BGE 133 IV 235
 
35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen X., Y. und Z. (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
6S.528/2006 vom 11. Juni 2007
 
Regeste
Art. 260ter und 340bis Abs. 1 StGB; Bundesgerichtsbarkeit für Verbrechen, die von einer kriminellen Organisation ausgehen.
Die Strafverfolgungsbehörden des Bundes sind zuständig, wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass das Verbrechen von einer solchen Organisation ausgeht (E. 4.4-4.5).
Die Anklageschrift braucht sich über die Voraussetzungen der Bundesgerichtsbarkeit nicht zu äussern (E. 6).
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts darf die Bundesgerichtsbarkeit nach Anklageerhebung nur aus besonders triftigen Gründen verneinen (E. 7.1).
Wird Anklage gegen mehrere Personen als Mittäter oder Teilnehmer oder wegen zusammenhängender Delikte geführt, drängt sich eine gemeinsame Beurteilung der Anklage auf (E. 7.2-8).
 
Sachverhalt
A. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft eröffnete am 8. September 2003 ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Unterstützung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB sowie qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.12). Die Ermittlungen richteten sich in der Folge gegen mehrere Personen. Es bestand der Verdacht, dass sie an einer international tätigen Organisation mitwirkten in der Absicht, grössere Mengen Kokain aus Mittel- und Südamerika in die Schweiz einzuführen und/oder sich hier am Kokainhandel zu beteiligen. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft eröffnete das eidgenössische Untersuchungsrichteramt am 5. Februar 2004 eine Voruntersuchung. Mit Schlussbericht vom 21. Dezember 2005 beantragte dieses, es sei Anklage zu erheben wegen Unterstützung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation und qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen die Angeschuldigten A., B., C., X., Y. und Z.
Die Bundesanwaltschaft stellte mit Verfügung vom 3. April 2006 das Verfahren gegen alle Angeschuldigten bezüglich des Tatvorwurfs nach Art. 260ter StGB ein. Hingegen erhob sie bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage wegen mengen-, banden- und gewerbsmässig qualifiziert begangener Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 und 2 BetmG), ausgehend von einer kriminellen Organisation, sowie zusätzlich - gegen die Angeschuldigten A., B., X. und Z. - wegen teilweise banden- und gewerbsmässig qualifiziert begangener Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 und 2 lit. b und c StGB).
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts trat indessen mit Entscheid vom 16./28. August 2006 auf die Anklage in Bezug auf X., Y. und Z. nicht ein.
B. Gegen diesen Nichteintretensentscheid des Bundesstrafgerichts führt die Schweizerische Bundesanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 8. Januar 2007 Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegner X., Y. und Z. haben sich innert gesetzter Frist nicht vernehmen lassen, wobei die beiden Erstgenannten wegen Unzustellbarkeit durch öffentliche Publikation im Bundesblatt zur Stellungnahme aufgefordert worden waren. Die Rechtsvertreter im Verfahren vor Bundesstrafgericht sowie die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich stellen je den Antrag auf Gutheissung der Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde gut.
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
3.1 Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts führt aus, die eingeklagten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz unterlägen der Bundesgerichtsbarkeit nur, wenn sie von einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB ausgegangen seien. Aus der Anklageschrift gehe jedoch nicht hervor, worin die kriminelle Organisation bestanden habe und inwiefern die Betäubungsmitteldelikte von einer solchen ausgegangen sein sollen. Es fehle damit am erforderlichen Fundament in der Anklageschrift, um die Zuständigkeit zu bejahen. Entscheidend sei, dass die Bundesanwaltschaft selbst in der Einstellungsverfügung vom 3. April 2006 das Vorliegen einer kriminellen Organisation gemäss Art. 260ter StGB ausgeschlossen habe. Hinsichtlich des Anklagevorwurfes der Geldwäscherei hält die Strafkammer fest, die Tathandlungen würden in der Anklageschrift ausnahmslos als Überweisungen von Zürich ins Ausland umschrieben. Liege der Handlungsort aber durchwegs in Zürich, bestehe weder ein Schwerpunkt im Ausland noch eine kantonsübergreifende Handlung, womit die Bundesgerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Im Folgenden erwägt die Strafkammer, ob sich die Zuständigkeit ausnahmsweise direkt aus dem Beschleunigungsgebot gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergeben könnte. Sie bejaht dies für die Angeklagten A., B. und C. (vgl. BGE 133 IV 187), verneint es hingegen für die Angeklagten X., Y. und Z., die zur Hauptverhandlung nicht persönlich erschienen waren. Nach Auffassung der Strafkammer könnte kaum in deren Abwesenheit verhandelt werden, da eine summarische Prüfung der Akten ergeben habe, dass ihnen im Vorverfahren nicht alle Beschuldigungen vorgehalten worden seien.
3.2 Die Bundesanwaltschaft wendet dagegen ein, der Begriff der "kriminellen Organisation" in der Zuständigkeitsnorm von Art. 340bis StGB sei weiter auszulegen als beim Tatbestand von Art. 260ter StGB. Soweit die Zuständigkeit in Frage stehe für Verbrechen, die von einer kriminellen Organisation ausgehen (Art. 340bis Abs. 1 StGB), würden auch Gebilde minderen Organisationsgrades, namentlich im internationalen Drogenhandel, erfasst. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts verletze sodann Art. 126 Abs. 1 BStP, indem sie für die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen eine Substantiierungspflicht der Anklage annehme. Selbst wenn im Zeitpunkt der Hauptverhandlung eine Bundeszuständigkeit zu verneinen wäre, hätte die Strafkammer auf die Anklage eintreten müssen. Dies ergebe sich aus einer analogen Anwendung von Art. 262/263 BStP sowie aus Gründen der Effizienz. Wenn das Untersuchungsverfahren bereits abgeschlossen sei, sei der Gerichtsstand bei jener Behörde zu belassen, die das Verfahren eingeleitet habe. Schliesslich verletze die Strafkammer die in Art. 22 BStP verankerte Konzentrationsmaxime für Teilnehmer, wenn sie drei der Mitangeklagten verurteile, auf die Anklage bezüglich der übrigen Mitangeklagten indessen nicht eintrete.
 
Erwägung 4
4.1 Gemäss Art. 340bis Abs. 1 StGB unterstehen der Bundesgerichtsbarkeit unter anderem die strafbaren Handlungen nach Art. 260ter StGB sowie die Verbrechen, die von einer kriminellen Organisation im Sinne dieser Bestimmung ausgehen, sofern die strafbaren Handlungen zu einem wesentlichen Teil im Ausland (lit. a) oder in mehreren Kantonen begangen wurden und dabei kein eindeutiger Schwerpunkt in einem Kanton besteht (lit. b).
4.2 Der Tatbestand von Art. 260ter StGB setzt das Bestehen einer kriminellen Organisation voraus. Unter dem Begriff der Verbrechensorganisation gemäss dieser Bestimmung ist eine strukturierte Gruppe von mehreren Personen zu verstehen, die mit dem Ziel geschaffen wurde, unabhängig von einer Änderung ihrer Zusammensetzung dauerhaft zu bestehen. Sie zeichnet sich namentlich durch die Unterwerfung ihrer Mitglieder unter Anweisungen, durch systematische Arbeitsteilung, durch Intransparenz und durch in allen Stadien ihrer verbrecherischen Tätigkeit vorherrschende Professionalität aus. Im Weiteren gehört zum Begriff der kriminellen Organisation die Geheimhaltung von Aufbau und Struktur. Zudem muss die Organisation den Zweck verfolgen, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich durch verbrecherische Mittel Einkünfte zu verschaffen. Die Bereicherung durch verbrecherische Mittel setzt das Bestreben der Organisation voraus, sich durch die Begehung von Verbrechen, namentlich von Verbrechen gegen das Vermögen und von als Verbrechen erfassten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen (BGE 132 IV 132 E. 4.1.1 mit Hinweis).
Den Tatbestand erfüllt, wer sich an einer kriminellen Organisation beteiligt oder eine solche Organisation unterstützt. Nach der Botschaft des Bundesrates sollte die Bestimmung dort eingreifen, wo sich die zur konkreten Tat führende Kausalkette nicht mehr rekonstruieren lässt, weil dem eigentlichen Täter die Tatbeteiligung am einzelnen Delikt nicht mehr nachgewiesen werden kann (BGE 132 IV 132 E. 4.1 S. 133 unter Hinweis auf die Botschaft vom 30. Juni 1993, BBl 1993 III 295).
Nach der Rechtsprechung hat Art. 260ter StGB subsidiären Charakter und kommt nicht zur Anwendung, wenn sich die Beteiligung des Täters an der Organisation in der Begehung oder Mitwirkung an einer konkreten Straftat erschöpft. Echte Konkurrenz kommt in Betracht, wenn die Beteiligung an der kriminellen Organisation oder ihre Unterstützung über die nachweisbare Beteiligung am konkreten Delikt, für welches der Täter bestraft wird, hinausgeht. Erfüllt das strafbare Verhalten etwa die Merkmale der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz oder der Geldwäscherei und geht es in diesen Bestimmungen auf, findet Art. 260ter StGB folglich keine Anwendung (BGE 132 IV 132 E. 4.2 mit zahlreichen weiteren Hinweisen).
4.3 Die gesetzliche Fassung der Bundesgerichtsbarkeit in Art. 340bis Abs. 1 StGB erklärt sich vor dem Hintergrund der Subsidiarität der materiellen Strafnorm (Art. 260ter StGB). Die Verfahrenskompetenz des Bundes wurde geschaffen, um die Taten des organisierten Verbrechens, der Geldwäscherei und der komplexen Wirtschaftsstraftaten effizient zu bekämpfen (Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 1998 zu den Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung, sog. Effizienzvorlage; BBl 1998 S. 1544). Dieses Ziel könnte nicht erreicht werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden des Bundes nur gerade zuständig wären für die Untersuchung und Beurteilung des subsidiären Tatbestandes von Art. 260ter StGB. Die neu geschaffene Verfahrenskompetenz bliebe so weitgehend bedeutungslos. Aus diesem Grund sieht Art. 340bis Abs. 1 StGB eine Bundesgerichtsbarkeit vor für "Verbrechen, die von einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB ausgehen". Damit erfasst die Zuständigkeit auch die Beteiligung an einer solchen Organisation, die sich in der Begehung oder Mitwirkung einer konkreten Straftat erschöpft, was die Haupterscheinungsform darstellen dürfte. Genügt dies, ist die selbstständige Eröffnung eines Verfahrens nach Art. 260ter StGB nicht Voraussetzung der Zuständigkeit (BGE 132 IV 89 E. 2 S. 94). Anknüpfungskriterium für die Bestimmung der Bundesgerichtsbarkeit bleibt indessen das Bestehen einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB. Weder der Wortlaut noch die Materialien lassen die Annahme zu, dass bei der Zuständigkeitsnorm von anderen Begriffsmerkmalen auszugehen wäre als beim materiellen Tatbestand. So weist bereits die bundesrätliche Botschaft auf die Legaldefinition der Verbrecherorganisation hin (BBl 1998 S. 1544). Auch ist zu beachten, dass das Betäubungsmittelgesetz unverändert eine Ausnahmebefugnis des Bundesanwaltes bei grundsätzlich kantonaler Zuständigkeit vorsieht, die es ihm erlaubt, die dringend notwendigen Ermittlungen gegen den international organisierten Drogenhandel durchzuführen (Art. 29 Abs. 4 BetmG i.V.m. Art. 259 BStP; vgl. dazu BGE 125 IV 165 E. 6 S. 172 f.). Die von der Bundesanwaltschaft vertretene Auffassung, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, auch für mindere Organisationsformen im internationalen Drogenhandel eine umfassende und zwingende Bundesgerichtsbarkeit einzuführen, kann daher nicht richtig sein. Art. 340bis Abs. 1 StGB liegt der gleiche Begriff der kriminellen Organisation zu Grunde wie der Legaldefinition von Art. 260ter StGB.
4.4 Gleichwohl bleibt richtig, dass das Anknüpfungskriterium der kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB in hohem Masse unbestimmt ist und nicht trennscharf bestimmt werden kann. Ob das Verbrechen von einer solchen Organisation ausgeht, ist vielfach zu Beginn der Untersuchung nicht mit Bestimmtheit feststellbar (BGE 132 IV 89 E. 2 S. 93 f.). Für die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den eidgenössischen und kantonalen Strafverfolgungsbehörden kann es nicht darauf ankommen, was dem Angeschuldigten schliesslich nachgewiesen werden kann (BGE 97 IV 146 E. 1 S. 149 zur örtlichen Zuständigkeit). Vielmehr muss genügen, dass ein konkreter Tatverdacht nach Art. 260ter StGB besteht bzw. darauf, dass eine Verbrecherorganisation im Sinne des Gesetzes vorliegt, von der das strafbare Verhalten ausgeht. Das ergibt sich auch daraus, dass der Nachweis einer kriminellen Organisation nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist, soweit sich das strafbare Verhalten in der Begehung oder Mitwirkung an einer konkreten Straftat erschöpft. Von den begrifflichen Merkmalen des Anknüpfungskriteriums ist somit zu unterscheiden, ob im Hinblick darauf genügende Anhaltspunkte für einen konkreten Verdacht vorliegen.
4.5 Die Bundesbehörden ermittelten vorliegend wegen Verdachts auf Beteiligung an einer im internationalen Drogenhandel tätigen Organisation. Aufgrund der polizeilichen Erkenntnisse bestanden konkrete Hinweise, dass von einer namentlich noch unbestimmten Personengruppe aus den Vereinigten Staaten, der Dominikanischen Republik und Venezuela monatlich 40 kg Kokain in die Schweiz entsendet werden sollten, um hier im grossen Stil einen Kokainhandel aufzuziehen. Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft begründet diese Ausgangslage vernünftigerweise eine Bundesgerichtsbarkeit. Nach abgeschlossener Untersuchung stellte sie das Verfahren bezüglich des Tatvorwurfes nach Art. 260ter StGB allerdings ein. Der Einstellungsverfügung vom 3. April 2006 ist zu entnehmen, dass "die den Beschuldigten zuzurechnende deliktische Tätigkeit in qualitativer Hinsicht dem Begriff der kriminellen Organisation gemäss Art. 260ter StGB nicht in allen Teilen zu entsprechen vermag". Daraus geht hervor, dass sich der Verdacht auf das Bestehen einer Verbrecherorganisation im Sinne von Art. 260ter StGB nicht erhärten liess und das Anknüpfungskriterium für die Bundesgerichtsbarkeit somit nach Abschluss der Untersuchung weggefallen ist, was im angefochtenen Entscheid zutreffend festgehalten wird.
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts geht indessen ebenfalls davon aus, dass ein konkreter Verdacht bestanden hat, der die Annahme einer Ermittlungskompetenz des Bundes rechtfertigt, führt sie doch aus, die Zuständigkeit sei in jedem Stadium des Verfahrens neu zu prüfen und verweist im Übrigen auf die Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft. Dabei stellt sie ausdrücklich nicht in Frage, dass genügende Anhaltspunkte für das Bestehen einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB vorgelegen haben. Die Annahme der Bundesgerichtsbarkeit zu Beginn der Untersuchung liegt somit ausser Streit und ist bundesrechtlich auch nicht zu beanstanden. Zu prüfen ist daher nachfolgend nur, wie zu verfahren ist, wenn sich erst im Verlaufe der Untersuchung ergibt, dass die Voraussetzungen für die Bundesgerichtsbarkeit nicht mehr gegeben bzw. nachträglich weggefallen sind.
 
Erwägung 5
5.3 Art. 260 BStP sieht vor, dass die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts auch Anstände zwischen dem Bundesanwalt und kantonalen Strafverfolgungsbehörden über die Ermittlungskompetenzen bei Wirtschaftskriminalität und organisiertem Verbrechen im Sinne von Art. 340bis StGB zu entscheiden hat. Aufgrund dieser Bestimmung hat die Anklagekammer des Bundesgerichts die Verfahrensbestimmungen, die bei streitigen interkantonalen Gerichtsständen gelten, bei umstrittener Zuständigkeit der eidgenössischen oder kantonalen Strafverfolgungsbehörden analog angewendet (BGE 128 IV 225 E. 2.3 S. 229, BGE 128 IV 232 E. 2 S. 235, mit Hinweisen). Ebenso hat das Bundesgericht nach Massgabe der Praxis betreffend interkantonale Gerichtsstandskonflikte über die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit entschieden (BGE 132 IV 89 E. 2).
Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem Bundesanwalt die Kompetenz zuzugestehen ist, von der gesetzlichen Regelung über die Bundesgerichtsbarkeit abzuweichen, ist vorliegend jedoch nicht zu beurteilen. Die in Art. 262/263 BStP enthaltene Ermächtigung der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, den Gerichtsstand anders als gesetzlich vorgesehen festzulegen, betrifft den Fall, dass zwischen Bund und Kantonen (z.B. in Delegationssachen) oder zwischen den Kantonen Anstände betreffend die Zuständigkeit bestehen. In einem solchen Fall unterbreitet die Strafverfolgungsbehörde, die zuerst mit dem Fall befasst war, die Angelegenheit der Beschwerdekammer (Art. 279 Abs. 1 BStP). Die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Kantone sind indessen gehalten, sich über die Zuständigkeit vorerst zu verständigen. Erst wenn eine solche Verständigung scheitert, liegt ein Kompetenzkonflikt vor. Kommt es demgegenüber zu einer Einigung, so kann der Beschuldigte an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gelangen (Art. 279 Abs. 2 BStP i.V.m. Art. 214 Abs. 2 BStP; BGE 132 IV 89 E. 2 S. 94 mit Hinweisen). Da vorliegend die Strafverfolgungskompetenz des Bundes von keiner Seite je beanstandet wurde, ist - bis zur Anklageerhebung - kein Kompetenzkonflikt eingetreten. Folglich ist auch nicht darüber zu befinden, ob dem Bundesanwalt die (richterliche) Befugnis zukommt, über einen solchen Konflikt zu entscheiden.
5.4 Art. 18 und 18bis BStP regeln die Übertragung der Bundesstrafgerichtsbarkeit an die Kantone. Der Bundesanwalt kann Bundesstrafsachen nach Art. 340 Ziff. 2 oder 340bis StGB - also namentlich Verbrechen, die von einer kriminellen Organisation ausgehen (Art. 340bis Abs. 1 StGB) - den kantonalen Behörden zur Untersuchung und Beurteilung übertragen, soweit ein einfacher Fall vorliegt (Art. 18bis Abs. 1 BStP). Nach Art. 18 Abs. 3 BStP ist er berechtigt, Bundesstrafsachen nach Art. 340 Ziff. 1 und 3 StGB ausnahmsweise auch nach Abschluss der Voruntersuchung an die kantonalen Behörden zur Beurteilung zu übertragen. Im Anwendungsbereich von Art. 18bis BStP dagegen ist eine Delegation nach abgeschlossener Untersuchung ausgeschlossen (Art. 18bis Abs. 2 BStP, e contrario). Es liegt zwar nahe, gestützt auf diese Bestimmung eine Übertragung auch auszuschliessen, wenn erst das Ergebnis der Untersuchung ergibt, dass keine Bundesstrafsache nach Art. 340bis StGB vorliegt. Doch geht es hier nicht um die Frage, ob der Bundesanwalt berechtigt gewesen wäre, das Verfahren zu übertragen, sondern einzig darum, ob die Strafkammer des Bundesstrafgerichts auf die Anklage nicht eintreten durfte. Art. 18bis BStP ist somit vorliegend nicht anwendbar (vgl. BGE 128 IV 225 E. 2.1).
 
Erwägung 6
6.2 Der Anklagegrundsatz verteilt die Aufgaben zwischen den Untersuchungs- bzw. Anklagebehörden einerseits und den Gerichten andererseits. Er bestimmt den Gegenstand des Gerichtsverfahrens und bezweckt zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte des Angeschuldigten und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21; BGE 120 IV 348 E. 2b S. 353 f. mit Hinweisen). Konkretisiert wird der Anklagegrundsatz zur Hauptsache durch die Anforderungen, welche an die Anklageschrift gestellt werden. Diese hat eine doppelte Bedeutung. Sie dient einmal der Bestimmung des Prozessgegenstandes (Umgrenzungsfunktion) und sie vermittelt andererseits dem Angeschuldigten die für die Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen (Informationsfunktion), wobei die beiden Funktionen von gleichwertiger Bedeutung sind (BGE 120 IV 348 E. 2c S. 354; BGE 116 Ia 455 E. 3a/cc).
6.3 Im Bundesstrafprozess ergeben sich die an die Anklageschrift zu stellenden Anforderungen aus Art. 126 BStP. Nach dieser Vorschrift enthält die Anklageschrift über die in Absatz 1 genannten Bezeichnungen keine weitere Begründung (Art. 126 Abs. 2 BStP). Es ist nicht vorgesehen, dass sich die Anklage zur Zuständigkeit oder zu weiteren Prozessvoraussetzungen zu äussern hätte. Das Gericht hat diese von Amtes wegen zu prüfen, weshalb von einer Behauptungs- oder Beweislast der Anklage nicht die Rede sein kann. Der Grundsatz, wonach sich die sachliche Zuständigkeit nach den in der Anklageschrift enthaltenen Vorwürfen richtet, ändert nichts daran, dass sich das Gericht nicht ohne umfassende Prüfung für unzuständig erklären darf (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, S. 136 Ziff. 12).
Die Umgrenzungsfunktion besagt, dass das Gericht an die eingeklagte Tat gebunden ist. Die Anklage hat dem Angeklagten die ihm zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind (BGE 126 I 19 E. 2a; BGE 120 IV 348 E. 2b S. 353 f.). In der rechtlichen Würdigung ist das Gericht frei (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21). Beurteilt es die eingeklagte Tat anders als die Anklagebehörde, kann ein Urteil ergehen, auch wenn das angerufene Gericht für dieses Delikt an sich nicht zuständig wäre, sondern ein Gericht niederer Ordnung. Aus Gründen der Zweckmässigkeit und der Arbeitsökonomie bleibt die Kompetenz des höheren Gerichts bestehen (nach dem Grundsatz der "perpetuatio fori" HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O., S. 136 Ziff. 12). Diesem Grundgedanken ist auch Rechnung zu tragen, wenn es um die Beurteilung der Zuständigkeitsvoraussetzung geht, ob die eingeklagten Verbrechen von einer kriminellen Organisation ausgehen, und damit um die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen dem Bundesstrafgericht und den kantonalen Gerichten. In dieser Hinsicht vermag die Anklageschrift keine Bindungswirkung zu entfalten. Die Umgrenzungsfunktion dient allein der Bestimmung des Prozessgegenstandes, und nicht auch dazu, die Voraussetzungen des Prozesses zu umschreiben.
Der Schutz der Verteidigungsrechte des Angeschuldigten und das rechtliche Gehör gebieten ebenfalls nicht, dass dieser aus der Anklageschrift ersehen können müsste, weshalb die Verfahrenskompetenz des Bundes bejaht wird. Für die Bundesstrafsachen nach Art. 340 StGB folgt dies überwiegend aus dem Anklagevorwurf selbst und für jene nach Art. 340bis StGB daraus, dass die Untersuchung durch die Bundesanwaltschaft geführt wird. Will sich der Angeschuldigte gegen die seiner Ansicht nach fehlende Gerichtsbarkeit des Bundes zur Wehr setzen, so kann er von seinem Beschwerderecht gemäss Art. 279 Abs. 2 BStP Gebrauch machen oder nach Anklageerhebung - in den Grenzen von Treu und Glauben - die Zuständigkeit der Strafkammer des Bundesstrafgerichts bestreiten. Es besteht daher kein Bedürfnis, die Anklagebehörde zu verpflichten, die Voraussetzungen der Bundesgerichtsbarkeit in der Anklageschrift darzulegen. Der Anklagegrundsatz steht dem Eintreten auf die Anklage nicht entgegen.
 
Erwägung 7
7.1 Die Zuständigkeit wird zweckmässigerweise zu einem möglichst frühen Zeitpunkt festgelegt. Die in diesem Stadium des Verfahrens bestehenden Unsicherheiten führen häufig dazu, dass die Strafverfolgungsbehörden sich über die Zuständigkeit verständigen. Haben die eidgenössischen und kantonalen Strafverfolgungsbehörden eine Vereinbarung über die Bundesgerichtsbarkeit getroffen, darf die Strafkammer des Bundesstrafgerichts diese nur in Frage stellen, wenn die Vereinbarung auf einem eigentlichen Missbrauch des Ermessens beruht (BGE 132 IV 89 E. 2; ferner zu interkantonalen Gerichtsstandsvereinbarungen: BGE 120 IV 282 E. 3a S. 286; BGE 119 IV 250 E. 3c; BGE 117 IV 90 E. 4a). Nach der Rechtsprechung ist eine nachträgliche Änderung der einmal vereinbarten Zuständigkeit zwar möglich, es bedarf dafür aber triftiger Gründe. Das ergibt sich namentlich bei fortgeschrittener Untersuchung bereits daraus, dass Gründe der Effizienz und der beschleunigten Durchführung des Verfahrens gegen eine solche Änderung sprechen (BGE 132 IV 89 E. 2 S. 94; BGE 128 IV 225 E. 3.5).
Diese Zweckmässigkeitsüberlegungen sind auch anzustellen, wenn sich die Bundesanwaltschaft mit dem als zuständig in Betracht fallenden Kanton nicht verständigt hat, weil sie die Bundesgerichtsbarkeit für gegeben hielt. Da die Kantone regelmässig kein Interesse an der Durchführung des Verfahrens haben, ist davon auszugehen, dass sie die Verfahrenskompetenz des Bundes anerkennen, solange sie nicht eine eigene Kompetenz beanspruchen. Auch ohne (ausdrückliche) Vereinbarung zwischen den Strafverfolgungsbehörden ist eine Änderung der Zuständigkeit nur in Betracht zu ziehen, wenn triftige Gründe dies gebieten. Denn allgemein gilt, dass die Strafverfolgung leiden müsste, wenn die Zuständigkeit ohne Notwendigkeit nachträglich in die Kantone verschoben würde, was allenfalls sogar dazu führt, dass unter den Kantonen ein (negativer) Kompetenzkonflikt entbrennt (vgl. BGE 71 IV 60 E. 1 S. 62). Wenn das Untersuchungsverfahren nahezu abgeschlossen ist, ist ein Wechsel der Zuständigkeit in der Regel zu vermeiden (vgl. BGE 94 IV 44 S. 47; 71 IV 60 E. 1). Das muss erst recht gelten, wenn die Untersuchung bereits vollständig zu Ende geführt und Anklage erhoben worden ist. In diesem Sinne wird die Strafkammer des Bundesstrafgerichts die Bundesgerichtsbarkeit nach Anklageerhebung nur ausnahmsweise, nur aus besonders triftigen Gründen in Frage stellen dürfen. Denkbar ist etwa, dass bereits die Annahme einer Ermittlungskompetenz durch die Bundesanwaltschaft als offensichtlich missbräuchlich erscheint, oder dass der Angeschuldigte die Zuständigkeit mit besonders gewichtigen Argumenten bestreitet, wobei im Hinblick auf den Zweck der Strafverfolgung stets eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen und in diesem Rahmen auch dem Prozessverhalten Rechnung zu tragen ist.
7.2 Nach diesem Massstab hatte die Strafkammer des Bundesstrafgerichts keinen Anlass, die Zuständigkeit in Frage zu stellen. Wie bereits dargelegt (E. 4.5), ist die Annahme der Bundesgerichtsbarkeit im Stadium der Untersuchung nicht als missbräuchlich zu bezeichnen. Die Angeschuldigten haben die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichtes nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich beantragt bzw. durch ihre Rechtsvertreter beantragen lassen. Dass eine summarische Prüfung der Akten ergeben habe, dass ihnen die Vorwürfe nicht in allen Einzelheiten vorgehalten worden seien, kann nicht massgebend sein. Abgesehen davon, dass eine Änderung der Zuständigkeit nicht veranlasst werden soll, um allfällige Mängel der Untersuchung zu beheben, wäre es mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden, wenn die kantonalen Behörden sich in die umfangreichen Untersuchungsakten einarbeiten und gestützt auf ihr eigenes Verfahrensrecht allenfalls fehlerhafte Prozesshandlungen wiederholen müssten. Die Bundesanwaltschaft macht insoweit zu Recht geltend, dass Gründe der Effizienz und der beschleunigten Durchführung des Verfahrens es vorliegend geboten hätten, die Zuständigkeit bei jener Behörde zu belassen, die das Verfahren eingeleitet hat. Besondere Gründe im Sinne der Rechtsprechung, die für eine nachträgliche Änderung sprächen, sind weder genannt noch ersichtlich.
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts hatte umso weniger Anlass, die Zuständigkeit zu verneinen, als sie selbst - aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung - die Zuständigkeit für drei der sechs als Mittäter angeklagten Personen bejaht hat. Gemäss Art. 22 BStP ist das Gericht, welches den Täter beurteilt, auch für die Teilnehmer zuständig. Nach den Ausführungen im angefochtenen Entscheid stehen die vorliegenden Anklagevorwürfe "in äusserem und innerem Zusammenhang" mit den strafbaren Handlungen jener Mitangeklagten, die sie beurteilt hat. Demzufolge hätte sie die Anklage in Bezug auf alle Mitangeklagten beurteilen müssen.
8. Die Strafkammer des Bundesstrafgerichtes verneint auch die Zuständigkeit für die Beurteilung der Anklage wegen qualifizierter Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2 StGB). Es trifft zwar zu, dass die strafbaren Handlungen gemäss Anklageschrift nicht, wie Art. 340bis Abs. 1 StGB dies verlangt, zu einem wesentlichen Teil im Ausland oder in mehreren Kantonen ohne eindeutigen Schwerpunkt begangen wurden, sondern ausschliesslich in Zürich. Ein nachträglicher Wechsel der Zuständigkeit für diese Delikte wäre aber ebenso unzweckmässig wie aus vorstehend genannten Gründen (E. 7) ein Wechsel der Zuständigkeit für die Betäubungsmitteldelikte. Es kommt hinzu, dass die Abtrennung des Verfahrens für einen Teil der strafbaren Handlungen des gleichen Täters sich nicht rechtfertigt. Im Lichte der Rechtsprechung zu Art. 351 StGB, wonach die Zuständigkeit zusammenzulegen ist, wenn dem Täter mehrere strafbare Handlungen vorgeworfen werden (BGE 76 IV 265 E. 1 S. 268), sind vorliegend in gleicher Weise alle Straftaten gemeinsam zu beurteilen. Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Anklage gegen sämtliche Angeklagten und bezüglich aller Anklagevorwürfe einzutreten gewesen wäre.