BVerfGE 88, 87 - Transsexuelle II
Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, Transsexuellen unter 25 Jahren die Vornamensänderung nach § 1 des Transsexuellengesetzes zu versagen, die älteren Transsexuellen gewährt wird.
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 26. Januar 1993
- 1 BvL 38, 40, 43/92 -
in den Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Transsexuellengesetzes vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654), 1. Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Flensburg vom 20. August 1992 (8 III 58/91) - 1 BvL 38/92 -, 2. Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Hamburg vom 7. September 1992 (60 III 193/91) - 1 BvL 40/92 -, 3. Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg vom 14. Oktober 1992 (70 III 814/90) - 1 BvL 43/92 -.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL:
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) vom 10. September 1980 (Bundesgesetzbl. I S. 1654) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar und nichtig.
 
Gründe:
 
A.
Die Vorlagen betreffen die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, daß § 1 des Transsexuellengesetzes eine Vornamensänderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres ausschließt.
I.
1. Das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654) wurde nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1978 (BVerfGE 49, 286) geschaffen, um der besonderen Situation Transsexueller Rechnung zu tragen. Neben einem Verfahren, in dem nach geschlechtsanpassender Operation die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit festgestellt und die Vornamen geändert werden können ("große Lösung"), sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, die Vornamen eines Transsexuellen zu ändern, ohne daß dieser sich zuvor operativen Eingriffen unterzogen hat ("kleine Lösung").
a) Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsfolgen der kleinen Lösung sind in den §§ 1 bis 7 TSG geregelt. § 1 lautet:
    (1) Die Vornamen einer Person, die sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, sind auf ihren Antrag vom Gericht zu ändern, wenn
    1. sie Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist oder wenn sie als Staatenloser oder heimatloser Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder als Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat,
    2. mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird, und
    3. sie mindestens fünfundzwanzig Jahre alt ist.
    (2) In dem Antrag sind die Vornamen anzugeben, die der Antragsteller künftig führen will.
Zur Feststellung, ob die in § 1 Abs. 1 TSG aufgeführten medizinischen Voraussetzungen vorliegen, muß das Amtsgericht die Gutachten von zwei Sachverständigen einholen, die aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind; die Sachverständigen müssen unabhängig voneinander tätig werden (§ 4 Abs. 3). Der Antragsteller ist vom Gericht persönlich zu hören (§ 4 Abs. 2). Nach Rechtskraft der Entscheidung über die Vornamensänderung dürfen die zuvor geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden, sofern nicht besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 5 Abs. 1). Die Vornamensänderung ist auf Antrag des Betroffenen wieder aufzuheben (§ 6); unter bestimmten Voraussetzungen wird sie unwirksam (§ 7).
b) § 8 TSG fordert für die große Lösung über die in § 1 Abs. 1 TSG aufgeführten Voraussetzungen hinaus, daß der Antragsteller nicht verheiratet ist, fortpflanzungsunfähig ist und sich einem die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist. In der Entscheidung, mit der dem Antrag stattgegeben wird, sind auch die Vornamen des Antragstellers zu ändern, wenn sie nicht bereits vorher nach § 1 TSG geändert worden waren (§ 9 Abs. 3 Satz 2). Von der Rechtskraft der Entscheidung an richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist; das Ausforschungsverbot des § 5 gilt entsprechend (§ 10).
2. Die Gesetz gewordene Fassung des § 1 TSG beruht auf einem Vorschlag des Vermittlungsausschusses. Der Regierungsentwurf hatte vorgesehen, daß die kleine Lösung volljährigen Transsexuellen offenstehen sollte, sofern sie die medizinischen Voraussetzungen erfüllten, während die große Lösung an ein Mindestalter von 25 Jahren geknüpft war (BTDrucks. 8/2947, S. 4 und 5). Damit sollten Transsexuelle die Möglichkeit erhalten, schon frühzeitig in der Rolle des ihrem Empfinden entsprechenden Geschlechts aufzutreten (a.a.O., S. 12).
Gegen die kleine Lösung erhob der Bundesrat Bedenken, die von einer Minderheit im Deutschen Bundestag geteilt wurden. Es sei nicht vertretbar, den Einklang von Vornamen und Geschlecht aus Gründen einer höchst zweifelhaften Therapiemöglichkeit zu opfern. Die erleichterte Möglichkeit der Vornamensänderung könne überdies dazu führen, daß sich Personen mit einer transsexuellen Veranlagung voreilig für den "Umstieg" in das andere Geschlecht entschieden, obwohl ihnen andere Auswege offenstünden. Ein frühzeitiges Auftreten in der Rolle des anderen Geschlechts sollte verhindert werden, damit es nicht zu einer vorzeitigen Fixierung bei noch nicht ausgereiften Persönlichkeiten komme (vgl. BTDrucks. 8/2947, S. 20 f.; 8/4120, S. 15; Abg. Dr. Jentsch, StenBer., 8. WP, 220. Sitzung, S. 17733).
Die Mehrheit des Deutschen Bundestages und die Bundesregierung sahen dagegen in der kleinen Lösung einen wichtigen Bestandteil des Gesetzes. Die Vornamensänderung solle es Transsexuellen ermöglichen, in der Rolle des Geschlechts, dem sie sich zugehörig fühlten, frühzeitig aufzutreten, ohne die Schwierigkeiten in Kauf nehmen zu müssen, die sie bei der Wohnungssuche, am Arbeitsplatz, beim Grenzübertritt sowie bei sonstigen Kontakten mit Behörden hätten, solange die alten Vornamen im Personalausweis eingetragen seien. Eine stufenweise Lösung erscheine insbesondere aufgrund der medizinischen Erkenntnisse sinnvoll, weil sie einen Rollenwechsel ermögliche, ohne daß schon eine unabänderbare Entscheidung gefordert werde. Eine Beschränkung des Gesetzes auf die große Lösung würde für Transsexuelle den Zwang bedeuten, sich einer geschlechtsanpassenden Operation zu unterziehen (vgl. BTDrucks. 8/4120, S. 14 und 15; Abg. Dr. Meinecke, StenBer., 8. WP, 220. Sitzung, S. 17736; ParlSt von Schoeler, a.a.O., S. 17737 f.).
Gegen den Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuß unter anderem mit dem Ziel an, die kleine Lösung zu streichen (BRDrucks. 329/80 [Beschluß]). Der Vermittlungsausschuß empfahl daraufhin, die kleine Lösung beizubehalten, aber an eine Altersgrenze zu binden (BTDrucks. 8/4368). Dazu führte der Berichterstatter im Bundestag aus, man habe sich im Wege des Kompromisses darauf geeinigt, daß es bei der kleinen und der großen Lösung bleiben solle, den Bedenken des Bundesrates gegen die kleine Lösung - daß voreilige, in jüngerem Alter vielleicht nicht hinreichend bedachte Entscheidungen getroffen werden könnten - aber Rechnung getragen und deshalb das Mindestalter auf 25 Jahre festgesetzt (StenBer., 8. WP, 230. Sitzung, S. 18687).
3. a) Mit Beschluß vom 16. März 1982 erklärte das Bundesverfassungsgericht § 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG insoweit für nichtig, als auch bei Erfüllung der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen die gerichtliche Feststellung über die Änderung der ursprünglichen Geschlechtszugehörigkeit vor Vollendung des 25. Lebensjahres ausgeschlossen war (BVerfGE 60, 123). Damit entfiel die Altersgrenze für die große Lösung einschließlich der mit ihr verbundenen Vornamensänderung. In der Entscheidung heißt es abschließend, die Verfassungswidrigkeit der Altersgrenze im Rahmen des personenstandsrechtlichen Feststellungsverfahrens indiziere nicht ohne weiteres auch die Verfassungswidrigkeit der Altersregelung bei der kleinen Lösung; denn diese sei unter Bedingungen möglich, die den Anforderungen der großen Lösung nicht annähernd vergleichbar seien (a.a.O., S. 135).
b) Unter Hinweis auf diesen Beschluß, der ein gesetzliches Mindestalter für geschlechtsanpassende Operationen nicht ausschloß, fragte der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit 1983 bei der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung an, wie in der Praxis bei geschlechtsanpassenden Operationen hinsichtlich des Alters verfahren werde und welche Erkenntnisse aus anderen Ländern über altersmäßige Voraussetzungen für den ärztlichen Eingriff vorlägen.
Die Bundesärztekammer erklärte, der Abschluß der psychosexuellen Reifung sei individuell sehr unterschiedlich. Die Volljährigkeitsgrenze von 18 Jahren liege für eine Operation in vielen Fällen zu niedrig, die Grenze von 21 Jahren schon relativ hoch. In Ausnahmefällen sollte auch vor dem 18. Lebensjahr bei entsprechender Überprüfung der Voraussetzungen die Operation nicht ausgeschlossen werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung führte aus, die im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Befürchtungen, die zu der Altersgrenze für die kleine und die große Lösung geführt hätten, seien ernst zu nehmen, wenn auch nicht belegbar gewesen. Inzwischen habe sich in der Praxis ihre Gegenstandslosigkeit erwiesen. Die Indikationsstellung werde in der Bundesrepublik mit großer Vorsicht gehandhabt. Der von der Gesellschaft empfohlene langwierige diagnostische Prozeß könne im Einzelfall schon vor Vollendung des 25. Lebensjahres abgeschlossen sein und die Indikationsstellung zu geschlechtskorrigierenden Operationen begründen. Durch den Fortbestand der Altersgrenze in § 1 TSG werde die Intention des Gesetzentwurfs - mit der kleinen Lösung die Notwendigkeit oder zumindest die Eilbedürftigkeit von Operationen zu relativieren - ins Gegenteil verkehrt.
Zu einer Änderung des Transsexuellengesetzes, insbesondere in bezug auf die Altersgrenze, ist es in der Folgezeit nicht gekommen.
II.
1. Die Ausgangsverfahren betreffen zwei Frau-zu-Mann- Transsexuelle und eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle. Die Antragsteller sind deutsche Staatsangehörige im Alter zwischen 22 und 24 Jahren, die eine Vornamensänderung nach § 1 TSG begehren. Die von den Amtsgerichten eingeholten Gutachten von je zwei Sachverständigen kommen zu dem Ergebnis, daß bei ihnen eine seit mindestens drei Jahren bestehende zwanghafte und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr änderbare Transsexualität vorliegt.
2. Die Amtsgerichte haben die Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
a) Aufgrund der Gutachten und der persönlichen Anhörung der Antragsteller seien sie davon überzeugt, daß die Voraussetzungen für eine Vornamensänderung nach § 1 TSG bis auf das Mindestalter erfüllt seien. Die gesetzliche Altersgrenze sei mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
Dieser Beurteilung stehe der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts, daß die Nichtigerklärung der Altersgrenze bei der großen Lösung nicht die Verfassungswidrigkeit der Altersgrenze bei der kleinen Lösung indiziere (BVerfGE 60, 123 [135]), nicht entgegen. Vielmehr sei auch hier von Bedeutung, daß der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht beschränkt werde. Diesem Grundrecht solle das Transsexuellengesetz Rechnung tragen. Mit der Altersgrenze für die Vornamensänderung schneide es aber, obwohl dieselben medizinischen Voraussetzungen gegeben seien, jüngeren Personen im Unterschied zu älteren die Möglichkeit ab, einen ihrem Empfinden entsprechenden Vornamen zu erhalten. Wie die Ausgangsfälle zeigten, könne ein irreversibler Transsexualismus auch bei Personen unter 25 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Ob eine hinreichend sichere Diagnose vorliege, lasse sich nur im Einzelfall aufgrund einer Beweiswürdigung beurteilen. Die Ungleichbehandlung der jüngeren Transsexuellen sei mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar.
Die hohe Altersgrenze für die Vornamensänderung habe nach der Nichtigerklärung der Altersgrenze für die große Lösung zudem zur Folge, daß Transsexuelle unter 25 Jahren dazu gedrängt oder sogar gezwungen würden, eine geschlechtsanpassende Operation durchführen zu lassen, um eine Änderung ihrer Vornamen im Rahmen der großen Lösung zu erreichen. Das widerspreche dem eigentlichen Ziel der kleinen Lösung, schon vor einer Operation eine Hilfe zu bieten, und laufe der Intention des Gesetzgebers zuwider, junge Menschen davor zu bewahren, sich zu früh einer Operation zu unterziehen.
b) Im Verfahren 1 BvL 40/92 hat das vorlegende Amtsgericht darüber hinaus ausgeführt, aus dem Ziel des Gesetzgebers, einen voreiligen Umstieg zum anderen Geschlecht zu verhindern, ließen sich einleuchtende Gründe für die Ungleichbehandlung jüngerer und älterer Transsexueller bei der Vornamensänderung nicht herleiten. Da der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 8 TSG bewußt davon abgesehen habe, für die medizinische Behandlung eine Altersgrenze einzuführen, stehe einem solchen "Umstieg" ohnehin nichts im Wege. Es sei ein Widerspruch, wenn die bloße Vornamensänderung von einem Mindestalter abhängig gemacht werde, während der medizinische Eingriff, der Voraussetzung für eine Vornamensänderung im Rahmen der großen Lösung sei, keiner Altersgrenze unterliege.
Medizinische Gründe für eine Altersgrenze von 25 Jahren seien nicht erkennbar. Die ärztliche Praxis habe gezeigt, daß ein solches Mindestalter auch für operative Eingriffe nicht sachgerecht sei, wie sich aus den Stellungnahmen der 1983 befragten Fachkreise ergebe. Soweit in der medizinischen Literatur von Fällen berichtet werde, in denen Transsexuelle ihre Entscheidung zur Geschlechtsumwandlung später bedauert hätten, habe es sich um ältere Patienten gehandelt. Die Praxis in der Bundesrepublik seit dem Inkrafttreten des Transsexuellengesetzes am 1. Januar 1981 habe nicht die Befürchtung bestätigt, daß es zum Mißbrauch der gesetzlich eröffneten Möglichkeiten kommen würde.
III.
1. Der Bundesminister des Innern hat namens der Bundesregierung die zur Prüfung gestellte Norm verteidigt.
Die Altersgrenze für die Vornamensänderung sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dem Gesetzgeber komme eine Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung zu, von welchem Alter an mit hinreichender Sicherheit die Gefahr eines Prognoseirrtums hinter den Belangen des Betroffenen zurücktreten müsse. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß die Erleichterung der Vornamensänderung bei Personen mit einer gewissen transsexuellen Veranlagung zu einem voreiligen Umstieg in das andere Geschlecht führen könne; er habe eine vorzeitige Fixierung einer noch nicht ausgereiften Persönlichkeit auf den Transsexualismus verhindern wollen. Diese Überlegungen erwiesen sich in der Rückschau als berechtigt. Es habe sich gezeigt, daß die Feststellung echter Transsexualität erheblich schwieriger sei als ursprünglich in der Sexualwissenschaft angenommen. Die Aussagen über irreversible Transsexualität seien deutlich vorsichtiger geworden; auch über die Erfolgsaussichten psychotherapeutischer Bemühungen bestehe Dissens. Die Feststellung des Transsexualismus und die Aussagen der Sachverständigen darüber, ob sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern werde, bewegten sich häufig im Bereich der Vermutung. Angesichts dieser bereichsspezifischen Begrenztheit des Erkenntnisvermögens könne es dem Gesetzgeber nicht verwehrt werden, zusätzlich eine Altersgrenze einzuführen, um eine vorzeitige Fixierung zu vermeiden. Anderenfalls ginge das Prognoserisiko zu Lasten der Betroffenen; in deren wohlverstandenem Interesse solle die gesetzliche Regelung dem vorbeugen.
Die Festlegung der Grenze auf 25 Jahre könne unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht als offensichtlich fehlsam bezeichnet werden. Für sie gebe es vielmehr vernünftige, einleuchtende Gründe. Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil die große Lösung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1982 unterhalb dieser Grenze möglich sei. Anders als bei der Feststellung der geänderten Geschlechtszugehörigkeit, die operative Eingriffe voraussetze, gebe es bei der bloßen Vornamensänderung in aller Regel keine vergleichbaren Indizien für eine irreversible Entscheidung.
2. Die Antragsteller der Ausgangsverfahren zu 1 BvL 40/92 und 1 BvL 43/92 haben vorgetragen:
Das Argument des Bundesministers des Innern, die Altersgrenze für die Vornamensänderung verhindere eine vorzeitige Fixierung auf den Transsexualismus bei noch nicht ausgereiften Persönlichkeiten, beruhe auf unzutreffenden Annahmen über die Entstehung der Geschlechtsidentität. Angesichts der seit 1982 bestehenden Möglichkeit für jüngere Transsexuelle, nach geschlechtsumwandelnden medizinischen Behandlungen die Personenstandsänderung zu erreichen, sei nicht ersichtlich, inwiefern die zusätzliche Möglichkeit, vor Vollendung des 25. Lebensjahres die Vornamen zu ändern, zu einer größeren Zahl von Transsexuellen führen könnte.
Die Altersgrenze habe keinen Bezug zu etwaigen diagnostischen Schwierigkeiten; die Diagnose sei bei jüngeren Transsexuellen sogar leichter. Auch die Therapie hänge nicht vom Lebensalter des Betroffenen ab, sondern von den Umständen des Einzelfalles. Auf eine Einschätzungsprärogative könne sich der Gesetzgeber auch deshalb nicht stützen, weil die Altersgrenze von 25 Jahren außerhalb dessen liege, was in den fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen diskutiert werde. Wie sich aus den Antworten auf die Anfrage des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit von 1983 ergebe, hielten die maßgeblichen Fachleute eine Altersgrenze von 18 Jahren für wünschenswert und eine solche von 21 Jahren für vertretbar, ein Mindestalter von 25 Jahren aber eindeutig für zu hoch. Daß der Gesetzgeber nach Einholung dieser Stellungnahmen bewußt von der Einführung einer Altersgrenze für die medizinischen Eingriffe abgesehen habe, lasse auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG in einem neuen Licht erscheinen.
 
B.
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig.
I.
1. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen.
Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72 [88]). Diese Bindung ist um so enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, daß eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Die engere Bindung ist jedoch nicht auf personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 55, 72 [89]). Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 60, 123 [134]; 82, 126 [146]).
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 55, 72 [90]). Dagegen prüft das Bundesverfassungsgericht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 82, 126 [146]).
Die Erwägungen, die dieser Abstufung zugrunde liegen, sind auch für die Frage von Bedeutung, inwieweit dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Ausgangslage und der möglichen Auswirkungen der von ihm getroffenen Regelung eine Einschätzungsprärogative zukommt. Für die Überprüfung solcher Prognosen gelten ebenfalls differenzierte Maßstäbe, die von der bloßen Evidenzkontrolle bis zu einer strengen inhaltlichen Kontrolle reichen. Dabei sind insbesondere die Eigenart des jeweiligen Sachverhalts und die Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter zu berücksichtigen; außerdem hängt der Prognosespielraum auch von der Möglichkeit des Gesetzgebers ab, sich im Zeitpunkt der Entscheidung ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden (vgl. BVerfGE 50, 290 [332 f.]).
2. Nach diesen Maßstäben ist eine strenge Prüfung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG geboten. Bei der Altersgrenze für die Vornamensänderung handelt es sich um eine Differenzierung, die an personenbezogene Merkmale anknüpft und sich erheblich auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht auswirkt. Art. 2 Abs. 1 schützt in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG die engere persönliche Lebenssphäre, insbesondere auch den Intim- und Sexualbereich (vgl. BVerfGE 47, 46 [73]; 60, 123 [134]), und gewährleistet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu bestimmen, aus welchem Anlaß und in welchen Grenzen er persönliche Lebenssachverhalte offenbart (vgl. BVerfGE 65, 1 [41 f.]; 84, 192 [194]). Dem Schutz dieser Rechtsgüter dient das Transsexuellengesetz. Die kleine Lösung soll der besonderen Situation Transsexueller schon vor einer geschlechtsanpassenden Operation oder bei Verzicht auf operative Eingriffe Rechnung tragen und es ihnen ermöglichen, in der ihrem Empfinden entsprechenden Geschlechtsrolle zu leben, ohne sich im Alltag Dritten und Behörden gegenüber offenbaren zu müssen. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift wäre deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG nur dann vereinbar, wenn es für den Ausschluß der bloßen Vornamensänderung bei transsexuell veranlagten Personen unter 25 Jahren Gründe von solcher Art und solchem Gewicht gäbe, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Das ist jedoch nicht der Fall.
a) Die Altersgrenze führt zu einer empfindlichen Benachteiligung von Personen unter 25 Jahren, bei denen zwei Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt sind, daß eine mit hoher Wahrscheinlichkeit irreversible Transsexualität vorliegt. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes konnten diese Personen eine Änderung ihrer Vornamen in solche Namen, die ihrem Empfinden und ihrem Auftreten entsprechen, vor Vollendung des 25. Lebensjahres überhaupt nicht erreichen. Seit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1982 (BVerfGE 60, 123) steht ihnen das personenstandsrechtliche Feststellungsverfahren, und damit auch die Vornamensänderung, nach § 8 TSG offen, sobald die dafür erforderlichen operativen Eingriffe durchgeführt sind. Im Unterschied zu Transsexuellen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, ist ihnen aber die Möglichkeit versagt, bereits vor einer geschlechtsanpassenden Operation in der Rolle des anderen Geschlechts zu leben, ohne sich wegen ihrer unveränderten Vornamen ständig belastenden Situationen am Arbeitsplatz, in der Ausbildung, im Umgang mit Behörden und allgemein im Alltagsleben aussetzen zu müssen.
Diese Ungleichbehandlung wiegt besonders schwer, wenn man das mit der kleinen Lösung verfolgte Ziel berücksichtigt. Die Regelung über die Vornamensänderung soll die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß Transsexuelle den Rollenwechsel frühzeitig vornehmen können, damit ihnen schon vor operativen Eingriffen geholfen und ihr Leidensdruck erheblich gemindert wird. Darüber hinaus soll die rechtliche Absicherung des Rollenwechsels es ihnen ermöglichen, das Leben in der anderen Geschlechtsrolle vor der Entscheidung über weitgehend irreversible medizinische Maßnahmen über längere Zeit zu erfahren und sich so zu vergewissern, ob dieses Leben wirklich ihrem Empfinden entspricht und sie auch nicht überfordert. Auf diese Weise soll also sowohl eine zusätzliche Absicherung der Diagnose erreicht als auch das Einleben in die neue Rolle schon vor erheblichen operativen Eingriffen erleichtert werden.
Die Versagung dieser Möglichkeiten kann sich bei jüngeren Transsexuellen besonders empfindlich auswirken. Zum einen sind sie in einem Alter, in dem sie in aller Regel die Weichen für ihre berufliche Zukunft stellen, eine Ausbildung abschließen und häufig auch ihren ersten Arbeitsplatz suchen müssen. Für sie ist es deshalb besonders wichtig, in der ihrem Empfinden entsprechenden Rolle Selbstvertrauen zu gewinnen und vor belastenden Situationen bewahrt zu werden, die sich ergeben, wenn die in den Ausweisen genannten Vornamen mit ihrem Auftreten nicht in Einklang stehen. Der Zweck der kleinen Lösung, Schwierigkeiten im Alltag, insbesondere auch im Verhältnis zum Arbeitgeber, vermeiden zu helfen, hat bei ihnen erhebliches Gewicht. Zum anderen haben gerade auch jüngere Transsexuelle ein Interesse daran, den Rollenwechsel zu erproben, bevor sie sich weitgehend irreversiblen Eingriffen unterziehen, und nicht umgekehrt durch die Rechtslage dazu veranlaßt zu werden, sich voreilig für solche Maßnahmen zu entscheiden. So war es auch ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers, gerade jüngere Menschen vor nicht hinreichend bedachten Entschlüssen zu bewahren.
b) Gründe, die eine derart empfindliche Benachteiligung jüngerer Transsexueller rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Ob die Befürchtung, daß eine erleichterte Vornamensänderung bei jüngeren Menschen mit einer gewissen transsexuellen Veranlagung zu deren vorzeitigen Fixierung führen könnte, zur Zeit der Verabschiedung des Gesetzes innerhalb der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers lag, kann hier dahingestellt bleiben. Ebensowenig bedarf es näherer Prüfung, ob das Mindestalter von 25 Jahren für eine Vornamensänderung nach dem damaligen Erkenntnisstand als Maßnahme erscheinen konnte, die geeignet war, unbedachten und auf einer unzureichend abgesicherten Diagnose beruhenden Entscheidungen entgegenzuwirken. Die Annahme, daß die Altersgrenze in § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG geboten war, um jüngere Menschen vor einem übereilten Rollenwechsel und den Folgen eines etwaigen Prognoseirrtums zu schützen, läßt sich jedenfalls heute nicht mehr begründen. Gegen das Risiko eines Irrtums werden jüngere Menschen vielmehr durch das geltende Recht nicht besser, sondern schlechter geschützt.
Der Gesetzgeber hat nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der das Mindestalter für das personenstandsrechtliche Feststellungsverfahren nach § 8 TSG für nichtig erklärt wurde, keinen Anlaß gesehen, für geschlechtsanpassende Operationen eine Altersgrenze einzuführen (vgl. A I 3). Er hat es also - wohl im Hinblick auf die eingeholten Stellungnahmen - nicht für geboten erachtet, jüngere Personen, bei denen eine mit hoher Wahrscheinlichkeit irreversible Transsexualität diagnostiziert worden ist und operative Eingriffe für medizinisch indiziert erachtet werden, wegen der Möglichkeit eines Prognoseirrtums vor unbedachten Entschlüssen zu schützen.
Unter diesen Umständen gibt es keinen einleuchtenden Grund dafür, denselben Personenkreis vor einer Entscheidung zu bewahren, die weit weniger einschneidend ist und wieder rückgängig gemacht werden kann, wenn sich die Diagnose im Einzelfall - trotz der verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen in den §§ 1 bis 4 TSG - als falsch erweisen sollte. Die Altersgrenze für die Vornamensänderung ist vielmehr eher geeignet, das Leben in der anderen Geschlechtsrolle über einen längeren Zeitraum vor der Operation - und damit eine zusätzliche Absicherung der Diagnose - zu erschweren und jüngere Transsexuelle zu einer möglichst frühen Entscheidung für eine geschlechtsanpassende Operation zu veranlassen, weil sie nur auf diesem Wege die Voraussetzungen für eine Vornamensänderung im Rahmen der großen Lösung schaffen können. Deshalb kann auch das Argument, das Risiko einer Fehldiagnose sei größer als ursprünglich angenommen und der Transsexualismus werde heute insgesamt differenzierter beurteilt, den Ausschluß der Vornamensänderung bei jüngeren Menschen mit transsexueller Veranlagung nicht rechtfertigen. Wenn es richtig ist, daß die Prognose einer nicht mehr veränderbaren Transsexualität Schwierigkeiten bereitet, spricht das nicht gegen die Öffnung der kleinen Lösung für jüngere Transsexuelle, sondern eher dafür, auch ihnen die Erprobung des Rollenwechsels vor der Durchführung irreversibler Maßnahmen zu erleichtern. Ebensowenig läßt sich aus einer differenzierteren Sicht des Transsexualismus folgern, daß jüngeren Transsexuellen die Möglichkeit der Vornamensänderung abzuschneiden ist. Denn die kleine Lösung wurde gerade im Hinblick darauf geschaffen, daß von Ärzten und Psychologen ein weiterer Behandlungs- und Entscheidungsspielraum vor irreversiblen Eingriffen für erforderlich gehalten wurde (vgl. Pfäfflin, StAZ 1986, S. 199 [201]; vgl. auch Ehrhardt, in: Festschrift für Volrad Deneke, 1985, S. 272 [280 f.]; Sigusch, Zeitschrift für Sexualforschung 1991, S. 309 [S. 337, Fn. 5]).
3. Da § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG schon wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist, kann offenbleiben, ob die Regelung auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG Bedenken begegnet.
II.
Steht eine Norm mit dem Grundgesetz nicht in Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1 BVerfGG). Etwas anderes gilt mit Rücksicht auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, wenn ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auf verschiedene Weise behoben werden kann. Ist aber mit Sicherheit anzunehmen, daß der Gesetzgeber bei Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes die nach der Nichtigerklärung verbleibende Regelung wählen würde, so darf das Bundesverfassungsgericht eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Regelung für nichtig erklären (vgl. BVerfGE 27, 391 [399]).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Da der Gesetzgeber - nach Einholung von Stellungnahmen - davon abgesehen hat, eine Altersgrenze für geschlechtsanpassende Operationen vorzusehen, ist nicht davon auszugehen, daß er für die Vornamensänderung eine neue Altersgrenze einführen würde. Ob eine deutlich niedrigere Altersgrenze als die bisher in § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG vorgesehene mit dem Gleichheitssatz vereinbar wäre, bedarf deshalb keiner Prüfung.
Es kann auch ausgeschlossen werden, daß der Gesetzgeber zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit den Weg wählen würde, die Regelung über die Vornamensänderung völlig aufzuheben und das Transsexuellengesetz auf die große Lösung zu beschränken; die Frage, ob eine solche Entscheidung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hinreichend Rechnung tragen würde, braucht deshalb auch in diesem Zusammenhang nicht geklärt zu werden. Die Entscheidung, die kleine Lösung neben der großen Lösung vorzusehen, wurde 1980 nach eingehender Diskussion getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß diese Regelung sich nicht bewährt oder zu Mißbräuchen geführt hat, sind nicht erkennbar. Die Stellungnahmen der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung aus den Jahren 1983 und 1984 sprechen gegen eine solche Annahme; auch der Bundesminister des Innern hat in seiner Äußerung zu diesem Verfahren keine Anhaltspunkte für nachteilige Auswirkungen der kleinen Lösung genannt. Die mit dieser Lösung verbundene Erwartung, daß eine erleichterte Vornamensänderung dazu beitragen könnte, die Situation Transsexueller schon vor einer Operation wesentlich zu verbessern und den Entscheidungsspielraum der behandelnden Ärzte wie auch des Transsexuellen selbst zu erweitern, scheint sich eher bestätigt zu haben (vgl. Cabanis, in: Festschrift für Horst Leithoff, 1985, S. 487 [491]; Pfäfflin, StAZ 1986, S. 199 [201 f.]). Von einer positiven Wertung ist offenbar auch der Gesetzgeber ausgegangen, als er die kleine Lösung bei der Neufassung des Paßgesetzes im Jahre 1986 noch einmal bestätigt hat. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 PaßG enthält der vorläufige Paß abweichend von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PaßG keine Angabe über das Geschlecht; damit soll die Situation Transsexueller, die bereits eine Vornamensänderung erreicht haben, bei denen jedoch das personenstandsrechtliche Feststellungsverfahren nach § 8 TSG noch nicht durchgeführt ist, erleichtert werden (vgl. BTDrucks. 10/5128, S. 5).
Herzog, Henschel, Grimm, Kühling, Söllner, Seibert, Dieterich
(Der Richter Seidl ist durch Krankheit an der Unterschrift gehindert. Herzog)