BGer 2P.29/2003
 
BGer 2P.29/2003 vom 14.02.2003
Tribunale federale
{T 0/2}
2P.29/2003 /kil
Urteil vom 14. Februar 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Feller.
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Universität D.________, Rektorat,
Rekurskommission der Universität D.________,
Universitätsrat der Universität D.________.
Art. 6 und 20 BV, Art. 10 EMRK (Diplomarbeit),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Universitätsrats der Universität D.________ vom
9. Dezember 2002.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
A.________ schrieb im Sommer 2001 im Rahmen seines Studiums an der Universität D.________ seine Diplomarbeit mit dem Titel "Art. 7 KG und Parallelimporte". Referent war B.________, Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht, Koreferent C.________, Professor für Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht. Auf Antrag von Referent und Koreferent beschloss die Senatskommission für Dissertationen und Diplomarbeiten der Universität D.________, für die eingereichte Diplomarbeit die Note 4,0 zu erteilen. A.________ erhob gegen diese Verfügung Rekurs an die Rekurskommission der Universität D.________ mit dem Antrag, die Diplomarbeit sei mit der Note 5, eventualiter mit der Note 4,5 zu bewerten. Die Rekurskommission sistierte das Verfahren und stellte den Rekurs der Senatskommission zwecks Vornahme einer allfälligen Wiedererwägung zu. Die Senatskommission beschloss am 17. Juni 2002, die Note auf 4,5 anzuheben. Am 2. Juli 2002 wies die Rekurskommission den Rekurs im Hauptantrag (Erhöhung der Note auf 5) ab. Den gegen diesen Rekursentscheid erhobenen Rekurs wies der Universitätsrat der Universität D.________ am 9. Dezember 2002 unter Auferlegung einer Entscheidgebühr von Fr. 1'500.-- ab.
A.________ hat am 31. Januar 2003 gegen den Entscheid des Universitätsrats staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Es ist weder ein Schriftenwechsel durchgeführt, noch sind andere Instruktionsmassnahmen (Einholen der kantonalen Akten) angeordnet worden.
2.
2.1 Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen den Rekursentscheid des Universitätsrats der Universität D.________, einen auf kantonales Recht gestützten Entscheid.
Nicht jedes Handeln und nicht jede Äusserung einer kantonalen Behörde kann mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. Die staatsrechtliche Beschwerde steht gemäss Art. 84 Abs. 1 OG nur offen zur Anfechtung von Erlassen oder Verfügungen (Entscheiden), also von Hoheitsakten, die in irgend einer Weise die Rechtsstellung des Einzelnen berühren, indem sie ihn verbindlich zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten, Feststellungen über das Bestehen von Rechten und Pflichten treffen oder sonstwie seine Rechtsbeziehung zum Gemeinwesen autoritativ festlegen (126 I 250 E. 1a S. 252; 120 Ia 321 E. 3a S. 325).
Materiellrechtlicher Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist die Note für eine Diplomarbeit. Mit einer Note wird bloss eine Aussage über eine Tatsache gemacht, nämlich über die Qualität der an einer Prüfung oder bei einer Arbeit erbrachten Leistung. Eine Note stellt damit keine Verfügung, auch keine Feststellungsverfügung dar, werden doch damit keine Rechte und Pflichten begründet, geändert oder aufgehoben und wird auch keine Feststellung über den Bestand von Rechten und Pflichten getroffen. Die Note wird nicht schon darum zum Hoheitsakt, weil sie tatsächliche Nachteile mit sich bringen, z.B. die Stellung auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen könnte. Anders verhält es sich bloss bei Noten, welche unmittelbar ausschlaggebend sind für das Bestehen einer Prüfung, für den Erwerb eines Diploms oder für die Berechtigung, eine weiterführende Ausbildung antreten oder einen Titel tragen zu können (Urteile des Bundesgerichts 2P.21/1996 vom 21. November 1996 E. 2a; 2P.216/1988 vom 18. Dezember 1990 E. 3).
2.2 Die Note des Beschwerdeführers für die Diplomarbeit ist im Rekursverfahren auf 4,5 angehoben worden. Durch diese Aussage über die tatsächlich von ihm erbrachte Leistung allein wird seine Rechtsstellung nicht verändert. Dass die Schlussnote "für den Doktorschnitt und die Qualifikation für Berufsausübung von überaus grosser Bedeutung" ist und die Note der Diplomarbeit bei der Berechnung dieser Schlussnote einen grossen Stellenwert habe, wie der Beschwerdeführer ausführt, lässt die Notengebung noch nicht zu einer anfechtbaren Verfügung im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG werden. Hierfür hätte der Beschwerdeführer zumindest näher dartun müssen, inwiefern gerade die erzielte Note (4,5) die Möglichkeit der Zulassung zur Doktorarbeit definitiv ausschliesst; dies tut er nicht. Damit aber stellt auch der angefochtene Rekursentscheid keinen anfechtbaren Hoheitsakt dar, insoweit er die Benotung, d.h. die Bewertung der Diplomarbeit, schützt. Soweit deshalb der Beschwerdeführer mit der staatsrechtlichen Beschwerde die Verfassungswidrigkeit dieser Bewertung rügen will, kann er nicht gehört werden, und zwar weder mit der Willkürrüge noch mit der Rüge, die Wissenschaftsfreiheit sei verletzt.
2.3 Es stellt sich die Frage, ob trotz Fehlens einer Verfügung im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG die Verletzung von Verfahrensfehlern gerügt werden kann. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von verfahrensrechtlichen Rügen bei fehlender Legitimation in der Sache selbst betrifft grundsätzlich Sachverhalte, bei welchen Verfügungen angefochten sind, und lässt sich nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen, wo eine Anordnung mit Verfügungseigenschaft gerade fehlt. Ob bei Prüfungsentscheiden allenfalls insofern von einem anfechtbaren Hoheitsakt auszugehen ist, als die Behörde spezifisch zum Schutz von Prüfungsabsolventen aufgestellte Regeln anzuwenden hatte (vgl. BGE 115 Ia 76 E. 1d S. 79 betreffend Submissionsentscheide, welche nach früherer Praxis nicht als Hoheitsakte galten), kann offen bleiben; vorliegend werden auch diesbezüglich keine Rügen erhoben, die - sofern überhaupt in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise vorgebracht - begründet sein könnten.
2.3.1 Jeglicher Grundlage entbehrt vorerst der Vorwurf, die Rüge der Verletzung der Meinungs- und Wirtschaftsfreiheit sei in rechtsverweigernder Weise "unterdrückt" worden. Der Universitätsrat hat dargelegt, mit welcher Kognition er die Bewertung der Diplomarbeit zu überprüfen hatte (E. 2 des angefochtenen Entscheids), und sich anschliessend konkret mit den Bewertungskriterien, deren Anwendung sowie mit der Kritik des Beschwerdeführers daran befasst und gestützt auf die dabei gewonnene Erkenntnis ausdrücklich festgestellt, die Bewertung verstosse weder gegen Treu und Glauben noch gegen die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Die Rüge, das erwähnte Grundrecht sei verletzt, ist behandelt worden. Eine vertieftere Befassung damit war nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Rechtsverweigerungsverbots, sondern auch sonst nicht geboten: Die Natur von Prüfungen und Diplomarbeiten bzw. von Entscheidungen darüber schliesst die Möglichkeit aus, dass die Beurteilung einer Note, die sich auf nachvollziehbare, auf die konkreten Anforderungen der Prüfungsarbeit Bezug nehmende Gründe stützt, im Ergebnis die Meinungs- oder Wissenschaftsfreiheit verletzen könnte. Mit anderen Worten lässt sich aus diesen Grundrechten letztlich kein selbstständiger Anspruch auf eine über den Willküraspekt hinausgehende inhaltliche Beurteilung einer Prüfungsarbeit im Rechtsmittelverfahren ableiten.
2.3.2 Der Universitätsrat hat sodann im angefochtenen Entscheid die Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich einer möglichen Befangenheit des Referenten berücksichtigt und dazu Stellung genommen. Was der Beschwerdeführer diesbezüglich in der staatsrechtlichen Beschwerde darlegt, ist nicht geeignet aufzuzeigen, inwiefern der Universitätsrat verpflichtet gewesen wäre, sich umfassender mit diesem Aspekt zu befassen und - entsprechend dem Beweisantrag des Beschwerdeführers - weitere Abklärungen zu treffen. Es ist denn auch nicht ersichtlich, warum die Diskussion im Parlament (unter Beteiligung der Ehefrau des Referenten) und in den Medien um Parallelimporte bzw. Publikationen des Referenten zu diesem Thema diesen an einer (genügend) neutralen Beurteilung der Prüfungsarbeit hätte hindern sollen. Der Referent befand sich in keiner anderen Lage als jeder andere Professor, der in wissenschaftlichen Publikationen oder sonst - möglicherweise prägnant - unter rechtlichen Gesichtspunkten zu politischen Problemen Stellung bezieht. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass solche (durchaus übliche) Äusserungen zu Fachthemen einen Professor nicht daran hindern können, über dieselben Themen Prüfungen abzunehmen oder Arbeiten schreiben zu lassen und diese zu beurteilen. Von einem Universitätslehrer darf grundsätzlich erwartet werden, dass er eine Leistung auch dann korrekt zu bewerten weiss, wenn der Student sich kritisch mit einer von ihm vertretenen Meinung auseinandersetzt.
2.4 Zur Hauptsache ist die staatsrechtliche Beschwerde unzulässig. Soweit auf sie allenfalls - teilweise - doch eingetreten werden könnte, ist sie abzuweisen. Der Entscheid ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
2.5 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Rektorat, der Rekurskommission und dem Universitätsrat der Universität D.________ schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Februar 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: