BGer 4C.111/2003 |
BGer 4C.111/2003 vom 21.07.2003 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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4C.111/2003 /bie
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Urteil vom 21. Juli 2003
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I. Zivilabteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Corboz, Präsident,
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Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Favre,
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Gerichtsschreiberin Boutellier.
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Parteien
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C.________ GmbH, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Josef Ulrich, Industriestrasse 7, 6005 Luzern,
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gegen
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V.________, Kläger und Berufungsbeklagten,
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vertreten durch Rechtsanwältin Cornelia
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Brücker-Schmid, Frankenstrasse 18, 6003 Luzern.
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Gegenstand
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Mietvertrag; Grundlagenirrtum,
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Berufung gegen das Urteil des Obergerichts
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des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 28. Februar 2003.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 V.________ (Kläger) betreibt eine Schule für künstlerischen Tanz. Für diese Tanzschule mietete er von der C.________ GmbH (Beklagte) Räumlichkeiten am X.________-platz in Luzern. Nach der Kündigung des Mietvertrages durch die Beklagte entstanden Meinungsverschiedenheiten, worauf die Parteien am 24. April 1999 einen Vergleichsvertrag schlossen. Ziffer 17 dieses Vertrages bestimmt unter anderem Folgendes:
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"Kann der Mieter ein geeignetes Ersatzlokal finden und räumt er seine bisherigen Mietlokalitäten bis spätestens 31. Juli 1999 (...), so bezahlt die Vermieterin Fr. 70'000.-- (...) ".
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Der Kläger verliess in der Folge die gemieteten Räumlichkeiten vor Ende Juli 1999.
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1.2 Mit Klage vom 17. März 2000 forderte der Kläger von der Beklagten Fr. 70'000.-- nebst Zins. Die Beklagte widersetzte sich diesem Begehren, da der Vertrag infolge eines Grundlagenirrtums unverbindlich sei, denn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe sie keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger bereits einen Mietvertrag für ein Nachfolgelokal abgeschlossen hatte. Das Amtsgericht Luzern-Stadt hiess die Klage mit Urteil vom 10. Januar 2002 vollumfänglich gut. Dieser Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, mit Urteil vom 28. Februar 2003 bestätigt.
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1.3 Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Beklagte sowohl eidgenössische Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Mit Berufung beantragt sie Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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2.
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2.1 Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift anzugeben, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Fehl am Platz sind dagegen Erörterungen über die Anwendung kantonalen Rechts (Art. 43 Abs. 1 OG und Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 108 II 167 E. 1a mit Hinweisen).
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Soweit die Beklagte die Verletzung von Bestimmungen der Zivilprozessordnung des Kantons Luzern rügt, ist auf die Berufung nicht einzutreten.
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2.2 Im Berufungsverfahren hat das Bundesgericht seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zu Grunde zu legen, es sei denn, diese beruhen auf einem offensichtlichen Versehen, sind unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zu Stande gekommen oder bedürfen der Ergänzung, weil das Sachgericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm entscheidwesentliche Behauptungen und Beweisanträge dazu prozesskonform unterbreitet worden waren (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; BGE 115 II 484 E. 2a). Eine blosse Kritik an der Beweiswürdigung des Sachgerichts ist, soweit nicht Vorschriften des Bundesrechts in Frage stehen, ausgeschlossen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 120 II 97 E. 2b).
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Soweit die Beklagte mit Berufung vorbringt, die Vorinstanz sei von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen, wenn sie in ihrem Entscheid annehme, die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 24. April 1999 davon gewusst, dass sich der Kläger ein Lokal auf Vorrat reserviert hatte, ist sie nicht zu hören. Wenn die Vorinstanz die Umstände nicht weiter abklärte, weil die Frage, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung bereits ein Ersatzlokal gefunden hatte, rechtlich unerheblich ist, verletzt sie kein Bundesrecht.
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3.
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Die Vorinstanz erkannte, dass die Entschädigungsklausel gültig zustande gekommen sei und die Beklagte danach den Betrag von Fr. 70'000.-- zu bezahlen habe.
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3.1 Ein Vertrag kommt nach Art. 1 Abs. 1 OR entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur zustande, wenn sich die Parteien tatsächlich übereinstimmend geäussert und verstanden haben; vielmehr werden ihnen nach dem Vertrauensprinzip ihre Erklärungen in dem Sinne zugerechnet, wie sie der Adressat objektiv verstehen durfte und musste (BGE 126 III 119 E. 2a mit Hinweisen). Ob die Beklagte nach ihrem tatsächlichen Willen bereit war, dem Kläger eine Entschädigung von Fr. 70'000.-- für ein schon vor dem 24. April 1999 gefundenes Lokal zu bezahlen, ist unerheblich. Die Vorinstanz war daher nach Art. 8 ZGB nicht verpflichtet, Beweise der Beklagten zu diesem Willen abzunehmen (BGE 122 II 219 E. 3c S. 223 mit Hinweisen). Die Beklagte hat die in Ziffer 17 des Vergleichs vom 24. April 1999 enthaltene Entschädigung zu bezahlen, sofern der Kläger die Vereinbarung objektiv nach dem Vertrauensprinzip so verstehen durfte, dass er die Entschädigung auch erhalte, wenn er einen Ersatzmietvertrag für ein bereits gefundenes Lokal unterzeichne.
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3.2 Nach dem Vertrauensprinzip sind Willenserklärungen nicht alleine aufgrund ihres Wortlautes auszulegen; vielmehr sind der Zusammenhang, in dem sie stehen, sowie die Umstände vor und bei Vertragsschluss zu berücksichtigen (BGE 126 III 219 E. 2a; 125 III 435 E. 2a/ aa S. 437, je mit Hinweisen). Die Beklagte verkennt dies, wenn sie ihre Auslegung auf den grammatikalischen Wortlaut der Vereinbarung beschränkt und den Sinn der Vereinbarung allein daraus erschliessen will, dass der Mieter ein geeignetes Ersatzlokal "finden" würde. Die Vorinstanz hat zur Auslegung von Ziff. 17 des Vergleichs vom 24. April 1999 zutreffend die Umstände vor und beim Vertragsschluss mitberücksichtigt. Sie hat das Interesse der Beklagten daran hervorgehoben, den Kläger zum rechtzeitigen Abschluss eines Mietvertrages für ein Ersatzlokal zu motivieren, und sie hat insbesondere aus einem Brief des damaligen Rechtsvertreters der Beklagten vom 29. März 1999 abgeleitet, dass die Entschädigung für Investitionen gedacht war, welche dem Kläger für das Ersatzlokal entstehen würden. Damit setzt sich die Beklagte nicht auseinander. Inwiefern die Vorinstanz dieses Schreiben - auf das im angefochtenen Urteil ausdrücklich verwiesen wird - falsch verstanden haben sollte, ist auch nicht ersichtlich. Die vertrauenstheoretische Auslegung im angefochtenen Urteil ist nicht zu beanstanden.
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4.
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Die Vorinstanz hat der Beklagten die Berufung auf einen Willensmangel verwehrt mit der Begründung, dass sie zumindest in grundsätzlicher Hinsicht davon Kenntnis hatte, dass sich der Kläger im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ein Lokal an der Y.________-strasse in Luzern reserviert hatte, und dass ein allfälliger Irrtum der Beklagten nicht wesentlich wäre.
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4.1 Nach den Erwägungen der Vorinstanz ergibt sich die grundsätzliche Kenntnis der Beklagten aus der von ihr eingereichten Korrespondenz. Daraus ist zu schliessen, dass die Beklagte an ihrer behaupteten subjektiven Vorstellung, wonach der Kläger ein neues Mietlokal erst finden müsse, mindestens zweifeln musste. Dass der Zweifel an der eigenen Vorstellung den Irrtum ausschliesst, bestreitet die Beklagte nicht. Sie verkennt die Tragweite der Versehensrüge (BGE 113 II 522 E. 4b; 104 II 68 E. 3b S. 74, je mit Hinweisen) und beanstandet die Beweiswürdigung, wenn sie den Schluss der Vorinstanz in Frage stellt, dass sie Zweifel haben musste.
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4.2 Die Beklagte beanstandet schliesslich, dass die Vorinstanz ihre Beweise zur behaupteten culpa in contrahendo nicht abgenommen habe. Sie hält dafür, der Kläger hätte sie darüber aufklären müssen, dass er sich das Lokal an der Y.________-strasse reserviert hatte. Ansprüche aus culpa in contrahendo infolge Verletzung der Aufklärungspflicht während Vertragsverhandlungen sind wie Schadenersatzansprüche wegen absichtlicher Täuschung zu behandeln (BGE 109 Ia 5 E. 4b S. 10 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat den angeblichen Irrtum der Beklagten - den der Kläger nach Ansicht der Beklagten durch gehörige Aufklärung hätte verhindern müssen - als nicht wesentlich qualifiziert und daher angebliche Schadenersatzansprüche aus culpa in contrahendo zutreffend abgewiesen. Aus dem Verweis auf ihre eigene Vertragsinterpretation ergibt sich jedenfalls entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben könnte, wenn sie den behaupteten Irrtum der Beklagten als nicht wesentlich qualifizierte.
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5.
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Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beklagte die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen und dem Kläger eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Gebühr und Entschädigung richten sich nach dem Streitwert.
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beklagten auferlegt.
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3.
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Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. Juli 2003
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Im Namen der I. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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