BGE 83 II 445
 
61. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1957 i.S. Internationale Industrie- und Handelsbeteiligungen AG gegen Carlebach und Mitkläger.
 
Regeste
Klage auf Ausstellung von Ersatztiteln für vernichtete Inhaberaktien.
2. Art. 660 ff., 965 f. OR, Art. 2 ZGB. Bestehen die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs weiter, wenn seine Inhaberaktien vernichtet worden sind? (Erw. 4). Missbraucht die Aktiengesellschaft das Recht, wenn sie dem Aktionär, dessen Aktien vernichtet sind, aber wegen Unmöglichkeit der Angabe ihrer Nummern nicht kraftlos erklärt werden können, keine Ersatztitel ausstellt? (Erw. 5).
3. Auslegung eines auf Ausstellung von Ersatztiteln lautenden Rechtsbegehrens als Eventualantrag auf Feststellung der sich aus der Aktionäreigenschaft ergebenden Rechte (Erw. 6).
 
Sachverhalt
A.- Die Eheleute Carlebach und die acht Mitkläger hinterlegten vor 1940 bei deutschen Banken je eine bestimmte Zahl, insgesamt 33 Stück, auf den Inhaber lautende Stammaktien der I.G. Chemie, Basel, im Nennwert von je Fr. 500.--. Die Banken lieferten sie einer Stelle der Deutschen Reichsbank in Frankfurt a.M. ab, die sie in ein Sammeldepot (Effektengirodepot) nahm. Dort liess im März 1945 ein Direktor der Reichsbank sie zusammen mit einem grossen Bestand anderer Wertpapiere vernichten, damit sie nicht den heranrückenden feindlichen Armeen in die Hände fielen.
Am 19. Dezember 1945 beschloss die I.G. Chemie, ihre auf den Inhaber lautenden Stammaktien in Namenaktien umzuwandeln und ihre Firma in "Internationale Industrieund Handelsbeteiligungen AG" (Interhandel) abzuändern.
Am 31. Dezember 1954 ersuchte die Deutsche Reichsbank das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt, die 33 vernichteten Inhaberaktien kraftlos zu erklären. Sie vermochte die Vollmacht der zehn Hinterleger beizubringen, nicht aber die Nummern der Papiere zu nennen, da sie die Verzeichnisse, die sie seinerzeit in Berlin geführt hatte, nicht mehr auffinden konnte. Das Zivilgericht sah von einer öffentlichen Aufforderung im Sinne der Art. 983 und 984 OR ab, gab dagegen der Interhandel Gelegenheit, sich zu äussern. Die Interhandel widersetzte sich dem Gesuch. Das Zivilgericht hiess es am 8. Juli 1955 gut, indem es "die 33 auf den Inhaber lautenden, voll einbezahlten Stammaktien der I.G. Chemie, Basel, zu Fr. 500. - nominal, welche seinerzeit bei der Reichsbankhauptstelle Reichsbankgirokonto Wertpapiersammelstelle, Frankfurt a.M., deponiert und vorher im Besitze folgender Personen waren. ..", kraftlos erklärte. Es führte die Namen der Hinterleger der Aktien an und fügte bei, wie manches Stück jeder hinterlegt hatte. Die durch Art. 986 Abs. 2 OR vorgeschriebene Veröffentlichung des Entscheides unterblieb.
B.- Am 8. September 1955 klagten die zehn Hinterleger beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt mit dem Begehren, die Interhandel sei zu verurteilen, ihnen gleichviele neue Aktien auszufertigen, wie kraftlos erklärt worden waren.
Entgegen dem Antrage der Beklagten hiessen das Zivilgericht und das Appellationsgericht, letzteres mit Urteil vom 8. Februar 1957, die Klage gut.
C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt mit den Anträgen, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie macht geltend, sie könne nicht verpflichtet werden, den Klägern neue Aktien auszustellen, denn sonst liefe sie Gefahr, doppelt leisten zu müssen, weil das Zivilgericht die Nummern der kraftlos erklärten Aktien im Entscheid vom 8. Juli 1955 nicht genannt und die zwingenden Normen der Art. 983 und 986 Abs. 1 und 2 OR nicht beachtet habe. Da die angeblich vernichteten Aktien nicht individualisiert seien, habe es diesen Bestimmungen gar nicht nachleben können und seien die Voraussetzungen der Kraftloserklärung nicht erfüllt. Die Beklagte sei in jenem Verfahren nicht Partei gewesen und könne daher diese Einwendungen heute erheben. Ob es sehr wahrscheinlich sei, dass die 33 Aktien vernichtet wurden, sei unerheblich. Das Appellationsgericht lasse sich übrigens nur von unbestimmten Vermutungen leiten. Es habe an den Beweis der Vernichtung nicht den richtigen Massstab angelegt. Es könne gar nicht wissen und auch die Beklagte könne nicht feststellen, ob nicht etwa die angeblich vernichteten Aktien schon gegen neue eingetauscht worden seien. Dass die Beklagte noch mehrere hundert Inhaberaktien nicht zurückerhalten habe, beweise die Vernichtung der Aktien der Kläger nicht. Wenn die Kläger um ihre Aktien gekommen seien, stünden ihnen Ansprüche gegen die Deutsche Reichsbank zu, die sie ohne Aufnahme der Nummern vernichtet haben wolle. Hätte die Beklagte den Klägern neue Aktien auszustellen, so müssten sie entweder unter Hinweis auf den Entscheid über die Kraftloserklärung Nummern erhalten, die über der statutarischen Zahl ausgegebener Aktien lägen, oder es müsste auf Numerierung verzichtet werden, womit die Aktien für die Kläger wenig Wert hätten. Jedenfalls sei die Beklagte nicht verpflichtet, den Klägern Couponsbogen zu übergeben, da keine solchen kraftlos erklärt worden seien. Diese Bogen seien heute von den Aktien getrennt und schon mit den Inhaberaktien nicht in ein und demselben Papier vereinigt gewesen. Die Kläger behaupteten auch gar nicht, dass die Couponsbogen vernichtet worden seien, und sie sagten nicht, ob der Coupon Nr. 13, der mit der Inhaberaktie in Tausch gegen die Namenaktie gegeben werden müsse, vorhanden gewesen sei.
D.- Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil sei zu bestätigen. Sie machen geltend, der Entscheid über die Kraftloserklärung sei rechtskräftig und daher verbindlich; jedenfalls könne den Klägern nicht zugemutet werden, zu überprüfen, ob das Verfahren ordnungsgemäss durchgeführt wurde. Die Kraftloserklärung wirke rechtsgestaltend und sei auch gegenüber dem wirksam, der nicht Gelegenheit hatte, seine Interessen wahrzunehmen. Die Beklagte habe sich aber in jenem Verfahren äussern können. Sie habe nicht versucht, den Entscheid vom 8. Juli 1955 anzufechten. Der Einwand, das Aufgebot sei unterblieben und der Entscheid nicht veröffentlicht worden, könne nicht mehr berücksichtigt werden. Übrigens sei das Aufgebot nicht mangels Individualisierung der Titel unterblieben, sondern weil diese vernichtet worden seien. Die Vernichtung, weil Tatsache, sei für das Bundesgericht verbindlich festgestellt. Das schweizerische Recht habe auf die Numerierung der Inhaberaktien verzichtet. Daher könne nicht verlangt werden, dass sie durch Nummern zu individualisieren seien. Die Aktien der Kläger seien durch Bezeichnung des Depots, in dem sie gelegen haben, genügend individualisiert worden. Die Angabe von Nummern wäre sogar irreführend, da die Aktien zusammen mit andern gleichartigen Papieren in einem Sammeldepot gelegen hätten und aus einem solchen irgendwelche Stücke herausgegeben werden könnten, so dass andere Aktien der betreffenden Art im Miteigentum der übrigen Berechtigten verblieben. Auch auf den Einwand, die Beklagte sei der Gefahr doppelter Leistung ausgesetzt, sei nicht einzutreten. Das Gesetz wolle nicht davor schützen, dass der Schuldner doppelt in Anspruch genommen werde; es verlange nicht einmal, dass Besitz und Verlust des Papiers nachzuweisen, sondern nur, dass sie glaubhaft zu machen seien. Im vorliegenden Fall seien Eigentum und Verlust sogar bewiesen und sei daher die Gefahr doppelter Leistung viel geringer, als das Gesetz in Kauf genommen habe. Das Fehlen der Nummern möge der Beklagten buchhalterische Schwierigkeiten verursachen, sei aber kein Grund, den Klägern das Recht zu verweigern; sie hätten Anspruch auf voll handelsfähige Papiere. Auch getrennte Couponsbogen seien Bestandteil der Aktien. Die Kraftloserklärung der Aktien mache auch die dazu gehörenden Coupons hinfällig. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Klägern neue Titel mit Couponsbogen zu übergeben.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wer ein Wertpapier vermisst, an dem er berechtigt ist, kann es durch den Richter kraftlos erklären lassen (Art. 971 OR). Der Gesuchsteller hat den Besitz und den Verlust des Papiers glaubhaft zu machen (Art. 981 Abs. 3 OR). Er muss es so genau bezeichnen, dass es von allen anderen Urkunden, insbesondere von Wertpapieren der gleichen Art, zuverlässig unterschieden werden kann. Das ist im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber aus der Natur der Sache. Gemäss Art. 983 und 984 OR hat der Richter, wenn er die Darstellung des Gesuchstellers über seinen früheren Besitz und den Verlust der Urkunde als glaubhaft erachtet, den unbekannten Inhaber durch öffentliche Bekanntmachung aufzuforden, das Papier innerhalb bestimmter Frist vorzulegen, widrigenfalls es kraftlos erklärt werde. Diese Aufforderung will den, der die Urkunde allenfalls inne hat und daran ein Recht beansprucht, auf die drohende Entkräftung und auf die Möglichkeit, sie durch Vorlegung des Papiers abzuwenden (Art. 985 OR), aufmerksam machen. Diesen Zweck kann sie nur erreichen, wenn das Papier genau bezeichnet wird, und zwar nicht nur durch Angabe der Gattung, der es angehört, sondern durch Nennung eines Merkmals, das nur ihm allein eigen ist. Nur wenn das geschieht, können die Inhaber von Papieren gleicher Art wissen, ob sie das gesuchte Papier besitzen. Es kann ihnen nicht zugemutet werden, alle Papiere der Gattung vorzulegen, mit der in Art. 985 OR vorgesehenen Folge, vom Gesuchsteller allenfalls auf Herausgabe verklagt zu werden. Würden sie diese Papiere dennoch vorzeigen, so wäre dem Gesuchsteller übrigens nicht geholfen, denn er müsste nun entweder gegen einen ganz bestimmten Gegner auf Herausgabe klagen und dabei beweisen, dass das von ihm angesprochene Papier das verlorene sei, oder er hätte, um es gemäss Art. 986 kraftlos erklären zu lassen, dem Richter darzutun, dass keines der vorgelegten Papiere das abhanden gekommene sei. Das vermisste Stück wäre also spätestens in diesem Stadium des Verfahrens nun doch so genau zu beschreiben, dass der Richter es von den andern unterscheiden und es im Entscheide über die Kraftloserklärung und in der durch Art. 986 Abs. 2 OR vorgeschriebenen Veröffentlichung des Entscheides genau bezeichnen könnte. Denn es geht nicht an, ein unbestimmtes Stück der betreffenden Gattung kraftlos zu erklären. Der Öffentlichkeit ist zu sagen, aus welchem Papiere keine Rechte mehr geltend gemacht werden können. Würde es nur der Gattung nach bezeichnet, so könnte niemand wissen, welches davon kraftlos sei. Auch wüsste der Schuldner nicht, welchem der mehreren Inhaber von Papieren dieser Gattung er die Leistung zu verweigern hat.
Der Entwurf des alten Obligationenrechts sah denn auch vor, dass das Gesuch um Kraftloserklärung "eine die Identität des zu amortisierenden Papiers ausser Zweifel stellende Beschreibung" zu enthalten habe (Art. 870). Diese Bestimmung verstand sich von selbst. Nichts spricht dafür, dass sie aus einem andern Grunde nicht in das Gesetz aufgenommen worden sei. In der Literatur wird von jeher angenommen, dass ein Wertpapier nur kraftlos erklärt werden kann, wenn der Gesuchsteller es so genau bezeichnet, dass das betreffende Stück bestimmt werden kann (GOETZINGER N. 4 zu Art. 850 aoR; ZIMMERLI, Die gerichtliche Kraftloserklärung, Berner Diss. 1919 S. 16 f.; CUDKOWICZ, Wertpapierverlust, Zürich 1941 S. 94; STROHMEIER, Die gerichtliche Kraftloserklärung der Wertpapiere im schweizerischen Recht, Zürcher Diss. 1952 S. 58 f.; JÄGGI, Komm. Art. 971/2 N. 14, 61, 135 f.; zum deutschen Recht s. JACOBI, Die Wertpapiere, in Ehrenberg, Handbuch des Handelsrechts IV 1 S. 391, und ZPO § 1007; zum österreichischen Recht: Kraftloserklärungsgesetz 1951 § 3 Abs. 2 Ziff. 1, § 5 Abs. 2 Ziff. 2, § 12 Abs. 2). In gleichem Sinne ist in BGE 40 II 37 hinsichtlich eines Wechselblankettes entschieden worden.
Das zu entkräftende Stück muss selbst dann genau bezeichnet werden, wenn Gesuchsteller und Richter überzeugt sind, dass es nicht mehr besteht. Die Bezeichnung lässt sich nicht mit der Begründung umgehen, ein Aufgebot sei in diesem Falle sinnlos und daher überflüssig. Sie ist auch hier nötig, und zwar auch dann, wenn der Gesuchsteller Besitz und Untergang der Urkunde, statt sie nur glaubhaft zu machen, beweist und der Richter ausserdem überzeugt ist, dass der Gesuchsteller am Papier im Zeitpunkt seines Unterganges berechtigt war. Denn die Überzeugung des Richters kommt auf einen einseitig vom Gesuchsteller geführten Beweis hin zustande. Dritten muss unter allen Umständen das Recht gewahrt bleiben, die angeblich vernichtete Urkunde vorzulegen und auf die Klage des Gesuchstellers hin (Art. 985 Abs. 1 OR) den von diesem angetretenen Beweis seines Rechtes zu entkräften. Legt auf das Aufgebot hin niemand die Urkunde vor, so bleibt dennoch möglich, dass die einseitige Darstellung des Gesuchstellers den Tatsachen nicht entspricht. Für den Fall, dass sie falsch sei, hat die Öffentlichkeit ein Interesse, zu wissen, welches Papier kraftlos erklärt worden ist. Auch die Veröffentlichung des Entscheides, unter Bezeichnung des betroffenen Stückes, lässt sich daher nicht umgehen.
2. Genau bezeichnet ist das Papier nur dann, wenn die besonderen Merkmale des Stückes hervorgehoben sind. Es müssen Merkmale sein, die nur ihm allein eigen sind und überall, wo es sich befinden mag, es zu erkennen erlauben. Hinweise auf den Ort, an dem es vor seinem Verluste gelegen, oder auf die Person, die es aufbewahrt, weggenommen oder vernichtet hat, und dergleichen genügen nicht. Sie kennzeichnen das Papier nicht für jedermann, sondern sagen höchstens dem Eingeweihten, dass es dem Richter vorzulegen oder dass es kraftlos erklärt sei. Auch der gutgläubige und über die Herkunft des Papiers nicht unterrichtete Erwerber muss indes dem Aufgebot und dem veröffentlichten Entscheide entnehmen können, dass seine Urkunde davon betroffen wird. Sind mehrere gleichartige Papiere ausgegeben worden, so ist daher die Angabe der Serie und der Nummer unerlässlich. Dass das Gesetz die Numerierung nicht vorschreibt, ändert nichts. Wer aus einer Gattung Papiere ohne Nummer erwirbt, trägt die Gefahr, sie im Falle des Verlustes nicht kraftlos erklären lassen zu können, es wäre denn, er vermöge sie durch Angabe anderer besonderer Merkmale genügend zu kennzeichnen.
3. Der Entscheid des Zivilgerichtes vom 8. Juli 1955 nennt keinerlei Merkmale, die den Papieren der Kläger und nur gerade ihnen eigen gewesen wären, so dass sie von anderen "Stammaktien der I.G. Chemie, Basel, zu Fr. 500.-- nominal" unterschieden werden könnten. Der Hinweis darauf, dass sie "seinerzeit bei der Reichsbankhauptstelle Reichsbankgirokonto Wertpapiersammelstelle, Frankfurt a.M." hinterlegt waren, genügt sowenig wie die Nennung ihrer Besitzer. Der Entscheid, der einen Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit darstellt, ist somit ein Schlag ins Leere, weil ihm nicht entnommen werden kann, welche Stücke aus der Gattung der Inhaberaktien der Beklagten fortan kraftlos sein sollen. Schon deshalb geht ihm jede Wirkung ab. Es fehlt ihm auch jede rechtliche Grundlage, da das Gesetz die Kraftloserklärung von Teilen einer Gattung ohne Bezeichnung der betroffenen Stücke anhand unterscheidender Merkmale nicht kennt. Das Kraftloserklärungsurteil ist auch aus diesem Grunde nicht zu beachten. Amtshandlungen, die ins Leere fallen und folglich sinnlos sind, wie auch solche, die jeder rechtlichen Grundlage entbehren, weil das Gesetz sie nach Sinn und Auslegung gar nicht kennt, sind nach bewährter Lehre nichtig (GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, Zürich 1954 S. 78 f.). Es verhält sich nicht anders, als wenn der Richter z.B. aus dem Kreise aller fünfzig- bis sechzigjährigen Männer einer Stadt zwei ohne Nennung ihrer Personalien als verschollen erklären würde, weil ihm gemeldet wurde, zwei Unbekannte dieser Altersstufe seien in den Strom gefallen und ertrunken. Solchen oder ähnlichen Entscheiden vermag der Umstand, dass materielle Mängel die Amtshandlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit im allgemeinen sonst nicht unwirksam machen (GULDENER S. 77), nicht Sinn und Kraft zu verleihen.
Die Frage, ob der Entscheid des Zivilgerichtes auch deshalb nichtig sei, weil das Aufgebot nach Art. 983 f. OR unterblieben und weil der Entscheid nicht im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden ist (Art. 986 Abs. 2 OR), stellt sich bei dieser Sachlage nicht.
Daraus folgt nicht, dass das Recht untergeht, wenn das Papier vernichtet wird. Ob es stets ohne das Papier weiterbesteht (vgl. hiezu JÄGGI Art. 971/2 N. 61 ff.), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hangen die Mitgliedschaftsrechte in der Aktiengesellschaft nicht notwendigerweise vom Bestand des Papiers ab. Das Bundesgericht hat unter der Herrschaft des alten Obligationenrechts z.B. entschieden, dass sie schon vor der Ausgabe der Aktien übertragen werden können (BGE 48 II 402 f.). Wie zutreffend gelehrt wird, verhält es sich unter dem geltenden Obligationenrecht gleich (BÜRGI Vorbem. zu Art. 683 ff. N. 35 ff.). Die Lehre geht einen Schritt weiter, indem sie in dieser Hinsicht den Fall der zerstörten Urkunde dem Falle des noch nicht verurkundeten Rechtes gleichsetzt (JÄGGI Art. 967 N. 30), in der Erkenntnis, dass die Urkunde nur Hilfsmittel des Rechtsverkehrs ist und daher die materielle Rechtslage nicht nur nach der Kraftloserklärung des Papiers, sondern auch sonst womöglich den Vorrang vor dem Schicksal der Urkunde verdient (vgl. JÄGGI Art. 971/2 N. 1-4). Dieser Auffassung ist in dem Sinne beizupflichten, dass Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) jedenfalls unter den Verhältnissen des vorliegenden Falles den Fortbestand der Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs erfordern. Für das Bundesgericht ist verbindlich festgestellt (Art. 63 Abs. 2 OG), dass 33 den Klägern gehörende Inhaberaktien der Beklagten absichtlich vernichtet worden sind, um sie dem Zugriff Unberechtigter zu entziehen. Ihre Kraftloserklärung scheitert nur daran, dass die Nummernverzeichnisse in den Wirren des Krieges untergegangen oder abhanden gekommen sind. Da die Schweiz keine Bestimmungen erlassen hat, wie sie die durch die ungewöhnlichen Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse veranlasste deutsche Gesetzgebung über die Bereinigung der Wertpapiere (Gesetze vom 19. August 1949 mit Ergänzungsgesetzen vom 26. August 1953 und 16. November 1956) und die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus Aktien während der Bereinigung (Gesetz vom 9. Oktober 1950) kennt, wäre es für die Kläger unvernünftig hart, wenn sie nicht weiterhin als Aktionäre der Beklagten auftreten könnten. Der Fortbestand ihrer Rechte verletzt keine berechtigten Interessen der Beklagten. Da die Vernichtung der Papiere sicher ist und zweifelsfrei feststeht, wer im Zeitpunkt der Zerstörung aus ihnen berechtigt war, hat die Beklagte nicht damit zu rechnen, mangels Kraftloserklärung der Urkunden jemals von Dritten nach Wertpapierrecht belangt zu werden. Sie wäre ohne Grund bereichert, wenn die Rechte der Kläger mit den Papieren untergegangen wären. Aus der Bestimmung, wonach die Nationalbank für vernichtete Banknoten keinen Ersatz zu leisten hat (Art. 23 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1953 über die Schweizerische Nationalbank), lässt sich nichts zu Gunsten der Beklagten ableiten. Das ist eine Sondernorm für ein Zahlungsmittel, das an Stelle von Geld sich in grosser Menge in Umlauf befindet und auch durch Ausschluss der Kraftloserklärung (Art. 988 OR) anders behandelt wird als die übrigen Wertpapiere.
5. Sind demnach den Klägern die Rechte aus den vernichteten Aktien erhalten geblieben, so bedeutet das jedoch nicht, dass ihnen die Beklagte Ersatztitel auszustellen und auszuhändigen habe. Die Beklagte ist ihrer Pflicht zur Verurkundung dieser Rechte dadurch nachgekommen, dass sie den Klägern oder deren Rechtsvorgängern seinerzeit die nunmehr zerstörten Inhaberaktien ausgefertigt und übergeben hat. Einen Anspruch auf erneute Verurkundung hätten die Kläger nur, wenn diese Aktien wirksam kraftlos erklärt wären (Art. 986 Abs. 3 OR). Der Richter würde die Bestimmungen über die Kraftloserklärung missachten, wenn er anders entschiede. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Beklagte am 19. Dezember 1945 beschlossen hat, ihre auf den Inhaber lautenden Stammaktien in Namenaktien umzuwandeln. Die Eigenschaft als Stammaktionär gibt nicht Anspruch auf Übergabe von Namenaktien schlechthin, sondern nur Anspruch auf Austausch solcher Aktien gegen die entsprechende Anzahl Inhaberaktien. Da die Kläger solche nicht zurückgeben können, ist die Beklagte nicht verpflichtet, ihnen Namenaktien auszustellen und auszuhändigen. Wenn sie das nicht freiwillig tut, missbraucht sie auch nicht das Recht (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Sie macht geltend, die von den Klägern begehrten Titel müssten Nummern tragen, die über der statutarischen Zahl der ausgegebenen Aktien lägen. Dieser Einwand hat etwas für sich und schliesst den Vorwurf aus, die Beklagte habe kein schützenswertes Interesse, sich dem Wunsche der Kläger auf Neuverurkundung ihrer Rechte zu widersetzen. Das Klagebegehren kann daher in der Form, die es hat, nicht gutgeheissen werden.
6. Indem die Kläger die Ausfertigung neuer Aktien verlangen, wollen sie sich nicht nur ein Legitimationspapier verschaffen, d.h. nicht nur den Schein beanspruchen, Aktionäre zu sein. Obwohl sie, wenn die behauptete Kraftloserklärung gültig wäre, die Ausfertigung neuer Urkunden verlangen könnten, ohne das Recht am vernichteten Papier nachweisen zu müssen (Art. 986 Abs. 3 OR), ist ihr Begehren dahin zu verstehen, dass sie, weil schon an den vernichteten Aktien berechtigt, weiterhin als Aktionäre anzuerkennen und dass ihnen daher neue Aktien auszustellen und zu übergeben seien. Dem letzteren Teil dieser Schlussfolgerung kann jedoch, wie in Erw. 5 dargelegt, nicht entsprochen werden. Dagegen ist unter den Umständen des vorliegenden Falles das Klagebegehren im übrigen sinngemäss auch zu verstehen als Antrag auf Feststellung der sich aus der Aktionäreigenschaft ergebenden Rechte. Die Klage ist daher in diesem Sinne teilweise gutgeheissen.
Welche Rechte sich aus den vernichteten Aktien ergeben, ist nicht abgeklärt. Insbesondere steht nicht fest, ob die Kläger auf Grund dieser Aktien inzwischen neue Couponsbogen hätten beziehen können und ob nicht möglicherweise die Beklagte die mit den vernichteten Aktien ausgegebenen Couponsbogen schon ersetzt hat, z.B. auf Grund eines mit den alten Bogen verbundenen Erneuerungsscheines. Ohne diese Abklärung wäre die Feststellung, dass die Kläger die in den vernichteten Aktien verbrieften Rechte ausüben können, nicht bestimmt genug. Das Appellationsgericht hat daher den Sachverhalt zu ermitteln und neu zu urteilen.
Falls sich ergibt, dass in den vernichteten Papieren alle Rechte der Aktionäre verbrieft waren - mindestens mittelbar, indem neue Couponsbogen nur auf Grund der Aktien erhältlich sind -, so kann auch festgestellt werden, dass die Beklagte die Kläger in das Aktienbuch einzutragen hat. Andernfalls sind die in den Aktien verurkundeten Rechte im Feststellungsurteil aufzuzählen.
Für beide Fälle ist festzuhalten, dass die Rechte der Kläger als Aktionäre trotz der mangelnden Verurkundung vererbt und durch gewöhnliche Abtretung übertragen werden können. Statutarische Beschränkung der Übertragung bleibt vorbehalten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 8. Februar 1957 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.