Außerdem wurde er zu einer Geldbuße in Höhe von 10 000 DM und zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt:
Der Beschwerdeführer habe in unzulässiger Weise mit seinem

BVerfGE 60, 215 (225):

Vater eine Sozietät betrieben und damit schuldhaft seine allgemeinen Berufspflichten verletzt.
Dadurch, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1973 bis Ende Mai 1974 die Berufsbezeichnung "Versicherungsmathematiker" geführt habe, habe er eine Pflichtwidrigkeit nach den Vorschriften über die Berufsbezeichnung (§ 11 Abs. 2 StBerG a.F., § 43 Abs. 2 StBerG n.F.  i.V.m.  § 10 der Berufsgrundsätze) begangen.
Ebenso stelle der Hinweis auf die unzulässige Sozietät auf im Geschäftsverkehr verwendeten Briefbogen und anderen Drucksachen wiederum einen Verstoß gegen § 11 StBerG a.F., § 43 StBerG n.F.  i.V.m.  §§ 10, 35 der Berufsgrundsätze dar.
Schließlich habe der Beschwerdeführer durch die Versendung der Drucksachen vom 30. Mai 1973, 6. Mai 1974 und 17. Februar 1975 den Tatbestand der berufswidrigen Werbung verwirklicht.
b) Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Senats für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Oberlandesgerichts zurückgewiesen. Zwar sei in dem Versenden von Rundschreiben und Druckschriften an Steuerberaterkammern kein Verstoß gegen das Werbeverbot nach § 22 Abs. 1 StBerG a.F. und in der Bezugnahme auf die unzulässige Sozietät kein Verstoß gegen die Vorschriften über die Berufsbezeichnung (§ 11 StBerG a.F., § 43 StBerG n.F.) zu sehen, weil die Rundschreiben und Druckschriften nicht zur Auftragsanbahnung geeignet seien. Auch betreffe der Hinweis auf eine Sozietät nicht die Berufsbezeichnung des Steuerberaters.
Im übrigen billigte das Berufungsgericht aber die erstinstanzliche Entscheidung und führte ergänzend aus:
Es sei nicht ersichtlich, daß die Zusammenarbeit der steuerberatenden mit anderen, nicht artverwandten oder gleichwertigen Berufen der Institutionalisierung in einem bürgerlich-rechtlichen Gesellschaftsverhältnis bedürfe, um sachgerecht zu sein. Schon durch das Steuerberatungsgesetz a.F. sei die Möglichkeit zur Gründung von Steuerberatungsgesellschaften eröffnet ge

BVerfGE 60, 215 (226):

wesen, bei denen es sich weder um einen Zusammenschluß von Steuerberatern gehandelt habe, noch der Zweck der Gesellschaft nur auf Steuerberatung habe gerichtet sein müssen. Dieser Weg habe auch dem Steuerberater offengestanden. Die Neufassung des Gesetzes habe an dieser Möglichkeit nichts geändert (vgl. § 49 StBerG n.F.), und in dem § 50 Abs. 3 sei sogar noch eine für die hier gegebenen Verhältnisse besonders entgegenkommende Regelung geschaffen worden.
Der Beschwerdeführer habe auch berufswidrig geworben, indem er auf Briefbogen und Druckschriften auf die frühere Tätigkeit seines Vaters im Staatsdienst und dessen besondere Kenntnisse und Spezialisierung hingewiesen habe. Eine berufswidrige Werbung liege weiter in dem Versenden der diversen Schreiben und Druckschriften an Berufskollegen, mit denen er sie unaufgefordert auf sein besonderes Tätigkeitsgebiet und seine besonderen Kenntnisse hingewiesen sowie seine beruflichen Dienste auf dem von ihm besonders bearbeiteten Spezialgebiet angeboten habe. Sie liege schließlich in dem Schreiben an Pensionskassen, mit denen er in keinerlei beruflichen Beziehungen gestanden habe. Unter berufswidriger Werbung sei jedes Verhalten zu verstehen, das bei verständiger Würdigung als direkte oder indirekte Anregung oder Aufforderung zur Auftragsanbahnung verstanden werden könne; auf eine Abwerbung von Mandanten brauche es nicht gerichtet zu sein.
Die Revision ließ das Oberlandesgericht nicht zu.
c) Der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Bundesgerichtshofs verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts.
III.
Gegen die berufsgerichtlichen Entscheidungen richtet sich die Verfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG rügt. Er trägt vor:
Das in freier Rechtsschöpfung von den Fachgerichten auf

BVerfGE 60, 215 (227):

gestellte Sozietätsverbot verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil eine Form der Berufsausübung untersagt werde, die nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verboten sei. Das Steuerberatungsgesetz sage an keiner Stelle etwas zur Frage einer zulässigen oder unzulässigen Sozietät. Insbesondere ergebe sich das Sozietätsverbot auch nicht aus dem Gebot der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit in der Grundsatzklausel über die Berufspflichten (§ 22 Abs. 1 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F.). Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Beruf des beratenden Versicherungsmathematikers auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung mit dem Beruf eines Steuerberaters nicht "artverwandt" oder "gleichwertig" sei. Vielmehr könne der Schutz der Steuerrechtspflege nur sinnvoll gewährleistet werden, wenn die Sachverständigenbüros auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung in einer Sozietät von Diplom- Mathematikern oder Versicherungsmathematikern und Steuerberatern betrieben würden.
Die von den Gerichten zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Standesrichtlinien, die Sozietäten nur mit kammerangehörigen Berufen erlaubten, seien nicht verbindlich; sie könnten das Gesetz auch nicht in Form einer Auslegungshilfe ergänzen.
Unterstelle man aber, daß die Grundsatznorm über die Berufspflichten auch das grundsätzliche Verbot einer Sozietät mit einem Nichtkammerangehörigen enthalte, so liege darin gleichfalls ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Es sei nicht erkennbar, wieso eine Sozietät mit einer nicht kammerangehörigen Person wie seinem Vater die Steuerrechtspflege als wichtiges Gemeinschaftsgut beeinträchtigen könne. Ferner liege darin, daß die berufliche Zusammenarbeit mit Nicht-Steuerberatern in einer Steuerberatungsgesellschaft erlaubt, in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Sozietät) jedoch verboten sei, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Das Verbot der Werbung, wie es hier erfolgt sei, verstoße ebenfalls gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12

BVerfGE 60, 215 (228):

Abs. 1 GG; zumindest verletze es seine durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Auch insoweit hätten die Standesrichtlinien von den Fachgerichten nicht als Auslegungshilfe herangezogen werden dürfen. Die Ermächtigung zum Erlaß von Richtlinien in § 86 Abs. 2 Nr. 2 StBerG n.F. verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Rechts. Aus den gleichen Gründen verstießen auch die Vorschriften über das Werbeverbot (§ 22 Abs. 1 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F.) gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Die Berufspflichten, wegen deren Verletzung der Standesgenosse bestraft werden könne, müßten vielmehr gesetzlich im einzelnen festgelegt werden. Im übrigen sei im vorliegenden Fall keine berufswidrige Werbung erfolgt, vielmehr habe es sich lediglich um sachliche Hinweise auf besondere -- tatsächlich vorhandene -- Fähigkeiten gehandelt. Die Versendung von Rundschreiben an Berufskollegen, Steuerberaterkammern und Pensionskassen habe nicht der beruflichen Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zu Auftraggebern gedient und könne deshalb auch nicht unter ein verfassungskonform verstandenes Werbeverbot fallen.
IV.
Der Bundesminister der Finanzen, der sich für die Bundesregierung geäußert hat, und die Bundessteuerberaterkammer, die ein Gutachten von Professor Kirchhof vom Institut für Steuerrecht der Universität Münster vorgelegt hat, halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Der Bundesminister ist der Auffassung, daß das Sozietätsverbot sowie das Verbot berufswidriger Werbung und die Regelung zur Führung zusätzlicher Berufsbezeichnungen Maßnahmen zur Regelung der Berufsausübung seien, die aus vernünftigen Gründen des Gemeinwohls zweckmäßig erschienen und im Ausmaß sowie in den Auswirkungen zumutbar seien. Die angefochtenen Urteile hielten sich im Rahmen einer zulässigen Gesetzesauslegung. Die Grundsatznorm über die Berufspflichten

BVerfGE 60, 215 (229):

sei eine hinreichend bestimmte Grundlage der berufsgerichtlichen Maßnahmen im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG.
Die Bundessteuerberaterkammer und das Gutachten von Professor Kirchhof gehen davon aus, daß das Sozietätsverbot auf einem deutlich umgrenzten und gesetzlich fixierten Berufsbild des Steuerberaters beruhe und als zulässige Berufsausübungsregelung den Steuerberatern schon deswegen zumutbar sei, weil die gesetzliche Beschränkung ihnen auch beträchtliche Vorteile bringe. Auch im übrigen seien die angefochtenen Entscheidungen nicht zu beanstanden.
Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat die Stellungnahme des Vorsitzenden des Senats für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen übermittelt, aus der sich ergibt, daß der Senat die Regelungen in § 57 StBerG - früher § 22 - stets als verfassungsmäßig angesehen habe. Mit den Fragen der Zulässigkeit einer gemischten Sozietät und den damit zusammenhängenden Rechtsfragen habe sich der Bundesgerichtshof in BGHZ 35, 385; 49, 244; 64, 214; BGHSt 27, 390; BGH, NJW 1964, S. 2063; 1965, S. 1804, und im Urteil vom 20. November 1978 befaßt. Aus diesen Entscheidungen ergäben sich die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zu den erheblichen Rechtsfragen.
 
B.
Der Beschwerdeführer wird durch die angegriffenen Entscheidungen nicht in seinen Grundrechten verletzt.
I.
Die von den Fachgerichten zugrunde gelegten Sozietäts- und Werbeverbote betreffen die Ausübung des Berufs eines Steuerberaters und sind daher an Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen, gegenüber dem Art. 2 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab zurücktritt (vgl. BVerfGE 54, 237 [251]; st. Rspr.).
Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig; ferner können sie auf vorkonstitutionellem Gewohnheitsrecht (vgl. BVerfGE

BVerfGE 60, 215 (230):

34, 293 [303]; 36, 212 [216]) oder - in bestimmten Grenzen - auf autonomem Satzungsrecht von Berufsverbänden beruhen (BVerfGE 33, 125 [157 ff.]; 57, 121 [131]).
Ein rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes gesetzliches Verbot muß dabei in seinen Voraussetzungen und in seinem Inhalt so formuliert sein, daß die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach bestimmen können (BVerfGE 17, 306 [314]). Dabei können gesetzliche Berufsordnungen nicht alle Einzelheiten der Berufsausübung regeln. Die vollständige Aufführung berufsbezogener Pflichten im Gesetz ist nicht möglich und auch nicht nötig, wenn es sich um Normen handelt, die nur den Kreis der Berufsangehörigen betreffen, die sich aus der ihnen gestellten Aufgabe ergeben und daher für sie leicht erkennbar sind (BVerfGE 26, 186 [204]; 54, 237 [247 f.]).
Daß die von den Fachgerichten angenommenen Sozietäts-, Werbungs- und Berufsbezeichnungsverbote jeweils in den von der Bundessteuerberaterkammer festgestellten Berufsgrundsätzen und Standesrichtlinien näher umschrieben sind, genügt allein nicht für Beschränkungen der freien Berufsausübung; diese Grundsätze und Standesrichtlinien besitzen nicht die für Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderliche Rechtsnormqualität, sondern bilden nur eine wesentliche Erkenntnisquelle dafür, was im Einzelfall nach Auffassung angesehener und erfahrener Standesgenossen der Meinung aller anständig und gerecht denkenden Steuerberater und der Würde des Standes entspricht (vgl. BVerfGE 36, 212 [217] m.w.N.; 57, 121 [132 f.] - für die insoweit vergleichbare Situation bei den Rechtsanwälten). Als solche dienen sie insbesondere als Hilfsmittel für die Anwendung und Auslegung der generalklauselartig umschriebenen Berufspflichten; darüber hinaus können sie für den Nachweis und für die Bildung von Gewohnheitsrecht wichtig werden (BVerfG, a.a.O.).
1. Gemäß § 22 Abs. 1 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F. haben Steuerberater ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich und verschwiegen auszuüben. Schon aus diesen Vorschriften

BVerfGE 60, 215 (231):

läßt sich ein Sozietätsverbot mit berufsfremden, keiner standesrechtlichen Aufsicht unterliegenden Personen entnehmen, wie es nunmehr Nr. 30 der Standesrichtlinien näher ausführt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die als Erkenntnisquelle heranzuziehenden Berufsgrundsätze und Standesrichtlinien nicht nur den gesetzgeberischen Willen zum Sozietätsverbot mit berufsfremden, keiner Standesaufsicht unterliegenden Personen standesrechtlich interpretieren, sondern insoweit bereits Gewohnheitsrecht dokumentieren. Mit welchen Mitteln die in § 22 Abs. 1 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F. zum Ausdruck kommende Zielsetzung gegen denkbare Gefährdungen gesichert werden soll, ist weithin der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit überlassen (BVerfGE 54, 237 [249 f.]). Dem Ermessen des Gesetzgebers muß insoweit insbesondere überlassen bleiben, wie er die Gefährdung der Unabhängigkeit des Steuerberaters durch eine Freigabe von weitergehenden Soziierungsmöglichkeiten gegen damit etwa verbundene Vorteile eines erweiterten Dienstleistungsangebots abwägt.
Das Sozietätsverbot will insbesondere die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Steuerberaters gewährleisten; es liegt im Interesse einer geordneten Steuerrechtspflege und dient damit dem Allgemeinwohl (vgl. BVerfGE 21, 173 [179]; 54, 301 [315]; 55, 185 [196]). Die Regelung der Berufsausübung belastet den Beschwerdeführer angesichts der im Steuerberatungsgesetz vorgesehenen Möglichkeit der Zusammenarbeit, insbesondere der Gründung einer Steuerberatungsgesellschaft, auch nicht übermäßig.
Die Fachgerichte sind in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, daß sich das von ihnen angenommene Sozietätsverbot unter Zuhilfenahme der Standesrichtlinien als Auslegungshilfe unmittelbar aus dem Steuerberatungsgesetz entnehmen lasse. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, daß sie den Charakter der Berufsgrundsätze und Standesrichtlinien verkannt hätten.
2. Auch das Verbot berufswidriger Werbung, das sich aus

BVerfGE 60, 215 (232):

§ 22 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F. ergibt und das die Berufsgrundsätze und Standesrichtlinien näher erläutern, ist nicht zu beanstanden. Es verfolgt das Ziel, die berufliche Betätigung auf dem Gebiet der Steuerberatung in den Bahnen des Anstandes, der Redlichkeit und der von der Überzeugung der Berufsangehörigen getragenen "guten Sitten" zu halten (vgl. BVerfGE 32, 311 [316]). Im Bereich der freien Berufe will das Verbot standeswidriger Werbung eine Verfälschung des Berufsbildes durch Verwendung von Werbemethoden verhindern, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind (vgl. BVerfGE 33, 125 [170]). Das bleibt innerhalb der Regelungsbefugnis, die Art. 12 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber einräumt.
Daß das unaufgeforderte Anbieten der eigenen Dienste - noch dazu, wenn es unter Anpreisung von Spezialkenntnissen geschieht - als berufswidrige Werbung anzusehen ist, galt auch vor Einführung des § 8 StBerG n.F. und der Neufassung der Standesrichtlinien (vgl. nunmehr Nr. 33) nicht als zweifelhaft (§§ 10, 28, 35 der Berufsgrundsätze; siehe auch Bühring, DStZ 1965, S. 180 f.). Soweit die Berufsgerichte in Anwendung von § 22 Abs. 1 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F. und unter Zuhilfenahme der zur Konkretisierung dieser Normen festgestellten Berufsgrundsätze zu dem Ergebnis gelangt sind, daß der Beschwerdeführer zu Recht wegen berufswidriger Werbung mit einem ehrengerichtlichen Verweis und einer Geldbuße belegt worden sei, handelt es sich um eine Frage der Würdigung von Tatsachen und der Wertung des Verschuldens, deren Nachprüfung dem Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht zusteht (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]; 50, 16 [29 f.]). Die angegriffenen Entscheidungen enthalten auch insoweit keinen Grundrechtsverstoß; sie sind insbesondere nicht willkürlich. Dies gilt auch, soweit der Beschwerdeführer der Auffassung ist, die Berufsgerichte hätten den Inhalt der an die Berufskollegen und an die Pensionskassen versendeten Rundschreiben nicht gewürdigt und dabei übersehen, daß diese Rundschreiben nicht der beruflichen Anbahnung von Geschäftsbeziehungen gedient hät

BVerfGE 60, 215 (233):

ten. Die Berufsgerichte haben dem Beschwerdeführer auch nicht jede Werbung, sondern nur eine solche verboten, die übermäßig, weil belästigend, ist oder die ihm gegenüber anderen Berufsteilnehmern unberechtigte Vorteile verschafft.
3. Soweit dem Steuerberater die Führung weiterer Berufsbezeichnungen als "Steuerberater" nur gestattet ist, wenn sie ihm amtlich verliehen worden sind, und andere Zusätze, wie der Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft, im beruflichen Verkehr unzulässig sind (§ 11 Abs. 1 und 2 StBerG a.F., § 43 Abs. 1 und 2 StBerG n.F.), handelt es sich um ein Verbot, das mit dem der berufswidrigen Werbung eng zusammenhängt. Es genügt den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an Berufsausübungsregelungen zu stellen sind (vgl. BVerfGE 57, 121 [136]).
II.
1. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Das Sozietätsverbot ist nicht deshalb verfassungsrechtlich zu beanstanden, weil die Möglichkeit der Gründung von Steuerberatungsgesellschaften besteht. Sie liegt gerade im Interesse der Steuerberater. Steuerberatungsgesellschaften, für die besondere Vorschriften für die Anerkennung und Überwachung der Mitglieder des Vorstandes gelten (vgl. §§ 17, 30, 50 StBerG a.F., § 32 Abs. 3, § 50, § 74 Abs. 1, § 94 StBerG n.F.), weisen gegenüber Sozietäten in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts deutliche Unterschiede auf. Daß im Rahmen der Vorschriften über die Steuerberatungsgesellschaft nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch Angehörigen anderer Berufe neben den Steuerberatern eine Leitungsbefugnis eingeräumt ist (vgl. § 50 Abs. 3 StBerG n.F.), liegt innerhalb des Gestaltungsraums des Gesetzgebers.
2. Art. 103 Abs. 2 GG ist nicht verletzt. Das Sozietätsverbot ist aus § 22 StBerG a.F., § 57 Abs. 1 StBerG n.F. hinreichend deutlich zu erkennen. Die Vorschrift stellt eine genügend bestimmte Grundlage für eine berufsgerichtliche Maßnahme im

BVerfGE 60, 215 (234):

Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG dar (vgl. BVerfGE 26, 186 [203 f.]; 33, 125 [164]; 42, 261 [262 f.]; 45, 346 [351]). Dies gilt auch für die standesrechtlichen Werbebeschränkungen und die an sie geknüpften berufsgerichtlichen Sanktionen sowie für das Verbot des Führens nicht amtlich verliehener Berufsbezeichnungen und anderer Zusätze (vgl. BVerfGE 33, 125 [170]; 57, 121 [132 f.]).
(gez.) Dr. Benda, Dr. Simon, Dr. Faller, Dr. Hesse, Dr. Katzenstein, Dr. Niemeyer, Dr. Heußner