BGer 5A_412/2017
 
BGer 5A_412/2017 vom 08.01.2018
5A_412/2017
 
Urteil vom 8. Januar 2018
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiber Monn.
 
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.______ __,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Paul Bürgi,
Beschwerdeführer,
gegen
C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Auszahlung des Vermächtnisses usw.,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 26. April 2017.
 
Sachverhalt:
A. A.A.________ und B.A.________ sind die Söhne von D.A.________, der am 30. Juli 2010 starb (nachfolgend "Erblasser"). C.________ ist die frühere Lebenspartnerin des Erblassers. Sie fordert von den beiden Söhnen die Auszahlung eines Vermächtnisses von Fr. 10 Mio. aus dem Erbe des Verstorbenen.
 
B.
B.a. Mit Verfügung vom 15. Dezember 2010 eröffnete die Einzelrichterin am Bezirksgericht Meilen eine Reihe von letztwilligen Verfügungen bzw. Schenkungsversprechen des Erblassers aus der Zeit zwischen dem 14. Januar 2008 und dem 27. Juni 2010, darunter das im Original erhaltene "Testament" vom 7. November 2008, dessen Ziffer 3 wie folgt lautet:
"An meine frühere Ehefrau E.A.________, richte ich ein Vermächtnis von CHF 20'000'000.-- (zwanzig Millionen Schweizerfranken) und an meine jetzige Lebenspartnerin C.________, CHF 10'000'000.-- (zehn Millionen Schweizerfranken) höchstens jedoch für beide insgesamt 10% (zehn Prozent) meines Nettovermögens."
B.b. Ein weiteres "Testament" datiert vom 17. März 2010 und ist lediglich in Kopie vorhanden. Laut Ziffer 3.2 soll "Frau C.________" bis fünf Jahre nach dem Ableben des Erblassers monatlich den Betrag von Fr. 15'000.-- erhalten. In der Zeit danach sollen deren Tochter F.________ monatlich Fr. 5'000.-- ausbezahlt werden. Ergänzt durch Schulgelder, einschliesslich Internatskosten, Studiengebühren etc., dauert die zuletzt erwähnte Verpflichtung an, solange F.________ einer angemessenen Ausbildung nachgeht. Spätestens am 14. Februar 2026, F.________s 26. Geburtstag, soll die Verpflichtung zulasten des Nachlasses erlöschen. Ziffer 7 des Testaments vom 17. März 2010 trägt den Titel "Verhältnis zu früheren Verfügungen" und lautet wie folgt:
"Dieses Testament ersetzt alle früheren letztwillige Verfügungen und Testamente einschliesslich aller Nachträge zu diesen."
In einem "Nachtrag zum Testament vom 17. März 2010", der vom 27. Juni 2010 datiert und nur in Kopie vorhanden ist, ergänzte der Erblasser die Ziffern 3.2 und 5 des Testaments vom 17. März 2010.
 
C.
Mit Eingabe vom 6. Juni 2011 reichte C.________ beim Bezirksgericht Meilen gegen die Gebrüder A.________ Klage ein. Sie formulierte verschiedene Anträge, die sie im Verlaufe des Verfahrens durch Ergänzungen bzw. durch teilweisen Rückzug änderte. Vor Bundesgericht streitig ist das Rechtsbegehren, die Beklagten solidarisch zu verpflichten, ihr "10 Mio. Schweizer Franken gemäss Vermächtnis des Erblassers vom 7. November 2008 zuzüglich 5% Verzugszinsen seit 30. Juli 2010 zu bezahlen.". Das Bezirksgericht wies dieses Begehren mit Urteil vom 3. November 2016 ab.
D. C.________ wandte sich mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich und hielt an ihrer Geldforderung fest. Das Obergericht hiess die Klage gut und entsprach dem Begehren; einzig den Beginn des Zinsenlaufs bestimmte es neu auf den 25. Januar 2011 (Urteil vom 26. April 2017).
 
E.
E.a. Mit Beschwerde vom 1. Juni 2017 wenden sich A.A.________ und B.A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Sie beantragen, das obergerichtliche Urteil aufzuheben, die Klage vom 6. Juni 2011 (Bst. C) abzuweisen und die Streitsache zur Neuregelung der Prozesskosten des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (Ziff. 1). Eventuell sei das Verfahren zur Ergänzung des Sachverhalts und zu einem neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen (Ziff. 2). Dem Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen (Ziff. 3), entsprach der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 10. Juli 2017.
E.b. Dazu eingeladen, sich zur Beschwerde vernehmen zu lassen, beantragt C.________ (Beschwerdegegnerin), die Beschwerde abzuweisen und den angefochtenen Entscheid zu bestätigen (Eingabe vom 15. November 2017). Das Obergericht erklärte, auf eine Vernehmlassung zu verzichten (Schreiben vom 14. September 2017). Die Beschwerdeführer reagierten am 1. Dezember 2017 mit einer Replik, in der sie "vollumfänglich" an ihren Anträgen und an der dazugehörigen Begründung festhalten. Die Eingabe wurde der Beschwerdegegnerin zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gebracht.
 
Erwägungen:
1. Angefochten ist der Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin über eine vermögensrechtliche Zivilsache mit einem Streitwert von Fr. 10 Mio. geurteilt hat. Auf die rechtzeitig eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Bst. b, 75, 90 und 100 BGG).
 
2.
2.1. Anders als noch vor der Vorinstanz machen die Beschwerdeführer im hiesigen Verfahren nicht mehr geltend, dass das Testament vom 7. November 2008 mit dem Vermächtnis zugunsten der Beschwerdegegnerin (s. Sachverhalt Bst. B.a) dem tatsächlichen letzten Willen des Erblassers widersprochen habe. Streitig ist vor Bundesgericht nur mehr die Frage, welche Bedeutung Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 (s. Sachverhalt Bst. B.b) für das Testament vom 7. November 2008 hat, nachdem der Erblasser das spätere Testament gemäss übereinstimmender Auffassung der Parteien in Aufhebungsabsicht vernichtete.
2.2. Das Obergericht kommt zunächst auf die These der Beschwerdegegnerin zu sprechen, wonach der Erblasser dem Testament vom 17. März/27. Juni 2010 gar keine Rechtswirkung habe beimessen wollen, also gar keinen Testierwillen gehabt habe. Es schildert, was die Parteien in diesem Zusammenhang an Tatsachen vortrugen, und kommt zum Ergebnis, bei der gegebenen Behauptungslage könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich beim Testament vom 17. März 2010 lediglich um einen Entwurf gehandelt habe. In der Folge deutet die Vorinstanz an, dass das Testament vom 17. März/27. Juni 2010 ohne entsprechenden Testierwillen "als nicht rechtsgenügend erstellt" zu betrachten und damit unbeachtlich wäre und sich die Frage des Widerrufs nicht stellen würde. Sei hingegen davon auszugehen, dass der Testierwille des Erblassers vorhanden war, dann sei das Testament vom 17. März/27. Juni 2010 gültig und es stelle sich die Frage, welche Bedeutung der in Aufhebungsabsicht erfolgten Vernichtung dieses Widerrufstestaments zukommt. Eine abschliessende Beantwortung der Frage nach dem Testierwillen des Erblassers hinsichtlich der letztwilligen Verfügung vom 17. März/27. Juni 2010 lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen.
Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen des Obergerichts ist die Erkenntnis, dass alle Verfügungen von Todes wegen ihre Wirkungen erst beim Tod des Erblassers entfalten, zu dessen Lebzeiten also wirkungslos sind. Nachdem feststehe, dass das Testament vom 17. März/ 27. Juni 2010 vor dem Tod des Erblassers vernichtet wurde, sei dieses Testament im massgeblichen Zeitpunkt, in dem es als Ganzes erst hätte Wirkung entfalten können, bereits untergegangen gewesen. Die Frage, welche Folgen der Widerruf des widerrufenden Testaments für das ursprüngliche Testament hat, stelle sich gar nicht; als Testament verbleibe einzig dasjenige vom 7. November 2008. Dem angefochtenen Entscheid zufolge kann es nicht angehen, dem Widerrufstestament einzig mit Bezug auf die fragliche Ziffer 7 schon auf den Zeitpunkt der Errichtung und damit zu Lebzeiten des Erblassers eine Wirkung beizumessen. Nach der Meinung des Obergerichts hätte sich die Frage nach dem Wiederaufleben des ersten Testaments vom 7. November 2008 stellen können, wenn der Erblasser nach dem Widerrufstestament ein neues Testament erstellt hätte, in welchem er die Aufhebung desjenigen vom 17. März/27. Juni 2010 verfügte. Infolge der Vernichtung diese Testaments habe dessen Ziffer 7 jedoch gar nicht zum Tragen kommen können. Die Vernichtung des Widerrufstestamentes vor dem Tod habe insoweit nicht dieselbe Wirkung wie der durch letztwillige Verfügung erfolgte Widerruf des Widerrufstestaments. Gestützt auf diese Erwägungen verurteilt das Obergericht die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit, der Beschwerdegegnerin das Vermächtnis von Fr. 10 Mio. gemäss Ziffer 3 des Testaments vom 7. November 2008 auszuzahlen.
2.3. Die Beschwerdeführer verweisen auf die drei Arten des Widerrufs einer letztwilligen Verfügung, wie sie in Art. 509 ZGB (Widerruf), Art. 510 ZGB (Vernichtung) und Art. 511 ZGB (spätere Verfügung) umschrieben sind. Sie argumentieren unter Hinweis auf Rechtsprechung und Lehre, dass diese drei Aufhebungsarten gemäss der gesetzlichen Regelung "vollkommen gleichwertig" seien, und wollen damit erklären, weshalb Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 zum Widerruf des Testaments vom 7. November 2008 führe, obwohl der Erblasser das spätere Testament vernichtete.
Für die vom Obergericht getroffene Unterscheidung, wonach der Widerruf durch Vernichtung sofort wirke, derjenige durch eine neue letztwillige Verfügung hingegen erst am Todestag des Erblassers Wirkung zeitige (falls das Widerrufstestament dann noch gültig ist), gibt es in den Augen der Beschwerdeführer keine sachliche Begründung. Würden ältere Testamente im Falle einer widerrufenen letztwilligen Verfügung bis zum Tod des Erblassers "latent gültig" bleiben, käme es zu unklaren Rechtsverhältnissen, was dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit widerspreche. Der Erblasser müsse sich auf Art. 509 ZGB verlassen können und nicht damit rechnen, dass ein altes Testament wieder auflebt, wenn er dieses in einem Testament ausdrücklich aufgehoben hat. Vielmehr ergebe sich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass ein Widerruf unabhängig von der gewählten Form immer per sofort wirke, die Aufhebungswirkung mit Bezug auf das frühere Testament also nicht erst mit dem Tod des Erblassers, sondern unmittelbar mit der Errichtung des Widerrufstestaments eintritt.
Nach der Meinung der Beschwerdeführer widerspricht der angefochtene Entscheid der bundesgerichtlichen Praxis auch insofern, als die Vorinstanz die Widerrufsklausel gleich wie alle übrigen Bestimmungen der letztwilligen Verfügung behandle. Gemäss BGE 91 II 264 sei zu vermuten, dass durch den Widerruf eines Testaments, das neben dem Widerruf - wie hier - neue Anordnungen enthalte, nur diese neuen Anordnungen rückgängig gemacht würden, nicht hingegen der Widerruf als solcher. Es entspreche also durchaus der Rechtsprechung, wenn die Widerrufsklausel als solche gesondert von den übrigen Bestimmungen einer letztwilligen Verfügung betrachtet wird. Ein Erblasser wolle mit seinem Widerruf die materiellen Anordnungen der widerrufenen letztwilligen Verfügung beseitigen; was er damit im Hinblick auf das Wiederaufleben früherer Testamente auslöst, werde er oft nicht überblicken. Deshalb verlange das Bundesgericht zu Recht eine ausdrückliche Anordnung in Form einer letztwilligen Verfügung, wenn die ursprüngliche Verfügung nach dem Widerruf des Widerrufstestaments wieder Geltung erlangen soll. Hätte die Auffassung der Vorinstanz Bestand, so würde diese differenzierte Rechtsprechung zur Frage der Wirkung von Widerrufsvorgängen in einer Konstellation wie der hier vorliegenden obsolet und durch die undifferenzierte Regel ersetzt, dass immer das ursprüngliche Testament Wirkung entfaltet.
Schliesslich kritisieren die Beschwerdeführer die zentrale Erwägung des Obergerichts, wonach Verfügungen von Todes wegen zu Lebzeiten des Erblassers in keinem Fall Wirkung hätten. Diese Aussage treffe zu, soweit sie sich auf die materiellen Rechtsverhältnisse, das heisst auf die Übertragung des Eigentums an den Nachlassaktiven beziehe. Sie gelte jedoch nicht "auf der formellen Ebene", das heisst mit Bezug auf die Frage, welches Dokument die Rechtsverhältnisse des Erblassers nach seinem Tod regeln soll. Zur Beantwortung dieser Frage trage der allgemeine Grundsatz, dass letztwillige Verfügungen erst nach dem Tode des Erblassers Wirkung entfalten soll, nichts bei. Die Beschwerdeführer ergänzen ihre Erörterungen mit Hinweisen auf Literaturstellen, die ihren Standpunkt stützen sollen, wonach der Widerruf eines Testaments sofort und nicht erst auf den Tod des Erblassers hin wirkt. Ausserdem verweisen sie darauf, dass ein Erblasser sowohl bei einem Widerruf durch eine neue letztwillige Verfügung als auch bei einem solchen durch physische Vernichtung der Urkunde annehmen werde, dass der Widerruf per sofort und endgültig wirskam sei und er das erste Testament wirksam aufgehoben habe.
Zur Begründung ihres Eventualantrags um Rückweisung zur Ergänzung des Sachverhalts (s. Sachverhalt Bst. E.a) weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass sich der angefochtene Entscheid nicht eindeutig dazu äussere, ob der Erblasser bezüglich der letztwilligen Verfügung vom 17. März/27. Juni 2010 einen Testierwillen gehabt habe. Laut Erwägung III/3.4.3 des angefochtenen Entscheids könne nicht davon ausgegangen werden, dass keinerlei Indizien dafür bestünden, dass es sich beim Testament vom 17. März/27. Juni 2010 lediglich um einen Entwurf handelt. In Erwägung III/4.2 halte das Obergericht fest, dass aus Ziff. 7 dieser letztwilligen Verfügung unzweideutig der Wille des Erblassers hervorgehe, das Testament vom 7. November 2008 zu widerrufen. In der Folge argumentieren die Beschwerdeführer, dass angesichts des Nachtrags vom 27. Juni 2010 kein Zweifel am Testierwillen des Erblassers bestehen könne. Denn hätte der Erblasser seine letztwillige Verfügung vom 17. März 2010 lediglich als Entwurf verstanden, so hätte er nicht am 27. Juni 2010 einen Nachtrag verfasst, der auf die letztwillige Verfügung vom 17. März 2010 Bezug nimmt und diese in einzelnen Punkten abändert.
2.4. Die Beschwerdegegnerin wirft den Beschwerdeführern vor, der Vernichtung des Widerrufstestaments vom 17. März/27. Juni 2010 eine blosse "Teilwirkung" beizumessen, indem sie lediglich alle testamentarischen Anordnungen im Widerrufstestament, nicht aber den Widerruf des "Originaltestaments" vom 7. November 2008 mit dem im vorliegenden Prozess streitigen Legat als unwirksam ansehen. Nach der Meinung der Beschwerdegegnerin hat der Erblasser mit der vollständigen Vernichtung des Widerrufstestaments darüber Klarheit geschaffen, dass er dieser Verfügung keinerlei Wirksamkeit zukommen lassen wolle. Gleichzeitig habe er mit der Nichtvernichtung des Originaltestaments vom 7. November 2008 zum Ausdruck gebracht, dass er eben diesem volle Wirksamkeit beimessen wolle. Was den Testierwillen des Erblassers hinsichtlich des Testaments vom 16. März/27. Juni 2010 angeht, weise der angefochtene Entscheid mit überzeugenden Erwägungen auf die Unklarheiten hin, was zur Rückweisung zwecks weiterer Beweisabklärungen führen würde, wenn sich die vorliegend massgebliche Frage nach der Wirksamkeit des Vermächtnisses im Originaltestament vom 7. November 2008 nicht ohnedies aufgrund des unbestrittenen "Vernichtungsakts" des Erblassers ergeben würde. Mit Bezug auf die Wirkungen dieser "Totalvernichtung" stellt sich die Beschwerdegegnerin auf den Standpunkt, dass der Erblasser gewusst habe, dass das Testament vom 7. November 2008 als einziges Originaltestament übrig bleiben würde. Damit habe er mit kaum zu überbietender Klarheit in einer vom Gesetz gemäss Art. 510 Abs. 1 ZGB anerkannten Form seinen letzten Willen kundgetan, dass eben gerade diese letztwillige Verfügung als einzig übrig gebliebene Gültigkeit haben sollte. Wenn ein Erblasser ein Testament zu Lebzeiten vernichte, bringe er damit eindeutig zum Ausdruck, dass alles, was er in diesem Testament verfügte, in keiner Weise irgendeine Geltung erlangen solle. Ein Erblasser rechne nicht damit (und müsse auch nicht damit rechnen), dass "irgendwann irgendwo irgendwie" eine Kopie des vernichteten Testaments zum Vorschein kommen und damit Tür und Tor für eine von ihm gerade nicht gewünschte "Rekonstruktion" geöffnet würde, aufgrund deren Interessierte eine Teilwirkung bezüglich des vollständig vernichteten Testaments heraufbeschwören könnten. In diesem Sinne stellt sich die Beschwerdegegnerin hinter den angefochtenen Entscheid.
 
3.
3.1. Zu Recht beklagen sich die Beschwerdeführer darüber, wie das Obergericht seinem Urteil die Überlegung zugrunde legt, dass Verfügungen von Todes wegen ihre Wirkungen erst beim Tod des Erblassers entfalten. Der angefochtene Entscheid weist diesen Grundsatz als Lehrmeinung des Kommentators PETER WEIMAR aus (Berner Kommentar, 2009, Die Verfügungen von Todes wegen - Einleitung, N 96). Wie sich aus der Überschrift der Kommentarstelle ergibt, kommt der Autor dort auf die Unterscheidung zwischen den Verfügungen von Todes wegen und den Rechtsgeschäften unter Lebenden zu sprechen (WEIMAR, a.a.O., N 96 ff.). Die Unterscheidung erfolgt anhand der Rechtsfolge (PETER GAUCH/WALTER R. SCHLUEP/JÖRG SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 2014, Bd. I, Rz. 134). Das Kriterium der Unterscheidung ist der Zeitpunkt, in welchem das Rechtsgeschäft seine Wirkungen entfalten soll. Die Abgrenzung besteht darin, dass Rechtsgeschäfte unter Lebenden schon vor dem Tod des Verpflichteten rechtliche Bindungen begründen, während bei den Verfügungen von Todes wegen die Verpflichtungen grundsätzlich erst mit dem Tode des Erblassers entstehen (BGE 113 II 270 E. 2b S. 273 mit Hinweisen). Von der Rechtsfolge eines Rechtsgeschäfts - im Falle der Verfügung von Todes wegen der Gestaltung der Rechtslage für die Zeit nach dem Tod des Erklärenden - ist der Tatbestand zu unterscheiden. Der Tatbestand des Rechtsgeschäfts ist die Willenserklärung, das heisst die Mitteilung des privaten Gestaltungswillens, dass ein Recht oder Rechtsverhältnis begründet, geändert oder beendet werden soll (WILHELM SCHÖNENBERGER/PETER JÄGGI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1973, N 18 ff. zu Art. 1 OR; ANDREAS VON TUHR/HANS PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 3. Aufl. 1984, S. 143; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 120). Die letztwillige Verfügung (Art. 498 ff. ZGB) ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Sie weist als Tatbestand nicht mehrere Willenserklärungen, sondern nur eine einzige Willenserklärung auf (vgl. Urteil 5A_715/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 3.1). Normalerweise umfasst der Vorgang der Erklärung des Willens neben der Abgabe der Erklärung auch deren Kenntnisnahme durch den Empfänger (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 174 ff.). Demgegenüber ist die letztwillige Verfügung als Willenserklärung in dem Sinne nicht empfangsbedürftig (s. Urteil 5A_715/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 3.1), als der Erklärende nichts unternehmen muss, um seine Erklärungshandlung vor seinem Tode einem Empfänger zur Kenntnis zu bringen. Die Erklärung ist vielmehr erst dann als vom Tode an wirksam zu behandeln, falls sie nach dem Tode eröffnet wird (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, a.a.O., N 129 zu Art. 1 OR).
3.2. Mit Blick auf die Tragweite von Ziffer 7 des Testaments vom 17. März 2010 (s. Sachverhalt Bst. B.b) verkennt das Obergericht die dargelegte Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge von Rechtsgeschäften. Gewiss entfaltete dieses Testament zu Lebzeiten des Erblassers keine rechtsgeschäftlichen Wirkungen, weil die Rechtsfolge dieses Rechtsgeschäfts erst mit Tod des Erklärenden eintrat. Allein damit ist noch nichts darüber gesagt, welches Schicksal in der Zeit vor dem Tod des Erblassers der Willenserklärung, also dem Tatbestand dieses einseitigen Rechtsgeschäfts beschieden ist. Wie gesehen, setzt die Wirksamkeit der Willenserklärung im Falle der letztwilligen Verfügung gerade nicht voraus, dass die Erklärung zu Lebzeiten des Erklärenden in Empfang genommen wird. Mit anderen Worten ist der rechtsgeschäftliche Tatbestand der letztwilligen Verfügung erfüllt und hat die Willenserklärung Bestand, sobald der Erblasser seinen Geschäftswillen in einer der gesetzlich vorgeschriebenen Formen (Art. 498 ff. ZGB) erklärt hat. Aus dieser Besonderheit folgt zum einen das zwingende, unverzichtbare Recht des Erblassers, seine letztwillige Verfügung jederzeit frei zu widerrufen (BGE 108 II 405 E. 2a S. 407). Zum andern setzt der Widerruf aber auch voraus, dass der Erblasser seinen Widerrufswillen - wiederum in einer der gesetzlich vorgesehenen Formen (Art. 509 ff. ZGB) - tatsächlich äussert, wenn er teilweise oder vollständig (Art. 509 Abs. 2 ZGB) auf seinen früher wirksam erklärten Testierwillen zurückkommen will (vgl. BGE 78 II 348 E. 4 S. 351). Der Widerruf einer letztwilligen Verfügung ist - genauso wie diese selbst - eine Verfügung von Todes wegen (WEIMAR, a.a.O., N 1 zu Art. 509-511 ZGB; STEPHAN WOLF/GIAN SANDRO GENNA, in: SPR IV/1, Erbrecht, Bd. 1, 2012, S. 362; PAUL PIOTET, SPR IV/1, Erbrecht, 1. Halbband, 1978, S. 243 f.), das heisst eine die Rechtslage beim Tode beeinflussende erbrechtlich relevante Willensäusserung (PETER BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 5. Aufl. 2015, N 1 zu Art. 509-511 ZGB). Von seinem Gegenstand her beschlägt der Widerruf den Tatbestand der widerrufenen Verfügung, das heisst die frühere Willenserklärung des Erblassers: Er entzieht dem ersten Testament seinen Charakter als Kundgabe des letzten Willens (BGE 91 II 264 E. 5 S. 274). Der Erblasser nimmt mit dem Widerruf also seine eigene Willenserklärung zurück und verhindert damit, dass das widerrufene Rechtsgeschäft nach dem Tod Rechtswirkungen entfalten kann. Eine andere Frage ist, ob der Erblasser mit dem Widerruf auch seinen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen ausdrückt, eine frühere, bereits im fraglichen Testament widerrufene letztwillige Verfügung wieder aufleben zu lassen bzw. unter welchen Voraussetzungen ein solcher "Widerruf des Widerrufs" als wirksam erfolgt anzusehen ist.
3.3. Im konkreten Fall sind sich die Parteien gemäss den verbindlichen (Art. 105 Abs. 1 BGG) vorinstanzlichen Feststellungen darüber einig, dass der Erblasser das Testament vom 17. März/27. Juni 2010 in Aufhebungsabsicht vernichtete. Mit der Vernichtung schaffte der Erblasser auch Ziffer 7 des Testaments aus de r Welt, wonach "dieses Testament... alle früheren letztwillige[n] Verfügungen und Testamente einschliesslich aller Nachträge zu diesen" ersetzt (s. Sachverhalt Bst. B.b). Eine (wie auch immer geartete) rechtsgeschäftliche Bedeutung kommt diesem Akt der Vernichtung freilich nur zu, wenn es sich bei der zerstörten Urkunde vom 17. März/27. Juni 2010 überhaupt um ein Testament im Rechtssinne handelte, der Was den hier zu beurteilenden Streit angeht, ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid, dass die Beschwerdegegnerin dem Erblasser mit Bezug auf das Testament vom 17. März/27. Juni 2010 den Testierwillen abspricht. Das Obergericht schliesst nicht aus, dass es sich bei dieser Urkunde um einen blossen Entwurf handelte, der Erblasser in diesem Schriftstück also (noch) nicht seinen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen zum Ausdruck brachte. In Erwägung III/4.2 des angefochtenen Entscheids erklärt es zwar, dass der erstinstanzlichen Einschätzung, wonach aus Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 (s. Sachverhalt Bst. B.b) der Wille zum Widerruf des Testaments vom 7. November 2008 "unzweideutig hervorgehe", "grundsätzlich ohne weiteres zu folgen" sei. Trotzdem kann nicht gesagt werden, dass das Obergericht im angefochtenen Entscheid in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (Art. 105 Abs. 1 BGG) einen Testierwillen des Erblassers feststellt. Denn schon in Erwägung III/4.8.1 des angefochtenen Entscheids erörtert die Vorinstanz erneut zwei gegensätzliche Hypothesen: Zum einen ist davon die Rede, was gälte, wenn es am Testierwillen fehlen würde, zum anderen kommt das Obergericht darauf zu sprechen, welche Fragen sich stellen würden, wenn von einem Testierwillen auszugehen wäre. Letztendlich bleibt im angefochtenen Entscheid ungewiss, ob der Erblasser in der Urkunde vom 17. März/ 27. Juni 2010 seinen Testierwillen zu Papier brachte. Zur Erklärung, weshalb es diese Ungewissheit nicht auszuräumen brauche, führt das Obergericht aus, dass Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 infolge der Vernichtung des Testaments gar nie wirksam gewesen sei (E. 2.2). Diese Einschätzung ist nach dem Gesagten bundesrechtswidrig (E. 3.2). Die dargelegte Unterscheidung zwischen dem Tatbestand und der Rechtsfolge der letztwilligen Verfügung bringt es mit sich, dass die Frage nach dem Testierwillen gerade nicht offenbleiben kann: Fehlte es dem Erblasser jedenfalls mit Bezug auf die fragliche Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 an einem rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen, so läge insofern gar keine Willenserklärung im Rechtssinne und damit keine letztwillige Verfügung vor. Diesfalls wäre die Vernichtung der Urkunde vom 17. März/27. Juni 2010 von vornherein irrelevant. Ist demgegenüber davon auszugehen, dass der Erblasser (zumindest) mit Bezug auf Ziffer 7 des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 seinen Testierwillen erklärte, und steht der Gültigkeit dieses Rechtsgeschäfts auch sonst nichts im Weg, so stellt sich mit Blick auf das Testament vom 7. November 2008 und die darauf gestützte Vermächtnisklage der Beschwerdegegnerin die Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Erblasser das Testament vom 17. März/27. Juni 2010 vernichtete.
3.4. Im Ergebnis wird sich das Obergericht in einem neuen Entscheid abschliessend dazu äussern müssen, ob der Erblasser seinen Testierwillen erklärte, als er in Ziffer 7 der Urkunde vom 17. März/27. Juni 2010 anordnete, dass dieses Testament alle früheren letztwilligen Verfügungen und Testamente einschliesslich aller Nachträge ersetzt. Falls die Vorinstanz dies bejaht, wird sie sich mit der soeben formulierten Frage auseinandersetzen müssen, welche Konsequenzen sich aus der Vernichtung des Testaments vom 17. März/27. Juni 2010 ergeben. Im Hinblick darauf ist klarzustellen, dass die hier erörterten Grundlagen aus der Lehre von den Rechtsgeschäften (E. 3.1-3.3) nicht nur für die Errichtung eines Testaments gelten, sondern auch für den nach Massgabe von Art. 509 ff. ZGB erfolgten Widerruf letztwilliger Verfügungen (s. E. 3.3).
4. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet. Sie ist im Sinne des Eventualantrags der Beschwerdeführer (s. Sachverhalt Bst. E.a), das heisst teilweise gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Die Sache ist zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt die Beschwerdegegnerin. Sie hat deshalb für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Ausserdem hat die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 26. April 2017, wird aufgehoben. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 40'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 50'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Januar 2018
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Monn