BGE 76 II 321 - Erhöhte Betriebsgefahr
 
45. Urteil vom 7. Dezember 1950 i. S.  Schweiz. Bundesbahnen gegen Huppen.
Eisenbahnhaftpflicht, Haftung für den Schaden infolge der Körperverletzung, die ein Motorfahrzeughalter beim Zusammenstoss seines Fahrzeugs mit der Eisenbahn erlitten hat. Konkurrenz der Kausalhaftpflicht nach MFG mit derjenigen nach EHG. Selbstverschulden des Verunfallten. Verschulden der Bahn. Erhöhte Betriebsgefahr.
Responsabilite des entreprises de chemins de fer. Responsabilite en raison du dommage resultant d'une lesion corporelle subie par le detenteur d'un vehicule automobile ä la suite d'une collision de ce vehicule avec un chemin de fer. Concours de la responsabilite causale instituee par la LA aveo celle decoulant de la LRC. Faute de la victime. Faute de l'entreprise. Risque d'exploitation aggravé.
Responsabilità delle imprese di strade ferrate. Responsabilita a dipendenza del danno ehe risulta da una lesione corporale subita dal detentore d'un autoveicolo in seguito ad uno scontro tra questo autoveicolo e un treno. Concorso della responsabilitä causale istituita dalla LA con quella derivante dalla LRC. Colpa della vittima. Colpa dell'impresa ferroviaria. Rischio aggravato dell'esercizio.
 
Sachverhalt
 
A.
Bei der Kapelle von Riti (Gemeinde Eyholz) zweigt von der Kantonsstrasse Visp-Brig eine Strasse II. Klasse ab, die in nördlicher Richtung über die Rhone nach Brigerbad führt. Vor der Brücke kreuzt diese Strasse im rechten Winkel drei nebeneinander verlaufende Bahngeleise : zunächst das Geleise der (bis nach Brig verlängerten) Visp-Zermatt-Bahn (VZB) und dann die beiden Geleise der Schweiz. Bundesbahnen (SBB), von denen das erste (dem VZB-Geleise benachbarte) dem Verkehr Brig-Visp und das zweite dem Verkehr Visp-Brig dient. Vom Bahnübergang gegen Brig (Osten) verlaufen die Geleise 550 m weit gerade ; dann münden sie (vom Übergang aus gesehen) in eine flache Linkskurve ein. Die Spurweite des VZB-Geleises beträgt 1 m, diejenige der SBB-Geleise 1,435 m, der Abstand zwischen dem Geleise der VZB und dem nähern Geleise der SBB 4,48 m und derjenige zwischen den beiden Geleisen der SBB 2,05 m. Der Niveauübergang ist auf beiden Seiten durch ein Doppelkreuzsignal kenntlich gemacht.
Am 14. Mai 1947 gegen 9 Uhr näherte sich der ortskundige Kläger mit seinem 5,70 m langen Motorlastwagen, der mit Baugeleisen beladen war, von Riti kommend dem Bahnübergang. Er wollte vor dem Übergang am linken Strassenrande die Baugeleise abladen. Als er seinen Wagen durch Vor- und Rückwärtsfahren zur Abladestelle gelenkt hatte und dessen Spitze sich ca. 3 m südlich der ersten Schiene des VZB-Geleises befand, setzte er die Kippvorrichtung in Gang, bis die Ladebrücke vorn hochstand und die Baugeleise davon so weit nach hinten abgeglitten waren, dass sie mit dem einen Ende den Boden berührten. Hierauf schaltete er den Kipphebel aus und den Vorwärtsgang des Wagens ein und fuhr langsam gegen die Rhonebrücke, um die Ladung vollends abgleiten zu lassen und dann jenseits der Rhone den Wagen zu wenden. Das Schienenmaterial kam nach den Aussagen des Zeugen Meichtry so zu liegen, dass der Abstand zwischen diesem Material und dem Geleise der VZB ca. 1 m betrug. Nachdem der Wagen das Geleise der VZB und mit den Vorderrädern auch schon das erste Geleise der SBB überquert hatte, blieb er stehen. Als der Kläger in diesem Augenblicke gegen Brig Ausschau hielt, sah er einen Zug der SBB (den mit einer Stundengeschwindigkeit von 90-100 km fahrenden Schnellzug Nr. 535, der Brig um 8.55 Uhr verlassen hatte) herannahen. Es gelang ihm noch, seinen Wagen wieder in Fahrt zu setzen, doch vermochte er ihn nicht mehr ganz aus der Gefahrenzone hinauszuführen. Die Lokomotive, deren Führer die vorgeschriebenen Signale abgegeben und eine Schnellbremsung eingeleitet hatte, traf den Wagen mit dem rechten Puffer im hintern Drittel der Ladebrücke und schleuderte ihn fort. Der Kläger wurde schwer verletzt,  der Wagen zertrümmert.
 
B.
Der Kläger wurde der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs im Sinne von Art. 238 Abs. 2 StGB angeklagt.  Das  Kreisgericht  des  ersten Kreises für den Bezirk Visp  sprach ihn mit Urteil vom 12. März 1948 frei, da keine strafbare Fahrlässigkeit nachgewiesen sei, auferlegte ihm aber die Hälfte der Kosten, da sein Verhalten immerhin fehlerhaft gewesen sei.
 
C.
Mit Klage vom  15.  Januar  1949 belangte der Kläger die SBB auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens. Er berechnete den Schaden infolge vollständiger Arbeitsunfähigkeit während 50 Tagen auf Fr. 2500., den Schaden infolge Entwertung des Wagens auf Fr. 7500. und die Vermögenseinbusse, die er (über den Verdienstausfall während der Dauer der vollständigen Arbeitsunfähigkeit hinaus)  infolge  seiner  Verletzungen  und  des  Verlustes seines Wagens erlitten habe, auf Fr.  10,000., und erklärte sich bereit, vom hieraus sich ergebenden Gesamtschaden von Fr.  20,000. 20 % selber zu tragen, weil sein Verhalten nach der Ansicht des Kreisgerichtes nicht ganz fehlerfrei gewesen sei. Demgemäss klagte er Fr. 16,000. ein.
Das Kantonsgericht Wallis nahm in seinem Urteil vom 4. Juli 1950 an, der Schaden sei gemäss BGE 67 II 185 f., von der Verschuldensfrage zunächst abgesehen, zu 2/3 von der Bahnunternehmung und zu 1/3 vom Kläger zu tragen ; der Bahn sei ein Verschulden vorzuwerfen, weil in der ganzen Anlage des Niveauüberganges ein Fehler liege, und weil dieser Übergang zudem mangelhaft unterhalten gewesen sei ; der Kläger habe den Unfall mitverschuldet, indem er vor Einleitung seines Manövers, das erhöhte Vorsicht verlangt habe, nur einen allzu flüchtigen Blick nach Osten geworfen habe ; das beidseitige Verschulden wiege sich auf, sodass es bei der erwähnten Schadensteilung sein Bewenden haben müsse. Den Schaden berechnete das Kantonsgericht auf Fr. 10,200.. Demgemäss sprach es dem Kläger 2/3 von Fr. 10,200. = Fr. 6800. zu.
 
D.
Gegen dieses Urteil haben die SBB die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
1.  Erleidet ein Motorfahrzeughalter mit seinem Fahrzeug einen Zusammenstoss mit der Eisenbahn, und wird er dabei verletzt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 67 II 183 ff., 69 II 159) der ihm hieraus entstandene Schaden, falls weder ihm noch der Bahn ein Verschulden vorzuwerfen ist, zwischen ihm und der Bahnunternehmung nach dem Verhältnis zu teilen, in welchem die den beteiligten Verkehrsmitteln innewohnenden Betriebsgefahren zum Schaden beigetragen haben. Im Falle BGE 67 II 183 ff., wo es sich um einen Zusammenstoss zwischen einem Motorrad und der Strassenbahn Arth-Goldau handelte, nahm das Bundesgericht an, der Schaden, den der Motorfahrzeughalter erlitten hatte, sei zu x/3 auf die Betriebsgefahren des Motorrades und zu 2/3 auf die Betriebsgefahren der Strassenbahn zurückzuführen (S. 187). In BGE 69 II 150 ff., bei Beurteilung der Haftpflicht für den Schaden, der aus dem Zusammenstoss zwischen einem Personenautomobil und einem Zuge der Nebenbahn Murten-Freiburg entstanden war, bezeichnete es das Bundesgericht wiederum als angemessen, unter dem Gesichtspunkte der Kausalhaftung den Motorfahrzeughalter mit 1/3 und die Bahnunternehmung mit 2/3 des Schadens zu belasten (S. 159).
Im vorhegenden Falle, wo ein Lastwagen mit einem Schnellzuge einer Hauptbahn zusammengestossen ist, rechtfertigt es sich, den gleichen Verteilungsschlüssel anzuwenden, sofern beim Unfall kein Verschulden und auch keine erhöhte Betriebsgefahr mitgespielt hat. Haben Momente der eben bezeichneten Art zum Unfall beigetragen, so kann sich je nach der ursächlichen Bedeutung dieser Momente und je nachdem, wer sie zu vertreten hat, eine andere Schadensteilung rechtfertigen (vgl. BGE 67 II 187 E. 3, 69 II 159 unten). Erscheint das Verschulden des verunfallten Motorfahrzeughalters für sich allein oder in Verbindung mit der dem Motorfahrzeug innewohnenden Betriebsgefahr als die einzige adäquate Ursache des Unfalls, so wird die Bahnunternehmung von der Haftung ganz befreit.
2.  Die Vorinstanz betrachtet als erwiesen, dass der Kläger wie sein Gehilfe Furrer vor der Einleitung des Ablademanövers nach beiden Richtungen Ausschau hielt und dabei den Zug wegen zu grosser Entfernung (mehr als 570 m) noch nicht sehen konnte, hält jedoch dafür, er habe "offenbar doch nur einen allzu flüchtigen Blick nach Osten geworfen ; eine eingehendere Prüfung, bestehend nicht nur in einem flüchtigen Blick, hätte eine Verzögerung zur Folge gehabt, die mutmasslich den mit einer Geschwindigkeit von 95 St/km heransausenden Zug ins Blickfeld gebracht hätte". Mit dieser Begründung kann dem Kläger nicht wohl ein Verschulden am Unfall vorgeworfen werden. Es ist nicht dargetan, dass es für den ortskundigen Kläger mehr als einen raschen Blick brauchte, um festzustellen, ob ein Zug sichtbar sei. Nachdem der Kläger und Furrer festgestellt hatten, dass kein Zug in Sicht war, bestand für den Kläger kein Anlass, noch länger nach Osten zu bücken, bevor er mit dem Abladen begann.
Ein grober Fehler war es dagegen, dass der Kläger nicht neuerdings Richtung Brig Ausschau hielt, als er gegen das erste Geleise der SBB vorrückte. Er musste mit der Möglichkeit rechnen, dass während des Kippens der Ladebrücke, des Anfahrens und des langsamen Überquerens der VZB-Linie ein Zug herannahen konnte. Deswegen hätte er sich so weit vom erwähnten Geleise entfernt nochmals umschauen sollen, dass er nötigenfalls noch in angemessenem Abstand vom Räume, den ein auf diesem Geleise vorüberfahrender Zug beansprucht, hätte anhalten können. Das hat er nach seiner eigenen Darstellung nicht getan ; er hat sich, wie er selber angibt, erst wieder umgeschaut, als sein Wagen auf diesem Geleise stehen geblieben war.
Dass der Kläger sich nicht rechtzeitig nochmals umschaute und den Zug auch nicht hörte, bevor es zu spät war, mag seine Erklärung darin finden, dass seine Aufmerksamkeit während der Annäherung an das erste Geleise der SBB noch durch das Abladen in Anspruch genommen war, und dass das Geräusch des Automotors und der Lärm, den die von der Ladebrücke abrutschenden und zu Boden fallenden Schienen verursachten, das vom Zug ausgehende Geräusch übertönten. (Wenn die Aussage des Zeugen Meichtry richtig ist, wonach das abgeladene Schienenmaterial bis auf 1 m an das Geleise der VZB heran zu liegen kam, war das hintere Ende des 5,70 m langen Lastwagens im Moment, da die letzten Schienen zu Boden fielen, 1 m + 1 m + 4,48 m = 6,48 m und dessen Spitze somit 6,48 m  5,70 m = 0,78 m vom ersten Geleise der SBB entfernt und ragte bei Berücksichtigung der seitlichen Ausladung der Eisenbahnfahrzeuge bereits in die Zone der Kollisionsgefahr hinein). Diese Erklärung ist aber keine Entschuldigung, Der Kläger musste sich davon Rechenschaft geben, dass er während des Ablademanövers möglicherweise nicht imstande sein werde, dem Bahnverkehr die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Es war daher schon ein Fehler, dass er die von ihm mitgeführten Schienen durch Abgleitenlassen während der Fahrt über den Bahnübergang ablud. Er hätte das Ablademanöver  in  umgekehrter  Richtung  durchführen  sollen.
Nach der Ansicht des Kreisgerichtes hätte er die Möglichkeit gehabt, den Lastwagen vor dem Abladen an Ort und Stelle oder aber jenseits der Rhone zu wenden. Noch einfacher wäre es vielleicht gewesen, vor der nahen (weniger als 100 m entfernten) Kantonsstrasse aus rückwärts zur Abladestelle zu fahren.
So abzuladen, dass für dieses Manöver der Bahnübergang nicht in Anspruch genommen werden musste, wäre im übrigen auch deswegen angezeigt gewesen, weil das Abladen den Kläger offenbar zwang, noch langsamer als "im Schritte" (Art. 4 Abs. 1 des Bahnpolizeigesetzes) zu fahren, m.a.W. länger auf dem Übergang zu verweilen, als es für dessen Überquerung normalerweise nötig war. (Die Vorinstanz nimmt an, seine Geschwindigkeit habe nur 2,5 Stundenkilometer betragen).
War es aber aus irgendeinem Grunde nicht tunlich, in dieser Weise vorzugehen, so hätte sich der Kläger im Hinblick auf die Ablenkung seiner Aufmerksamkeit durch das Ablademanöver doch wenigstens von einem der anwesenden Arbeiter pilotieren lassen müssen, als er bei diesem Manöver den Bahnübergang überquerte. Aus dem vom Kläger angezogenen Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. September 1950 i. S. "Zürich" Allg. Unfall- und Haftpflicht-Versicherungs A. G. gegen Escher, wo es sich um das Ausfahren aus einem Hofe auf das Trottoir und dann auf die Strasse handelte, lässt sich keineswegs ableiten, dass in einem Falle wie dem vorliegenden das Pilotieren nicht nötig sei. Die I. Zivilabteilung hat die Pflicht zum Beizug einer Hilfsperson nicht etwa grundsätzlich verneint, sondern ausdrücklich festgestellt, dass sich aus den gegebenen Umständen eine solche Pflicht ergeben könne.
Hätte der Kläger sein Manöver in umgekehrter Richtung durchgeführt, oder hätte er durch einen Gehilfen Ausschau halten lassen oder sich selber rechtzeitig nochmals umgeschaut, so wäre der Unfall sicher oder doch höchst wahrscheinlich nicht passiert.
Nach dem Gutachten von Dr. Brüstlein war freilich die Sicht auf die SBB-Geleise für einen von der Kantonsstrasse her kommenden Autofahrer durch die Träger der Fahrleitung der SBB erheblich behindert. "Obwohl diese Mäste von schlanker Konstruktion sind, so bilden sie doch in einer gewissen Sphäre infolge ihrer grossen Zahl eine Wand gegen den Blick auf die Geleise, sodass man eigentlich erst 2 m vor den Geleisen einwandfrei sagen kann, diese seien frei und passierbar". Wenn dies heissen soll, dass der Kläger sich über die Vorgänge auf dem Geleise Brig-Visp nicht genügend orientieren konnte, bevor er (im Führersitz) auf 2 in an dieses Geleise herangerückt war, so bedeutet dies, dass es ihm überhaupt unmöglich war, sich im gebotenen Abstand von diesem Geleise nochmals zu vergewissern, dass von Brig her kein Zug nahe ; denn im Momente, da der Kläger selber sich dem Geleise auf 2 m genähert hatte, befand sich die Spitze des Wagens bereits in der Gefahrenzone. Diese Unmöglichkeit hätte aber sein Verhalten nicht entschuldigt, sondern wäre für ihn ein weiterer Grund dafür gewesen, sich pilotieren zu lassen. Ob die Sichtverhältnisse bei der Anfahrt gegen die Geleise der SBB so schlecht waren, wie Dr. Brüstlein annimmt, ist im übrigen zweifelhaft, da die Berechnungen dieses Experten u.a. auf der Annahme beruhen, dass der Abstand von Mast zu Mast 40 m betrage, während der Abstand, wie die Vorinstanz feststellt, in Wirklichkeit 60 m misst. (Der zweite Experte Wiesendanger, dessen Gutachten die Vorinstanz mit keinem Worte würdigt, bezeichnet die Sichtverhältnisse als sehr günstig).
Der Kläger muss sich demnach ein für den Unfall kausales fahrlässiges Verhalten vorwerfen lassen, und zwar ist sein Selbstverschulden so erheblich, dass es als einzige adäquate Ursache des Unfalls angesehen werden muss, wenn kein Verschulden der Bahn und keine von ihr zu vertretende erhöhte Betriebsgefahr zum Unfall beigetragen haben.
3.  Die Vorinstanz ist der Ansicht, die SBB tragen in erster Linie wegen fehlerhafter Anlage des Niveau-Überganges eine Schuld am Unfälle ; ihre Verwaltung habe es gestattet, dass das Geleise der VZB auf ihrem (der SBB) Gebiet zu nahe an ihre eigenen Geleise gelegt worden sei ; wer mit einem Lastwagen über Geleise der VZB fahre, müsse danach trachten, auch über die SBB-Geleise hinweg zu kommen, um nicht eventuell von einem Zug der VZB erfasst zu werden ; zwischen den beiden Geleiseanlagen sei nicht genügend Platz vorhanden, um einen solchen Wagen in Sicherheit zu bringen. Im weitern zitiert die Vorinstanz in diesem Zusammenhang Ausführungen von Dr. Brüstlein, der neben der Tatsache, dass ein Auto in diesem Zwischenraum nicht Platz finde, noch den Umstand hervorhebt, dass man sich wegen der zwischen dem VZB-Geleise einerseits und den SBB-Geleisen anderseits stehenden Masten "nicht gleichzeitig ein einheitliches Bild darüber machen"  könne, "ob die Geleise der VZB und der SBB frei sind".
Dass die fehlerhafte Anlage oder die mangelhafte Unterhaltung einer Bahnbaute die Haftung der Bahn als Werkeigentümerin (Art. 58 OR) begründen kann, ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein Hindernis dafür, die bei Erstellung oder Unterhaltung der Baute begangenen Fehler der Bahnunternehmung zum Verschulden anzurechnen, wenn sie zu einem Betriebsunfall im Sinne von Art. 1 EHG beigetragen haben, dessen Folgen sich nach dem EHG bestimmen.
Bei der Beurteilung der Anlage des hier in Frage stehenden Bahnübergangs ist der Vorinstanz zuzugeben, dass ein Übergang, der unmittelbar nacheinander drei Geleise kreuzt, für den Strassenverkehr gefährlicher ist als ein solcher, der nur über ein oder zwei Geleise führt, und dass die Gefährlichkeit noch zunimmt, wenn zwischen den Geleisen aufgestellte Masten die Übersicht erschweren. Es darf daher von einer erhöhten Betriebsgefahr gesprochen werden. Übergänge über drei Geleise sind aber immerhin nicht unzulässig. In Art. 4 lit. b Abs. 1 und lit. c Abs. 2 und Art. 5 lit. c Abs. 4 der Verordnung betr. den Abschluss und die Signalisierung der Niveaukreuzungen vom 7. Mai 1929/23. November 1934 ist das Blinklichtsignal bzw. das gewöhnliche Doppelkreuzsignal ausdrücklich für Kreuzungen mit zwei- und mehrgleisigen Linien vorgesehen. Die Sichtbeeinträchtigung durch die Masten ist sodann selbst nach dem Gutachten von Dr. Brüstlein (der diese Beeinträchtigung, wie schon gesagt, überschätzen dürfte) nur in der Nähe der Fluchtlinie dieser Masten erheblich. Vor dem Warnsignal (das der Kläger bei Beginn seines Manövers bereits im Rücken hatte) kann offenbar ein von der Kantonsstrasse gegen den Bahnübergang fahrender Autolenker die Bahnlinien nach beiden Seiten auf so weite Distanz überblicken, dass er bei ununterbrochener Fahrt in normaler (nicht unter das Schrittempo herabgesetzter) Geschwindigkeit den Übergang ohne weiteres queren kann, wenn von jener Stelle aus kein Zug zu sehen ist. Die Schienen so zu legen, dass zwischen der Linie der VZB und der Doppellinie der SBB nötigenfalls ein Auto Platz fände, hätte einen unverhältnismässig grossen Aufwand erfordert und den Benutzern des Bahnüberganges übrigens wohl nicht bloss Vorteile gebracht. Bei dieser Sachlage kann den SBB nicht zum Verschulden angerechnet werden, dass sie beim Bahnübergang nach Brigerbad die beschriebene Anlage duldeten.
5.  Den Unterhalt des Bahnüberganges beanstandet die Vorinstanz deswegen, weil die Schienen der SBB so viel höher gewesen seien als das Strassenniveau, dass die Hinterräder des Lastwagens des Klägers (wegen Abgleitens dieser Räder an den Schienen oder vielleicht auch wegen einer durch das Hindernis hervorgerufenen Motorstockung) im ersten Anlauf nicht darüber hinweg gekommen seien. Diesen Sachverhalt betrachtet die Vorinstanz auf Grund des Polizeirapportes über den Unfall und der Aussagen zweier Zeugen als bewiesen. Darin liegt eine tatsächliche Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich ist, da sie weder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen ist noch offensichtlich auf Versehen beruht. Die Vorinstanz sagt allerdings selber, ein "einwandfreier Beweis" für den Zustand des Bahnübergangs hätte nur durch Erhebungen an Ort und Stelle erbracht werden können. Eine solche Beweisführung haben jedoch die SBB verunmöglicht, indem sie im August 1947 (also vor Einleitung des vorliegenden Prozesses und auch noch vor der Ortsschau in dem durch ihre Anzeige veranlassten Strafverfahren) am Übergang bedeutende Verbesserungen anbrachten, ohne für die Feststellung des bisherigen Zustandes zu sorgen. Die Vorinstanz hat daher mit Recht an den vom Kläger zu leistenden Beweis für den schlechten Zustand des Übergangs zur Zeit des Unfalls keine sehr strengen Anforderungen gestellt. Auf die Rüge, dass die Vorinstanz die Zeugenaussagen willkürlich gewürdigt habe, kann das Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht eintreten.
Dass der Bahnübergang zur Zeit des Unfalls den erwähnten Zustand aufwies, gereicht den SBB, die für den gehörigen Unterhalt der Bahnanlagen verantwortlich sind, zum Verschulden. Es ist zwar anzunehmen, dass die festgestellte Lage der Schienen gegenüber dem Strassenniveau den Lauf eines mit gewöhnlicher Geschwindigkeit fahrenden Motorfahrzeugs nicht stören konnte. Dass ein solches Fahrzeug so langsam über den Übergang fährt wie vor dem streitigen Unfall der Lastwagen des Klägers, ist aber immerhin nichts so Aussergewöhnliches und bedeutet nicht unter allen Umständen eine so schwere Unvorsichtigkeit, dass die Bahnunternehmung an diese Möglichkeit nicht denken oder darauf nicht Rücksicht nehmen müsste. Ebensowenig lässt sich sagen, es sei nicht voraussehbar gewesen, dass die vorstehenden Schienen den Lauf eines sehr langsam fahrenden Autos zu hemmen vermochten. (Die Vorinstanz stellt fest, ein Hindernis wie das in Frage stehende könne bei sehr langsamer Fahrt "ohne weiteres" dazu führen, dass der Wagen einen Moment stillstehe). Den SBB ist daher vorzuwerfen, dass sie beim Unterhalt des streitigen Bahnübergangs die gebotene Sorgfalt nicht angewendet haben.
In diesem Verschulden liegt eine Mitursache des Unfalls vom 14. Mai 1947 ; denn wenn der Wagen des Klägers nicht wegen des zu grossen Höhenunterschieds zwischen Schienen und Strasse stehen geblieben wäre, hätte sich der Zusammenstoss trotz der Unvorsichtigkeit des Klägers sehr wahrscheinlich nicht ereignet, sondern wäre der Kläger gerade noch rechtzeitig vom Geleise Brig-Visp weggekommen. Das Verschulden der Bahn und die von ihr zu vertretende erhöhte Betriebsgefahr (Erw. 3) fallen aber immerhin nicht so stark ins Gewicht, dass mit der Vorinstanz angenommen werden dürfte, die Unfallursachen liegen trotz dem groben Verschulden des Klägers zu 2/3 auf Seiten der Bahn und nur zu x/3 auf Seiten des Klägers. Das Verschulden des Klägers bleibt vielmehr die wichtigste Ursache des Unfalls. Es rechtfertigt sich daher, das angegebene Verhältnis umzukehren und die Beklagten nur 1j3, den Kläger dagegen 2/3 des Schadens tragen zu lassen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Berufung wird teilweise gutgeheissen und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Schweiz. Bundesbahnen dem Kläger nur Fr. 3400. nebst 5 % Zins seit Klageanhebung zu zahlen haben.