BGE 126 I 112 - Berner Zwangsmedikation
 
15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 23. Mai 2000
i.S. S. gegen Gesundheits- und Fürsorgedirektion sowie Verwaltungsgericht des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerde)
 
Regeste
Persönliche Freiheit (Art. 10 und 36 Abs. 3 BV; Art. 8 EMRK); Zwangsmedikation und Isolierung.
Anforderungen an die gesetzliche Grundlage bei medizinischen Zwangseingriffen (E. 3c).
Ausnahmsweise Zulässigkeit von Zwangsmassnahmen trotz fehlender formeller Rechtsgrundlage (E. 4c).
Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips in sachlicher und zeitlicher Hinsicht (E. 5b - c).
 
Sachverhalt
S., geboren am 21. Juli 1977, wurde vom 18. Februar bis zum 18. März 1997 wegen schwer wahnhaft-deliranten Zuständen verbunden mit Polytoxikomanie in der Klinik Waldau der psychiatrischen Universitätsklinik Bern behandelt. Am 5. Oktober 1997 wurde er gestützt auf einen fürsorgerischen Freiheitsentzug wegen Selbstgefährdung und Behandlungsbedürftigkeit erneut in die Klinik eingewiesen. Der Regierungsstatthalter II von Bern ordnete am 14. Oktober 1997 für vorläufig sechs Wochen die stationäre Begutachtung von S. an. Der gegen diese Verfügung erhobene Rekurs wurde von der kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen am 23. Oktober 1997 abgewiesen. In einem Gutachten vom 11. November 1997 gelangten die Ärzte zum Schluss, dass S. an einer schizophrenen Psychose leide. Zudem könne die Diagnose einer Polytoxikomanie einschliesslich Missbrauchs von LSD, Ecstasy, Kokain und Cannabis gestellt werden. Aufgrund der Hartnäckigkeit der Symptomatik, zu der die Krankheitsuneinsichtigkeit und Behandlungsunwilligkeit gehörten, müsse mit einem langjährigen Krankheitsverlauf gerechnet werden. Da der Drogenkonsum einen Zusammenhang zur psychotischen Dekompensation von S. aufweise, müsse bei der Therapie besonderer Wert auf Drogenfreiheit gelegt werden. Am 18. November 1997 verfügte der Regierungsstatthalter, S. sei für unbestimmte Zeit in der Klinik zurückzubehalten.
Am 2. Januar 1998 entwich S. während eines Spaziergangs aus der Klinik, kehrte jedoch am Abend des 5. Januar 1998 aus eigenem Antrieb dorthin zurück. Am folgenden Tag wurde er in die Akutstation und kurze Zeit später ins Isolierzimmer verlegt, wo er zur Einnahme von Medikamenten gezwungen wurde. Am 8. Januar 1998 forderte der Verein "Psychex" die Klinik schriftlich auf, S. aus dem Isolierzimmer zu entlassen und die Zwangsmedikation einzustellen. Die Klinik antwortete darauf mit Schreiben vom 9. Januar 1998, dass die entsprechenden Vorbereitungen getroffen würden.
Am 14. Januar 1998 beschwerte sich der inzwischen anwaltlich vertretene S. bei der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern gegen die Klinik und beantragte die Feststellung, dass die Zwangsmedikation und die Einschliessung im Isolierzimmer verfassungswidrig seien; gleichzeitig ersuchte er um Erlass vorsorglicher Massnahmen und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Am 17. Januar 1998 durfte S. das Isolierzimmer verlassen. Das von ihm gestellte Gesuch um Entlassung aus der Klinik wurde von der kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen am 28. Januar 1998 in zweiter Instanz abgewiesen.
Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion trat am 9. Februar 1998 auf das Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen nicht ein und wies den Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege wegen materieller Aussichtslosigkeit der Beschwerde vom 14. Januar 1998 ab; in der Sache selbst fällte sie keinen Entscheid. Gegen die Nichtgewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beschwerte sich S. beim kantonalen Verwaltungsgericht, wobei er auch für dieses Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege beantragte. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde sowie den prozessualen Antrag am 21. April 1998 ab.
Die am 25. Mai 1998 von S. wegen verfassungswidriger Nichtbewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege erhobene staatsrechtliche Beschwerde hiess das Bundesgericht am 23. September 1998 gut, soweit es darauf eintrat, und hob den verwaltungsgerichtlichen Entscheid auf (BGE 124 I 304 ff.). In der Folge wurde S. für das kantonale Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Am 12. April 1999 wies die Gesundheits- und Fürsorgedirektion die Beschwerde ab, mit welcher die Feststellung beantragt worden war, dass die Zwangsmedikation und die Einschliessung im Isolierzimmer verfassungswidrig gewesen seien. Gegen diesen Entscheid wehrte sich S. beim Verwaltungsgericht, das die Beschwerde am 27. September 1999 teilweise guthiess und feststellte, dass die gegenüber S. vom 6. bis 17. Januar 1998 erfolgten Zwangsmassnahmen ab dem 8. Januar 1998 unzulässig gewesen seien.
S. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es sei in teilweiser Aufhebung des angefochtenen Entscheids festzustellen, dass auch die am 6. und 7. Januar 1998 stattgefundene Zwangsmedikation und Isolierung verfassungswidrig gewesen sei. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab.
 
Auszug aus den Erwägungen:
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
3.- a) Das ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit, das in der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) ausdrücklich in Art. 10 und - hinsichtlich des Schutzes der Menschenwürde - auch in Art. 7 gewährleistet ist, beinhaltet insbesondere das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, auf Bewegungsfreiheit und Wahrung der Würde des Menschen sowie auf alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen (BGE 124 I 336 E. 4a, 40 E. 3a mit zahlreichen Hinweisen). Das Recht auf persönliche Freiheit gilt indessen, wie die übrigen Freiheitsrechte, nicht absolut. Einschränkungen sind zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind; zudem dürfen sie den Kerngehalt des Grundrechts nicht beeinträchtigen, das heisst, dieses darf weder völlig unterdrückt noch seines Gehalts als Institution der Rechtsordnung entleert werden (BGE 125 I 369 E. 5d S. 379 mit Hinweisen; vgl. Art. 5 und 36 BV). Der Schutzbereich der persönlichen Freiheit samt ihren Ausprägungen sowie die Grenzen der Zulässigkeit von Eingriffen sind jeweils im Einzelfall - angesichts der Art und Intensität der Beeinträchtigung sowie im Hinblick auf eine allfällige besondere Schutzbedürftigkeit des Betroffenen - zu konkretisieren (zum Ganzen: BGE 124 I 176 E. 5a, 85 E. 2a, 80 E. 2c; 123 I 221 E. I/4 S. 226; 122 I 360 E. 5b/aa S. 363; 120 Ia 147 E. 2b S. 150).  Der Beschwerdeführer beruft sich ferner auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK (SR 0.101), wonach jedermann Anspruch auf Achtung seines Privatlebens hat. Diese Garantie geht im hier zu beurteilenden Bereich nicht über die verfassungsmässig gewährleistete persönliche Freiheit hinaus (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 7. Oktober 1992 i.S. M., E. 4b [publ. in ZBl 94/1993 S. 507 f. und EuGRZ 1993 S. 397]). Nach Art. 8 EMRK sind Eingriffe in das Privatleben zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind und Massnahmen darstellen, die in einer demokratischen Gesellschaft u.a. für die öffentliche Ruhe und Ordnung, die Verteidigung der Ordnung und die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral oder den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.
b) Die am Beschwerdeführer durchgeführten medizinischen Zwangsmassnahmen, insbesondere die Verabreichung von Psychopharmaka, stellen aufgrund der damit verbundenen starken Veränderung des geistigen und körperlichen Zustands schwere Eingriffe in seine persönliche Freiheit dar. Aufgrund ihrer tiefgreifenden Auswirkungen betreffen sie den Kerngehalt dieses Grundrechts (BGE 124 I 304 E. 4b S. 309; vgl. auch BGE 109 Ia 273 E. 7 S. 288 ff.). Dieser ist indessen, wie vorliegend, dann nicht verletzt, wenn die Zwangsbehandlung zu Heilzwecken vorgenommen wurde (vgl. ZBl 94/1993 S. 510 f. und EuGRZ 1993 S. 398 f.). Im Zusammenhang mit ärztlichen Eingriffen in Spitälern ist unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit davon auszugehen, dass es dem Arzt gestützt auf das mit dem Spitaleintritt des Patienten entstandene Rechtsverhältnis grundsätzlich nicht erlaubt ist, ohne eingehende Aufklärung und ohne Einverständnis des Patienten einen medizinischen Eingriff vorzunehmen. Der Anspruch auf vorherige Information und auf Einholung des Einverständnisses folgt direkt aus der persönlichen Freiheit (BGE 114 Ia 350 E. 6 S. 358 f.).
Das Bundesgericht prüft angesichts der Schwere des Eingriffs nicht nur hinsichtlich des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit, sondern auch in Bezug auf die gesetzliche Grundlage mit freier Kognition, ob die Zwangsmassnahmen verfassungskonform sind (BGE 125 I 257 E. 3a; 124 I 80 E. 2c). Welche Beschränkungen unter dem Aspekt des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit zulässig sind, ist mit Rücksicht auf die dem Wandel unterworfene ethische Wertordnung und in Anbetracht der sich verändernden sozialen Verhältnisse zu prüfen (BGE 115 Ia 234 E. 5b S. 248 mit Hinweis). Soweit reine Sachverhaltsfeststellungen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht grundsätzlich nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen willkürlich sind (BGE 117 Ia 72 E. 1; zum Willkürbegriff: s. BGE 125 I 166 E. 2a; 125 II 129 E. 5b S. 134, 10 E. 3a mit Hinweisen).
c) Schwere Eingriffe in Freiheitsrechte, wie sie vorliegend in Frage stehen (s. vorne E. 3b), bedürfen einer klaren und ausdrücklichen Regelung in einem formellen Gesetz (BGE 125 I 257 E. 3a; 124 I 241 E. 2, 40 E. 3b; 123 I 296 E. 3 S. 303, 221 E. I/4a S. 226; zum Erfordernis der ausreichenden Bestimmtheit und der Zugänglichkeit für den Einzelnen: BGE 125 I 369 E. 6 S. 379, 361 E. 4a; 124 I 40 E. 3b; 115 Ia 277 E. 7a S. 288; 109 Ia 273 E. 4d S. 282 f. mit Hinweisen; zu den entsprechenden Anforderungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: s. die in BGE 125 I 369 E. 6 S. 379 f., 316 E. 4a und 122 I 360 E. 5b/cc S. 364 aufgeführten Entscheide; vgl. FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl 1996, Vorbem. zu Art. 8 - 11, Rz. 3).
Die bundesrechtlichen Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung (Art. 397a ff. ZGB), gestützt auf welche der Beschwerdeführer in die Klinik eingewiesen wurde, fallen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als gesetzliche Grundlage für die Art und Weise der Betreuung eines Patienten ausser Betracht; sie beziehen sich allein auf den Entzug der Bewegungsfreiheit als solcher. Deshalb sind die Kantone solange für den Erlass entsprechender Regelungen zuständig, als der Bundesgesetzgeber dies nicht selber übernommen hat (Art. 3 BV; BGE 125 III 169 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen auf Materialien, Rechtsprechung und Lehre; 118 II 254 E. 6b S. 262 f.).
Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Urteil nach eingehender Prüfung, ob die kantonale Gesundheitsgesetzgebung für die Möglichkeit medizinischer Zwangseingriffe eine gesetzliche Grundlage aufweise, zum Schluss gelangt, der bernische Gesetzgeber habe diese Frage bewusst offen gelassen. Die entsprechenden Erwägungen, in denen sich das Verwaltungsgericht insbesondere auch mit den Materialien zum bernischen Patientendekret auseinander setzt, lassen keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage offen. Es muss deshalb festgestellt werden, dass dem bernischen Recht weder über die Voraussetzungen noch über die Art und Weise der Betreuung und medizinischen Behandlung von Patienten, denen fürsorgerisch die Freiheit entzogen wurde, eine ausreichende Regelung entnommen werden kann. Diese rechtliche Situation erweckt insbesondere angesichts der Schwere der mit medizinischen Zwangsbehandlungen verbundenen Eingriffe in Freiheitsrechte grosse Bedenken. Der bernische Gesetzgeber ist unter diesen Umständen gehalten, umgehend eine entsprechende rechtliche Grundlage zu schaffen, die den verschiedenen betroffenen Interessen ausreichend Rechnung trägt. Wie den zusammen mit der Vernehmlassung des Verwaltungsgerichts eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist, sind entsprechende Bemühungen im Rahmen der Revision des kantonalen Gesundheitsgesetzes bereits im Gange.
 
Erwägung 4
4.- a) Das Verwaltungsgericht hat mangels ausreichender Rechtsgrundlage die vom 8. bis zum 17. Januar 1998 am Beschwerdeführer vorgenommenen Eingriffe als unzulässig erachtet, hingegen die am 6. und 7. Januar 1998 durchgeführte Zwangsbehandlung auf die polizeiliche Generalklausel gestützt. Dazu hat es sinngemäss ausgeführt, der Beschwerdeführer habe aufgrund seiner am 6. Januar 1998 akut ausgebrochenen Psychose sich selbst und Dritte unmittelbar und schwer gefährdet, weshalb sich die Vornahme von Zwangsmassnahmen zum Schutz von Leib und Leben aufgedrängt habe.
b) Die polizeiliche Generalklausel, die in Art. 28 Abs. 1 der bernischen Kantonsverfassung erwähnt ist, vermag nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine fehlende gesetzliche Grundlage zu ersetzen, wenn und soweit die öffentliche Ordnung und fundamentale Rechtsgüter des Staates oder Privater gegen schwere und zeitlich unmittelbar drohende Gefahren zu schützen sind, die unter den konkreten Umständen nicht anders abgewendet werden können als mit gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Mitteln. Diese müssen allerdings mit den allgemeinen Prinzipien des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, vereinbar sein. Der Anwendungsbereich der polizeilichen Generalklausel ist auf echte und unvorhersehbare Notfälle beschränkt; ihre Anrufung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn typische und erkennbare Gefährdungslagen trotz Kenntnis der Problematik nicht normiert wurden (BGE 121 I 22 E. 4b/aa S. 27 f.; 111 Ia 246 E. 2 und 3a mit Hinweisen).
c) Das bernische Recht enthält, wie vorstehend dargelegt (s. E. 3c), keine einschlägige Rechtsgrundlage für die erfolgten Zwangseingriffe. Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel erweist sich hier einerseits deshalb als heikel, weil Gefährdungslagen im psychiatrischen Anstaltsverhältnis der hier vorliegenden Art an sich typisch und einer gesetzlichen Regelung zugänglich sind. Andererseits gilt es aber die besonderen Umstände dieser Angelegenheit zu berücksichtigen. Dazu ist vorerst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, nachdem er sich während drei Tagen von der Klinik ferngehalten hatte, am 5. Januar 1998 selbständig in diese zurückkehrte, wobei er - laut dem Eintrag in der Krankengeschichte vom 6. Januar 1998 - "völlig bekifft und distanzlos" gewesen sei. Sein Zustand wurde dabei auf die in den vorangehenden Tagen unterbliebene Medikamenteneinnahme und einen hohen Cannabiskonsum zurückgeführt. Der Beschwerdeführer soll laut der Krankengeschichte an der Morgenversammlung vom 6. Januar 1998 den Cannabiskonsum verherrlicht und in der Folge die Medikamenteneinnahme verweigert haben. Weiter soll er in Missachtung der Stationsordnung laut Musik gehört und verbal aggressiv auf sein Umfeld reagiert haben, wobei er über die eigenen Fähigkeiten und Rechte zunehmend wahnhafte Vorstellungen entwickelt habe. Ein paar Abschnitte tiefer ist in der Krankengeschichte unter dem Eintrag vom 6. Januar 1998 vermerkt, das Verhalten des Beschwerdeführers sei nun zu aggressiv geworden, sein psychotisches Erleben werde zu stark reaktiviert, weshalb sich eine Reizabschirmung und eine Medikation umgehend aufdrängten. Der Beschwerdeführer bestreitet das in der Krankengeschichte beschriebene Verhalten in den wesentlichen Zügen nicht. Insgesamt kann aus den Akten gefolgert werden, dass der Beschwerdeführer die Klinik aufsuchte, weil er dringend fremde Hilfe benötigte. Am 6. Januar 1998 sahen sich die zuständigen Ärzte angesichts ihrer Pflicht, in Notfällen Beistand zu leisten (Art. 27 Abs. 1 des bernischen Gesundheitsgesetzes vom 2. Dezember 1984), vor die schwierige Aufgabe gestellt, einerseits den zunehmend aggressiver werdenden Beschwerdeführer in Respektierung seines Willens zu betreuen, andererseits das Klinikpersonal vor der von ihm ausgehenden Gefährdung zu schützen. Unter diesen Umständen schien die Vornahme einer medizinischen Zwangsbehandlung, mit welcher der Beschwerdeführer zugleich beruhigt und therapiert werden sollte, der Situation am besten gerecht zu werden. Das beanstandete ärztliche Vorgehen erweist sich demnach trotz fehlender Rechtsgrundlage nicht als verfassungswidrig, soweit es in sachlicher und zeitlicher Hinsicht zum Schutz von Leib und Leben erforderlich war (zum Prinzip der Verhältnismässigkeit s. unten E. 5).
 
Erwägung 5
Nachdem das Verwaltungsgericht die vom 8. bis zum 17. Januar 1998 erfolgte Zwangsbehandlung als unzulässig erachtet hat, weil für diesen Zeitraum in der Krankengeschichte Hinweise auf eine akute Fremd- oder Eigengefährdung fehlten, stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit nur für die am 6. und 7. Januar 1998 vorgenommene Medikation und Isolation.
b) Das verfassungsmässige Gebot der Verhältnismässigkeit verlangt, dass staatliche Hoheitsakte für das Erreichen eines im übergeordneten öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet, notwendig und dem Betroffenen zumutbar sein müssen. Eine Zwangsmassnahme ist namentlich dann unverhältnismässig, wenn eine ebenso geeignete mildere Anordnung für den angestrebten Erfolg ausreicht. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschneidender sein als notwendig (BGE 124 I 40 E. 3e S. 44 f.; 118 Ia 427 E. 7a S. 439 mit Hinweisen). Obwohl sich das Prinzip der Verhältnismässigkeit aus der Verfassung ergibt, kann es jeweils nur zusammen mit einem besonderen Grundrecht wie hier der persönlichen Freiheit geltend gemacht werden (BGE 124 I 40 E. 3e S. 45; 122 I 279 E. 2e/ee S. 287 f. mit Hinweisen; vgl. BBl 1997 S. 133, zu Art. 5 BV).
c) Wie aus den ärztlichen Akten, insbesondere den Einträgen in der Krankengeschichte hervorgeht, musste der Beschwerdeführer schon im Oktober 1997 wegen aggressiven Impulsdurchbrüchen - im Rahmen derer es tatsächlich zu Gewaltanwendungen gegenüber dem Klinikpersonal kam - sowie wegen Angetriebenheit und Verweigerung der Medikamenteneinnahme zwangsbehandelt werden. Entsprechende Erfahrungen zeigen die grundsätzliche Schwierigkeit des sachlich und zeitlich angemessenen ärztlichen Einschreitens auf. Dem Eintrag vom 6. Januar 1998 zufolge, in dem auf das aufkommende aggressive Verhalten des Beschwerdeführers und dessen Hintergründe hingewiesen wird (vgl. vorne E. 4c), durfte das Klinikpersonal auf eine akute Fremdgefährdung schliessen und sich zu schnellem Eingreifen veranlasst sehen.
Was die beanstandete Behandlungsmethode betrifft, so ist sowohl hinsichtlich der Medikamentenabgabe als auch der damit kombinierten Isolierung auf die am 26. Juni 1999 dem Verwaltungsgericht eingereichte Stellungnahme der Klinik zu verweisen. Dr. A., der den Beschwerdeführer damals mitbetreute, legt darin unter Bezugnahme auf verschiedene Textstellen einschlägiger medizinischer Fachliteratur dar, welche Medikamente bei maniform-angetriebenen schizophrenen Krankheitsbildern, bei denen zusätzlich eine psychotische Symptomatik in Form von Halluzinationen, Ichstörungen, formalen Denkstörungen oder, wie es beim Beschwerdeführer der Fall gewesen sei, von Wahnerleben vorliege, in der Regel abgegeben werden. In Bezug auf die Verbindung von Isolation und Zwangsmedikation führt der Arzt aus, es wäre inhuman gewesen, einen angetriebenen, unter starkem Bewegungsdrang stehenden Patienten ohne eine beruhigende Medikation in ein Zimmer einzuschliessen oder im Bett zu fixieren.
Gestützt auf die Krankengeschichte sowie die erwähnten Ausführungen von Dr. A. darf davon ausgegangen werden, dass die am 6. und 7. Januar 1998 medikamentös und räumlich erfolgte Reizabschirmung des Beschwerdeführers angesichts der Intensität seines akut angetriebenen und impulsiven Zustands sowie der damit einhergehenden Fremdgefährdung sachgerecht war und jedenfalls während der fraglichen zwei Tage ohne Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips aufrechterhalten werden durfte.