EuGH Rs. C-209/98, Slg. 2000, S. I-3743 - Sydhavnens Sten & Grus
 
Urteil
des Gerichtshofes
vom 23. Mai 2000
In der Rechtssache
-- C-209/98 --
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Ostre Landsret (Dänemark) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit Entreprenorforeningens Affalds/Miljosektion (FFAD) als Mandatar für Sydhavnens Sten & Grus ApS
gegen
Kobenhavns Kommune
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 EG) in Verbindung mit den Artikeln 34 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 29 EG) und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG), der Artikel 36 und 130r Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG und 174 Absatz 2 EG), der Artikel 7 Absatz 3 und 10 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) sowie der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1), insbesondere deren Artikel 2 Buchstabe j und 13,
erläßt
Der Gerichtshof unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodriguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida, D. A. O. Edward und L. Sevon sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, C. Gulmann, P. Jann, H. Ragnemalm (Berichterstatter) und M. Wathelet, Generalanwalt: P. Léger Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Entreprenorforeningens Affalds/Miljosektion (FFAD) als Mandatar für Sydhavnens Sten & Grus ApS, vertreten durch Rechtsanwalt M. S. Hansen, Kopenhagen, der Kobenhavns Kommune, vertreten durch Rechtsanwalt F. Schwarz, Kopenhagen, der dänischen Regierung, vertreten durch Abteilungsleiter J. Molde, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der niederländischen Regierung, vertreten durch Rechtsberater M. Fierstra, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. C. Stovlbäk, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Entreprenorforeningens Affalds/Miljosektion (FFAD)als Mandatar für Sydhavnens Sten & Grus ApS, vertreten durch Rechtsanwalt M. S. Hansen, der Kobenhavns Kommune, vertreten durch Rechtsanwälte K. Gravesen und L. Groesmeyer, Kopenhagen, der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, der niederländischen Regierung, vertreten durch Rechtsberater J. S. van den Oosterkamp, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch H. C. Stovlbäk, in der Sitzung vom 1. Juni 1999,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Oktober 1999 folgendes
 
Urteil
1. Das Ostre Landsret hat mit Beschluß vom 27. Mai 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Juni 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 EG) in Verbindung mit den Artikeln 34 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 29 EG) und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG), der Artikel 36 und 130r Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG und 174 Absatz 2 EG), der Artikel 7 Absatz 3 und 10 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32; im folgenden: Richtlinie 75/442) sowie der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1), insbesondere deren Artikel 2 Buchstabe j und 13, zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der dänischen Gesellschaft Sydhavnens Sten & Grus ApS (nachstehend: Sydhavnens Sten & Grus) und der Kobenhavns Kommune (Stadt Kopenhagen) wegen des Systems der Beklagten des Ausgangsverfahrens für die Einsammlung von ungefährlichen Bauabfällen.
 
Die gemeinschaftsrechtliche Regelung
Die Richtlinie 75/442
3. Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 75/442 lautet:
    "Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne daß die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne daß Verfahren oder Methoden verwendet werden, welche die Umwelt schädigen können ..."
4. Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 lautet:
    "Die Mitgliedstaaten können die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um das Verbringen von Abfällen, das ihren Abfallbewirtschaftungsplänen nicht entspricht, zu unterbinden. Sie teilen der Kommission und den Mitgliedstaaten derartige Maßnahmen mit."
5. Artikel 10 der Richtlinie 75/442 bestimmt:
    "Für die Zwecke des Artikels 4 bedürfen alle Anlagen oder Unternehmen, die die in Anhang II B genannten Maßnahmen durchführen, einer Genehmigung."
6. Die in Anhang II B der Richtlinie 75/442 genannten Maßnahmen betreffen die Verfahren zur Verwertung der Abfälle.
Die Verordnung Nr. 259/93
7. Nach Artikel 2 Buchstabe j der Verordnung sind "genehmigte Anlagen" im Sinne dieser Verordnung "jede der gemäß Artikel 6 der Richtlinie 75/439/EWG, den Artikeln 9, 10 und 11 der Richtlinie 75/442/EWG oder Artikel 6 der Richtlinie 76/403/EWG genehmigten oder zugelassenen Anlagen oder Unternehmen".
8. Artikel 13 der Verordnung regelt die Verbringung von Abfällen innerhalb der Mitgliedstaaten. Nach dieser Bestimmung gelten die Titel II, VII und VIII nicht für die Verbringung von Abfällen innerhalb eines Mitgliedstaats, doch können die Mitgliedstaaten diese Titel in ihrem Zuständigkeitsbereich anwenden.
9. Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung bestimmt:
    "Die Mitgliedstaaten legen jedoch eine geeignete Regelung für die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in ihrem Zuständigkeitsbereich fest. Hierbei sollte der erforderlichen Kohärenz zwischen dieser Regelung und der gemeinschaftlichen Regelung nach dieser Verordnung Rechnung getragen werden."
 
Der Ausgangsrechtsstreit
10. Sydhavnens Sten & Grus ist eine Gesellschaft, deren Tätigkeit seit 1983 im Kauf und Verkauf von aus Küstengewässern und Kiesgruben stammenden Materialien sowie in der Verwertung von umweltunschädlichen Bauabfällen in Form von Beton, Ziegeln und Asphalt besteht.
11. 1993 beantragte Sydhavnens Sten & Grus eine Genehmigung nach § 33 Miljobeskyttelseslov (Umweltschutzgesetz) für die Ausübung ihrer Tätigkeiten, insbesondere der Verwertung von Bauabfällen, im Gebiet der Stadt Kopenhagen.
12. Die Stadt Kopenhagen erteilte Sydhavnens Sten & Grus mit Schreiben vom 7. Juli 1994 die beantragte Genehmigung. Das Unternehmen schloß einen Vertrag mit Kobenhavns Havn (Hafen Kopenhagen) über die Errichtung einer Sortier- und Zerkleinerungsanlage für Bauabfälle auf der Insel Provestenen, die im Gebiet der Stadt Kopenhagen liegt.
13. Aufgrund dieser Genehmigung besaß Sydhavnens Sten & Grus die umweltrechtliche Zulassung zur Behandlung von Bauabfällen, nicht aber das Recht, Abfälle, die im Gebiet der Stadt Kopenhagen anfallen, zu behandeln. Hierfür war eine besondere Genehmigung der Stadt Kopenhagen erforderlich.
14. Am 29. August 1994 beantragte Sydhavnens Sten & Grus bei der Stadt Kopenhagen die hierfür erforderliche Genehmigung.
15. Die Stadt Kopenhagen lehnte diesen Antrag am 28. Dezember 1994 mit der Begründung ab, die Behandlung von Bauabfällen aus dem Stadtgebiet erfolge in erster Linie in der Aufbereitungsanlage auf dem Gelände Groften.
16. Sydhavnens Sten & Grus stellte am 13. Januar 1995 erneut einen Antrag, der aber von der Stadt Kopenhagen endgültig abgelehnt wurde. Sydhavnens Sten & Grus kann somit nur die Abfälle aus den Nachbargemeinden annehmen, dagegen grundsätzlich nicht die aus der Stadt Kopenhagen, obwohl ihre Anlagen auf deren Gebiet liegen.
Die Gemeindesatzungen von 1992 und 1998
17. In Dänemark sind die Gemeinden für die Bewirtschaftung von Abfällen zuständig, die auf ihrem Gebiet anfallen. Die Stadt Kopenhagen erließ für diesen Bereich zwei Satzungen; die erste trat am 1. Januar 1992 (nachstehend: Satzung 1992), die zweite am 1. Januar 1998 (nachstehend: Satzung 1998) in Kraft. Aufgrund dieser Satzungen war die von Sydhavnens Sten & Grus beantragte Genehmigung abgelehnt worden. Durch diese beiden Satzungen wurde eine Regelung über das Einsammeln zu verwertender Bauabfälle eingeführt, in deren Rahmen die Beklagte des Ausgangsverfahrens mit einer begrenzten Anzahl von Unternehmen Verträge über die Annahme und Behandlung von Abfällen aus ihrem Gebiet geschlossen hat. Die anderen Annahmestellen - wie z.B. die von Sydhavnens Sten & Grus betriebene - sind somit vom Markt der Behandlung von Bauabfällen, die im Gebiet der Stadt Kopenhagen anfallen, ausgeschlossen. Das Umweltschutzgesetz und die Gemeindesatzungen sehen eine Ausnahmeregelung für die Aufrechterhaltung bereits geschlossener Abfallverwertungsverträge vor.
18. Die Satzungen haben eine Regelung über die Einsammlung von Bauabfällen eingeführt, die sich von der für andere Abfallarten zumindest in der Abfallbehandlungunterscheidet. Die gewöhnliche Regelung besteht darin, daß die Stadt Kopenhagen mit allen Privatunternehmern, die Abfälle befördern und annehmen und die den umweltrechtlichen Anforderungen genügen, Verträge schließt.
19. Die Satzung 1992 enthält keine besondere Bestimmung über die Aus- und Einfuhren von Bauabfällen. Dagegen sieht die Satzung 1998 ausdrücklich vor, daß die Ein- und Ausfuhren nicht unter die Gemeinderegelung fallen. Sie sind somit grundsätzlich frei.
20. Diese Satzungen sind nach der Verabschiedung eines Regionalplans ergangen, der die Errichtung einer Großanlage für die Zerkleinerung von Bauabfällen aus der Großregion Kopenhagen auf dem Gelände Groften vorsah.
Der Regionalplan
21. Der Regionalplan wurde vom Hovedstadsrad (Hauptstadtrat) erstellt, nachdem das Umweltministerium 1988 ein entsprechendes Ersuchen an diesen gerichtet hatte. Nach den Feststellungen des Ministeriums fiel etwa ein Drittel der Bauabfälle, was 20% sämtlicher Abfälle in ganz Dänemark ausmacht, in der Großregion Kopenhagen an, und die wenigen mobilen Zerkleinerungsanlagen in der Region konnten nur einen verhältnismäßig kleinen Teil dieser Abfälle abnehmen.
22. Nach den Berechnungen der Stadt Kopenhagen wurden 1988 nur etwa 16% der geschätzten Jahresmenge von 382 000 t Bauabfällen aus der Gemeinde verwertet, während die restlichen 84% auf einer Deponie gelagert wurden.
23. Der Hovedstadsrad untersuchte die Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine Wiederverwendung der Bauabfälle in der Großregion Kopenhagen. Er kam zu dem Ergebnis, daß die beste Verwertungsqualität nur durch Einsatz angemessen großer Anlagen erreicht werden könne und daß die Zahl der Anlagen zur Wiederverwendung der Abfälle aus Investitions- und Rentabilitätsgründen deshalb auf ein Minimum zu begrenzen sei.
Die Errichtung einer Gesellschaft zum Betrieb des Abfallbehandlungszentrums
24. Parallel zu diesen Untersuchungen beabsichtigten die zuständigen Behörden die Errichtung einer Gesellschaft zum Betrieb einer regionalen Aufbereitungsanlage. Eine vom Miljostyrelse (Umweltamt) und dem Hovedstadsrad eingesetzte Arbeitsgruppe veröffentlichte im Juni 1989 eine Pressemitteilung, in der öffentliche oder private Interessenten aufgefordert wurden, sich für eine Beteiligung an dem Vorhaben zu melden.
25. Nur drei Unternehmen wollten bei der Gründung der Gesellschaft Rastof og Genanvendelse Selskabet af 1990 A/S (im folgenden: RGS), die den Betrieb der regionalen Aufbereitungsanlage auf dem Gelände Groften leiten sollte (im folgenden: Zentrum Groften), Aktien zeichnen. Heutzutage hat die RGS nur noch zwei Aktionäre, nämlich Entreprenorbilerne A/S und Renholdningsselskabet 1898. Letztere ist einerechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, errichtet von den Grundeigentümervereinigungen der Gemeinden Kopenhagen und Frederiksberg, wobei diese beiden Gemeinden im Aussichtsrat der Anstalt vertreten sind.
Die von der Stadt Kopenhagen geschlossenen Verträge
26. Wie sich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, schloß die Stadt Kopenhagen gemäß den Satzungen 1992 und 1998, wonach Verträge über die Behandlung von Bauabfällen mit einer beschränkten Anzahl von Unternehmen geschlossen werden können, mit drei Unternehmen, die Annahmestellen betreiben, darunter der RGS als Hauptnutznießer, Verträge über die Entgegennahme und Behandlung von Bauabfällen aus dem Stadtgebiet, die für die Umwelt nicht gefährlich sind. Diese Verträge führen dazu, daß andere Unternehmen wie Sydhavnens Sten & Grus von der Behandlung dieser Abfälle ausgeschlossen sind, obwohl sie für eine solche Tätigkeit zugelassen sind.
27. Im Entwurf des Abfallbewirtschaftungsplans der Stadt Kopenhagen für das Jahr 2000 ist vorgesehen, daß das fast ausschließliche Recht der RGS nach Ablauf der normalen Abschreibungszeit für die Anlagen des Zentrums Groften überprüft werden soll.
Die Klage und die Vorlagefragen
28. Am 21. November 1995 erhob Sydhavnens Sten & Grus Klage gegen die Stadt Kopenhagen vor dem Ostre Landsret auf Feststellung, daß die Stadt Kopenhagen einen Dritten nicht daran hindern darf, Bauabfälle zum Zweck ihrer Wiederverwendung zu der von Sydhavnens Sten & Grus betriebenen Annahmestelle zu verbringen. Hilfsweise beantragte sie, die Stadt Kopenhagen zu verpflichten, den Betrieb von Sydhavnens Sten & Grus als Annahmestelle in die Regelung der Stadt über das Einsammeln von Abfällen aufzunehmen.
29. Aufgrund dessen hat das Ostre Landsret beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
    1.a) Ist Artikel 90 in Verbindung mit den Artikeln 34 und 86 EG-Vertrag dahin auszulegen, daß er - abgesehen von einer möglichen Anwendung des Artikels 36 EG-Vertrag oder anderer zu berücksichtigender Gesichtspunkte, vgl. Frage 1 c - einer Gemeindesatzung entgegensteht, die - um die Lieferung hinreichend großer Mengen umweltunschädlicher, zur Verwertung (recovery) bestimmter Bauabfälle durch private Bauherren an besonders ausgewählte Unternehmen mit Rücksicht auf eine wirtschaftlich vertretbare und rationelle Nutzung des Abfalls durch diese Unternehmen sicherzustellen - andere Unternehmen vom Einsammeln und von der Annahme dieser Art von Abfällen, die bei Bauarbeiten im Gebiet dieser Gemeinde anfallen, ausschließt, obwohl diese anderen Unternehmen eine Genehmigung zur Behandlung dieser Art von Abfällen gemäß Artikel 10 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 besitzen?
    b) Für den Fall der Bejahung der Frage 1 a:
    Verstößt eine Satzung wie die in Frage 1 a beschriebene gegen Artikel 90 in Verbindung mit den Artikeln 34 und 86 EG-Vertrag, wenn nach der kommunalen Rechtsvorschrift, die der Satzung zugrunde liegt, Abfall, der aus- oder eingeführt wird, nicht unter die unter 1 a beschriebene Gemeindesatzung fällt?
    c) Für den Fall der Bejahung der Frage 1 a:
    Rechtfertigen Artikel 36 EG-Vertrag oder andere zu berücksichtigende Gesichtspunkte - wie etwa der Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen an ihrem Ursprung zu bekämpfen, und die Schaffung der erforderlichen Behandlungs- und Beseitigungsmöglichkeiten, vgl. Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, - die Einführung einer Gemeindesatzung wie der unter 1 a beschriebenen, wenn diese Satzung und die Verpflichtung der Abfallerzeuger, diese zu befolgen, darin begründet liegen, eine Verwertung des von der Satzung erfassten Abfalls u.a. zur Sicherstellung der erforderlichen Kapazitäten für die Abfallbehandlung zu fördern?
    2. Ist Artikel 10 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 in Verbindung mit den Artikeln 13 und 2 Buchstabe j der Verordnung Nr. 259/93 dahin auszulegen, daß er die Behörden verpflichtet, die Unternehmen, die eine Genehmigung gemäß Artikel 10 erhalten haben, im Hinblick auf den Abschluß von Verträgen über die Annahme und die Verwertung umweltunschädlicher Bauabfälle gleich zu behandeln?
    3. a) Ist Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 dahin auszulegen, daß die Bestimmung mit der in ihr vorgesehenen Möglichkeit, das Verbringen von Abfällen zu unterbinden, eine Gemeindesatzung wie die unter 1 a beschriebene zuläßt und der Gemeinde insoweit erlaubt, die Verbringung umweltunschädlicher, zur Verwertung (recovery) bestimmter Bauabfälle zu unterbinden, wenn eine solche Verbringung gegen den von der Gemeinde erstellten Abfallbewirtschaftungsplan verstößt?
    b) Ist Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 dahin auszulegen, daß Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat oder dessen zuständige Behörden getroffen haben und die zur Unterbindung der Verbringung von Abfällen, die den Abfallbewirtschaftungsplänen der Behörden nicht entspricht, erforderlich sind, nur dann gültig sind und einzelnen oder Unternehmen, die von den Maßnahmen betroffen sind, nur dann entgegengehalten werden können, wenn die betreffenden Maßnahmen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft mitgeteilt wurden?
 
Zur ersten Frage
30. Die erste Frage in ihrer Gesamtheit betrifft die Vereinbarkeit einer Gemeindesatzung wie der von 1992 und 1998 mit den Vorschriften über die Ausfuhrfreiheit nach Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 34 EG-Vertrag und mit den Wettbewerbsregeln nach den Artikeln 90 und 86 EG-Vertrag.
Zu den Vorschriften über die Ausfuhrfreiheit
31. Für die Entscheidung, ob eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige mit den Vorschriften über die Ausfuhrfreiheit vereinbar ist, genügt, da Artikel 34 EG-Vertrag die Mitgliedstaaten unmittelbar betrifft und die Anwendung der Ausnahmeregelung des Artikels 90 Absatz 2 EG-Vertrag zur Rechtfertigung einer eventuellen Ausfuhrbeschränkung weder im Vorlagebeschluß genannt noch von den Parteien des Ausgangsverfahrens geltend gemacht worden ist, die Prüfung der Regelung im Hinblick auf Artikel 34 EG-Vertrag, ohne daß Artikel 90 EG-Vertrag dabei einbezogen werden müßte.
32. Die vorgelegte Frage ist somit dahin zu verstehen, daß das vorlegende Gericht zunächst wissen möchte, ob Artikel 34 EG-Vertrag einer Regelung über die Einsammlung und Annahme ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle, wie sie die Stadt Kopenhagen aufgestellt hat, entgegensteht, auf deren Grundlage einer begrenzten Anzahl von Unternehmen die Erlaubnis erteilt worden ist, Abfälle aus der Gemeinde zu behandeln, und ob gegebenenfalls diese Regelung mit einer der Ausnahmen des Artikels 36 EG-Vertrag oder mit dem Umweltschutz, insbesondere Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, gerechtfertigt werden kann.
33. Das vorlegende Gericht bittet den Gerichtshof, bei der Beantwortung zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich zum einen, daß diese Regelung auf Aus- und Einfuhren anwendbar ist, und zum anderen, daß sie es nicht ist.
34. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes verbietet Artikel 34 EG-Vertrag nationale Maßnahmen, die spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und unterschiedliche Bedingungen für den Binnenhandel innerhalb eines Mitgliedstaats und seinen Außenhandel schaffen, so daß die nationale Produktion oder der Binnenmarkt des betroffenen Staates einen besonderen Vorteil erlangt (vgl. Urteil vom 10. März 1983 in der Rechtssache 172/82, Inter-Huiles u.a., Slg. 1983, 555, Randnr. 12).
35. Nach Ansicht von Sydhavnens Sten & Grus beschränkt die streitige Regelung die Ausfuhren in vertragswidriger Weise, indem sie das ausschließliche Recht der Abfallbehandlung einer begrenzten Anzahl von Unternehmen vorbehalte, die die Abfälle soweit wie möglich an Ort und Stelle verwerten müßten.
36. Die Stadt Kopenhagen macht geltend, nach der Satzung 1998 seien die Ausfuhren frei, und dies habe bereits im Rahmen der Satzung 1992 gegolten. Die streitige Regelung verstoße daher nicht gegen Artikel 34 EG-Vertrag.
37. Die Tatsache allein, daß das ausschließliche Recht der Behandlung von Bauabfällen aus einer Gemeinde einer begrenzten Anzahl von Unternehmen eingeräumt worden ist, muß nicht unbedingt zu einem gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstoßenden Ausfuhrhindernis führen, sofern die Abfallerzeuger weiterhin die Möglichkeit der Ausfuhr von Abfällen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Inter-Huiles u.a., Randnr. 11).
38. Die Regelung ist in bezug auf jede der beiden Satzungen zu untersuchen.
39. Die Satzung 1992 enthält keine ausdrückliche Vorschrift über Ausfuhren. Nach den Akten verpflichtet sie jedoch die Erzeuger ungefährlicher Bauabfälle, ihre Abfälle einem zugelassenen Beförderungsunternehmer zu übergeben, der die Abfälle nur zu einem der drei zugelassenen Zentren verbringen darf.
40. In Ermangelung einer ausdrücklichen Ausnahmevorschrift für Ausfuhren läßt eine Regelung wie die Satzung 1992 die Auslegung zu, daß sie implizit ein gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstoßendes Ausfuhrverbot enthält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 1985 in der Rechtssache 173/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, 491, Randnr. 7). Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren zutrifft.
41. Auch wenn die Satzung 1998 ausdrücklich die Möglichkeit der Ausfuhr von Abfällen vorsieht, beschränkt sie nach Ansicht von Sydhavnens Sten & Grus die Ausfuhren ebenso wie die vorangegangene Satzung. Die Aufnahme einer förmlichen Befreiung der Ausfuhren beseitige nicht den Verstoß gegen Artikel 34 EG-Vertrag. Anders wäre es nur, wenn ein tatsächlicher Zugang der Zwischenhändler zur Einsammlung und zum Weiterverkauf der Bauabfälle gewährleistet wäre.
42. Eine Gemeindesatzung, die Zwischenhändler, obwohl sie hierzu zugelassen sind, daran hindert, sich an der Einsammlung der betreffenden Abfälle zu beteiligen, um diese in anderen Mitgliedstaaten zu verkaufen, stellt ein Ausfuhrhindernis dar, das gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstößt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Februar 1984 in der Rechtssache 295/82, Rhône-Alpes Huiles, Slg. 1984, 575).
43. Die Frage, ob die Abfallerzeuger im Ausgangsverfahren Zwischenhändler für die Ausfuhr ihrer Abfälle einschalten können, ist von den Beteiligten, die vor dem Gerichtshof aufgetreten sind, unterschiedlich beantwortet worden. Sydhavnens Sten & Grus behauptet, die zugelassenen Zwischenhändler wie sie selbst erhielten keinen Zugang zu der Einsammlung von Bauabfällen im Hinblick auf deren Ausfuhr. Die Stadt Kopenhagen behauptet dagegen, die Ausfuhren könnten unter Einschaltung von Zwischenhändlern ausgeführt werden. Somit ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die streitige Regelung in Form der Satzung 1992 oder der Satzung 1998 den Erzeugern ungefährlicher Bauabfälle die Möglichkeit gibt, ihre Abfälle, wenn sie dies wünschen, unter Einschaltung von Zwischenhändlern auszuführen.
44. Für den Fall, daß zu entscheiden ist, daß die streitige Regelung zu einer Beschränkung der Ausfuhren führt, die gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstößt, fragt sich das vorlegende Gericht, ob sie aufgrund von Artikel 36 EG-Vertrag oder aus Gründen des Umweltschutzes, insbesondere aufgrund von Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, gerechtfertigt werden kann.
45. Was die Ausnahme des Artikels 36 EG-Vertrag betrifft, so könnte ein solcher Rechtfertigungsgrund vorliegen, wenn die Beförderung der Bauabfälle, die wegen ihrer Ausfuhr über eine größere Entfernung erfolgt, und deren Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Ursprungsstaat eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen, Tieren oder Pflanzen darstellen würden.
46. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um ungefährliche Abfälle, und es ist nichts vorgetragen worden, was für eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen spräche, da die Beteiligten, die vor dem Gerichtshof aufgetreten sind, sich in diesem Punkt mit dem Hinweis begnügt haben, daß eine eventuelle gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstoßende Behinderung aufgrund von Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt sei.
47. Infolgedessen kann die in Artikel 36 EG-Vertrag genannte Ausnahme, die die Gesundheit und das Leben von Menschen, Tieren oder Pflanzen betrifft, unter diesen Umständen eine gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstoßende Beschränkung der Ausfuhren nicht rechtfertigen.
48. Zu dem Rechtfertigungsgrund des Umweltschutzes, insbesondere des Grundsatzes nach Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, ist festzustellen, daß der Umweltschutz nicht jede Ausfuhrbeschränkung, insbesondere im Falle verwertbarer Abfälle, rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 1998 in der Rechtssache C-203/96, Dusseldorp u.a., Slg. 1998, I-4075, Randnr. 49). Dies gilt erst recht, wenn es sich wie im Ausgangsverfahren um Bauabfälle handelt, die für die Umwelt ungefährlich sind.
49. Wie sich aus den Akten ergibt, ist nichts dafür vorgetragen worden, daß die Ausfuhr der betreffenden Abfälle eine Umweltbeeinträchtigung darstellen würde.
50. Unter diesen Umständen können gegen Artikel 34 EG-Vertrag verstoßende Ausfuhrbeschränkungen, wie sie im Ausgangsverfahren geltend gemacht worden sind, nicht mit der Notwendigkeit des Umweltschutzes, insbesondere mit dem Grundsatz gemäß Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, gerechtfertigt werden.
51. Somit ist auf den ersten Teil der ersten Frage zu antworten, daß Artikel 34 EG-Vertrag einer Regelung über die Einsammlung und Annahme ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle entgegensteht, auf deren Grundlage einer begrenzten Anzahl vonUnternehmen die Erlaubnis erteilt worden ist, die Abfälle aus einer Gemeinde zu behandeln, sofern diese Regelung rechtlich oder tatsächlich Ausfuhren in der Weise behindert, daß sie den Abfallerzeugern nicht erlaubt, die Abfälle u.a. durch Einschaltung von Zwischenhändlern auszuführen. Eine solche Behinderung kann nicht mit Artikel 36 EG-Vertrag oder mit dem Umweltschutz, insbesondere mit dem Grundsatz nach Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag, Umweltbeschränkungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, gerechtfertigt werden, wenn es keinen Anhaltspunkt für eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder für die Umwelt gibt.
Zu den Wettbewerbsregeln nach den Artikeln 90 und 86 EG-Vertrag
52. Das vorlegende Gericht fragt weiter, ob Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 86 EG-Vertrag der Einführung einer Gemeindesatzung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, die die Möglichkeit vorsieht, daß die Bauabfälle aus einem bestimmten Gebiet, die für die Umwelt nicht gefährlich sind und verwertet werden sollen, von einer begrenzten Anzahl besonders ausgewählter Unternehmen behandelt wird, um auf diese Weise sicherzustellen, daß diesen Unternehmen hinreichend große Mengen solcher Abfälle geliefert werden, und die damit andere Unternehmen ausschließt, obwohl sie für eine solche Abfallbehandlung zugelassen sind.
53. Auf der Grundlage der im Ausgangsverfahren streitigen Regelung haben drei Unternehmen die Genehmigung erhalten, Bauabfälle aus dem Gebiet der Stadt Kopenhagen zur Verwertung anzunehmen, während die anderen Unternehmen, darunter Sydhavnens Sten & Grus, hiervon ausgeschlossen sind. Außer diesen drei Unternehmen kann in Dänemark kein Unternehmen Bauabfälle aus dieser Gemeinde zur Behandlung annehmen.
54. Somit sind diese drei Unternehmen als Unternehmen anzusehen, denen der betreffende Mitgliedstaat ein ausschließliches Recht im Sinne des Artikels 90 Absatz 1 EG-Vertrag eingeräumt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-320/91, Corbeau, Slg. 1993, I-2533, Randnr. 8, und vom 10. Februar 2000 in den Rechtssachen C-147/97 und C-148/97, Deutsche Post, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37).
55. Nach Artikel 90 Absatz 1 EG-Vertrag dürfen die Mitgliedstaaten in bezug auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine dem Vertrag und insbesondere den Wettbewerbsregeln widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten.
56. Um entscheiden zu können, ob eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige gegen Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 86 EG-Vertrag verstößt, ist zu untersuchen, ob sie dem Unternehmen, dem ein besonderes oder ausschließliches Recht gewährt worden ist, eine beherrschende Stellung verschafft oder zu einem Mißbrauch führt.
Zum Vorliegen einer beherrschenden Stellung
57. Bezüglich der Frage, ob eventuell eine beherrschende Stellung vorliegt, hat der Gerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, daß der Bestimmung des relevanten Marktes und der Abgrenzung des wesentlichen Teils des Gemeinsamen Marktes, auf dem dieses Unternehmen gegebenenfalls mißbräuchliche Praktiken anwenden kann, die einen wirksamen Wettbewerb verhindern, wesentliche Bedeutung beizumessen ist (vgl. z.B. Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-242/95, GT-Link, Slg. 1997, I-4449, Randnr. 36).
58. Nach Ansicht von Sydhavnens Sten & Grus ist der relevante Markt der Markt für die Annahme und Behandlung von Bauabfällen aus dem Gebiet der Stadt Kopenhagen. Dieser Markt bilde angesichts der Größe des betroffenen Teils von Dänemark und der Tatsache, daß das Zentrum Groften zu den größten Anlagen in Europa gehöre, einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes.
59. Die Stadt Kopenhagen und die dänische Regierung sind der Ansicht, daß der Gerichtshof nicht über genügend Informationen verfüge, um sich zu dieser Frage äußern zu können; es sei Sache des vorlegenden Gerichts, dies zu entscheiden.
60. Das vorlegende Gericht wird den relevanten Markt auf der Grundlage der tatsächlichen Informationen, über die es verfügt, zum einen anhand der Eigenschaften des relevanten Erzeugnisses oder der relevanten Dienstleistung und zum anderen für einen abgegrenzten räumlichen Bereich, in dem das Erzeugnis oder die Dienstleistung angeboten wird und in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, um eine Einschätzung der wirtschaftlichen Macht des betroffenen Unternehmens zu ermöglichen, abzugrenzen haben (vgl. Urteil vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnr. 11).
61. Bezüglich des relevanten Erzeugnisses oder der relevanten Dienstleistung muß das vorlegende Gericht insbesondere prüfen, ob die Behandlung der für die Umwelt ungefährlichen Bauabfälle gegenüber der Behandlung anderer Abfallarten einen eigenständigen Markt darstellt.
62. Bei der Abgrenzung des räumlichen Marktes ist zu berücksichtigen, daß drei Unternehmen, darunter der RGS, die das Zentrum Groften betreibt und der Hauptnutznießer ist, ein ausschließliches Recht eingeräumt worden ist. Die Abfallerzeuger in der Gemeinde müssen sich, wenn sie ihre Abfälle in Dänemark behandeln lassen wollen, an eines dieser drei Unternehmen wenden. Aufgrund dieses Umstands könnte der Markt auf das Gebiet zu beschränken sein, für das das Ausschließlichkeitsrecht gilt.
63. Angesichts der Größe der Stadt Kopenhagen in der Großregion Kopenhagen, deren Bauabfälle etwa ein Drittel aller Bauabfälle in Dänemark darstellen, muß das vorlegende Gericht jedoch prüfen, ob das Ausschließlichkeitsrecht nicht nur zu einerBeschränkung des tatsächlichen Wettbewerbs im Gemeindegebiet, sondern auch in einem weiteren Gebiet führen kann.
64. Wenn die Grenzen des betroffenen Gebietes bestimmt sind, muß untersucht werden, ob dieses Gebiet einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes darstellt, wobei insbesondere der Umfang der in der Stadt Kopenhagen anfallenden und behandelten Bauabfälle und deren Bedeutung für den gesamten Sektor der Behandlung von Bauabfällen in Dänemark zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinn Urteile vom 10. Dezember 1991 in der Rechtssache C-179/90, Merci convenzionali porto di Genova, Slg. 1991, I-5889, Randnr. 15, und GT-Link, Randnr. 37).
65. Nur wenn das vorlegende Gericht der Ansicht ist, daß die betroffenen Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem auf diese Weise bestimmten Markt innehaben, ist die Frage eines eventuellen Mißbrauchs zu untersuchen.
Zum Vorliegen eines Mißbrauchs
66. Die Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 EG-Vertrag ist als solche allein noch nicht mit Artikel 86 EG-Vertrag unvereinbar. Ein Mitgliedstaat verstößt gegen die in diesen beiden Bestimmungen enthaltenen Verbote nur, wenn das betreffende Unternehmen durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung mißbräuchlich ausnutzt oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen solchen Mißbrauch begeht (vgl. z.B. Urteil vom 21. September 1999 in den Rechtssachen C-115/97 bis C-117/97, Brentjens', noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 93).
67. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes kann ein Mitgliedstaat ohne Verstoß gegen Artikel 86 EG-Vertrag bestimmten Unternehmen ausschließliche Rechte einräumen, wenn letztere ihre beherrschende Stellung nicht mißbräuchlich ausnutzen oder nicht gezwungen sind, einen solchen Mißbrauch zu begehen (vgl. Urteil vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C-266/96, Corsica Ferries France, Slg. 1998, I-3949, Randnr. 41).
68. Die Gewährung eines ausschließlichen Rechts für einen Teil des Staatsgebiets zur Verfolgung von Umweltzielen, wie der Schaffung der erforderlichen Kapazität für die Verwertung von Bauabfällen, beinhaltet an sich keinen Mißbrauch einer beherrschenden Stellung.
69. Es bleibt zu prüfen, ob das ausschließliche Recht nicht trotzdem zu einer mißbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung führt.
70. Nach Ansicht der Stadt Kopenhagen führt die streitige Regelung weder im Hinblick auf die Preise noch auf die sonstigen Geschäftsbedingungen der drei Unternehmen, denen das ausschließliche Recht eingeräumt worden sei, zu einem Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln des Artikels 86 EG-Vertrag.
71. Zu den Preisen dieser drei Unternehmen hat die Stadt Kopenhagen unwidersprochen vorgetragen, daß diese von dem betroffenen Unternehmen frei festgelegt worden seien und die Stadt bei den Wettbewerbsbehörden den Erlaß von Maßnahmen beantragen könne, wenn sie die Preise für unverhältnismäßig halte. Bezüglich der sonstigen Geschäftsbedingungen ist ein mißbräuchliches Verhalten nicht behauptet worden.
72. Sydhavnens Sten & Grus sind dagegen der Ansicht, daß das Ausschließlichkeitsrecht zu einem Mißbrauch der beherrschenden Stellung führe, da es den Absatz begrenze und das Zentrum Groften auf Kosten der Wettbewerber begünstige.
73. Nach Ansicht der dänischen Regierung wäre das Ausschließlichkeitsrecht auch dann, wenn es zu einer Wettbewerbsbeschränkung führte, nach Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Erfüllung einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu gewährleisten, nämlich der Bewirtschaftung von Bauabfällen. Diese Aufgabe habe die Schaffung hinreichender Kapazitäten für die Behandlung der Bauabfälle aus der Stadt Kopenhagen erforderlich gemacht.
74. Aus Artikel 90 Absatz 1 EG-Vertrag in Verbindung mit dessen Absatz 2 ergibt sich, daß ein Mitgliedstaat sich auf Artikel 90 Absatz 2 stützen kann, um einem Unternehmen, das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut ist, insbesondere gegen Artikel 86 EG-Vertrag verstoßende ausschließliche Rechte zu übertragen, sofern die Erfüllung der diesem übertragenen besonderen Aufgabe nur durch die Einräumung solcher Rechte gesichert werden kann und soweit die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft (vgl. zu den gegen Artikel 37 EG-Vertrag [nach Änderung jetzt Artikel 31 EG] verstoßenden ausschließlichen Rechten: Urteil vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-5815, Randnr. 49).
75. Die Bewirtschaftung bestimmter Abfälle kann Gegenstand einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sein, insbesondere wenn diese Dienstleistung ein Umweltproblem beseitigen soll.
76. Laut den Akten hat die Stadt Kopenhagen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften drei Unternehmen mit der Behandlung der in der Gemeinde anfallenden Bauabfälle betraut. Diese Unternehmen sind verpflichtet, diese Abfälle anzunehmen und einer Verwertung zuzuführen, soweit eine solche möglich ist. Somit sind diese Unternehmen mit einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut worden.
77. Sodann ist zu prüfen, ob das den drei Unternehmen eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht zur Erfüllung ihrer im allgemeinwirtschaftlichen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen erforderlich ist (vgl. Urteile Corbeau, Randnrn. 14 und 16, und Brentjens', Randnr. 107).
78. Wie sich aus dem dem Gerichtshof mitgeteilten Sachverhalt ergibt, sah sich die Stadt Kopenhagen, als das Zentrum Groften errichtet und einer begrenzten Anzahl von Unternehmen ein Ausschließlichkeitsrecht eingeräumt wurde, einem als ernst eingestuften Umweltproblem gegenüber: Der Großteil der Bauabfälle wurde in der Erde vergraben, obwohl die Abfälle hätten verwertet werden können. Eine Verwertung war nicht möglich, da es an Unternehmen mangelte, die diese Abfälle hätten behandeln können. Um die in der Gemeinde anfallenden Abfallmengen abnehmen und einer qualitativ hochwertigen Verwertung zuführen zu können, hielt die Gemeinde die Errichtung eines Zentrums mit einer hohen Annahmekapazität für erforderlich. Sie war der Meinung, daß es zur Sicherstellung der Rentabilität dieses neuerrichteten Zentrums notwendig sei, diesem durch die Gewährung eines Ausschließlichkeitsrechts für die Abfallbehandlung die Lieferung erheblicher Mengen zu garantieren.
79. Zwar werden durch das Ausschließlichkeitsrecht Unternehmen wie z.B. die Sydhavnens Sten & Grus, die einen Zugang zum Markt suchen, trotz ihrer umweltrechtlichen Zulassung ausgeschlossen. Die Stadt Kopenhagen konnte jedoch wegen des Mangels an Unternehmen, die in der Lage waren, die fraglichen Abfälle zu behandeln, von der Notwendigkeit der Errichtung eines Zentrums mit einer erheblichen Annahmekapazität ausgehen. Sie konnte ebenfalls davon ausgehen, daß ein Ausschließlichkeitsrecht, das zeitlich auf den voraussichtlichen Abschreibungszeitraum für die Investitionen und räumlich auf das Gebiet der Gemeinde begrenzt ist, erforderlich war, um Unternehmen für eine Beteiligung am Betrieb eines Zentrums mit einer großen Annahmekapazität zu gewinnen.
80. Eine Maßnahme, die den Wettbewerb weniger eingeschränkt hätte, z.B. eine Regelung, die den Unternehmen lediglich vorgeschrieben hätte, ihre Abfälle verwerten zu lassen, hätte nämlich wegen der unzureichenden Kapazitäten für die Behandlung der Abfälle aus der Gemeinde nicht unbedingt gewährleistet, daß der größte Teil dieser Abfälle verwertet worden wäre.
81. Auch wenn die Gewährung des Ausschließlichkeitsrechts zu einer Wettbewerbsbeschränkung für einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes führen würde, könnte sie unter diesen Umständen als notwendig angesehen werden, um eine Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu erfüllen.
82. Im übrigen findet sich in den Akten kein Anhaltspunkt dafür, daß das im vorliegenden Fall eingeräumte Ausschließlichkeitsrecht die betreffenden Unternehmen zu einer mißbräuchlichen Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung zwingt.
83. Somit ist auf den zweiten Teil der ersten Frage zu antworten, daß Artikel 90 in Verbindung mit Artikel 86 EG-Vertrag der Einführung einer Gemeindesatzung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, die zur Lösung eines Umweltproblems, das durch den Mangel an Behandlungskapazitäten für ungefährliche, zur Verwertung bestimmte Bauabfälle bedingt ist, die Möglichkeit vorsieht, daß solche in dem betreffenden Gebiet anfallenden Abfälle von einer begrenzten Anzahl besonders ausgewählter Unternehmen behandelt wird, um auf diese Weise sicherzustellen, daßdiesen Unternehmen hinreichend große Mengen solcher Abfälle geliefert werden, und die damit andere Unternehmen ausschließt, obwohl sie für eine solche Abfallbehandlung zugelassen sind.
 
Zur zweiten Frage
84. Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 75/442 und die Verordnung Nr. 259/93 dahin auszulegen sind, daß sie die Mitgliedstaaten verpflichten, Verträge mit allen Unternehmen zu schließen, die eine Genehmigung nach Artikel 10 der Richtlinie 75/442 zur Annahme und Verwertung von Bauabfällen besitzen, die für die Umwelt nicht gefährlich sind.
85. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. März 1993 in der Rechtssache C-155/91 (Kommission/Rat, Slg. 1993, I-939, Randnr. 20) zur Richtlinie 75/442 festgestellt hat, ist Hauptzweck der in Artikel 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Harmonisierung, im Interesse des Umweltschutzes die Effizienz der Bewirtschaftung von Abfällen gleich welchen Ursprungs in der Gemeinschaft sicherzustellen; nur nebenbei wirkt sich die Richtlinie auf die Wettbewerbs- und Handelsbedingungen aus.
86. Nach Artikel 10 der Richtlinie 75/442 müssen die Mitgliedstaaten eine Regelung erlassen, daß nur die Unternehmen, die eine Genehmigung besitzen, bestimmte Verwertungsmaßnahmen durchführen können. Nach dieser Bestimmung müssen die Mitgliedstaaten somit aus Gründen des Umweltschutzes ein Genehmigungsverfahren vorsehen, sind aber nicht verpflichtet, mit allen Unternehmen zu verhandeln, die eine Genehmigung besitzen.
87. Die Verordnung Nr. 259/93 betrifft ebenfalls nicht die Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen und enthält auch keine Bestimmungen hierüber. Wie sich insbesondere aus ihrer vierten, fünften und sechsten Begründungserwägung ergibt, soll sie die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung regeln und gemeinsame Mindestanforderungen an die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen innerhalb eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft festlegen.
88. Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, daß weder die Richtlinie 75/442 noch die Verordnung Nr. 259/93 die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Verträge mit allen Unternehmen abzuschließen, die eine Genehmigung nach Artikel 10 der Richtlinie 75/442 zur Annahme und Verwertung von Bauabfällen besitzen, die für die Umwelt nicht gefährlich sind.
 
Zur dritten Frage
89. Bei der dritten Frage geht es erstens darum, ob die Mitgliedstaaten nach Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 Maßnahmen erlassen dürfen, die bestimmte Beförderungen ungefährlicher Bauabfälle verbieten, und zweitens, welche Folgen dieden Mitgliedstaaten in diesem Artikel auferlegte Verpflichtung hat, der Kommission solche Maßnahmen mitzuteilen.
Zum Verbot von Beförderungen, die nicht dem Abfallbewirtschaftungsplan entsprechen
90. Mit dem ersten Teil seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 dahin auszulegen ist, daß er einem Mitgliedstaat erlaubt, Maßnahmen bezüglich der Beförderung von Abfällen einschließlich des Verbots der Beförderung ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle zu erlassen, wenn die Beförderung nicht seinem Abfallbewirtschaftungsplan entspricht.
91. Nach Ansicht von Sydhavnens Sten & Grus ergibt sich aus der Richtlinie 75/442 und der Verordnung Nr. 259/93, daß die Beförderung ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Abfälle nicht beschränkt werden könne. Die Stadt Kopenhagen könne daher die Beförderung ungefährlicher Bauabfälle, die nicht ihrem Abfallbewirtschaftungsplan entspreche, nicht verbieten.
92. Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 erlaubt den Mitgliedstaaten ausdrücklich den Erlaß von Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Verbringen von Abfällen zu unterbinden, das ihren Abfallbewirtschaftungsplänen im Sinne des Artikels 7 Absätze 1 und 2 nicht entspricht. Aufgrund dieser Regelung können die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um die Durchführung ihrer Bewirtschaftungspläne zu erzwingen. Die Bestimmung ist daher so auszulegen, daß sie ein Verbot bestimmter Beförderungen von Abfällen zuläßt.
93. Infolgedessen ist eine Maßnahme, die eine einem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entsprechende Beförderung von ungefährlichen Bauabfällen verbietet, als zulässig anzusehen, sofern dieser Plan mit den Bestimmungen des Vertrages und der Richtlinie 75/442 vereinbar ist.
94. Die Vereinbarkeit einer Regelung wie der von der Stadt Kopenhagen erlassenen mit den Bestimmungen der Artikel 34 und 90 EG-Vertrag ist in den Randnummern 30 bis 83 dieses Urteils im Rahmen der Beantwortung der ersten Frage untersucht worden. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Regelung auch die Bestimmungen der Richtlinie 75/442 beachtet.
95. Somit ist auf den ersten Teil der dritten Frage zu antworten, daß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 dahin auszulegen ist, daß er einem Mitgliedstaat erlaubt, Maßnahmen bezüglich der Beförderung von Abfällen einschließlich des Verbots der Beförderung ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle zu erlassen, wenn die Beförderung seinem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entspricht, vorausgesetzt, daß dieser Plan mit den Bestimmungen des Vertrages und der Richtlinie 75/442 vereinbar ist.
Zur Verpflichtung, die Kommission zu unterrichten
96. Mit dem zweiten Teil der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 dahin auszulegen ist, daß er dem einzelnen ein Recht einräumt, das dieser vor den nationalen Gerichten geltend machen kann, um sich einer Maßnahme zur Unterbindung einer einem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entsprechenden Verbringung von Abfällen zu widersetzen, weil diese Maßnahme der Kommission nicht mitgeteilt worden ist.
97. Sydhavnens Sten & Grus machen geltend, ein Mitgliedstaat könne keine Maßnahmen anwenden, durch die das Verbringen von Abfällen, das seinem Bewirtschaftungsplan nicht entspreche, unterbunden werden solle, wenn er diese Maßnahmen nicht der Kommission gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 mitgeteilt habe. Zur Stützung dieser Auslegung verweist das Unternehmen auf Artikel 6 Absatz 6 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10), nach dem die Kommission bestimmte Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Bereich der Verwertung und stofflichen Verwertung von Verpackungen aufgestellt hätten, bestätigen müsse.
98. Im Gegensatz zu Artikel 6 Absatz 6 der Richtlinie 94/62 sieht die Richtlinie 75/442 jedoch keine besonderen Verpflichtungen der Kommission im Anschluß an ihre Unterrichtung vor. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, der Kommission die von ihnen getroffenen Maßnahmen mitzuteilen, ohne ein Verfahren zur Kontrolle dieser Maßnahmen durch die Gemeinschaft vorzusehen und deren Inkrafttreten davon abhängig zu machen, daß die Kommission zustimmt oder nicht widerspricht.
99. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 soll es der Kommission ermöglichen, von den betreffenden nationalen Maßnahmen Kenntnis zu nehmen, um diese auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hin zu prüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
100. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Bestimmung läßt sich somit entnehmen, daß allein die Nichteinhaltung der den Mitgliedstaaten obliegenden Verpflichtung zur vorherigen Unterrichtung zur Rechtswidrigkeit der in dieser Weise erlassenen Maßnahmen führt (vgl. in diesem Sinne zu Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 75/442 in der vor der Richtlinie 91/156 geltenden Fassung: Urteil vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 380/87, Enichem Base u.a., Slg. 1989, 2491, Randnr. 22).
101. Infolgedessen betrifft Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, begründet aber kein Recht eines einzelnen, das verletzt werden könnte, wenn ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung verstößt, die Kommission über die betreffenden Maßnahmen zu unterrichten.
102. Somit ist auf den zweiten Teil der dritten Frage zu antworten, daß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 dahin auszulegen ist, daß er kein Recht für einen einzelnen begründet, das dieser vor den nationalen Gerichten geltend machen könnte, um sich einer Maßnahme zur Unterbindung einer einem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entsprechenden Verbringung von Abfällen zu widersetzen, weil diese Maßnahme der Kommission nicht mitgeteilt worden ist.
 
Kosten
103. Die Auslagen der dänischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof auf die ihm vom Ostre Landsret mit Beschluß vom 27. Mai 1998 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Artikel 34 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 29 EG) steht einer Regelung über die Einsammlung und Annnahme ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle entgegen, auf deren Grundlage einer begrenzten Anzahl von Unternehmen die Erlaubnis erteilt worden ist, die Abfälle aus einer Gemeinde zu behandeln, sofern diese Regelung rechtlich oder tatsächlich Ausfuhren in der Weise behindert, daß sie den Abfallerzeugern nicht erlaubt, die Abfälle u.a. durch Einschaltung von Zwischenhändlern auszuführen. Eine solche Behinderung kann nicht mit Artikel 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG) oder mit dem Umweltschutz, insbesondere mit dem Grundsatz nach Artikel 130r Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 174 Absatz 2 EG), Umweltbeschränkungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, gerechtfertigt werden, wenn es keinen Anhaltspunkt für eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder für die Umwelt gibt.
2. Artikel 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 EG) in Verbindung mit Artikel 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) steht der Einführung einer Gemeindesatzung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegen, die zur Lösung eines Umweltproblems, das durch den Mangel anBehandlungskapazitäten für wiederverwertbare ungefährliche Bauabfälle bedingt ist, die Möglichkeit vorsieht, daß solche in dem betreffenden Gebiet anfallenden Abfälle von einer begrenzten Anzahl besonders ausgewählter Unternehmen behandelt wird, um auf diese Weise sicherzustellen, daß diesen Unternehmen hinreichend große Mengen solcher Abfälle geliefert werden, und die damit andere Unternehmen ausschließt, obwohl sie für eine solche Abfallbehandlung zugelassen sind.
3. Weder die Richtlinie 75/442 EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der Fassung der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 noch die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft verpflichten die Mitgliedstaaten, Verträge mit allen Unternehmen abzuschließen, die eine Genehmigung nach Artikel 10 der Richtlinie 75/442 zur Annahme und Verwertung von Bauabfällen besitzen, die für die Umwelt nicht gefährlich sind.
4. Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 ist dahin auszulegen, daß er einem Mitgliedstaat erlaubt, Maßnahmen bezüglich der Beförderung von Abfällen einschließlich des Verbots der Beförderung ungefährlicher, zur Verwertung bestimmter Bauabfälle zu erlassen, wenn die Beförderung seinem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entspricht, vorausgesetzt, daß dieser Plan mit den Bestimmungen des Vertrages und der Richtlinie 75/442 vereinbar ist.
5. Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 75/442 in der Fassung der Richtlinie 91/156 ist dahin auszulegen, daß er kein Recht für einen einzelnen begründet, das dieser vor den nationalen Gerichten geltend machen könnte, um sich einer Maßnahme zur Unterbindung einer einem Abfallbewirtschaftungsplan nicht entsprechenden Verbringung von Abfällen zu widersetzen, weil diese Maßnahme der Kommission nicht mitgeteilt worden ist.
Rodriguez Iglesias, Moitinho de Almeida, Edward, Sevon, Kapteyn, Gulmann, Jann, Ragnemalm, Wathelet
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 23. Mai 2000.
R. Grass (Der Kanzler), G. C. Rodriguez Iglesias (Der Präsident)