BGE 64 II 254 - Steiggurt
 
44. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung
vom 25. Mai 1938 i.S. Ulrich gegen Grunder's Erben.
 
Regeste
Schadenersatzanspruch aus Werkvertrag, Art. 368 OR, u. aus unerlaubter Handlung, Art. 41 ff. Anspruchskonkurrenz.
Unfall eines Monteurs infolge mangelhafter Reparatur des Steiggurtes durch den Sattler.
1. Werkvertrag. Haftung des Unternehmers für unmittelbaren und mittelbaren Schaden. Prüfungs- und Anzeigepflicht des Bestellers, Art. 367 und 370. (Erw. I, 1-4)
2. Unerlaubte Handlung. Verhältnis zum Werkvertrag. Widerrechtlichkeit: Verstoss gegen ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung (in casu Gefährdung von Leib und Leben Dritter). Adaequater Kausalzusammenhang. Haftung des Geschäftsherrn, Art. 55. Herabsetzungsgründe. (Erw. II, 1-2.)
 
Sachverhalt
 
A.
Am 30. Mai 1931 stürzte der 1901 geborene Kläger, der als Freileitungsmonteur bei der Installationsfirma Binder & Richi in St. Gallen angestellt war, in der Nähe von Flawil von einem Kraftleitungsmaste ab, wobei er sich schwere Verletzungen zuzog.
Der Sturz war darauf zurückzuführen, dass die Strippe des um den Mast geschlungenen Steiggurtes riss. Der Kläger hatte den Gurt, der sein Eigentum war, einige Wochen vor dem Unfall bei der beklagten Sattlerfirma reparieren lassen.
Die Suval zahlte dem Kläger Krankengeld und Heilungskosten und sprach ihm eine vorläufige Rente zu. Sie verlangte von der Beklagten Ersatz ihrer Leistungen, da der Unfall durch die mangelhafte Reparatur des Steiggurtes verursacht worden sei. Da die Verhandlungen nicht zum Ziele führten, trat die Suval gestützt auf Art. 100 KUVG ihre Ansprüche gegen die Beklagte dem Kläger ab.
 
B.
Im Februar 1936 leitete der Kläger gegen die Beklagte vorliegenden Prozess ein, in dem er unter Einschluss der ihm von der Suval abgetretenen Regressansprüche eine Schadenersatz- und Genugtuungsforderung von insgesamt Fr. 49,263.10 mit 5% Zins seit 30. Mai 1931 geltend machte. Die Klage wurde mit der sowohl hinsichtlich des Materials als der Arbeit unsachgemässen Reparatur des Steiggurtes begründet, die den Unfall verursacht habe.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie bestritt in erster Linie die Aktivlegitimation des Klägers für vertragsrechtliche Ansprüche, da die Reparatur auf Namen und Rechnung der Arbeitgeberin des Klägers ausgeführt worden sei, zwischen dem Kläger und der Beklagten daher gar kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Sodann widersetzte sich die Beklagte den Haftungsansprüchen grundsätzlich und dem Masse nach.
 
C.
Das Bezirksgericht St. Gallen hat die Klage nach Einholung einer Expertise durch Urteil vom 25. Mai 1937 abgewiesen.
Auf Appellation des Klägers hin hat das Kantonsgericht des Kantons St. Gallen das erstinstanzliche Erkenntnis durch Urteil vom 9. Oktober 1937 in der Weise abgeändert, dass es die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von Fr. 3000.- mit 5% Zins seit 30. Mai 1932 verpflichtete; für den Mehrbetrag ist die Klage abgewiesen worden.
 
D.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Der Kläger beantragt, die Klage sei in vollem Umfange gutzuheissen, bezw. die Sache sei zur Feststellung des Schadens und zu neuer Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Die Beklagte stellt den Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Klage wird sowohl auf Werkvertrag wie auf unerlaubte Handlung gestützt. Die beiden Grundlagen sind gesondert zu prüfen.
 
Erwägung I.1
I.1. Mit Bezug auf die vertragsrechtlichen Ansprüche hatte die Beklagte vor den kantonalen Instanzen in erster Linie die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. An dieser Einrede ist vor Bundesgericht mit Recht nicht festgehalten worden. Der Gurt war Eigentum des Klägers, der ihn auch persönlich zur Reparatur brachte und nachher wieder abholte. Wenn die Arbeitgeberin des Klägers die Reparatur bezahlte, so beruhte das auf einer zwischen ihr und dem Kläger getroffenen internen Abmachung; Besteller der Reparatur und Vertragskontrahent gegenüber der Beklagten war nichtsdestoweniger der Kläger.
 
Erwägung I.2
I.2. Nach Art. 368 Abs. 1 und 2 OR kann der Besteller bei Mängeln des Werkes die Annahme verweigern bezw. den Minderwert geltend machen oder Verbesserung verlangen; ausserdem hat er bei Verschulden des Unternehmers einen Anspruch auf Schadenersatz. Das gilt für jeden durch die Mangelhaftigkeit des Werkes verursachten Schaden, also auch für Schaden, der infolge des Mangels beim bestimmungsgemässen Gebrauch des Werkes entsteht. Art. 368 unterscheidet nicht zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden.
Ein solcher infolge des Mangels beim bestimmungsgemässen Gebrauch des Werkes entstandener Schaden liegt hier vor. Der Unfall, den der Kläger erlitten hat, ist nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz (Art. 81 OG) auf die mangelhafte Reparatur des bei der Arbeit am Kraftleitungsmast verwendeten Steiggurtes zurückzuführen. Es handelt sich demnach um ein Schadensereignis, auf das die Haftungsvorschrift des Art. 368 bei Verschulden der Beklagten grundsätzlich zutreffen würde.
 
Erwägung I.3
I.3. Nach Art. 367 OR setzt jedoch die Haftung des Unternehmers für Werkmängel allgemein voraus, dass der Besteller das Werk innert tunlicher Frist prüft und erkennbare Mängel dem Unternehmer zur Kenntnis gibt; treten die Mängel trotz ordnungsgemässer Prüfung erst später zutage, so hat die Anzeige an den Unternehmer nach Art. 370 Abs. 3 sofort nach der Entdeckung zu erfolgen. Unterlässt der Besteller die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung und Anzeige, so gilt das Werk gemäss Art. 370 Abs. 2 und 3 als genehmigt, und die Haftung des Unternehmers fällt dahin.
Die Vorinstanz stellt nun fest, dass der Kläger den Nachweis für die Prüfung des Gurtes nach der Reparatur nicht hat erbringen können. Ein direkter Beweis wird in solchen Fällen häufig schwer zu erbringen sein, da er davon abhängt, ob zufällig eine Drittperson bei der Prüfung zugegen gewesen ist. Wenn der Kläger, wie er behauptet, neue und reparierte Steiggurten regelmässig und gewohnheitsmässig auf ihre Tragfähigkeit prüfte, so hätte es ihm jedoch wenigstens möglich sein sollen, durch das Zeugnis von Nebenarbeitern für diese gewohnheitsmässige Prüfung den Beweis zu erbringen, woraus dann hätte geschlossen werden dürfen, dass er sie auch im vorliegenden Falle praktiziert habe. Auch diesen Nachweis ist er indessen schuldig geblieben. Wenn die Vorinstanz die Prüfung als nicht bewiesen bezeichnet, kann deshalb nicht gesagt werden, dass sie von zu strengen Anforderungen ausgegangen sei und damit eine bundesrechtliche Beweisvorschrift verletzt habe. Ihre Feststellung ist demgemäss für das Bundesgericht verbindlich.
Darnach bleibt nur noch der Einwand des Klägers, dass es sich um geheime Mängel gehandelt habe, die bei der Prüfung nicht erkennbar gewesen wären. Das als richtig vorausgesetzt, wären die Mängel dann aber unbestreitbar durch den Unfall offenkundig geworden. Nach Art. 370 Abs. 3 hätte daher der Kläger sofort nach dem Unfall der Beklagten Anzeige erstatten müssen. Eine solche Anzeige hat er nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz nie gemacht.
Da der Kläger also den Nachweis für die Prüfung des Gurtes nicht zu erbringen vermocht und auf jeden Fall der Beklagten die Mängel nicht rechtzeitig angezeigt hat, ist sein Schadenersatzanspruch aus Art. 368 OR abzuweisen, ohne dass untersucht zu werden brauchte, ob der Beklagten ein Verschulden zur Last falle.
 
Erwägung I.4
I.4. Zum gleichen Ergebnis käme man im übrigen, wenn man annehmen wollte, Art. 368 OR gebe nur einen Ersatzanspruch für unmittelbaren Schaden aus Werkmängeln, während auf mittelbaren Schaden die allgemeinen vertragsrechtlichen Haftungsgrundsätze der Art. 97 ff. anzuwenden seien. Auch in diesem Falle müsste die Prüfungs- und Anzeigepflicht des Art. 367 Platz greifen, gleichwie im Kaufsrecht für Schadenersatzansprüche wegen Mängeln der Kaufsache die Sachprüfung und Mängelrüge nach Art. 201 gefordert werden muss, ohne Rücksicht darauf, ob die Ansprüche auf der besondern Bestimmung des Art. 208 oder den allgemeinen Bestimmungen der Art. 97 ff. beruhen (vgI. BGE 63 II 404 Erw. 3, spez. S. 406 lit. c).
 
Erwägung II.1
II.1. Die Schadenersatzansprüche des Klägers erschöpfen sich aber, trotzdem die Reparatur des Steiggurtes Gegenstand eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages bildete, nicht notwendig im Vertragsrecht. Liegt im Verhalten des Schadensstifters sowohl der Tatbestand der Nichterfüllung eines Vertrages als gleichzeitig auch derjenige einer unerlaubten Handlung nach Art. 41 ff. OR, so bestehen der vertragliche und der ausservertragliche Schadenersatzanspruch nebeneinander, im Sinne einer sogenannten Anspruchskonkurrenz. So ist vom Bundesgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre ständig entschieden worden (BGE 18 S. 340 Erw. 4 und S. 861 Erw. 5; 26 II 106; 35 II 424; 37 II 9 Erw. 4; 50 II 378 Erw. 2; 51 II 582; vgl. auch Becker, Kommentar zum OR, Vorb. zu Art. 41 ff. N. 1; Oser-Schönenberger, Vorb. zu Art. 41 ff. N. 15 ff.; Dietz, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, spez. S. 332 ff.; a.A. von Thur, Allg. Teil des OR, S. 324 N. 5 und S. 506 f.). Von den angeführten bundesgerichtlichen Urteilen bezog sich keines speziell auf das Verhältnis von Werkvertrag und unerlaubter Handlung; meistens handelte es sich um Dienstvertrag. Der Grundsatz, dass die Haftung aus Vertrag mit derjenigen aus unerlaubter Handlung konkurriere, wurde aber allgemein aufgestellt und gilt auch bei Werkvertrag, da besondere Gründe für einen Ausschluss nicht ersichtlich sind.
a) Der Fall, wo neben dem Tatbestand der Nichterfüllung des Vertrages auch derjenige einer unerlaubten Handlung gegeben ist, wird immerhin verhältnismässig selten sein. Voraussetzung dafür bildet vor allem, dass nicht nur eine vertragliche Verpflichtung, sondern darüber hinaus auch noch ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung verletzt ist (vgI. die angeführten bundesgerichtlichen Urteile, insbesondere BGE 26 II 106 und 37 II 10). Nur dann ist die Handlung widerrechtlich im Sinne von Art. 41 ff. OR. Es frägt sich deshalb, ob die mangelhafte Reparatur des Steiggurtes durch die Beklagte gegen ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung verstossen hat.
Durch die mangelhafte Reparatur des Gurtes sind Leib und Leben der Benützer auf's Spiel gesetzt worden. Nicht jede Gefährdung von Rechtsgütern Dritter ist aber rechtlich verpönt. Die Rechtsordnung anerkennt zahllose Tätigkeiten und Verhältnisse, mit denen notwendig Gefahren für Dritte verbunden sind. Man denke nur an das Automobilfahren, den Häuserbau, das Halten von Hunden und dergl. In diesen Fällen muss von den Rechtsgenossen auch die Gefährdung, soweit sie unvermeidlich ist, hingenommen werden; sie ist insoweit nicht rechtswidrig. Derjenige, der die Gefahr schafft, hat lediglich die Pflicht, sie nach Möglichkeit einzuschränken, wofür auf einzelnen Gebieten, z.B. auf dem Gebiete des Motorfahrzeugverkehrs, besondere gesetzliche Vorschriften bestehen. Anders verhält es sich dagegen bei Gefährdungen, die nicht notwendige Begleiterscheinung eines von der Rechtsordnung gebilligten Anlasses sind. Hier fehlt der Grund, der sie gegenüber der Allgemeinheit rechtfertigen würde. In diesem Sinne ist es daher ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung, dass Leib und Leben und überhaupt Rechtsgüter Dritter nicht unnötig in Gefahr gebracht werden dürfen. Wer solche Gefahren schafft, handelt widerrechtlich. (Vgl. zu diesen Fragen vor allem Becker, Art. 41 N. 35). Das gilt also auch für die mangelhafte Herstellung oder Reparatur von Gebrauchsgegenständen, wenn durch die Mängel beim bestimmungsgemässen Gebrauch der Sache Leben oder Gesundheit der Benützer gefährdet werden. Die Schaffung solcher Gefahren liegt nicht in irgendeiner Notwendigkeit des praktischen Lebens begründet; die sachgemässe Werkausführung erfordert gegenteils, dass Mängel vermieden werden, die bei der Benützung Schaden anrichten könnten. Durch die mangelhafte Herstellung oder Reparatur verletzt daher der Unternehmer nicht nur seine werkvertraglichen Verpflichtungen, sondern auch ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung, in deren Schutz die gefährdeten Lebensgüter gestellt sind.
Auf dem gleichen Boden steht die Rechtsprechung anderer Länder. Bekannt ist das Beispiel aus der deutschen Praxis, wo der Lieferant einer fehlerhaften Leiter für die Körperverletzung verantwortlich erklärt wurde, die ein Dritter sich bei Benützung der Leiter infolge des Fehlers zugezogen hatte. (Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begr. von Gruchot, 60 S. 1011). In Frankreich und Belgien wird die deliktsrechtliche Haftbarkeit des Berufsmannes aus der sozialen Funktion abgeleitet, die er mit dem Berufe ausübe: kraft dieser Funktion sei er verpflichtet, nicht mit Mängeln behaftete Waren in Verkehr zu bringen, durch welche Dritte Gefahren ausgesetzt würden (vgl. Brun, Rapports et domaines des responsabilités contractuelle et délictuelle, Paris 1931, S. 255 ff.; Van Ryn, Responsabilité aquilienne et contrats, Paris 1933, S. 210 ff.).
Die Widerrechtlichkeit der mangelhaften Reparatur des Steiggurtes muss somit bejaht werden.
b) Ebenso ist der adäquate Kausalzusammenhang mit dem vom Kläger erlittenen Unfall gegeben. Die Mängel der Reparatur bestanden nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz in der Verwendung ungenügend gegerbten und gefetteten Leders und in der Lochung der Strippe am dünnen statt am dicken Ende. Dass diese Fehler die Widerstandskraft des Gurtes beeinträchtigen mussten und infolgedessen nach der ordentlichen Lebenserfahrung geeignet waren, einen Unfall der vorliegenden Art herbeizuführen, liegt auf der Hand.
c) Die Reparatur wurde von einem Arbeiter der Beklagten ausgeführt. Zur Anwendung kommt daher Art. 55 OR: die Beklagte als Geschäftsherrin haftet für den Unfall, wenn sie nicht nachweist, dass sie alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet habe, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
Da von der sachgemässen Ausführung der Reparatur die Sicherheit von Menschen abhing, war für die Beklagte ein hohes Mass von Sorgfalt geboten. Sie hätte für Verwendung geeigneten Materials und für gewissenhafte Arbeit besorgt sein müssen. Allein wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, hat die Beklagte nicht einmal behauptet, dem Arbeiter für die Reparatur entsprechende Anweisungen gegeben und ihn bei der Ausführung beaufsichtigt zu haben. Das wäre unerlässlich gewesen, zumal auch in keiner Weise dargetan ist, dass es sich um einen selbständigen und auf diesem Gebiete speziell erprobten Arbeiter handelte, auf den sich die Beklagte sonst regelmässig verlassen konnte. Schliesslich machte die Beklagte mit Recht nicht geltend, dass es auch bei Anwendung der nötigen Sorgfalt zum Unfall gekommen wäre. Sie hat somit den ihr nach Art. 55 OR offenstehenden Entlastungsbeweis nicht erbracht.
Im übrigen ergibt sich aus den wiederum verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz, dass es die Beklagte nicht nur an den nötigen Anweisungen und der nötigen Aufsicht gegenüber dem Arbeiter hat fehlen lassen, sondern dass sie wenigstens für die Verwendung ungeeigneten Materials selber direkt verantwortlich ist, indem sie wissentlich nicht erstklassiges Leder verwendet hat.
Ihrer Verantwortung kann sich die Beklagte auch nicht mit dem Hinweis darauf entschlagen, dass sie zur Verwendung bloss zweitklassigen Leders durch die beständige Preisdrückerei der Arbeitgeberin des Klägers veranlasst worden sei, welche die Reparaturen bezahlt habe. Die Beklagte hätte sich zur Verwendung solchen nicht vollwertigen Leders auf keinen Fall herbeilassen dürfen, ohne den Kläger, für den der Gurt bestimmt war -- als Benützer des Gurtes, nicht als Besteller der Reparatur fällt der Kläger unter dem Gesichtspunkte von Art. 41 ff. OR in Betracht --, darüber aufzuklären und es ihm anheimzustellen, ob er sich damit abfinden wolle oder nicht; tat sie das nicht, so behielt sie zum mindesten dem Kläger gegenüber auch die Verantwortung.
 
Erwägung II.2
II.2. Die Haftung der Beklagten steht somit grundsätzlich fest. Dem Umfange nach wird sie gemindert durch das Mitverschulden des Klägers und durch andere Umstände (Art. 43 und 44 OR).
Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, hätte der Kläger den einen Mangel der Reparatur, nämlich die unrichtige Lochung der Strippe, schon bei visueller Prüfung ohne weiteres erkennen können. Wenn er den Mangel nicht beachtet hat, so ist das deshalb seiner eigenen Unvorsichtigkeit zuzuschreiben. Im weitem hätte die Vorsicht erfordert, den Gurt auch durch entsprechende Belastung auf seine Tragfähigkeit zu prüfen. Dass er dies getan habe, hat der Kläger nach der bereits erörterten Feststellung der Vorinstanz nicht nachweisen können. Abgesehen hievon behauptet der Kläger selber nur, die Prüfung in der Weise vorgenommen zu haben, dass er mit einem Bein in den aufgehängten Gurt hineingestanden sei und mit seinem Körpergewicht nachgedrückt habe. Damit begnügten sich indessen seine Mitarbeiter nicht: sie legten die Gurten um einen Mast und liessen sich mit dem vollen Körpergewicht hineinfallen. Wäre auch der Kläger so verfahren, so hätte sich nach der Feststellung der Vorinstanz, welche auf die Erfahrungen dieser Arbeiter gestützt wird, die mangelhafte Tragfähigkeit des Gurtes mit Sicherheit geoffenbart. Die vom Kläger behauptete Prüfung war somit auf jeden Fall ungenügend. Da er dem Gurt sein Leben anvertrauen musste, wäre er gehalten gewesen, gleich seinen Mitarbeitern eine Prüfungsmethode anzuwenden, die nach menschlicher Voraussicht für die Tragfähigkeit des Gurtes volle Gewähr geboten hätte.
Dem Kläger ist ferner als Verschulden anzurechnen, dass er entgegen der im Geschäfte der Beklagten angeschlagenen Weisung die Reparatur nicht im Ladenlokal, sondern in der Werkstätte aufgab. Dadurch wurde die Kontrolle durch die Beklagte erschwert und die mangelhafte Ausführung der Reparatur begünstigt.
Auf Seite der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie aus dem Reparaturauftrag nur einen geringen Vorteil zog, der zu dem vom Kläger erlittenen Schaden in keinem Verhältnis steht.
 
Erwägung II.3
II.3. (Das Bundesgericht setzt mit der Vorinstanz den Schadenersatz unter Würdigung aller Umstände auf Fr. 3000.- fest und weist den Genugtuungsanspruch ab.)
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die beiden Berufungen werden abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes St. Gallen vom 9. Oktober 1937 bestätigt.