EuGH Rs. C-158 und 159/04, Slg. 2006, S. I-8135 - Alfa Vita Vissilopoulos AE u.a. ./. Eliniko Dimosio, Nomarchiaki Aftodioikisi I.
 
Urteil
des Gerichtshofs (Erste Kammer)
"Freier Warenverkehr -- Artikel 28 EG -- Mengenmäßige Beschränkungen -- Maßnahmen gleicher Wirkung -- Inverkehrbringen tiefgefrorener Backwaren"
In den verbundenen Rechtssachen
-- C-158/04 und C-159/04 --
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Dioikitiko Protodikeio Ioannina (Griechenland) mit Entscheidungen vom 10. und vom 26. November 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 29. März 2004
in den Verfahren
Alfa Vita Vassilopoulos AE, früher Trofo Super-Markets AE (C-158/04)
gegen
Elliniko Dimosio und Nomarchiaki Aftodioikisi Ioanninon sowie Carrefour-Marinopoulos AE (C-159/04)
gegen
Elliniko Dimosio und Nomarchiaki Aftodioikisi Ioanninon
erlässt
Der Gerichtshof (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer K. Schiemann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin N. Colneric sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhasz (Berichterstatter) und E. Levits, Generalanwalt: M. Poiares Maduro, Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Alfa Vita Vassilopoulos AE, früher Trofo Super-Markets AE, vertreten durch P. Giatagantzidis und E. Metaxaki, dikigoroi, der Carrefour-Marinopoulos AE, vertreten durch P. Giatagantzidis und E. Metaxaki, dikigoroi, der Nomarchiaki Aftodioikisi Ioanninon, vertreten durch D. Stathis als Bevollmächtigten, der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, N. Dafniou und D. Stathis als Bevollmächtigte, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. März 2006 folgendes
 
Urteil
1. Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Artikel 28 EG u. a. hinsichtlich der Vereinbarkeit der nationalen griechischen Vorschriften über das Inverkehrbringen von Backwaren nach dem "Bake-off"-Verfahren mit dieser Bestimmung des EG-Vertrags. Dieses Verfahren besteht im schnellen Auftauen und anschließenden Aufwärmen oder Backen vollständig oder teilweise vorgebackener und tiefgefrorener Waren in den Verkaufsstellen. In diesem Sinne wird der Begriff "Bake-off" im vorliegenden Urteil verwendet.
2. Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Anfechtungsklagen, die die Alfa Vita Vassilopoulos AE (früher Trofo Super-Markets AE) und die Carrefour-Marinopoulos AE gegen Entscheidungen der Nomarchiaki Aftodioikisi Ioanninon (Präfektur Ioannina, im Folgenden: Präfektur) erhoben haben, mit denen die Stilllegung der Verkaufsstellen von "Bake-off"-Erzeugnissen in ihren Supermärkten angeordnet wurde.
 
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3. Artikel 28 EG verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten.
4. Nach Artikel 30 EG steht Artikel 28 EG Einfuhrverboten oder -beschränkungen, die u. a. zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sind, nicht entgegen, solange diese Verbote oder Beschränkungen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Nationales Recht
5. Das Präsidialdekret vom 13. September 1934 über die Bedingungen für die Einrichtung und den Betrieb von Backstuben und Bäckereien im Allgemeinen (FEK A' 309) regelt das Verfahren für die Erteilung der Genehmigung für die Einrichtung und den Betrieb von Bäckereien. Es legt die für eine Genehmigung erforderlichen städtebaulichen und baurechtlichen Anforderungen an Bäckereien sowie deren Anordnung, Mindestgröße, Belüftungs- und Beleuchtungsbedingungen und die für sie vorgeschriebenen Geräte fest.
6. Die geltenden Rechtsvorschriften über Bäckereien und Brotverkaufsstellen werden durch das Gesetz Nr. 726/1977 (FEK A' 316) geändert und ergänzt. Nach Artikel 16 dieses Gesetzes ist für die Errichtung und den Betrieb von Bäckereien oder Brotverkaufsstellen eine vorherige Genehmigung des zuständigen Präfekten erforderlich.
7. In Artikel 65 des Gesetzes Nr. 2065/1992 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Bäckereien (FEK A' 113) ist u. a. eine strafrechtliche Sanktion für jede Person vorgesehen, die eine Bäckerei oder eine Brotverkaufsstelle ohne vorherige Genehmigung betreibt. Eine Bäckerei im Sinne dieser Bestimmung ist ein festes, speziell eingerichtetes und ausgestattetes Bauwerk, in dem unabhängig von seiner Kapazität Brot, Backwaren im Allgemeinen und andere Lebensmittelzubereitungen auf der Basis von Mehl (mit Ausnahme von Teigwaren) hergestellt sowie Speisen und andere Zubereitungen für die Allgemeinheit gebacken werden können.
8. Das auf der Grundlage des Artikels 65 des Gesetzes Nr. 2065/1992 erlassene Präsidialdekret Nr. 369/1992 (FEK A' 186) bestimmt das Verfahren und die Unterlagen, die für die Erteilung der Genehmigung erforderlich sind, und beschreibt ausführlich die Anforderungen an die Aufmachung der Backwaren. Nach seinem Artikel 1 ist die Erteilung einer Betriebsgenehmigung für eine Bäckerei u. a. von der Voraussetzung abhängig, dass diese über einen Knetraum sowie Räume für den Ofen und die Stellplätze zum Auskühlen, für die Lagerung fester Brennstoffe, für die Beschickung mit festen Brennstoffen, für die Lagerung von Mehl, für den Verkauf von Brot, zum Umkleiden, zum Spülen der Gerätschaften und über Toiletten verfügt.
 
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
9. Am 28. Februar 2001 erließ der Minister für Entwicklung (Abteilung für Industrieförderung) ein Rundschreiben (F15 [F17. 1]/4430/183), mit dem er den griechischen Präfekturen mitteilte, dass der Betrieb von Öfen zum Aufbacken von tiefgefrorenem Brot (oder Brotteig) nach dem "Bake-off"-Verfahren in Geschäften, in denen Brot verkauft werde, Teil der Brotherstellung sei und die Betreiber dieser Öfen daher gemäß den geltenden Rechtsvorschriften eine Erlaubnis zum Betrieb einer Bäckerei besitzen müssten.
10. Auf dieses Rundschreiben hin führte die Präfektur in den Lebensmittelgeschäften der Alfa Vita Vassilopoulos AE (früher Trofo Super-Markets AE) und der Carrefour-Marinopoulos AE, der Klägerinnen der Ausgangsverfahren, Kontrollen durch. Sie stellte fest, dass Brot ohne Genehmigung verkauft wurde und Öfen zum Backen tiefgefrorenen Brotes vorhanden waren und benutzt wurden, und ordnete daraufhin mit zwei Entscheidungen vom 27. November 2001 die Stilllegung dieser Brotbacköfen an.
11. Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren erhoben beim vorlegenden Gericht Anfechtungsklagen gegen diese Entscheidungen und machten u. a. geltend, dass die nationalen Rechtsvorschriften so, wie sie von der Präfektur durchgeführt würden, nach Artikel 28 EG verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung seien, die nicht als Gesundheits- oder Verbraucherschutz gerechtfertigt werden könnten.
12. Unter diesen Umständen hat das Dioikitiko Protodikeio Ioannina das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
    1. Ist das -- in den Gründen der Vorlageentscheidung beschriebene -- Erfordernis einer vorherigen Genehmigung für das Inverkehrbringen von "Bake-off"-Erzeugnissen eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne des Artikels 28 EG?
    2. Dient das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung für die Brotherstellung -- falls es als mengenmäßige Beschränkung anzusehen ist -- lediglich einem qualitativen Zweck, d. h., dient es lediglich zur qualitativen Unterscheidung im Hinblick auf die Eigenschaften des vorgebackenen Brotes (Geruch, Geschmack, Farbe und Aussehen der Kruste) und auf seinen Nährwert (Urteil des Gerichtshofes vom 5. November 2002 in der Rechtssache C-325/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-9977), oder dient es dem Schutz des Verbrauchers und der Gesundheit der Bevölkerung vor einer etwaigen Verfälschung seiner Qualität (Entscheidung 3852/2002 des Symvoulio tis Epikrateias)?
    3. Besteht angesichts dessen, dass die erwähnte Beschränkung unterschiedslos sowohl inländische als auch Gemeinschaftserzeugnisse des "Bake-off"-Typs erfasst, ein Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsrecht, und ist diese Beschränkung geeignet, den freien Handel mit den genannten Erzeugnissen zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu beeinträchtigen?
 
Zu den Vorlagefragen
13. Mit seinen Vorlagefragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine nationale Regelung, die den Verkauf von "Bake-off"-Erzeugnissen von denselben Erfordernissen abhängig macht, wie sie für das vollständige Verfahren der Herstellung und des Inverkehrbringens von herkömmlichem Brot und herkömmlichen Backwaren gelten, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne des Artikels 28 EG darstellt und, falls dies bejaht wird, ob sie dadurch gerechtfertigt werden kann, dass sie zum Ziel hat, die Qualität dieser Erzeugnisse zu gewährleisten oder die Verbraucher oder die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
14. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der freie Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten ein grundlegendes Prinzip des EG-Vertrags ist, das u. a. in dem Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung nach Artikel 28 EG seinen Ausdruck findet.
15. Das in Artikel 28 EG aufgestellte Verbot der Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen erfasst jede Maßnahme, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (vgl. u. a. Urteile vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5, vom 12. März 1987 in der Rechtssache 178/84, Kommission/Deutschland, "Reinheitsgebot für Bier", Slg. 1987, 1227, Randnr. 27, vom 23. September 2003 in der Rechtssache C-192/01, Kommission/Dänemark, Slg. 2003, I-9693, Randnr. 39, und vom 24. November 2005 in der Rechtssache C-366/04, Schwarz, Slg. 2005, I-10139, Randnr. 28).
16. Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass nationale Maßnahmen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, keine grundsätzlich von Artikel 28 EG verbotenen Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen darstellen, sofern sie für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren (vgl. Urteil vom 24. November 1993 in den Rechtssachen Keck und Mithouard, C-267/91 und C-268/91, Slg. 1993, I-6097, Randnr. 16).
17. In ihren schriftlichen Erklärungen machen die Präfektur und die griechische Regierung unter Hinweis auf das Urteil Keck und Mithouard geltend, dass die nationale Regelung nur die Verkaufsmodalitäten der "Bake-off"-Erzeugnisse festlege und daher nicht unter Artikel 28 EG falle.
18. Wie der Generalanwalt in Nummer 15 seiner Schlussanträge festgestellt hat, ist eine solche Qualifizierung zurückzuweisen. Denn es ergibt sich klar aus den Bestimmungen der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung, dass sie die Herstellungsbedingungen für Backwaren einschließlich der "Bake-off"-Erzeugnisse festlegt.
19. Unstreitig besteht das wesentliche Merkmal der "Bake-off"-Erzeugnisse darin, dass sie an die Verkaufsstellen geliefert werden, nachdem die wichtigen Phasen ihrer Zubereitung abgeschlossen sind. In diesen Verkaufsstellen wird das Brot nur kurz aufgetaut und aufgewärmt oder fertiggebacken. Unter diesen Umständen von den Verkäufern der "Bake-off"-Erzeugnisse zu verlangen, sämtliche Anforderungen zu erfüllen, die für herkömmliche Bäckereien gelten, darunter u. a. das Erfordernis, über ein Mehllager, einen Knetraum und einen Raum für die Lagerung fester Brennstoffe zu verfügen, berücksichtigt nicht die Besonderheit dieser Erzeugnisse und führt zu zusätzlichen und damit ihr Inverkehrbringen erschwerenden Kosten. Die Regelung stellt daher ein Einfuhrhindernis dar, das nicht als Verkaufsmodalität im Sinne des Urteils Keck und Mithouard (Randnrn. 15 und 16) angesehen werden kann.
20. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine nationale Regelung, die den freien Warenverkehr behindert, durch einen der in Artikel 30 EG aufgezählten Gründe des Gemeinwohls oder, sofern sie unterschiedslos anwendbar ist, durch eines der in der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellten zwingenden Erfordernisse gerechtfertigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe-Zentral, "Cassis de Dijon", Slg. 1979, 649, Randnr. 8, und Urteil Schwarz, Randnr. 30).
21. Mangels Harmonisierung ist es Sache der Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung der Erfordernisse des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft zu bestimmen, in welchem Umfang sie den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gewährleisten wollen und ob sie für das Inverkehrbringen der Lebensmittel eine vorherige Genehmigung verlangen (vgl. u. a. Urteile vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 174/82, Sandoz, Slg. 1983, 2445, Randnr. 16, und vom 2. Dezember 2004 in der Rechtssache C-41/02, Kommission/Niederlande, Slg. 2004, I-11375, Randnr. 42).
22. Eine nationale Regelung entspricht jedoch nur dann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die gewählten Mittel nicht nur zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sind, sondern auch das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen (Urteile vom 14. Dezember 2004 in der Rechtssache C-463/01, Kommission/Deutschland, Slg. 2004, I-11705, Randnr. 78, und in der Rechtssache C-309/02, Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz, Slg. 2004, I-11763, Randnr. 79).
23. Was die vom vorlegenden Gericht erwähnte Rechtfertigung durch das Ziel der Qualitätssicherung angeht, so ist festzustellen, dass eine nationale Maßnahme, die den freien Warenverkehr behindert, nicht allein damit gerechtfertigt werden kann, dass mit ihr Qualitätslebensmittel gefördert werden sollen. Denn für die Rechtfertigung einer Behinderung des freien Warenverkehrs kann ein solches Ziel nur in Verbindung mit anderen Erfordernissen berücksichtigt werden, die wie der Verbraucher- und der Gesundheitsschutz als zwingende Erfordernisse anerkannt sind.
24. Zum Ziel des Verbraucherschutzes führt das vorlegende Gericht aus, dass sich die Präfektur in den Ausgangsverfahren auf das Gutachten eines Sachverständigen der Lebensmitteltechnologie bezogen habe, in dem dargelegt worden sei, dass "Bake-off"-Erzeugnisse den Verbraucher zu dem Glauben veranlassten, sie kauften Brot oder ein ähnliches frisches Erzeugnis, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein verfälschtes Erzeugnis ohne Vitamine handele.
25. Insoweit gilt jedoch, dass es zwar zulässig sein kann, Maßnahmen zu erlassen, die verhindern sollen, dass die Verbraucher herkömmliche Backwaren und "Bake-off"-Erzeugnisse verwechseln, dass aber die fragliche nationale Regelung so, wie sie durchgeführt wird, den Kunden der Brotverkaufsstellen nicht ermöglicht, die herkömmlichen Erzeugnisse von den "Bake-off"-Erzeugnissen zu unterscheiden. Wie der Generalanwalt in der Nummer 62 seiner Schlussanträge festgestellt hat, könnte ein solches Ziel durch Maßnahmen erreicht werden, die das Inverkehrbringen von "Bake-off"-Erzeugnissen weniger beschränken, wie z. B. geeignete Information und Etikettierung.
26. Hinsichtlich des Gesundheitsschutzes schließlich ergibt sich aus den schriftlichen Erklärungen der Präfektur, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung sicherstellen solle, dass die Hygieneanforderungen nicht nur in der ersten Phase der Herstellung des vorgebackenen und tiefgefrorenen Brotes erfüllt werden, sondern auch in der letzten Phase des Fertigbackens am Verkaufsort. Brot und ähnliche Erzeugnisse könnten nämlich leicht verderben und verunreinigt werden, u. a. durch Insekten, Schimmel, Hefen, Bakterien und Viren.
27. Zwar enthält die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung Bestimmungen, die sicherstellen sollen, dass die Backwaren unter angemessenen hygienischen Bedingungen hergestellt und in den Verkehr gebracht werden, sie enthält aber auch mehrere Erfordernisse, die, da sie mit dem Prozess der Herstellung von herkömmlichen Backwaren verbunden sind, ungeeignet sind und über das für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung Erforderliche hinausgehen, wenn sie auf Erzeugnisse des "Bake-off"-Typs angewendet werden, die vorgebacken sind und in ihren Verkaufsstellen nur aufgetaut, aufgewärmt oder fertiggebacken werden. Wie die griechischen Behörden in ihren Erklärungen eingeräumt haben, ist dies insbesondere für die Erfordernisse der Fall, die das Vorhandensein eines Mehllagers oder eines Knetraums betreffen.
28. Nach alledem ist daher auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Artikel 28 EG dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Verkauf von "Bake-off"-Erzeugnissen von denselben Erfordernissen abhängig macht, wie sie für das vollständige Verfahren der Herstellung und des Inverkehrbringens von herkömmlichem Brot und herkömmlichen Backwaren gelten.
 
Kosten
29. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Artikel 28 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Verkauf von "Bake-off"-Erzeugnissen von denselben Erfordernissen abhängig macht, wie sie für das vollständige Verfahren der Herstellung und des Inverkehrbringens von herkömmlichem Brot und herkömmlichen Backwaren gelten.
Unterschriften