BGE 87 II 24
 
5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Januar 1961 i.S. Keller gegen Mathis.
 
Regeste
Art. 126 OR.
 
Sachverhalt
A.- Albert Keller wünschte von Theodor Mathis Schweine zu kaufen. Mathis war bereit, ihm solche zu verschaffen. Er erwarb zu diesem Zwecke von Jakob Widmer in Inwil sechzig Stück. Er wog sie am 7. Januar 1959 in Luzern, führte sie nach Oberägeri und verkaufte sie dort dem Keller zum Preise von Fr. 8323.--. Er verlangte Barzahlung. Keller wünschte von ihm eine Rechnung und versprach ihm, das Geld in zwei bis drei Tagen durch die Kantonalbank Zug zu überweisen.
Beim Wägen der Schweine wurde Mathis von Franz Peter beobachtet, dem er damals angeblich Fr. 12'608.-- schuldete. Peter fuhr dem Mathis unbemerkt nach und sah, wie dieser dem Keller die Schweine verkaufte. Als Mathis den Keller verlassen hatte, suchte Peter diesen auf und kaufte ihm die Tiere zu einem Preise ab, der über dem von Keller versprochenen lag. Peter erklärte dem Keller, er habe gegenüber Mathis eine Forderung von Fr. 12'608.--, die er dem Keller an Zahlungsstatt abtreten wolle, damit dieser sie mit seiner Schuld gegenüber Mathis verrechne. Um die Abtretung vorzunehmen, fuhren Peter und Keller am 8. Januar 1959 zu einer Urkundsperson nach Luzern. Dort unterzeichnete Peter eine auf den 30. Dezember 1958 zurückdatierte Erklärung, wonach er die Forderung von Fr. 12'608.-- gegen Mathis an Keller abtrete.
Unter Berufung auf diese Abtretung weigerte sich Keller in der Folge, Mathis den Kaufpreis für die sechzig Schweine zu bezahlen, und erhob gegen ihn Anspruch auf den Unterschied von Fr. 4285.-- zwischen diesem Preise und dem Betrag der abgetretenen Forderung.
B.- Mathis klagte am 25. März 1959 beim Kantonsgericht Zug gegen Keller auf Zahlung von Fr. 8323.-- nebst Zins zu 5% seit 7. Januar 1959.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf Verurteilung zur Zahlung von Fr. 4285.-- nebst Zins zu 5% seit 9. Januar 1959.
Das Kantonsgericht hiess die Klage gut und trat auf die Widerklage nicht ein.
Der Beklagte zog die Sache an das Obergericht des Kantons Zug weiter und beantragte Abweisung der Klage und Gutheissung der Widerklage in der Höhe von Fr. 677.-- nebst 5% Zins ab 9. Januar 1959.
Das Obergericht wies die Berufung am 26. September 1960 ab.
C.- Der Beklagte hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Akten zur Beurteilung der vom Beklagten geltend gemachten Gegenforderung und Widerklage an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach Art. 139 Abs. 2 aoR war ein Verzicht auf Verrechnung unter anderem anzunehmen, wenn der Schuldner im Bewusstsein, eine Gegenforderung zu haben, Barzahlung versprach. Wie in BGE 83 II 398 ausgeführt wurde, ist daraus, dass man diese Bestimmung nicht in das revidierte Gesetz hinübernahm, nicht zu schliessen, auch ein ohne Kenntnis der Gegenforderung abgegebenes Zahlungsversprechen habe als Verzicht zu gelten. Weiss der Schuldner nicht, dass er eine Gegenforderung hat oder vor der Tilgung seiner Schuld erlangen könnte, so ist ihm das Zahlungsversprechen nur dann als Verzicht anzurechnen, wenn der Gläubiger nach Treu und Glauben den Umständen entnehmen darf und tatsächlich entnimmt, der Schuldner wolle auf die Verrechnung verzichten.
Als der Beklagte dem Kläger am 7. Januar 1959 versprach, ihm den Preis für die Schweine in zwei bis drei Tagen durch die Kantonalbank Zug zu überweisen, wusste er nicht, dass Peter ihm eine Forderung gegen den Kläger abtreten werde. Dennoch hält die durch Hinweis auf die erwähnte Rechtsprechung begründete Auffassung des Beklagten, er habe durch das Zahlungsversprechen nicht auf die Verrechnung verzichtet, nicht stand. Das Obergericht stellt fest, der Kläger habe bei der Übergabe der Schweine sofortige Barzahlung verlangt und sich nur durch die bestimmte Zusicherung des Beklagten, innert zwei bis drei Tagen durch die Zuger Kantonalbank zu zahlen, zur Vorleistung bestimmen lassen; für den Beklagten sei ersichtlich gewesen, dass der Kläger bares Geld haben musste und haben wollte und das Geschäft nur unter der Voraussetzung abschloss, dass diesem Willen entsprochen werde. Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse und binden daher das Bundesgericht. Sie schliessen die Tilgung der Schuld auf dem Wege einer vom Beklagten erklärten Verrechnung aus. Weil die vom Beklagten versprochene Zahlung durch die Kantonalbank Zug an Stelle der vom Kläger verlangten sofortigen Barzahlung treten sollte, durfte der Kläger das Versprechen dahin verstehen, dass er binnen zwei bis drei Tagen tatsächlich durch Geld, nicht mittels Verrechnung mit einer dem Beklagten abzutretenden Forderung eines Dritten befriedigt werde. Nach Treu und Glauben musste der Beklagte sich sagen, dass sein Versprechen so verstanden werde, denn er wusste, dass der Kläger bares Geld haben wollte. Indem er Zahlung durch die Bank versprach, sagte er dem Kläger Leistung in Geld zu und verzichtete er auf Verrechnung, namentlich auch auf Verrechnung mit einer Forderung, die er erst noch von einem Dritten erwerben würde.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 26. September 1960 bestätigt.