BVerfGE 84, 290 - Treuhandanstalt I
Zu dem Recht auf Staatsfreiheit und Chancengleichheit, das aus dem den Parteien zukommenden verfassungsrechtlichen Status fließt, gehört auch das Recht der Parteien, in den durch Art. 21 GG selbst sowie durch die Gesetze gezogenen Schranken frei von staatlicher Kontrolle über ihre Einnahmen und ihr Vermögen zu verfügen. Der Gewährleistungsbereich des Art. 21 Abs. 1 GG wird jedoch nicht davon berührt, daß das Vermögen der in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik wirkenden Parteien aus der Zeit vor dem 7. Oktober 1989 unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden ist.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 10. Juli 1991 gemäß § 24 BVerfGG
-- 2 BvE 3/91 --
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen, 1. der Deutsche Bundestag hat dadurch die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21, 21 GG verletzt, daß er in Art. 1 des Einigungsvertrages vom 23. September 1990 der Regelung in Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschalands vom 31. August 1990 - Einigungsvertrag - zugestimmt hat, die Parteieinkommission der Deutschen Demokratischen Republik mit der Stellung einer obersten Bundesbehörde und mit den Befugnissen nach §§ 20a und 20b des Parteiengesetzes der Deutschen Demokratischen Republik in Bundesrecht zu übernehmen, 2. der Deutsche Bundestag hat dadurch die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21, 14 GG verletzt, daß er in Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes der Regelung in Anlage II Sachgebiet A Abschnitt III Buchstabe d) des Einigungsvertrages zugestimmt hat, wonach die Treuhandanstalt das Vermögen der Antragstellerin mit der Maßgabe verwaltet, a) es an die früheren Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurückzuführen oder, soweit dies nicht möglich ist, das Vermögen zugunsten gemeinnütziger Zwecke zu verwenden, b) nur die nachweislich nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen i.S. des Grundgesetzes erworbenen Vermögensgegenstände der Antragstellerin wieder zu Verfügung zu stellen, c) diese Aufgabe im Einvernehmen mit der Parteienkommission wahrzunehmen, 3. der Bundesrat hat dadurch die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21, 14 GG verletzt, daß er den unter 1. und 2. genannten Regelungen zugestimmt hat, 4. die Bundesregierung verletzt die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21, 14 GG, indem sie a) die Parteienkommission der Deutschen Demokratischen Republik mit den Befugnissen aus §§ 20a, 20b Parteiengesetz der Deutschen Demokratischen Republik als Teil der Bundesverwaltung weiterführt und ihr Personal und Mittel der Bundesverwaltung zuordnet, b) ihre Aufsicht über die von der Treuhandanstalt und der Parteienkommission ausgeübte Verwaltung des Parteivermögens der Antragstellerin nicht i.S. der Betätigungsfreiheit der Parteien entsprechend Art. 21 GG ausübt, 5. der Bundesminister der Finanzen verletzt die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21, 14 GG, indem er die ihm obliegende Fach- und Rechtsaufsicht über die Treuhandanstalt ohne Berücksichtigung der Betätigungsfreiheit und der Eigentumsfreiheit der Antragstellerin gemäß Art. 21, 14 GG ausübt und es insbesondere unterlassen hat, die Treuhandanstalt anzuweisen, der Antragstellerin die für ihre laufende politische Tätigkeit benötigten Vermögensgegenstände, insbesondere ihre Konten, zur freien Verfügung zu übertragen, und Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, Antragsteller: Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), vertreten durch den Vorsitzenden, Dr. Gregor Gysi, Kleine Alexanderstraße 28, Berlin, - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Helmut Rittstieg, Klein Flottbeker Weg 66, Hamburg 52 -, Antragsgegner: 1. Deutscher Bundestag, vertreten durch den Präsidenten, Bundeshaus, Bonn 1, - Bevollmächtigter: Prof. Dr. Wolfgang Knies, Am Botanischen Garten 5, Saarbrücken 11-, 2. Bundesrat, vertreten durch den Präsidenten, Bundeshaus, Bonn 1, 3. Bundesregierung, vertreten durch den Bundeskanzler, Adenauerallee 139/141, Bonn 1, 4. Bundesminister der Finanzen, Graurheindorfer Straße 108, Bonn 1, Bevollmächtigter zu 3) und 4): Prof. Dr. Hans-Peter Schneider, Echternfeld 16, Hannover 51.
Entscheidungsformel:
Der Antrag wird verworfen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
 
Gründe:
 
A.
Der Organstreit betrifft die Bestimmungen des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) -- Einigungsvertrag (EV) -- über die Verwaltung des Vermögens der Parteien und der mit ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik aus der Zeit vor dem 7. Oktober 1989.
I.
Durch Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Parteien und andere politische Vereinigungen -- Parteiengesetz -- vom 21. Februar 1990 (GBl. I S. 66) der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. Mai 1990 (GBl. I S. 275) wurden in das Parteiengesetz (PartG-DDR) die §§ 20a und 20b eingefügt. Diese Vorschriften lauten:
    § 20a
    (1) Der Ministerpräsident setzt eine unabhängige Kommission ein, die einen Bericht über die Vermögenswerte aller Parteien und mit ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen der DDR im In- und Ausland erstellt.
    (2) Die Parteien und die ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen haben unbeschadet der Pflichten gemäß Absatz 1 eingesetzten Kommission vollständig Rechenschaft zu legen,
    a) welche Vermögenswerte seit dem 8. Mai 1945 in ihr Vermögen oder das einer Vorgänger- oder Nachfolgeorganisation durch Erwerb, Enteignung oder auf sonstige Weise gelangt sind oder veräußert, verschenkt oder auf sonstige Weise abgegeben wurde;
    b) insbesondere ist eine Vermögensübersicht nach dem Stand vom 7. Oktober 1989 sowie über die seitdem erfolgten Veränderungen zu erstellen.
    (3) Die Rechenschaftspflicht erstreckt sich auf sämtliche Vorgänge und Unterlagen, die für die Beurteilung der Vermögenssituation von Bedeutung sein können, insbesondere auch auf rechtliche, wirtschaftliche oder sonstige Beteiligungen an Unternehmen und geschäftliche Verbindungen, auch wenn sie über andere natürliche oder juristische Personen abgewickelt wurden, wobei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen ist.
    (4) Die vom Ministerpräsidenten eingesetzte unabhängige Kommission hat zur Durchführung ihrer Arbeit das Recht zur Beweisaufnahme, entsprechend den Verfahrensregeln der Strafprozeßordnung Zeugen zu vernehmen, Hausdurchsuchungen, sonstige Durchsuchungen und Beschlagnahmungen vornehmen zu lassen. Alle Behörden, Organisationen und Bürger der DDR sind verpflichtet, die Kommission zu unterstützen.
    (5) Der Ministerpräsident leitet der Volkskammer den  Bericht der Kommission bis zum 30. Juni 1990 zu.
    § 20b
    (1) Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes können die Parteien und die ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen Vermögensveränderungen wirksam nur mit Zustimmung des Vorsitzenden der unabhängigen Kommission vornehmen.
    (2) Zur Sicherung von Vermögenswerten von Parteien oder ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen wird das Vermögen der Parteien und der ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen, das am 7. Oktober 1989 bestanden oder seither an die Stelle dieses Vermögens getreten ist, unter treuhänderische Verwaltung gestellt.
    (3) Die treuhänderische Verwaltung wird von der vom Ministerpräsidenten eingesetzten unabhängigen Kommission wahrgenommen.
In Art. 9 Abs. 2 EV ist vereinbart, daß das in Anlage II aufgeführte Recht der Deutschen Demokratischen Republik mit den dort genannten Maßgaben in Kraft bleibt, soweit es mit dem Grundgesetz unter Berücksichtigung des Einigungsvertrages sowie mit dem unmittelbar geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar ist. Diese Anlage bestimmt in Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III:
    Folgendes Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt mit folgenden Maßgaben in Kraft:
    §§ 20a und 20b des Parteiengesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Februar 1990 (GBl. I Nr. 9  S. 66), das zuletzt durch Gesetz vom 22. Juli 1990 (GBl. I  Nr. 49 S. 904) geändert worden ist, mit folgenden Maßgaben:
    a) Die Kommission unterliegt der Rechtsaufsicht der Bundesregierung. Die Bundesregierung beruft nach Wirksamwerden des Beitritts im Benehmen mit dem Bundestagspräsidenten sechs weitere Mitglieder der Kommission. Die Bundesregierung kann von dem Wirksamwerden des Beitritts an im Benehmen mit dem Bundestagspräsidenten bis zu einer Entscheidung des 12. Deutschen Bundestages Mitglieder der Kommission aus wichtigem Grund abberufen und Ersatzmitglieder berufen.
    b) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung der Bestimmungen in Buchstabe a) die Einrichtung der Kommission und das Verfahren regeln.
    c) Die Kommission leitet über die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 15. Januar 1991 einen Zwischenbericht zu.
    d) Die treuhänderische Verwaltung nach § 20b Abs. 3 wird der auf Grundlage des Gesetzes vom 17. Juni 1990 (GBl. I Nr. 33 S. 300) gebildeten Treuhandanstalt übertragen. Diese führt das Vermögen an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurück. Soweit dies nicht möglich ist, ist das Vermögen zugunsten gemeinnütziger Zwecke, insbesondere der wirtschaftlichen Umstrukturierung, in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet zu verwenden. Nur soweit Vermögen nachweislich nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen im Sinne des Grundgesetzes erworben worden ist, wird es den in § 20a Abs. 2 genannten Institutionen wieder zur Verfügung gestellt. Die Treuhandanstalt nimmt die vorbezeichneten Aufgaben im Einvernehmen mit der Kommission wahr.
Die Vertragsparteien haben diesem Text folgende Fußnote beigefügt:
    Die Parteien gehen davon aus, daß es sich bei dieser Regelung nicht um Enteignung handelt, sondern darum, daß die materielle Rechtslage bzw. der dieser Rechtslage entsprechende Rechtszustand zugunsten der früher Berechtigten wiederhergestellt wird.
Der Bundestag hat am 20. September 1990 das Gesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands -- Einigungsvertragsgesetz -- und der Vereinbarung vom 18. September 1990 vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885) angenommen. In Art. 1 Satz 1 dieses Gesetzes wird dem Einigungsvertrag zugestimmt. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner 619. Sitzung am 21. September 1990 seine Zustimmung erteilt. Es ist am 28. September 1990 verkündet worden.
II.
1. Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, daß der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und der Bundesminister der Finanzen ihre Rechte aus Art. 21, 14 GG verletzten.
Sie ist der Auffassung, Bundestag und Bundesrat hätten durch ihre Zustimmung zu den die Verwaltung ihres Vermögens betreffenden Regelungen des Einigungsvertrages ihre Rechte aus Art. 21 und 14 GG verletzt. Die Bundesregierung verletze diese Rechte, indem sie die durch das Parteiengesetz der DDR eingerichtete unabhängige Kommission (nachfolgend: Kommission) als Teil der Bundesverwaltung weiterführe und sie personell und sachlich ausstatte sowie ihre Aufsicht über Treuhandanstalt und Kommission nicht im Sinne der Betätigungsfreiheit der Parteien entsprechend Art. 21 GG ausübe.
Die Unabhängigkeit der Parteienkommission widerspreche Art. 86 ff. GG. Der Bundesminister der Finanzen verletze die Rechte der Antragstellerin aus Art. 21 und 14 GG, indem er die ihm obliegende Fach- und Rechtsaufsicht über die Treuhandanstalt ohne Berücksichtigung der Betätigungsfreiheit und der Eigentumsfreiheit ausübe und es insbesondere unterlassen habe, die Treuhandanstalt anzuweisen, ihr die für ihre laufende politische Tätigkeit benötigten Vermögensgegenstände, insbesondere ihre Konten, zur freien Verfügung zu übertragen. Da der Einigungsvertrag alle Vermögenswerte unter treuhänderische Verwaltung stelle, könne sie über eingehende Mitgliedsbeiträge, Spenden, Wahlkampfkostenerstattungen und sonstige Leistungen nicht ohne Zustimmung der Treuhandanstalt verfügen. Daß bislang für neu eingehende Mitgliedsbeiträge keine Kontentrennung erfolgt sei, beruhe auf der Unsicherheit, welche Vermögenswerte rechtlich der Treuhandverwaltung unterlägen. Ein praktikabler Vorschlag zur Kontentrennung sei der Antragstellerin bislang nicht gemacht worden.
Die umfassende und offenbar für eine längere Frist vorgesehene Verwaltung ihres Vermögens durch die Treuhandanstalt, die ihre Aufgabe im Einvernehmen mit der Kommission wahrzunehmen habe, sei mit dem Grundsatz der Parteienfreiheit um so weniger vereinbar, als das Kriterium für die Rückübertragung von Vermögenswerten -- Erwerb "nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen im Sinne des Grundgesetzes" -- inhaltlich nicht bestimmbar sei. Schließlich enthalte die angegriffene Regelung eine rechtsstaatswidrige Rückwirkung, zumal sie sich auch auf vor 1949, ja sogar auf vor 1933 erworbene Vermögensgegenstände erstrecke. Der Antragstellerin werde ein mit der Eigentumsverfassung des Grundgesetzes unvereinbarer Nachweis aufgebürdet, der von ihr in vielen Fällen nicht geführt werden könne.
Die bestehende Rechtslage beeinträchtige, indem sie die Antragstellerin einer dauernden vermögensrechtlichen Bevormundung durch die Bundesregierung unterwerfe, auch ihre Chancengleichheit, da sie auf die früheren Blockparteien, die mit Parteien in der (alten) Bundesrepublik fusionierten, keine vergleichbare Auswirkung habe.
Die angegriffene Regelung laufe auf eine Konfiskation hinaus. Zur Wiederherstellung eines der materiellen Rechtslage entsprechenden Zustandes hätte es keiner Sonderregelung bedurft, da dies Ziel der allgemeinen Regelung der Vermögensfragen im Einigungsvertrag sei. Eine Konfiskation von Parteivermögen sei nach dem Grundgesetz nicht zulässig. Selbst wenn die angegriffene Regelung nicht als Konfiskation angesehen werden könne, sei sie mit Art. 14 GG unvereinbar, da sie eine das notwendige Maß überschreitende Inhalts- und Schrankenbestimmung darstelle. In rechtsstaatswidriger Weise werde ihre Tätigkeit insbesondere durch die der Kommission in § 20a Abs. 4 PartG-DDR eingeräumte Befugnis behindert. Die Vorschrift verweise auf die Strafprozeßordnung der Deutschen Demokratischen Republik, es fehle der nach Art. 13, 104 GG gebotene Richtervorbehalt. Die Vorschrift widerspreche im übrigen den Prinzipien rechtsstaatlichen Datenschutzes.
2. Die Antragstellerin hat weiter beantragt, die von ihr geltend gemachten Rechte durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG zu sichern.
III.
1. Der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung und der Bundesminister der Finanzen halten den Antrag bereits für unzulässig, weil im Organstreitverfahren nur um die Frage der Verletzung des verfassungsrechtlichen Status der Antragstellerin gestritten werden könne. Die verfassungsrechtlichen Statusrechte aus Art. 21 GG könne sie jedoch erst ab dem 3. Oktober 1990 in Anspruch nehmen. Der hierdurch erlangte Status wirke nicht auf das Datum des 7. Oktober 1989 zurück, an das die treuhänderische Verwaltung anknüpfe. Die damals vorhandenen oder seitdem ersetzten Vermögensbestandteile genössen noch nicht den verfassungsrechtlichen Schutz, den der Parteienstatus dem Organisations- und Funktionsvermögen der Parteien im allgemeinen verleihe. Im übrigen unterliege reines Wirtschaftsvermögen nicht dem besonderen Schutz aus Art. 21 GG. Soweit sich die Antragstellerin auf Art. 14 GG berufe, könne sie damit im Organstreit nicht gehört werden. Durch die angeblich verfassungsrechtlich unzulässige Ausübung der Rechts- und Fachaufsicht gegenüber der Treuhandanstalt und der Kommission durch die Bundesregierung und den Bundesminister der Finanzen werde die Antragstellerin nicht unmittelbar in ihrem verfassungsrechtlichen Status als politische Partei berührt.
2. Der Bundesrat hat von einer Äußerung abgesehen.
 
B.
Die Anträge sind unzulässig. Sie können daher gemäß § 24  Satz 1 BVerfGG auch ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß verworfen werden.
I.
Im Organstreit entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Art. 93  Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 63 ff. BVerfGG). Antragsteller und Antragsgegner des Verfahrens müssen in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zueinander stehen, aus dem sich die Rechte und Pflichten ergeben, die zwischen ihnen streitig sind (vgl. BVerfGE 73, 1 [30 m.w.N.]). Daran fehlt es hier, soweit sich der Antrag gegen die Bundesregierung und den Bundesminister der Finanzen richtet.
Die Antragstellerin wendet sich dagegen, daß die Bundesregierung die Kommission als Teil der Bundesverwaltung weiterführt und ihr personelle und sachliche Mittel zuordnet, sowie dagegen, daß die Bundesregierung und die zuständigen Bundesminister die ihnen obliegende Aufsicht über die Treuhandanstalt und die Kommission nicht in der von ihr als geboten erachteten Weise ausüben. Bei der Wahrnehmung der Aufsicht und der Ausführung von Bundesgesetzen handeln Bundesregierung und Bundesminister indes nicht als Verfassungsorgane oder als Teile eines solchen, sondern als Verwaltungsbehörden. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich insoweit nicht aus dem Grundgesetz oder aus der Geschäftsordnung der Bundesregierung, sondern aus den in Kapitel II Sachgebiet A  Abschnitt III der Anlage II zum Einigungsvertrag enthaltenen Bestimmungen. Streitigkeiten hierüber können nicht im Organstreit ausgetragen werden (vgl. BVerfGE 73, 1 [31]). Der Antragstellerin steht insoweit der Weg zu den Fachgerichten offen (vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Mai 1991 -- VG 1 A 72.91 -).
II.
Unzulässig sind auch die gegen den Deutschen Bundestag und den Bundesrat gerichteten Anträge; die Antragstellerin ist nicht antragsbefugt.
1. Politische Parteien können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die behauptete Verletzung ihres -- in Art. 21 Abs. 1 GG umschriebenen - verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan im Organstreit geltend machen (vgl. zuletzt BVerfGE 82, 322 [335]). Bundestag und Bundesrat, gegen die sich die Anträge zu 1. bis 3. richten, sind nach § 63 BVerfGG mögliche Antragsgegner. Der Bundestag hat das Einigungsvertragsgesetz beschlossen; der Bundesrat hat ihm zugestimmt.
2. Die Antragstellerin beantragt festzustellen, daß sie durch die mit dem Einigungsvertragsgesetz erfolgte Zustimmung der Antragsgegner zu der in der Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III zum Einigungsvertrag getroffene Regelung in ihren Rechten aus Art. 14 und Art. 21 GG verletzt worden sei. Damit wendet sie sich gegen eine Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG (vgl. zuletzt BVerfGE 82, 322 [335]).
3. Im Organstreit sind Parteien indessen nur insoweit antragsbefugt, als sie um Rechte streiten, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben. Dieser wird durch die aus Art. 21 GG abzuleitenden Prinzipien der Staatsfreiheit und Chancengleichheit der Parteien bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes innerhalb der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung des Grundgesetzes gekennzeichnet. Grundrechte, die den Parteien unabhängig von diesem besonderen verfassungsrechtlichen Status wie jedermann zustehen können (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG), gehören als solche nicht zu der durch Art. 21 GG geschützten Rechtsstellung, deren Beeinträchtigung nur im Organstreit geltend gemacht werden kann; ihre Verletzung ist im Rechtswege und letztlich mit der Verfassungsbeschwerde abzuwehren. Für einen Organstreit kann die Verletzung eines Grundrechts durch ein anderes Verfassungsorgan allenfalls mittelbar erheblich sein, wenn daraus erkennbar wird, daß eine Partei einer die Grundsätze der Staatsfreiheit und Chancengleichheit verletzenden Sonderbehandlung unterworfen wird. Daraus folgt, daß die Antragstellerin eine etwaige Verletzung von Grundrechten (hier Art. 2 Abs. 1, Art. 13, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 104 GG) im Organstreit vor dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar nicht rügen kann.
4. Auch im übrigen ermangelt die Antragstellerin der Antragsbefugnis, weil sie durch die in der Anlage II zum Einigungsvertrag getroffenen Regelungen über die Verwaltung ihres Vermögens nicht in dem ihr durch Art. 21 Abs. 1 GG verliehenen verfassungsrechtlichen Status verletzt sein kann.
a) Ein im Organstreit parteifähiger Antragsteller ist im Einzelfall dann befugt, einen Organstreit zu führen, wenn er schlüssig behauptet, daß der Antragsgegner durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung ein ihm von Verfassungs wegen als Organ oder Organteil zustehendes Recht beeinträchtigt hat (vgl. BVerfGE 80, 188 [209]). Eine Verletzung des durch Art. 21 Abs. 1 GG gewährleisteten verfassungsrechtlichen Status der Antragstellerin durch die angegriffene Maßnahme ist jedoch aus Rechtsgründen ausgeschlossen.
b) Zu dem Recht auf Staatsfreiheit und Chancengleichheit, das aus dem den Parteien zukommenden verfassungsrechtlichen Status fließt, gehört auch das Recht der Parteien, in den durch Art. 21 GG selbst sowie durch die Gesetze gezogenen Schranken frei von staatlicher Kontrolle über ihre Einnahmen und ihr Vermögen zu verfügen. Einer näheren Klärung von Inhalt und Schranken dieses Rechts, vor allem auch der Frage, in welchem Umfang, von welchem Zeitpunkt an und in welcher Weise neben der Gewährleistung ihres Eigentums durch Art. 14 GG die Vorschrift des Art. 21 Abs. 1 GG Schutzwirkungen zu Gunsten der Parteien entfaltet, bedarf es aus Anlaß des vorliegenden Verfahrens jedoch nicht. Denn der jetzige verfassungsrechtliche Status der Antragstellerin als Partei in einem demokratischen Staat, dessen politische Ordnung maßgeblich durch die freie Bildung und das Bestehen vom Staat unabhängiger und gleichberechtigter Parteien geprägt ist, gewährleistet ihr jedenfalls nicht ohne vorherige Prüfung der Erwerbsgründe das Recht zur Verfügung über solche Vermögensobjekte und zu deren Nutzung, die sie als Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) erlangt hatte; in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hatte sie die Stellung einer Staatspartei inne, die gerade auf der Verleugnung der Grundsätze der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien beruhte. Nun da sie in den freien politischen Wettbewerb der Parteien unter dem Grundgesetz eingetreten ist, steht dieses Vermögen jedenfalls insoweit außerhalb der Gewährleistung des Art. 21 Abs. 1 GG, als es nicht nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen, wie sie in einer freiheitlichen Demokratie für den Vermögenserwerb aller Parteien gelten, erworben worden ist.
c) Danach wird der Gewährleistungsbereich des Art. 21  Abs. 1 GG nicht davon berührt, daß das aus der Zeit vor dem 7. Oktober 1989 stammende Vermögen der in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik wirkenden Parteien und der mit ihnen verbundenen -- von ihnen als wesentliche Elemente zur Stabilisierung ihrer politischen Macht angesehenen und entsprechend gesteuerten -- Institutionen unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden ist. Die Treuhandanstalt hat die Aufgabe, das Vermögen an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurückzuführen, und es, soweit dies nicht möglich ist, zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden. Den von der Treuhandverwaltung betroffenen Parteien und Organisationen wird jedoch das Vermögen insoweit wieder zur Verfügung gestellt, als es nachweislich nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen im Sinne des Grundgesetzes erworben worden ist. Inwieweit diese Voraussetzung vorliegt, ist von den zuständigen Behörden unter fachgerichtlicher Kontrolle zu prüfen und zu entscheiden.
Diese gesetzliche Regelung kann den verfassungsrechtlichen Status der Antragstellerin als politischer Partei nicht verletzen: Von der ihre Verfügungsbefugnis beschränkenden Treuhandverwaltung werden von vornherein nur das vor dem 7. Oktober 1989 erworbene Altvermögen und die später an dessen Stelle getretenen Surrogate erfaßt; von diesem Vermögen wird der Antragstellerin dasjenige ausgekehrt, was ihr nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen zukommt. Die vorläufige Unterstellung des gesamten Altvermögens unter die Treuhandverwaltung beruht auf der Notwendigkeit, die bisher ungeschiedenen Vermögensbestandteile voneinander zu sondern. Auf den nach dem 7. Oktober 1989 angefallenen Neuerwerb erstreckt sich die Treuhandverwaltung nicht.
d) Die Rechenschaftspflicht, der die Antragstellerin nach Maßgabe des Einigungsvertrages in Verbindung mit § 20a Abs. 2 PartG-DDR unterworfen ist, ist ebensowenig geeignet, ihren verfassungsrechtlichen Status zu beeinträchtigen; es handelt sich insoweit vielmehr um eine Offenbarungspflicht, die den besonderen politischen Verhältnissen Rechnung trägt, unter denen die Antragstellerin und die anderen betroffenen Parteien zu ihrem Vermögen gekommen sind.
e) Die den Gegenstand des Organstreits bildende Maßnahme ist auch im übrigen nicht geeignet, die Antragstellerin in ihrem Recht aus Art. 21 Abs. 1 GG zu verletzen:
aa) Sie wird durch sie insbesondere nicht in der Wahrnehmung derjenigen Aufgaben behindert, die ihr als einer politischen Partei im Sinne von Art. 21 GG obliegen; eine Beeinträchtigung ihrer Chancengleichheit im Wettbewerb mit den anderen Parteien kann nach der bestehenden Rechtslage nicht eintreten. Das nach dem 7. Oktober 1989 erworbene Vermögen unterliegt, soweit es nicht an die Stelle früher erworbenen Vermögens getreten ist, von Gesetzes wegen nicht der treuhänderischen Verwaltung. Durch dieses Vermögen, insbesondere durch die laufenden Einnahmen der Antragstellerin aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Zahlungen aus Wahlkampfkostenerstattungen, ist ihre Handlungsfähigkeit als politische Partei gewährleistet. Daß sie bislang über diese Mittel nicht uneingeschränkt verfügen kann, beruht darauf, daß sie es unterlassen hat, für eine Trennung der Vermögensmassen zu sorgen; jedenfalls bei den genannten Einnahmen würde eine solche Trennung bei ordnungsgemäßer Buchführung auf keine Schwierigkeiten stoßen. Das gilt um so mehr, als der Bevollmächtigte der Bundesregierung und des Bundesministers der Finanzen auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Verfahren mitgeteilt hat:
    Wie im Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission (BTDrucks. 12/622, S. 8) angesprochen, besteht zwischen der Unabhängigen Kommission und der Treuhandanstalt Einvernehmen darüber, daß vor dem 1. Juni 1990 begründete rechtliche Verpflichtungen der PDS entsprechend der bisher gehandhabten und für die Zukunft beabsichtigten Vollzugspraxis aus dem der treuhänderischen Verwaltung unterliegenden Vermögen zu erfüllen sind, soweit sie wirksam begründet wurden und ihre Begründung nicht dem Zweck dient, dieses Vermögen einer künftigen treuhänderischen Verwaltung zu entziehen.
bb) Ebenso ist durch die Auslegung der angegriffenen Vorschriften und eine ihr entsprechende Vollzugspraxis gewährleistet, daß die laufenden, denjenigen der anderen Parteien nach ihrer Art entsprechenden Einnahmen der Antragstellerin für Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen mit der SED nicht in einem Maße in Anspruch genommen werden, die ihr eine Finanzierung der für eine Partei ihrer Größenordnung üblichen Parteiarbeit unmöglich macht. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Bundesregierung und des Bundesministers der Finanzen mitgeteilt:
    Die Antragstellerin wird mit Zustimmung der Treuhandanstalt und der Unabhängigen Kommission auf das der treuhänderischen Verwaltung unterliegende Vermögen zur Erfüllung von Lohn- und Gehaltsforderungen ihrer von der SED übernommenen Beschäftigten, auch soweit deren Zahl das für eine politische Partei in der Größenordnung der Antragstellerin angemessene Maß übersteigt, bis zur schnellstmöglichen Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse und zur Begleichung von Abfindungszahlungen im Rahmen eines etwaigen, den üblichen Verhältnissen entsprechenden Sozialplans zurückgreifen können. Sachgerechte Grundlage für einen Sozialplan ist die "Gemeinsame Erklärung von Treuhandanstalt, DGB und DAG".
Im übrigen hat die Antragstellerin auch nichts vorgetragen, woraus ersichtlich wäre, daß die angegriffene Maßnahme derartige Folgen haben könnte.
cc) Soweit die Antragstellerin schließlich geltend machen will, es verstoße gegen ihren verfassungsmäßigen Status als einer politischen Partei, der nach ihrer Auffassung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbaren Regelung des § 20a Abs. 4 Satz 1 PartG-DDR in Verbindung mit der Anlage II zum Einigungsvertrag unterworfen zu sein, ist ihr entgegenzuhalten, daß das angegriffene Gesetz ohne weiteres eine Auslegung erlaubt, die mit jenen Grundsätzen in Einklang steht; sie ist auch verfassungsrechtlich geboten. Mithin kann die Antragstellerin durch diese Vorschrift in ihrem Recht aus Art. 21 Abs. 1 GG, auf das allein sie sich im Organstreitverfahren berufen kann, ebenfalls nicht verletzt sein. Gegen einzelne in Ausführung der Norm ergriffene Maßnahmen kann sie sich vor den Fachgerichten zur Wehr setzen.
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