BGer I 615/2001 |
BGer I 615/2001 vom 28.02.2003 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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I 615/01
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Urteil vom 28. Februar 2003
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II. Kammer
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Besetzung
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Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Attinger
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Parteien
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C.________, 1981, Beschwerdeführerin,
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vertreten durch ihre Eltern A.________ und B.________,
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gegen
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IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal
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(Entscheid vom 18. Juni 2001)
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Sachverhalt:
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A.
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Die IV-Stelle Basel-Landschaft lehnte mit Verfügung vom 18. August 2000 das Gesuch der 1981 geborenen C.________ um Kostenübernahme für den stationären Aufenthalt in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Y.________ ab 17. Februar 1999 ab, da die Anspruchsvoraussetzungen für medizinische Massnahmen der Invalidenversicherung nicht erfüllt seien.
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B.
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Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (heute: Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht) wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 18. Juni 2001 ab.
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C.
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C.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag auf Zusprechung stationärer Psychotherapie als medizinische Eingliederungsmassnahme, wobei das vorliegende Verfahren mit dem am 20. Mai 2000 angehobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren in Sachen A.________ und B.________ (I 307/00) zu vereinigen sei.
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Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichten auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Der sinngemässe formellrechtliche Antrag der Beschwerdeführerin, wonach der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben sei, weil das kantonale Gericht das Verfahren nicht sistiert habe, obwohl "ein direkter Zusammenhang" mit dem erwähnten beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Verfahren I 307/00 bestehe, ist unbegründet. Im letztgenannten, ebenfalls mit Urteil vom heutigen Datum abgeschlossenen Prozess geht es um einen vorinstanzlichen Abschreibungs-/Nichteintretensentscheid betreffend die Beschwerde gegen eine Verwaltungsverfügung vom 6. Oktober 1998, mit welcher die IV-Stelle den geltend gemachten Anspruch auf einen Rehabilitationsaufenthalt in der therapeutischen Gemeinschaft "Q.________", verneint hatte. Demgegenüber dreht sich das vorliegende und drehte sich bereits das vorinstanzliche Verfahren einzig um die Frage, ob die Invalidenversicherung den stationären Aufenthalt in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Y.________ ab 17.Februar 1999 zu übernehmen hat. Eine Sistierung des kantonalen Prozesses bis zum Abschluss des letztinstanzlichen Verfahrens I307/00 wäre mithin keineswegs zweckmässig gewesen und ist daher zu Recht unterblieben.
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1.2 Die ferner beantragte Vereinigung des vorliegenden mit dem bereits vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Verfahren I307/00 fällt nach dem Gesagten ebenfalls ausser Betracht. Denn eine solche Vereinigung zweier Prozesse und deren Erledigung in einem einzigen Urteil rechtfertigt sich nur, wenn den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zu Grunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den nämlichen vorinstanzlichen Entscheid betreffen (BGE 128V 126 Erw.1 mit Hinweisen), was hier alles nicht zutrifft.
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1.3 Soweit die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren Fragen hinsichtlich dem von der Invalidenversicherung verweigerten Aufenthalt in der therapeutischen Gemeinschaft "Q.________" aufwirft, kann darauf mangels eines entsprechenden Anfechtungsgegenstandes nicht eingetreten werden. Wie bereits dargelegt, ist hier lediglich zu beurteilen, ob die Versicherte Anspruch auf Übernahme des stationären Aufenthaltes in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Y.________ ab 17.Februar 1999 hat.
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2.
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Am 1.Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6.Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127V 467 Erw.1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 18.August 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121V 366 Erw.1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31.Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.
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3.
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Das kantonale Gericht hat die vorliegend massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über den Anspruch von nichterwerbstätigen Personen vor dem vollendeten 20. Altersjahr auf psychiatrische Behandlung als medizinische Eingliederungsmassnahme der Invalidenversicherung (Art. 5 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 1 IVG; BGE 105 V 19 mit Hinweisen; AHI 2000 S. 64 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Danach kommen medizinische Massnahmen der IV auch bei Versicherten unter 20 Jahren nicht in Betracht, wenn sich solche Vorkehren gegen psychische Krankheiten richten, welche nach der herrschenden Auffassung der Psychiatrie ohne kontinuierliche Behandlung nicht dauerhaft gebessert werden können, wie zum Beispiel bei Schizophrenien (BGE 105 V 20; AHI 2000 S. 64 Erw. 1). Gleichgültig ob bei psychischen oder physischen Leiden, ist die Invalidenversicherung jedenfalls nicht leistungspflichtig, wenn eine Dauerbehandlung im Sinne einer zeitlich unbegrenzten Therapie medizinisch erforderlich ist (ZAK 1991 S. 176, 1984 S. 501; Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, Zürich 1997, S. 84). Nach der vom Eidgenössischen Versicherungsgericht ausdrücklich als gesetzeskonform bezeichneten (BGE 105 V 20 in fine) Verwaltungspraxis sind die Voraussetzungen für die Gewährung medizinischer Massnahmen an Versicherte vor vollendetem 20. Altersjahr u.a. erfüllt bei schweren erworbenen psychischen Leiden, sofern - abgesehen von weiteren Erfordernissen - gemäss spezialärztlicher Feststellung von einer weiteren Behandlung erwartet werden darf, dass der drohende Defekt mit seinen negativen Auswirkungen auf die Berufsausbildung und Erwerbsfähigkeit ganz oder in wesentlichem Ausmass verhindert werden kann (Rz 645-647/845-847.5 des Kreisschreibens des BSV über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung [KSME]). Entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde besteht kein Anlass, von dieser ständigen Gerichts- und Verwaltungspraxis abzugehen.
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4.
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4.1 Die Beschwerdeführerin musste am 17. Februar 1999 nach einer erneuten Dekompensation in die Kantonale Psychiatrische Klinik Y.________ eintreten. Laut Bericht dieser Klinik vom 2. August 2000 gehen die behandelnden Ärzte "heute" von einer schizophrenen Erkrankung der Versicherten aus. Voraussichtlich während weiterer sechs bis zwölf Monate sei eine vollstationäre psychiatrische Behandlung notwendig. Die Prognose bezüglich beruflicher Eingliederung sei offen; vor Ablauf von ca. zwei Jahren würden diesbezügliche Massnahmen sicherlich eine psychische Überforderung der Versicherten darstellen.
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4.2 Der Vorinstanz ist insofern beizupflichten, als gemäss den angeführten fachärztlichen Angaben von einer Erkrankung auszugehen ist, welche nach herrschender psychiatrischer Auffassung ohne kontinuierliche Behandlung nicht dauerhaft gebessert werden kann. Rechtsprechungsgemäss (vgl. Erw. 3 hievor) entfallen unter diesen Umständen medizinische Eingliederungsmassnahmen der IV auch bei Versicherten unter 20 Jahren. Die weiteren Ausführungen im Klinikbericht vom 2. August 2000, wonach "seit einigen Monaten eine relative, leicht störbare, psychische Stabilität jenseits der akuten Psychose" erreicht worden sei, führen sodann zum Schluss, dass seit dem Eintritt in die psychiatrische Klinik vom 17. Februar 1999 nie mit rechtsgenüglicher Zuverlässigkeit im Sinne der dargelegten Gerichts- und Verwaltungspraxis prognostiziert werden konnte, durch die streitige stationäre Behandlung werde ein drohender Defekt mit seinen negativen Auswirkungen auf die Berufsbildung und Erwerbsfähigkeit ganz oder in wesentlichem Ausmass verhindert. Die von den IV-Organen verfügte, vorinstanzlich bestätigte Leistungsablehnung erfolgte mithin zu Recht.
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An dieser Beurteilung vermögen die Hinweise der Beschwerdeführerin auf die medizinische Literatur zum Krankheitsbild der Schizophrenie nichts zu ändern.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, der Ausgleichskasse des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 28. Februar 2003
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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