BGE 136 II 61
 
6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
1C_225/2009 vom 4. November 2009
 
Regeste
Art. 83 lit. t BGG, Art. 14 Abs. 3 SVG, Art. 29 Abs. 1 und 2 VZV; Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Ausnahmekatalog; Kontrollfahrt.
 
Sachverhalt
A. Gestützt auf das ärztliche Zeugnis von Dr. B. vom 30. Januar 2008 ordnete das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern am 25. Februar 2008 an, dass A., Jahrgang 1928, innert 60 Tagen eine Kontrollfahrt zu absolvieren habe. A. absolvierte die Kontrollfahrt am 6. Mai 2008. Dabei stellte der Prüfungsexperte verschiedene Fahrfehler sowie Mängel bei der Beherrschung des Fahrzeugs und der Bewältigung von Verkehrssituationen fest. Er beurteilte die Prüfungsfahrt als nicht bestanden und zog den Führerausweis von A. ein. Am 4. Juni 2008 verfügte das Strassenverkehrsamt den Sicherungsentzug des Führerausweises von A. (Dispositiv-Ziffer 1). Die Wiedererteilung des Führerausweises machte es von einer Eignungsuntersuchung durch das Institut für psychologische Forschung und Beratung, C., sowie dem Bestehen einer neuen praktischen Führerprüfung abhängig (Dispositiv-Ziffer 2). A. erhob dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und beantragte, die Verfügung vom 4. Juni 2008 aufzuheben, ein aktuelles verkehrsmedizinisches und ein verkehrspsychologisches Gutachten einzuholen und die Kontrollfahrt zu wiederholen. Eventuell sei ihm der Führerausweis bedingt oder unter Auflagen wieder zu erteilen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die Beschwerde am 13. Januar 2009 ab.
B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A., dieses Urteil des Verwaltungsgerichts sowie Dispositiv-Ziff. 1 der Verfügung des Strassenverkehrsamtes vom 4. Juni 2008 aufzuheben und den Führerausweisentzug rückgängig zu machen. Eventuell sei das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie Dispositiv-Ziff. 2 der Verfügung des Strassenverkehrsamtes vom 4. Juni 2008 aufzuheben, und es sei auf die Auflage zu verzichten, sich für die Wiedererlangung des Führerausweises einer Eignungsuntersuchung zu unterziehen. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Auszug)
 
Aus den Erwägungen:
1.1 Besteht ein Fahrzeugführer die aufgrund von Bedenken an seiner Fahreignung angeordnete Kontrollfahrt nicht, ist der Führerausweis ohne Weiteres einzuziehen (Art. 14 Abs. 3 SVG, Art. 29 Abs. 1 und 2 lit. a der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV; SR 741.51]). Wer sich gegen den Entzug des Führerausweises wegen einer misslungenen Kontrollfahrt zur Wehr setzen will, muss dementsprechend deren Ergebnis anfechten.
1.1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach Art. 83 lit. t BGG unzulässig gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung. Diese Bestimmung entspricht der für die altrechtliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltenden Ausnahmeklausel von Art. 99 Abs. 1 lit. f OG, die materiell unverändert ins neue Recht überführt wurde (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4321 zu Art. 78; ALAIN WURZBURGER, Commentaire de la LTF, 2009, N. 159 zu Art. 83 BGG; THOMAS HÄBERLI, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 294, 298 zu Art. 83 BGG). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung dem Umstand Rechnung getragen, dass sich bei der Beurteilung von persönlichen - geistigen und körperlichen - Fähigkeiten einer Person letztlich kaum justiziable Fragen stellen, welche das Bundesgericht nicht frei überprüfen kann und soll. Soweit sich ein Gericht mit solchen auf Fachwissen beruhenden und stark ermessensgeprägten Bewertungen zu befassen hat, kann es regelmässig sinnvollerweise nur untersuchen, ob die für den Entscheid zuständigen und fachlich kompetenten Behörden unter Wahrung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Verfahrensgarantien alle wesentlichen Gesichtspunkte vollständig und gewissenhaft geprüft haben (vgl. BGE 132 II 257 E. 3 S. 262 ff.) bzw. ob sich die Bewertung allenfalls als offensichtlich bzw. krass falsch, d.h. willkürlich, erweist (BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 betreffend Prüfungsarbeiten; Urteile 2C_560/2007 vom 23. Oktober 2007 E. 2.1; 2C_187/2007 vom 16. August 2007 E. 2.1 und 2C_176/2007 vom 3. Mai 2007 E. 2).
1.1.2 Wie vom Bundesgericht bereits in seiner Rechtsprechung zur altrechtlichen Verwaltungsgerichtsbeschwerde bzw. zu Art. 99 Abs. 1 lit. f OG entschieden (Urteil 6A.121/2001 vom 14. März 2001), handelt es sich bei der Kontrollfahrt um eine Fähigkeitsprüfung, gegen welche die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zur Verfügung stand. Es besteht kein Grund, diese Frage im Hinblick auf den Ausschluss der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 83 lit. t BGG anders zu beurteilen. Zwar stand altrechtlich die verwaltungsinterne Beschwerde ans Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation offen, welches endgültig entschied (Art. 24 Abs. 2 und 4 SVG in der bis Ende 2006 geltenden Fassung, Ziff. 73 des Anhangs zum Verwaltungsgerichtsgesetz [VGG; SR 173.32]). Das Ergebnis einer Kontrollfahrt war somit im Bund der Überprüfung durch eine Fachbehörde zugänglich. Diese Möglichkeit besteht nicht mehr. Hingegen steht nach Art. 113 BGG die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht offen, wenn die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 83 BGG unzulässig ist (dazu nicht publ. E. 1.3). Auch unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes ist somit ein beschränkter, der Sache indessen angemessener Rechtsschutz gegen das Ergebnis einer Kontrollfahrt gewährleistet.