BGer 4A_27/2014
 
BGer 4A_27/2014 vom 22.04.2014
{T 0/2}
4A_27/2014
 
Urteil vom 22. April 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Kiss, Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Schmid,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Arbeitsvertrag,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
vom 4. Dezember 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
Die A.________ AG (Beklagte und Widerklägerin, Beschwerdeführerin) ist ein in der Kosmetikbranche tätiges Unternehmen. Am 15. Oktober 2007 veräusserte der damalige Alleinaktionär Z.________ seine Beteiligung an der Gesellschaft.
B.________ (Klägerin und Widerbeklagte, Beschwerdegegnerin), Lebenspartnerin des früheren Alleinaktionärs, war während mehrerer Jahre im Betrieb der Beklagten tätig.
 
B.
B.a. Am 27. Dezember 2010 reichte B.________ beim Arbeitsgericht Zofingen Klage ein mit dem Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 28'400.-- nebst 5 % Zins seit dem 1. Dezember 2008 zu bezahlen. Die Beklagte erhob Widerklage auf Rückzahlung diverser unrechtmässig bezogener Leistungen.
Mit Urteil vom 1. Februar 2012 verurteilte das Arbeitsgericht Zofingen die Beklagte und Widerklägerin in teilweiser Gutheissung der Klage und teilweiser Gutheissung der Widerklage dazu, nach Verrechnung der gegenseitigen Forderungen der Klägerin und Widerbeklagten den Betrag von Fr. 24'334.00 nebst 5 % Zins seit dem 1. Dezember 2008 zu bezahlen.
Das Arbeitsgericht stellte fest, es sei unbestritten, dass die Klägerin und Widerbeklagte im Jahr 2000 durch die Beklagte und Widerklägerin als Nagelkosmetikerin angestellt worden sei, auch wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht vorliege. Im Rahmen der Veräusserung der Aktien der Beklagten sei am 15. Oktober 2007 zwischen den Parteien des Aktienkaufvertrags vereinbart worden, dass die Klägerin bis Ende 2009 fest angestellt bleibe. Mit Schreiben vom 25. August 2008 habe die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin - die seit November 2007 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Arbeitsleistung zu erbringen - auf den 31. Oktober 2008 gekündigt. Da die Kündigung der Klägerin am 2. September 2008 zugegangen war, sei die Kündigung auf den 30. November 2008 wirksam geworden. Der Lohn von Fr. 7'100.-- brutto bzw. Fr. 6'193.60 monatlich sei der Klägerin bis Ende Juli 2008 ausbezahlt worden, weshalb ihr noch ein Anspruch von vier Monaten à Fr. 6'193.60 netto, insgesamt Fr. 24'774.40 zustehe, welcher Betrag ab 1. Dezember 2008 zu verzinsen sei. Die Widerklage wies das Arbeitsgericht im Wesentlichen ab mit der Begründung, die Klägerin habe aus der Überlassung der Geschäftstankkarte und der Bezahlung sämtlicher Kosten des ihr zur privaten Nutzung überlassenen Geschäftsfahrzeugs nach Treu und Glauben ableiten dürfen, dass die Beklagte sämtliche Benzin- und sonstigen Betriebskosten übernehme. Nur soweit die Klägerin mit der ihr überlassenen Geschäftstankkarte auch Kioskartikel und Lebensmittel gekauft habe, sei sie zur Rückzahlung verpflichtet. Der entsprechende Betrag belaufe sich auf Fr. 440.40.
B.b. Mit Urteil vom 4. Dezember 2013 wies das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Zofingen ab.
Das Obergericht verwarf mit der ersten Instanz den Einwand der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin sei wegen Täuschung - in Zusammenwirken mit ihrem Lebenspartner Z.________ - nachträglich dahingefallen. Sie hielt der im kantonalen Verfahren anwaltlich vertretenen Beklagten vor, diese habe weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufung dargetan, wann sie von der geltend gemachten Täuschung Kenntnis erhalten habe, noch habe sie eine Anfechtungserklärung behauptet. Sie habe im Gegenteil im Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung vom 25. August 2008 von den angeblichen Machenschaften der Klägerin gewusst und daher den Vertrag durch Erklärung der Kündigung konkludent genehmigt. Auch habe sie keine fristlose Kündigung erklärt, weshalb die angeblichen Gründe für eine solche Kündigung nicht erheblich seien. Schliesslich bestätigte das Obergericht auch die Höhe der von der ersten Instanz zugesprochenen Beträge.
 
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 4. Dezember 2013 mit Ausnahme der Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin im Umfang von Fr. 440.-- aufzuheben und an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen (Ziffer 1), eventualiter sei die Klage abzuweisen und die Widerklage im Sinne einer Teilklage und unter Vorbehalt des Nachklagerechts wie folgt gutzuheissen: (a) Es sei die Klägerin zur Rückzahlung der unrechtmässig bezogenen Provisionen und Pauschalspesen im Umfang von Fr. 1'000.-- abzüglich Sozialversicherungsabzüge, jedoch inklusive Verzugszins von 5 % seit dem 21. Oktober 2011 zu verpflichten, (b) es sei die Klägerin zur Rückzahlung von über die Geschäftstankkarte der Shell bezogenen Leistungen im Umfang von Fr. 1000.-- zu verpflichten, (c) es sei die Klägerin zur Zahlung der Leasingraten im Umfang von insgesamt Fr. 1000.--, zur Zahlung der Versicherungskosten und Strassenverkehrskosten im Umfang von insgesamt Fr. 1000.-- zu verpflichten, nebst Verzugszins von 5 % seit dem 21. Oktober 2011 für die entsprechenden Beträge a), b) und c) (Ziffer 2).
Zur Begründung unterbreitet die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht eine ihrer Ansicht nach "unglaubliche Geschichte " und zeigt sich mit "einigen Müsterchen " konsterniert, wie die aargauischen Gerichte ihren Fall behandelt hätten, bevor sie Willkür der Vorinstanz (en) rügt.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Das angefochtene Urteil vom 4. Dezember 2013 ist ein Endurteil (Art. 90 BGG) in einer Zivilsache (Art. 72 BGG), das eine obere kantonale Instanz auf ein Rechtsmittel hin (Art. 75 BGG) erlassen hat. Die mit ihren Anträgen im Wesentlichen unterlegene Beschwerdeführerin (Art. 76 BGG) hat das ihr frühestens am 5. Dezember 2013 zugestellte Urteil unter Berücksichtigung der Gerichtsferien (Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG) fristgerecht angefochten und der Streitwert (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) ist erreicht. Insofern ist die Beschwerde zulässig.
1.2. Nach Art. 99 Abs. 2 BGG sind neue Begehren unzulässig. Die Beklagte hat zwar vor der Vorinstanz in ihren Eventualanträgen höhere Beträge verlangt. Sie hat jedoch auch diese im Sinne einer Teilklage und unter Vorbehalt des Nachklagerechts beantragt. Sie hat somit ihre Begehren reduziert, was zulässig ist.
Dagegen ist auf ihre Beschwerde von vorneherein nicht einzutreten, soweit sie neue Tatsachen enthält. Denn nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5).
Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Praxis nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint. Willkür in der Rechtsanwendung liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft; dabei ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f.; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; 132 III 209 E. 2.1 S. 211; je mit Hinweisen).
Die beschwerdeführende Partei hat nach Art. 42 Abs. 2 BGG in Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich sein soll (Art. 106 Abs. 2 BGG). Wird der Vorinstanz vorgeworfen, sie habe bestimmte Tatsachen unbeachtet gelassen, ist in der Beschwerde ausserdem aufzuzeigen und mit Aktenhinweisen zu belegen, dass entsprechende Vorbringen schon im kantonalen Verfahren behauptet und zum Beweis verstellt worden sind (Urteile 4A_214/2008 vom 9. Juli 2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 III 570; 4A_470/2009 vom 18. Februar 2010 E. 1.2).
1.4. Die Beklagte stellt den Sachverhalt ("unglaubliche Geschichte") zunächst aus ihrer Sicht dar und wirft der Vorinstanz vor, diese habe den Streitstoff nicht von Amtes wegen ermittelt. Sie verkennt damit, dass die Parteien selbst bei Geltung des sozialen (beschränkten) Untersuchungsgrundsatzes bei der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken haben, d.h. wie unter der Geltung des Verhandlungsgrundsatzes die Last tragen, die relevanten Tatsachenbehauptungen aufzustellen, zu bestreiten und nötigenfalls zu substanziieren (vgl. statt aller CHRISTOPH HURNI, in: Berner Kommentar, 2012, N. 64 zu Art. 55 ZPO). Die Vorinstanz hat daher zu Recht von der Beklagten verlangt, dass sie die behaupteten Pflichtverletzungen der Klägerin behaupte und substanziiere.
1.5. Mit ihren Willkürrügen geht die Beklagte zum Teil auf die Begründung der Vorinstanz nicht ein:
- die Rückforderung der Autokosten wird ihr im angefochtenen Entscheid verwehrt, weil sie diese monatelang bezahlt und damit die Klägerin im Glauben gelassen hat, dies sei so vereinbart;
- die Anfechtung wegen Täuschung ("Duo A.________/Z.________") wird ihr im angefochtenen Entscheid verwehrt, weil sie keine entsprechende Erklärung abgegeben und die Einhaltung der Frist nicht nachgewiesen hat;
- das "Nachschieben von Kündigungsgründen" wird ihr im angefochtenen Entscheid verwehrt, weil sie keine fristlose Kündigung erklärt hatte.
Die Willkürrügen der Beklagten lassen sodann zum Teil jeden Hinweis auf die kantonalen Akten zum Beleg vermissen, dass sie entsprechende Behauptungen aufgestellt hatte über eine angebliche Konkurrenztätigkeit (Beschwerde S. 4), über den Zeitpunkt der Kenntnis der Täuschung (Beschwerde S. 4), über die Gründe für eine Unzumutbarkeit der Anfechtung (Beschwerde S. 4 f.).
Inwiefern schliesslich die Aussagen von Z.________ willkürlich gewürdigt worden sein sollen, ist nicht ansatzweise begründet.
 
2.
Soweit die Beklagte sinngemäss Rechtsverletzungen rügt, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass mit der Kündigung eines Vertrages bestätigt wird, dass er geschlossen wurde, sie hat zutreffend erkannt, dass Provisionen Lohnbestandteil bilden und sie hat das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der verbindlich festgestellten Tatsachen zutreffend als Arbeitsvertrag qualifiziert.
 
3.
Die Beschwerde ist materiell offensichtlich unbegründet, soweit sie den formellen Begründungsanforderungen überhaupt genügt; sie kann daher im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden.
Dem Ausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin zu auferlegen. Da keine Vernehmlassungen eingeholt wurden, ist der Beschwerdegegnerin dagegen keine Parteientschädigung zuzusprechen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. April 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Hurni