BGE 136 II 551
 
50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Anwaltskammer des Kantons St. Gallen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
2C_8/2010 vom 4. Oktober 2010
 
Regeste
Art. 12 lit. a BGFA; Pflicht des Rechtsanwalts zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung; Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer privaten Zeugenbefragung.
 
Sachverhalt
A. Im Strafverfahren gegen den Untersuchungsgefangenen A. wurde Rechtsanwalt X. als amtlicher Verteidiger eingesetzt. A. wurde u.a. vorgeworfen, am 2. Mai 2006 die damals minderjährige B. vergewaltigt zu haben. Im Spätsommer bzw. Herbst 2006 habe A. zudem versucht, B. umzubringen, indem er sie mit seinem Auto überfahren wollte; das Mädchen habe sich nur mittels eines Sprungs zur Seite retten können.
Im Zusammenhang mit dem A. zur Last gelegten Tötungsversuch beantragte Rechtsanwalt X. mit Eingaben vom 21. Juni und vom 29. Juni 2007 die untersuchungsrichterliche Einvernahme von C.: Letzterer sei gemäss den Angaben von A. öfters mit dessen Fahrzeug unterwegs gewesen. Zudem habe C. gegenüber A. im Spätsommer bzw. Herbst 2006 erklärt, bei einer dieser Fahrten B. begegnet zu sein. Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 teilte das zuständige Untersuchungsamt Rechtsanwalt X. mit, dass auf die beantragte Zeugeneinvernahme einstweilen verzichtet werde.
Daraufhin meldete sich Rechtsanwalt X. am 28. August 2007 ein erstes Mal direkt bei C. und ersuchte diesen um eine Unterredung in Sachen A. Am 4. September 2007 kontaktierte er C. erneut, worauf es am folgenden Tag, dem 5. September 2007, in seiner Kanzlei zu einem Treffen kam. Über den genauen Inhalt des bei dieser Gelegenheit geführten Gesprächs gehen die Darstellungen von Rechtsanwalt X. und C. auseinander. Unbestritten ist jedoch, dass Rechtsanwalt X. sich bei C. erkundigt hat, ob dieser zur fraglichen Zeit den Wagen von A. benutzt habe und dabei B. begegnet sei.
B. Mit Verfügung vom 12. Juni 2008 wurde Rechtsanwalt X. von der Anwaltskammer des Kantons St. Gallen wegen Verletzung der Berufspflichten mit einer Busse von Fr. 6'000.- diszipliniert. Die Anwaltskammer warf X. vor, er habe C. in unzulässiger Weise privat befragt und auf diese Weise eine Beeinflussung des Zeugen zumindest in Kauf genommen.
Gegen diesen Entscheid beschwerte sich X. beim Kantonsgericht St. Gallen. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 16. November 2009 ab.
C. Mit Eingabe vom 4. Januar 2010 führt X. "Bundesgerichtsbeschwerde" (recte: Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten): Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sowie die Rückweisung der Angelegenheit an das Kantonsgericht St. Gallen. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ab, soweit es darauf eintritt.
(Auszug)
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
Vielmehr gehöre es gerade zu den Berufspflichten eines Anwalts, dass er nach der Ablehnung von Beweisanträgen durch den Untersuchungsrichter alle geeigneten Rechtsmittel einsetze. Dies bedinge jedoch die Vornahme von minimalen Abklärungen, um sicherzustellen, dass das in Frage kommende Rechtsmittel überhaupt Sinn mache. Dies und nichts anderes sei Zweck der Kontaktaufnahme mit C. gewesen: Da er, der Beschwerdeführer, eine Beschwerde gegen die Ablehnung der untersuchungsrichterlichen Einvernahme von C. geprüft habe, sei es durchaus gerechtfertigt gewesen, abzuklären, ob C. tatsächlich etwas Sinnvolles zur Sache aussagen könne. Namentlich nicht beabsichtigt worden sei dagegen, C. ein Delikt zu unterstellen.
Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz sei es auch nicht in Frage gekommen, den von der Untersuchungsrichterin abgelehnten Beweisantrag einfach in einem allfälligen gerichtlichen Verfahren zu erneuern: Bekanntlich könne auch der Zeitpunkt der Befragung einer Auskunftsperson oder eines Zeugen wesentlich sein, und der inhaftierte Angeschuldigte A. habe ein erhebliches Interesse daran gehabt, die Befragung der relevanten Personen innert nützlicher Frist zu erwirken. Gegen das Zuwarten mit der Erneuerung des abgelehnten Beweisantrages bis zu einem späteren gerichtlichen Verfahren habe zudem gesprochen, dass Gerichtsverhandlungen in aller Regel öffentlich seien und deswegen die Möglichkeit bestanden hätte, dass die zur Einvernahme beantragten Zeugen und Auskunftspersonen auf diese Weise "vorgewarnt" worden wären.
Überhaupt liege aber keine eigentliche, detaillierte private Zeugeneinvernahme vor. Vielmehr habe er, der Beschwerdeführer, sich auf eine "Minimalbefragung" von C. beschränkt und sich bei diesem ausschliesslich erkundigt, ob er zum fraglichen Zeitpunkt den Wagen von A. gefahren und dabei B. begegnet sei. Für diese simple Frage seien auch keine besonderen Vorsichtsmassnahmen angezeigt gewesen. Namentlich habe auf den Beizug von Zeugen, die Protokollierung des Gesprächs und die Unterzeichnung des Protokolls verzichtet werden können und müssen; solche Vorkehrungen hätten C. nur misstrauisch gemacht und deshalb den Untersuchungszweck gefährdet.
 
Erwägung 3.2
3.2.1 Anwälte sind gemäss Art. 12 lit. a des Anwaltsgesetzes vom 23. Juni 2000 (BGFA; SR 935.61) verpflichtet, ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft auszuüben. Hierzu gehört auch, dass der Anwalt grundsätzlich jegliches Verhalten unterlässt, das die Gefahr einer Beeinflussung von Zeugen zur Folge haben könnte (vgl. Art. 7 der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands vom 1. Juli 2005). Die selbständige Kontaktaufnahme mit einer Person, die als Zeuge in Betracht kommt, erscheint unter diesem Gesichtspunkt als problematisch, da mit einem solchen Vorgehen stets eine zumindest abstrakte Gefahr einer Beeinflussung verbunden ist (vgl. Handbuch über die Berufspflichten des Rechtsanwaltes im Kanton Zürich, herausgegeben vom Verein Zürcherischer Rechtsanwälte [im Folgenden: Handbuch Berufspflichten], 1988, S. 62; GEORG PFISTER, Aus der Praxis der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich zu Art. 12 BGFA, SJZ 105/2009 S. 288, mit Hinweisen).
3.2.2 Die Lehre spricht sich mehrheitlich dafür aus, dass eine Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Zeugen nur ausnahmsweise mit der anwaltlichen Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung vereinbar sei bzw. nur mit Zurückhaltung und Vorsicht vorgenommen werden solle (WALTER FELLMANN, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, Fellmann/Zindel [Hrsg.], 2005, N. 22 zu Art. 12BGFA; MICHEL VALTICOS, in: Commentaire romand, Loi sur les avocats, 2010, N. 67 zu Art. 12 BGFA; BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d'avocat, 2009, Rz. 1180 ff.): Generell wird die Wahrheitsfindung bzw. die Zeugenbefragung als Aufgabe des Gerichts und nicht der Parteien oder ihrer Anwälte erachtet (WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, Rz. 193;PFISTER, a.a.O., S. 288; FELLMANN, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, a.a.O., N. 22 zu Art. 12 BGFA; BOHNET/MARTENET, a.a.O., Rz. 1180; a.M. NIKLAUS RUCKSTUHL, Strafverteidigung, in: Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. VII: Strafverteidigung, Niggli/Weissenberger [Hrsg.], 2002, Rz. 3.168 ff.).Die Kontaktierung eines möglichen Zeugen wird nur (aber immerhin) dann für zulässig erachtet, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Als solcher wird von der Lehre namentlich auch das Einschätzen der Erfolgsaussichten von Prozesshandlungen wie etwa die Prozesseinleitung, das Einlegen bzw. der Rückzug eines Rechtsmittels oder das Stellen eines Beweisantrages angesehen; entscheidend seien aber die Umstände des konkreten Einzelfalls (FELLMANN, Anwaltsrecht, a.a.O., Rz. 194; derselbe, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, a.a.O., N. 22 zu Art. 12 BGFA; HANS NATER, Anwaltsrecht, in: Aktuelle Anwaltspraxis 2009, Fellmann/Poledna [Hrsg.], S. 1399; VALTICOS, a.a.O., N. 67 zu Art. 12 BGFA; vgl. Handbuch Berufspflichten, a.a.O., S. 62 ff.; vgl. FELLMANN/SIDLER, Standesregeln des Luzerner Anwaltsverbandes [...], 1996, S. 28). Um der Gefahr einerBeeinflussung des potentiellen Zeugen bzw. dem blossen Anschein einer unzulässigen Einflussnahme in solchen Fällen entgegenzuwirken, fordert die Lehre vom Anwalt die Beachtung entsprechender Vorsichtsmassnahmen: So soll der Anwalt den Zeugen schriftlich um ein Gespräch ersuchen und ihn darauf hinweisen, dass er weder verpflichtet ist zu erscheinen noch auszusagen. Ebenfalls habe der Anwalt dem Zeugen mitzuteilen, im Interesse welches Mandanten das Gespräch stattfinden soll. Das Gespräch solle ohne den Mandanten und wenn immer möglich in den Räumlichkeiten des Anwalts stattfinden, wobei gegebenenfalls eine Drittperson als Gesprächszeugin hinzugezogen werden soll. Der Anwalt dürfe keinen Druck auf den Zeugen ausüben und ihn insbesondere nicht zu einer bestimmten Aussage oder überhaupt zu irgendeiner Aussage drängen und ihm für den Fall des Schweigens nicht mit Nachteilen drohen. Als verpönt erachtet wird auch das Stellen von Suggestivfragen (RUCKSTUHL, a.a.O., Rz. 3.172; vgl. Handbuch Berufspflichten, a.a.O., S. 64 f.).
3.2.3 Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid aufgezeigt hat, decken sich die obenstehenden Lehrmeinungen weitgehend mit der Praxis der Anwaltskammer des Kantons St. Gallen sowie jener des Kantonsgerichts St. Gallen (vgl. insbesondere Urteil des Kantonsgerichts BR 2006.2 vom 14. Dezember 2006 E. III/2 mit weiteren Hinweisen). Auch die Aufsichtsbehörden anderer Kantone haben eine vergleichbare Rechtsprechung entwickelt: In ihrem Urteil vom 13. Oktober 2004 (in: BJM 2006 S. 47 ff.; vgl. FELLMANN, Anwaltsrecht, a.a.O., Rz. 195 und 197) geht die Aufsichtskommission des Kantons Basel-Stadt über die Anwältinnen und Anwälte ebenfalls davon aus, dass die Kontaktierung eines möglichen Zeugen durch einen am Verfahren beteiligten Anwalt nicht grundsätzlich unzulässig, sondern unter Umständen gar geboten sei; die Aufsichtskommission setzt jedoch voraus, dass eine sachliche Notwendigkeit hierfür bestehe, und sie auferlegt dem betreffenden Anwalt die Verpflichtung, sicherzustellen, "dass sein Vorgehen nicht eine Verfälschung des Beweisergebnisses bewirkt". Auch die Aufsichtskommission des Kantons Zürich über die Anwältinnen und Anwälte hat sich in analoger Weise zur vorliegenden Thematik geäussert: Sie statuiert drei Voraussetzungen, welche kumulativ erfüllt sein müssen, damit die Kontaktierung resp. die Befragung eines potentiellen Zeugen durch einen Rechtsanwalt von ihr als zulässig erachtet wird: Erstens wird verlangt, dass die Kontaktaufnahme den Interessen der eigenen Klientschaft dient. Zweitens müsse die störungsfreie Sachverhaltsermittlung durch das Gericht oder die Untersuchungsbehörde gewährleistet bleiben, weswegen die Befragung so auszugestalten sei, dass jede Beeinflussung vermieden werden könne. Drittens wird gefordert, dass eine sachliche Notwendigkeit für die Kontaktaufnahme besteht (Beschluss der Aufsichtskommission des Kantons Zürich über die Anwältinnen und Anwälte vom 1. März 2007, in: ZR 106/2007 Nr. 81 E. 2 S. 306 ff.; vgl. NATER, a.a.O., S. 1397 ff.; vgl. PFISTER, a.a.O., S. 287 f.).
 
Erwägung 3.3
3.3.1 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestand für eine selbständige Befragung von C. keine ersichtliche sachliche Notwendigkeit. Insbesondere vermag die Argumentation des Beschwerdeführers nicht zu überzeugen, er habe ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der untersuchungsrichterlichen Einvernahme von C. in Betracht gezogen und deshalb die Erfolgsaussichten dieses Rechtsmittels prüfen müssen: Wie die Vorinstanzen unter Hinweis auf die kantonale Gerichts- und Verwaltungspraxis ausführten, steht die Rechtsverweigerungsbeschwerde im sankt-gallischen Prozessrecht gegen die Ablehnung von Beweisanträgen durch die Strafuntersuchungsbehörde gar nicht zur Verfügung. Das vom Beschwerdeführer ins Auge gefasste Rechtsmittel wäre somit von vornherein untauglich gewesen. Ein sachlicher Grund für eine private Einvernahme von C. hätte aber auch dann nicht bestanden, wenn der Beschwerdeführer statt einer Rechtsverweigerungsbeschwerde eine allgemeine Aufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Untersuchungsrichterin in Erwägung gezogen hätte: Es erscheint fraglich, ob mit diesem disziplinarrechtlichen Instrument die Durchführung einer untersuchungsrichterlichen Einvernahme von C. hätte erzwungen werden können. Die Frage kann jedoch offenbleiben, zumal es dem Beschwerdeführer jedenfalls möglich gewesen wäre, den abgelehnten Beweisantrag in einem allfälligen gerichtlichen Verfahren zu wiederholen, wie das Kantonsgericht zutreffend erkannt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt zuzuwarten, wäre auch nicht mit unzumutbaren Nachteilen verbunden gewesen, wie dies der Beschwerdeführer zu Unrecht behauptet: Nebst dem versuchten Tötungsdelikt zum Nachteil von B. wurden A. im Untersuchungsverfahren eine Reihe von weiteren Straftaten zur Last gelegt; dass die gegen ihn angeordnete Untersuchungshaft im Falle einer frühzeitigen, vorteilhaften Aussage von C. aufgehoben worden wäre, ist demzufolge nicht anzunehmen und es wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert dargelegt. Stattdessen behauptet der Beschwerdeführer in unzutreffender Weise, dass eine Wiederholung des Beweisantrages in einem gerichtlichen Verfahren zwangsläufig die Gefahr einer Kollusion mit sich gebracht hätte: Wie sich aus Art. 193 Abs. 1 des Strafprozessgesetzes des Kantons St. Gallen vom 1. Juli 1999 (StP/SG) ergibt, können Beweisanträge bereits während des schriftlichen Vorverfahrens beim Gerichtspräsidenten gestellt werden. Das diskrete Einbringen bzw. Wiederholen des betreffenden Beweisantrages wäre demzufolge im gerichtlichen Verfahren sehr wohl möglich gewesen. Demgegenüber war es gerade das Vorgehen des Beschwerdeführers, welches C. darauf aufmerksam machte, dass seine Aussagen im Strafverfahren gegen A. von Interesse sind.
3.3.2 Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, handelte es sich bei C. nicht bloss um einen möglichen Entlastungszeugen für A. Letzterer behauptete vielmehr, dass nicht er, sondern C. am inkriminierten Vorfall mit B. beteiligt gewesen sei. Da der Beschwerdeführer diese Sachverhaltsdarstellung seines Mandanten offenbar für möglich gehalten hat, hätte ihm aber von vornherein klar sein müssen, dass es sich bei C. seinerseits um einen Verdächtigen bezüglich des versuchten Tötungsdeliktes zum Nachteil von B. handelt: Hätte C. - wie vom Beschwerdeführer erhofft - mit seinen Angaben A. entlastet, so hätte er, C., sich zwangsläufig selbst in den Mittelpunkt der entsprechenden Strafuntersuchung manövriert. Anders als die Kontaktierung bzw. die Befragung eines Entlastungszeugen lässt sich eine eigenmächtige Einvernahme eines möglichen alternativen Tatverdächtigen durch den Rechtsanwalt des Beschuldigten grundsätzlich nicht mit der Auflage vereinbaren, die störungsfreie Sachverhaltsermittlung durch die zuständige Behörde zu gewährleisten; zu ausgeprägt ist in diesen Fällen das Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit einer sachlichen und fairen Befragung einerseits und der Verpflichtung zu einer möglichst wirksamen Vertretung des eigenen Mandanten andererseits. Dies bestätigt sich im vorliegenden Fall durch die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer die Befragung von C. durchgeführt hat: Entgegen den Empfehlungen der Lehre hat er auf wesentliche Vorkehrungen verzichtet, welche einer unzulässigen Beeinflussung bzw. bereits dem blossen Anschein einer unzulässigen Einflussnahme entgegenwirken sollen. Namentlich hat er keine neutrale Drittperson als Gesprächszeugin hinzugezogen und es wurde auch nirgends schriftlich festgehalten, dass er C. darauf hingewiesen hätte, dass weder eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Befragung noch eine Aussagepflicht bestehe. Als unbehelflich erscheint der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand des Beschwerdeführers, er habe überhaupt keine Zeugenbefragung im eigentlichen Sinn durchgeführt, sondern sich im Gespräch mit C. auf die "simple Frage" beschränkt, ob dieser zum fraglichen Zeitpunkt den Wagen von A. gefahren und dabei B. begegnet sei: Die Bejahung dieser Fragen wäre bereits geeignet gewesen, den Tatverdacht auf C. zu lenken. Es handelte sich beim fraglichen Gespräch daher mitnichten um eine prozessökonomisch motivierte, untergeordnete Vorabklärung, sondern vielmehr um eine Besprechung, bei der sich der Beschwerdeführer von seinem Gegenüber offensichtlich entscheidende Informationen erhoffte.
3.3.3 Zweifelhaft ist auch, ob die vom Beschwerdeführer durchgeführte Befragung von C. den Interessen seines Mandanten tatsächlich diente: C. erhielt hierdurch frühzeitig Kenntnis davon, dass A. sich zur Verteidigung auf ihn berief und er, C., daher damit rechnen musste, selbst ins Blickfeld der Ermittler zu geraten. War tatsächlich C. und nicht A. am inkriminierten Tötungsversuch zum Nachteil von B. beteiligt, hat das Vorgehen des Beschwerdeführers C. die Zeit verschafft, sich seinerseits eine Verteidigungsstrategie zu überlegen, was den Interessen von A. schadete.