BGer 4A_566/2014
 
BGer 4A_566/2014 vom 11.12.2014
{T 0/2}
4A_566/2014
 
Urteil vom 11. Dezember 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Kölz.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Guido Ehrler,
Beschwerdeführer,
gegen
Versicherung B.________ AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Taggeldleistungen,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 9. Mai 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
Der 1971 geborene A.________ (Beschwerdeführer) arbeitete seit 2004 bei der C.________ AG in Aesch als Gartenarbeiter und war in dieser Eigenschaft bei der Versicherung B.________ AG (Beschwerdegegnerin) krankentaggeldversichert. Am 28. November 2012 rutschte er bei der Arbeit beim Aufladen einer rund 25 kg schweren Pflanze auf nassem Boden aus und verspürte beim Versuch, sich aufzufangen, einen stechenden Schmerz im Rücken. Seither bescheinigte ihm sein Hausarzt, Dr. D.________, Médecine Générale, Frankreich, eine Arbeitsunfähigkeit von 100 %. Die Arbeitgeberin bat Dr. E.________, FMH Allgemeine Medizin, um eine vertrauensärztliche Untersuchung. Am 5. April 2013 erstattete dieser Bericht.
 
B.
Mit Klage vom 28. November 2013 gelangte der Beschwerdeführer an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und beantragte, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihm ab 20. August 2013 das versicherte Taggeld gestützt auf die Arbeitsunfähigkeit im bisher ausgeübten Beruf, maximal bis zur Erschöpfung der Taggeldberechtigung auszurichten. Mit Urteil vom 9. Mai 2014 wies das Kantonsgericht die Klage ab. Es gelangte in Würdigung der medizinischen Unterlagen zum Schluss, dass der Beschwerdegegnerin der Gegenbeweis gelungen sei, dass keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege. Der Beschwerdeführer habe damit den Hauptbeweis für seine Anspruchsberechtigung ab 1. September 2013 nicht erbracht, weshalb die Klage abzuweisen sei.
 
C.
Der Beschwerdeführer beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Kantonsgerichts vom 9. Mai 2014 sei aufzuheben. Die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihm "nach Ablauf der am 1. September 2013 beginnenden Wartezeit das versicherte Taggeld beruhend auf der jeweils medizinisch-theoretisch belegten Arbeitsunfähigkeit im bisher ausgeübten Beruf, maximal bis zur Erschöpfung der Taggeldberechtigung (730 Tage), zu entrichten". Ausserdem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
 
Erwägungen:
 
1.
Zu beurteilen ist die Leistungspflicht aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3 Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen in Betracht kommt (BGE 138 III 2 E. 1.1; 133 III 439 E. 2.1 mit Hinweisen).
 
2.
2.1. Nachdem die SUVA bis 31. August 2013 aufgrund der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit die gesetzlichen Versicherungsleistungen erbracht, weitergehende Ansprüche aber mit der Begründung abgelehnt hatte, dass die bestehenden Beschwerden nicht mehr unfallbedingt sondern ausschliesslich krankhafter Natur seien, prüfte die Vorinstanz zutreffend, ob ab 1. September 2013 die geltend gemachte krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit medizinisch belegt sei. Für eine solche Arbeitsunfähigkeit lag der Vorinstanz die vom Hausarzt Dr. D.________ nicht näher begründete Bescheinigung vor, wonach der Beschwerdeführer bis 1. Dezember 2013 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei. Ob die Arbeitsunfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus bescheinigt worden war, liess die Vorinstanz offen.
2.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5). Dementsprechend greift das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts nur ein, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 IV 13 E. 5.1 S. 22; 131 I 57 E. 2, 467 E. 3.1). Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 135 II 356 E. 4.2.1; 129 I 8 E. 2.1). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Sachgericht erhebliche Beweismittel übersieht, augenscheinlich missversteht oder grundlos ausser Acht lässt, oder wenn es aus den vorliegenden Beweisen unhaltbare Schlüsse zieht (siehe BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 136 III 552 E. 4.2). Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 II 244 E. 2.2; 130 I 258 E. 1.3). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. BGE 116 Ia 85 E. 2b).
2.3. Der Beschwerdeführer bezweifelt die Schlüssigkeit der Beurteilung von Dr. F.________, weil dieser der Tatsache, dass er (der Beschwerdeführer) täglich ein Fitnessstudio besuche und sportlich aktiv sei, ein erhebliches Gewicht beigemessen habe. Das Argument ist nicht zielführend. Der Beschwerdeführer bestreitet die von Dr. F.________ erwähnte Tatsache des Besuchs des Fitnessstudios und der sportlichen Aktivitäten nicht. Inwiefern die Erwähnung dieses zutreffenden Umstands die Beurteilung von Dr. F.________ als unschlüssig ausweisen soll, ist nicht ersichtlich.
2.4. Weiter ist der Beschwerdeführer der Ansicht, aus dem Bericht von Dr. F.________ gehe nicht hervor, ob dieser seine Beurteilung, es bestehe keine Arbeitsunfähigkeit, auf die bisherige mittelschwere bis schwere Tätigkeit beziehe oder auf die Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Vorinstanz urteile willkürlich, wenn sie den Bericht dennoch als schlüssig bezeichne. Diese Rüge entbehrt der Grundlage. Dr. F.________ gab die Antwort, dass keine Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen sei, auf folgende Frage: "Besteht eine Arbeitsunfähigkeit und wie stark ist diese ausgeprägt? Welches Arbeitspensum in der angestammten oder in einer alternativen Tätigkeit (Beispiele nennen) ist dem Versicherten zuzumuten?" Daraus wird klar, dass Dr. F.________ eine Arbeitsunfähigkeit jedenfalls 
2.5. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, willkürlich das Schreiben von Dr. F.________ vom 23. August (recte: September) 2013 übergangen zu haben. Darin bringe Dr. F.________ zum Ausdruck, es habe zu keinem Zeitpunkt eine neurologisch begründete Arbeitsunfähigkeit bestanden. Daraus ergebe sich ein Widerspruch zur Tatsache, dass die SUVA neun Monate lang Taggelder geleistet habe, was sie nicht hätte tun müssen, wenn nie eine Arbeitsunfähigkeit bestanden hätte. Auch dieser Vorwurf ist nicht berechtigt. Die Vorinstanz hat die besagte Ergänzungsnotiz von Dr. F.________ nicht übersehen, sondern ausdrücklich erwähnt (E. 3.2.6 in fine). Sie musste aufgrund dieser Ergänzungsnotiz die Beurteilung von Dr. F.________ nicht als widersprüchlich einschätzen, bestätigt Dr. F.________ darin doch lediglich, was er schon in seinem Bericht vom 10. September 2013 ausgeführt hatte, nämlich dass keine neurologische Symptomatik bestehe und auch nie bestanden habe und 
2.6. Der Beschwerdeführer kritisiert die vorinstanzliche "Auslegung" der Berichte der Kreisärzte Dr. G.________ vom 4. Juni 2013 bzw. von Dr. H.________ vom 1. Oktober 2013 als unhaltbar. Zu Unrecht: Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers bescheinigten diese Ärzte nicht "eine vorbestandene Krankheit", womit "ein Gesundheitsschaden vorliegt, welcher geeignet ist, dem Beschwerdeführer die Weiterführung seiner angestammten Tätigkeit zu verunmöglichen". Die Vorinstanz gibt wieder, dass die beiden Kreisärzte multiple degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule erwähnten. Sie hielten aber auch fest, es hätten sich bei der bildgebenden Diagnostik keine objektivierbaren strukturellen Unfallfolgen gefunden bzw. es bestehe keine sichtbare Kompression des Rückenmarks. In Berücksichtigung dieser Relativierungen ist es jedenfalls nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz aus den von den Kreisärzten festgestellten multiplen degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule nicht den Schluss zog, es werde eine "vorbestandene Krankheit" bescheinigt, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führe. Hinzu kommt, dass auch Dr. I.________ zwar eine Wirbelsäulenarthrose feststellte, diese jedoch als moderat bezeichnete, was ebenfalls gegen einen Krankheitszustand mit Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit spricht und von der Vorinstanz zu Recht bestärkend mitberücksichtigt wurde.
2.7. Der Beschwerdeführer stösst sich daran, dass die Vorinstanz auf den Bericht von Dr. F.________ abstellte, obwohl Letzterer seine Beurteilung nur aus neurologischer und nicht aus orthopädischer Sicht abgegeben habe. Er wiederholt damit einen Standpunkt, den er schon vor der Vorinstanz vertreten hat. Diese widerlegte das Vorbringen überzeugend, indem sie ausführte, Dr. J.________ habe aufgrund der Erkenntnisse der Kreisärzte und von Dr. I.________ sowie der Akten eine neurologische Begutachtung empfohlen. Dabei sei zu beachten, dass es sich bei Dr. J.________ um einen orthopädischen Chirurgen handle, der deshalb erkannt hätte, wenn weitere orthopädische Abklärungen erforderlich gewesen wären. Der Beschwerdeführer will das nicht gelten lassen, weil Dr. J.________ den Beschwerdeführer nicht persönlich untersucht habe. Damit weist er die Überlegung der Vorinstanz jedoch nicht als willkürlich aus. Vielmehr ist schlüssig, dass Dr. J.________ als orthopädischer Chirurg aufgrund der Akten, die auch die Bildbefunde umfassten, die Erforderlichkeit weiterer orthopädischer Abklärungen erkannt hätte. Vor allem bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was die Empfehlung von Dr. J.________ zu einer 
2.8. Zusammenfassend gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die Beweiswürdigung der Vorinstanz als willkürlich auszuweisen. Die Vorinstanz wies die Klage willkürfrei mangels leistungsbegründender Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers ab.
 
3.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Dezember 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Kölz