BVerfGE 62, 354 - Heilfürsorgeansprüche der Soldaten
1. Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes für die Sicherstellung der Heilfürsorgeansprüche der Soldaten der Bundeswehr, der Zivildienstleistenden sowie weiterer Gruppen des öffentlichen Dienstes in Bund und Ländern durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Vergütungsbegrenzung (§ 368n Abs. 2 Satz 4 RVO) ergeben sich aus Art. 73 Nr. 1, 8 GG, Art. 74a Abs. 1 GG in ihrer Zusammenfassung.
2. Die Regelungen in § 368n Abs. 2 Satz 4, 5 RVO sowie die Übergangsbestimmungen in Art. 2 § 10 Abs. 1 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz verletzen weder verfassungsmäßige Rechte der Kassenärztlichen Vereinigungen noch Grundrechte der Ärzte und ihrer frei gebildeten Verbände.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 8. Dezember 1982
-- 2 BvL 12/79 --
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung der Vorschriften des § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Artikels 1 § 1 Nr. 37 Buchstabe a des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 und des Artikels 2 § 10 Absatz 1 KVKG - Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts München vom 15. Oktober 1979 (S 32 Ka 8/78) -.
Entscheidungsformel:
Artikel 1 § 1 Nummer 37 Buchstabe a und Artikel 2 § 10 Absatz 1 des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz -- KVKG) vom 27. Juni 1977 (Bundesgesetzbl. I S. 1069) sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
 
Gründe:
 
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Bestimmungen des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes, die den Kassenärztlichen Vereinigungen die subsidiäre Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von heilfürsorgeberechtigten Bediensteten und der ärztlichen Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht auferlegen, mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Vorlage erstreckt sich darüber hinaus auf die entsprechenden Übergangsvorschriften.
I.
1. Bestimmte Angehörige des öffentlichen Dienstes haben aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung. Dieser Anspruch richtet sich gegen den jeweiligen Dienstherrn und ist -- im Gegensatz zu den Beihilferegelungen -- als Sachleistungsanspruch ausgestaltet. Zu den heilfürsorgeberechtigten Bundesbediensteten gehören vor allem die Soldaten der Bundeswehr, daneben aber auch Angehörige des Bundesgrenzschutzes und Zivildienstleistende. Bei den Heilfürsorgeberechtigten nach Landesrecht handelt es sich um bestimmte Polizeivollzugsbeamte, insbesondere der Bereitschaftspolizei, und um Beamte des Feuerwehrdienstes.
Bis zum Inkrafttreten des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes erfüllten der Bund und die Länder als Dienstherren die Verpflichtung zur Gewährung unentgeltlicher ärztlicher Versorgung durch eigene Truppenärzte, Grenzschutzärzte und Polizeiärzte, ergänzend durch Zuhilfenahme freiberuflich tätiger Ärzte. Die freiberuflich tätigen Ärzte wurden durch Verträge an der ärztlichen Versorgung der Heilfürsorgeberechtigten beteiligt; dabei wurden die Einzelverträge zwischen Dienstherrn und Ärzten weitgehend durch Kollektivverträge (Rahmenverträge) des jeweils zuständigen Bundes- oder Landesressorts mit den verschiedenen Ärzteorganisationen ergänzt oder ersetzt. Die Ärzte unterwarfen sich den Rahmenvereinbarungen durch Entgegennahme des Behandlungsscheins (des Überweisungsscheins oder der Kostenübernahmeerklärung). So schlossen für die Bundesrepublik Deutschland der Bundesminister des Innern zur ärztlichen Betreuung der heilfürsorgeberechtigten Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zur ärztlichen Versorgung von Zivildienstleistenden jeweils Verträge mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Die Länder haben für ihren Bereich weitgehend entsprechende Verträge abgeschlossen.
Der für die ärztliche Versorgung der Bundeswehrsoldaten zuständige Bundesminister der Verteidigung traf eine Vereinbarung nicht mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sondern mit den drei freien Ärzteverbänden, nämlich dem Verband der Ärzte Deutschlands (Hartmannbund) e. V., dem Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) und dem Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands (Marburger Bund).
Die Verträge über die zahnärztliche Versorgung der heilfürsorgeberechtigten Soldaten, der Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und der Zivildienstleistenden wurden allein mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abgeschlossen.
2. Das Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz -- KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl. I S. 1069), dem der Bundesrat zugestimmt hat, regelte mit den hier zur Überprüfung stehenden Vorschriften auch die ärztliche Versorgung von heilfürsorgeberechtigten Bediensteten und die ärztlichen Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht neu. Vorrangiges Ziel des Gesetzes war es, die steigenden volkswirtschaftlichen Belastungen durch den Gesundheitsaufwand nachhaltig zu begrenzen und dadurch vor allem die Ausgaben der Krankenversicherung mit der Einkommensentwicklung der Versicherten in Übereinstimmung zu bringen (vgl. Regierungsentwurf -- BTDrucks. 8/166, S. 22 ff.; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung -- BTDrucks. 8/338, S. 49).
Durch den zur verfassungsgerichtlichen Prüfung vorgelegten Art. 1 § 1 Nr. 37 Buchstabe a KVKG wurden dem § 368 n Abs. 2 RVO die Sätze 4 und 5 hinzugefügt. Die Absätze 1 und 2 des § 368 n RVO haben nunmehr folgende Fassung:
    § 368 n RVO
    (1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung in dem in § 368 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
    (2) Die Vereinigungen haben die Rechte der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Kassenärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Kassenärzte nötigenfalls unter Anwendung der in § 368 m Abs. 4 vorgesehenen Maßnahmen zu ihrer Erfüllung anzuhalten. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Vereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung, insbesondere für die Ersatzkassen und für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen; die Übernahme ist den Bundesausschüssen mitzuteilen. Die Vereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist; die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ortskrankenkasse am jeweiligen Niederlassungsort der Ärzte die kassenärztlichen Leistungen vergütet. Satz 4 gilt entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht.
    (3) bis (8) ...
Die ebenfalls dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegte Übergangsvorschrift des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG bestimmt:
    § 10
    (1) Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossene Verträge, die eine dem § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Reichsversicherungsordnung entsprechende Versorgung sicherstellen, bleiben unberührt. Sind solche Verträge nicht mit den in § 368 n Abs. 2 Satz 4 der Reichsversicherungsordnung genannten Vereinigungen abgeschlossen, so haben diese Vereinigungen innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes anstelle der bisherigen Vertragspartner in diese Verträge einzutreten. Ist in den in Sätzen 1 und 2 genannten Verträgen eine höhere als die in § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Reichsversicherungsordnung vorgeschriebene Vergütung vereinbart, so gilt eine solche Vereinbarung unbeschadet der Laufzeit der Verträge so lange fort, bis die Höhe der vereinbarten Vergütung jeweils der Höhe der in § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Reichsversicherungsordnung vorgeschriebenen Vergütung entspricht.
    (2) ...
II.
1. Der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns wurde mit Schreiben der Wehrbereichsverwaltung VI in München vom 13. Dezember 1977 ein Erlaß des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 1977 übermittelt. In diesem Erlaß wird festgestellt, daß den Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 368 n Abs. 2 RVO die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung u. a. von Soldaten der Bundeswehr sowie der im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht durchzuführenden ärztlichen Untersuchungen als gesetzliche Aufgabe übertragen worden sei; die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten gemäß Art. 2 § 10 KVKG bis spätestens 31. Dezember 1977 an die Stelle der bisherigen Vertragspartner des Bundesministeriums der Verteidigung (Hartmannbund, Marburger Bund, NAV und Bundesärztekammer) in die seit 1. Januar 1977 geltende Vereinbarung über die ärztliche Versorgung der Soldaten der Bundeswehr einzutreten. Aufgrund dieser neuen Rechtslage sei nicht mehr der einzelne Arzt unmittelbarer Vertragspartner der Bundeswehr, sondern die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten kraft Gesetzes als Leistungsschuldner die ärztliche Versorgung sicherzustellen. Der Erlaß weist ferner auf die Vergütungsregelung des § 368 n Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz RVO und des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 3 KVKG hin. Er enthält darüber hinaus Anweisungen über das künftige Verfahren bei der Inanspruchnahme ziviler Ärzte.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns erhob am 13. Januar 1978 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zum Sozialgericht München auf Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sei, nach dem Erlaß des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. November 1977 zu verfahren. Sie stützte sich darauf, daß die zugrundeliegenden Bestimmungen des Krankenversicherungs- Kostendämpfungsgesetzes verfassungswidrig seien.
2. Am 15. Oktober 1979 beschloß das Sozialgericht München, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Vorschriften des § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO und des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG mit dem Grundgesetz vereinbar sind. In dem Vorlagebeschluß führt das Sozialgericht im wesentlichen aus:
Die Klage sei zulässig. Sie sei auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gerichtet. Bei dem Erlaß des Bundesministeriums der Verteidigung und dem Begleitschreiben der Wehrbereichsverwaltung handle es sich nicht lediglich um eine ausschließlich innerdienstlich relevante Beschreibung des Inhalts des § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO. Es liege somit eine rechtliche Auseinandersetzung vor, die zwischen den Beteiligten aufgrund des vorliegenden Erlasses in bezug auf die Anwendung des § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO und des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG entstanden sei. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung.
Ob die Klage begründet sei, hänge von der Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten gesetzlichen Bestimmungen ab. Sie seien verfassungswidrig:
Der Bundesgesetzgeber sei zum Erlaß der Vorschriften des Art. 1 § 1 Nr. 37 Buchstabe a KVKG und des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG nach Art. 70 ff. GG nicht befugt gewesen. Die Gesetzgebungskompetenz könne nicht aus Art. 74 Nr. 12 GG (Sozialversicherung) hergeleitet werden. Die neue Regelung lasse sich nicht in das Gesamtsystem "Sozialversicherung" eingliedern, da sie in keiner Weise dem gewachsenen Bild der Sozialversicherung entspreche. Auch eine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs mit der Sozialversicherung könne nicht bejaht werden. Der Bundesgesetzgeber sei zum Erlaß der zur Prüfung vorgelegten Bestimmungen auch nicht nach Art. 73 Nr. 8, Art. 74 a Abs. 1 und Art. 75 Nr. 1 GG befugt gewesen. § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO regelten nicht die Beziehungen zwischen Dienstherrn und Dienstnehmern und damit auch nicht Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst stehenden Personen. Die Nähe des § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO zum Dienstrecht der öffentlich Bediensteten reiche nicht aus, um eine Kompetenz des Bundesgesetzgebers kraft Sachzusammenhangs zu rechtfertigen. Schließlich gebe auch Art. 73 Nr. 1 GG dem Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zum Erlaß der Vorschrift des § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO. Die subsidiäre Sicherstellungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen sei nicht an die Verteidigung oder eine andere staatliche Aufgabe gebunden, sondern an die Ansprüche der öffentlich Bediensteten.
Hingegen sei § 368 n Abs. 2 Satz 5 RVO von Art. 73 Nr. 1 GG gedeckt. Ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht gehörten zur Verteidigung. Dennoch halte das Gericht auch Satz 5 für nichtig, weil diese Regelung nach mutmaßlichem Willen des Gesetzgebers nicht ohne die -- nichtige -- Regelung des Satzes 4 getroffen worden wäre. Die Vorschrift des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG beruhe auf der Bestimmung des Art. 1 § 1 Nr. 37 Buchstabe a KVKG (= § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO) und werde daher von der Nichtigkeit erfaßt.
III.
1. Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung geäußert. Er hält die zu überprüfenden gesetzlichen Bestimmungen für verfassungsgemäß.
a) Für die neue Regelung seien folgende Gründe maßgebend gewesen:
Die im Bereich der Heilfürsorge vereinbarten Vergütungssätze hätten immer über denen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelegen. Dieser "Abstand" zu den Gebührensätzen bei den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung sei von den ärztlichen und zahnärztlichen Organisationen bereits hergestellt worden, als die amtliche Gebührenordnung für das Jahr 1965 eingeführt worden sei. Der "Abstand" habe bei den jeweiligen Verhandlungen mit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eine nicht gerechtfertigte Leitfunktion erhalten. Dies habe sowohl für die absolute Höhe der vereinbarten Vergütungssätze als auch für die jährlich neu vereinbarten Steigerungsraten der Vergütungen gegolten. Die Bundesressorts hätten deshalb eine angemessene Berücksichtigung der entsprechenden öffentlichen Interessen wegen ihrer ungünstigen Verhandlungsposition nicht erreichen können. Denn sie seien auf den Abschluß entsprechender Verträge zur Vermeidung von Nachteilen für ihre Anspruchsberechtigten angewiesen gewesen. Es liege auf der Hand, daß diese Problematik auch in die Überlegungen der Bundesregierung zu einem Konzept für das Krankenversicherungs- Kostendämpfungsgesetz einzubeziehen gewesen sei.
b) Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ergebe sich in erster Linie aus Art. 74 Nr. 12 GG (Sozialversicherung), jedenfalls auch auch Art. 73 Nr. 1 und 8 sowie Art. 75 Nr. 1 GG.
Der Bundesgesetzgeber habe, sollten bedarfsgerechte ärztliche Versorgung und zumutbare Krankenversicherungsbeiträge gewährleistet bleiben, die im Rahmen "freiwilliger" Aufgabenübernahme durch die Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführte Versorgung der Heilfürsorgeberechtigten wegen ihrer präjudiziellen Auswirkungen für die Struktur der Kostenregelung in der gesetzlichen Krankenversicherung den Bedingungen des kassenärztlichen Versorgungssystems und seinen Vergütungsregelungen unterordnen müssen. Dazu sei er nach Art. 74 Nr. 12 GG zumindest unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs befugt gewesen. Die zu überprüfende Neuregelung gewährleiste schließlich subsidiär die Erfüllung des den heilfürsorgeberechtigten Personen zustehenden dienstrechtlichen Anspruchs. Insofern könne das Gesetzgebungsrecht des Bundes auch auf Art. 73 Nr. 1 GG hinsichtlich der Soldaten und der Zivildienstleistenden und auf Art. 73 Nr. 8 bzw. Art. 75 Nr. 1 GG hinsichtlich der übrigen im Dienst des Bundes oder der Länder stehenden anspruchsberechtigten Personen gestützt werden.
c) Verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrem Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts seien durch die in Frage stehende Regelung nicht berührt, da der Aufgabenbereich dieser Körperschaften grundsätzlich der Disposition des Gesetzgebers offen stehe.
d) Die zur Prüfung stehende Neuregelung sei auch vollziehbar. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten aufgrund ihrer körperschaftlichen Organisationsgewalt die Sicherstellung der besonderen Aufgaben nach §368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO regeln und erforderlichenfalls ihre Mitglieder zur Übernahme der Aufgaben verpflichten. Das Gesetz ermögliche es, daß zur Ausgestaltung der Sicherstellungsverpflichtung und zur Vergütungsfindung im einzelnen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Dienstherrn ergänzende Verträge geschlossen werden. Die beamtenrechtliche Anspruchsberechtigung bei Dienstunfall werde vom Gegenstandsbereich des § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO nicht umfaßt, da es sich nicht um eine besoldungsrechtliche und primär vom Dienstherrn sicherzustellende Versorgung handle.
e) Auch Grundrechte der Ärzte würden durch die Neuregelung nicht verletzt. Die mit der Neuregelung verbundenen Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit der Ärzte ließen sich durch sachgemäße und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls begründen. Die streitige Regelung berühre weder die Vereinigungsfreiheit der Ärzte noch verletze sie die Vereinigungsfreiheit der freien ärztlichen Verbände.
2. Der Hartmannbund -- Verband der Ärzte Deutschlands e. V. --, der Marburger Bund -- Verband der angestellten und beamteten Ärzte e. V. -- und der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) e. V. haben gemeinsam von der Gelegenheit zur Äußerung Gebrauch gemacht. Sie haben ein Gutachten von Prof. Dr. Peter Krause vorgelegt und sich weiter auf zwei Gutachten der Professoren Dr. Karl August Bettermann und Dr. Dr. Detlef Merten berufen. Die Gutachten kommen zu dem Ergebnis, daß der Bundesgesetzgeber jedenfalls für die Regelung in § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO keine Gesetzgebungsbefugnis gehabt habe, die neue Regelung Grundrechte der Ärzte und ihrer Vereinigungen verletze und gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoße.
3. Das Bundessozialgericht hat mitgeteilt, daß es bisher noch nicht über Rechtsfragen zu entscheiden gehabt habe, die mit den in ihrer Gültigkeit streitigen Rechtsvorschriften im Zusammenhang stünden. Dem 6. Senat des Bundessozialgerichts erscheint die gesetzliche Erweiterung des Aufgabenbereichs der Kassenärztlichen Vereinigungen aus sozialrechtlicher Sicht unbedenklich. Sie falle gemäß Art. 74 Nr. 12 GG grundsätzlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Eine systemwidrige Erweiterung des Aufgabenbereichs der Kassenärztlichen Vereinigungen liege nicht vor. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten die neuen Verpflichtungen auch an ihre Mitglieder weitergeben. Die Beschränkung der Vergütungen auf die von den Ortskrankenkassen gezahlten Sätze sei nicht zu beanstanden.
 
B.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Das Sozialgericht hat in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt, daß die von ihm zu treffende Entscheidung von der Gültigkeit des § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO und des Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG abhängig ist. Die Auffassung des Gerichts zur Zulässigkeit der Feststellungsklage ist jedenfalls nicht offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 50, 217 [225] m. w. N.).
2. Das Sozialgericht stellt § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO und Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG insgesamt zur verfassungsrechtlichen Prüfung. Unmittelbar erheblich für die von ihm zu treffende Entscheidung ist aber nur, ob die Kassenärztlichen Vereinigungen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Bundeswehrsoldaten sowie zur Sicherstellung der ärztlichen Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht verpflichtet werden können. Nur hierauf bezieht sich der im Streit befindliche Erlaß des Bundesministers der Verteidigung. Grundsätzlich ist die verfassungsrechtliche Prüfung auf den entscheidungserheblichen Teil der zu prüfenden Normen zu beschränken (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfGE 3, 187 [195 f.]; 24, 220 [224 f.]; 36, 41 [44]; 49, 260 [269]; 56, 1 [11]). Dem Bundesverfassungsgericht ist es jedoch nicht verwehrt, seine Prüfung auf den nicht erheblichen Inhalt der Vorschriften auszudehnen (vgl. BVerfGE 44, 322 [337 f.]). Eine solche Ausdehnung ist hier angebracht. Denn eine Begrenzung der Vorlagefrage auf den entscheidungserheblichen Teil der zu prüfenden Normen würde die "Befriedungsfunktion" der Normenkontrollentscheidung des Bundesverfassungsgerichts teilweise verfehlen.
 
C.
Die zur Prüfung gestellten Vorschriften sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
1. Nach § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO haben die Kassenärztlichen Vereinigungen auch die ärztliche Versorgung von Personen "sicherzustellen", die aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist; die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ortskrankenkasse am jeweiligen Niederlassungsort der Ärzte die kassenärztlichen Leistungen vergütet. Der den Kassenärztlichen Vereinigungen erteilte Sicherstellungsauftrag ist im Gesetz nicht näher bestimmt; weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus sonstigen Auslegungshilfen lassen sich eindeutige Hinweise gewinnen, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln die Vereinigungen ihren Auftrag erfüllen sollen. Ihnen kommt daher im Rahmen ihrer Ermächtigung eine gewisse Gestaltungsfreiheit zu, kraft deren sie selbstverantwortlich und aufgrund eigener Sachkunde und Willensbildung zu beurteilen haben, wie die gestellte Aufgabe am zweckmäßigsten zu lösen ist (BVerfGE 33, 171 [185]). Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung weist zutreffend darauf hin, daß es den Kassenärztlichen Vereinigungen freistehe, die Pflichtaufgabe ohne Einsatz von Verbandsmacht durch freiwillige Mitwirkung behandlungswilliger Ärzte sicherzustellen, wobei ihnen auch Möglichkeiten offenstehen, die Mitarbeit interessierter Nichtkassenärzte einzubeziehen. Daneben läßt sich § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO auch als Ermächtigungsgrundlage auffassen, die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen durch Satzung an ihre Mitglieder weiterzugeben, also eine Behandlungspflicht zu begründen. Beiden Gestaltungsformen ist gemeinsam, daß sich die zu zahlende Vergütung kraft Gesetzesbefehls an den Sätzen der jeweiligen Ortskrankenkasse auszurichten hat.
2. § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO ist kompetenzgemäß erlassen.
a) Entgegen der Auffassung der Bundesregierung und des Bundessozialgerichts konnte der Gesetzgeber allerdings hierbei nicht auf seine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für das Gebiet der Sozialversicherung (Art. 74 Nr. 12 GG) zurückgreifen. Dazu genügt es nicht, daß er die Kassenärztlichen Vereinigungen als Bestandteile des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung mit einer im weitesten Sinne sozialen Aufgabe betraut hat. Voraussetzung wäre vielmehr, daß die zu bewältigende Aufgabe, was hier nicht zutrifft, materiell dem Gebiet der Sozialversicherung zuzuordnen wäre. Art. 74 Nr. 12 GG gibt keine Kompetenz zur Regelung der "sozialen Sicherheit". Eine derart extensive Auslegung hätte im Widerspruch zu Wortlaut und Sinn der Verfassungsbestimmung zur Folge, daß jede die Förderung sozialer Sicherung bezweckende Normsetzung von ihr gedeckt wäre. Nur die Regelung solcher Sozialleistungen, die in ihren wesentlichen Strukturelementen, insbesondere in der organisatorischen Bewältigung ihrer Durchführung dem Bild entsprechen, das durch die klassische Sozialversicherung geprägt ist (BVerfGE 11, 105 [111 ff.]), kann auf Art. 74 Nr. 12 GG gestützt werden. Die auf dem überkommenen Grundsatz der Vorsorge des Staates für seine Beamten und deren Familien beruhende beamtenrechtliche Krankenfürsorge steht in deutlichem Gegensatz zur auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft beruhenden, wesentlich durch Beiträge der Beteiligten unterhaltenen Sozialversicherung. Sie stellt sich gegenüber der Sozialversicherung als ein aliud dar und läßt sich daher nicht als Teil der von Art. 74 Nr. 12 GG erfaßten Materie begreifen.
b) Für die in § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO getroffene Regelung stand dem Bundesgesetzgeber jedoch aufgrund seiner Kompetenzen für das öffentliche Dienstrecht aus Art. 73 Nr. 1, 8 und Art. 74 a Abs. 1 GG, denen die Ansprüche auf freie Heilfürsorge zuzuordnen sind, eine umfassende Kompetenz zu.
aa) Zwar erfaßt die von der Vorschrift bezweckte Sicherstellung und Vergütungsbegrenzung nicht nur den Bereich des Dienstverhältnisses, über den das öffentliche Dienstrecht als Inbegriff derjenigen Normen, die das Verhältnis des Dienstherrn zum Dienstnehmer betreffen, regelmäßig nicht hinauswirkt. Bestimmungen darüber, in welchen organisatorischen Formen und unter welchen Bedingungen der Staat die Heilfürsorge seiner Beamten organisiert sowie Dritten die Möglichkeit gibt, an der Sicherung dienstrechtlich gewährter Ansprüche teilzuhaben, sind jedoch mit den jeweiligen Sachbereichen des öffentlichen Dienstrechts so eng verknüpft, daß sie kompetenzrechtlich nicht anders eingeordnet werden können. Die Sicherstellung der Heilfürsorgeansprüche bildet keinen eigenständigen Kompetenztitel.
bb) Die zu überprüfende Vorschrift dient der Sicherstellung von Heilfürsorgeansprüchen der verschiedenen Gruppen des öffentlichen Dienstes. Sie ist in vollem Umfang kompetenzgemäß erlassen, weil der Bund auch hinsichtlich der in Betracht kommenden Heilfürsorgeansprüche die Gesetzgebungsbefugnis besaß. Die Kompetenzgrundlagen der Art. 73 Nr. 1, 8 und Art. 74 a Abs. 1 GG ergeben in ihrer Zusammenfassung, daß der Bund mit dem Erlaß des § 368 n Abs. 2 Satz 4 RVO seine Gesetzgebungszuständigkeit nicht überschritten hat:
(1) Die Zuständigkeit des Bundes für die Heilfürsorgeansprüche der Angehörigen der Bundeswehr (§ 30 Abs. 1 Soldatengesetz) gründet sich auf seine Gesetzgebungsbefugnis für die Verteidigung (Art. 73 Nr. 1 GG), die gegenüber der Kompetenz für die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen (Art. 73 Nr. 8 GG) die speziellere ist. Die Regelung der Dienstverhältnisse in den Streitkräften stellt sich als ein notwendiger Bestandteil der Wehrverfassung dar und ist untrennbar mit ihr verzahnt (vgl. BVerwGE 39, 110 [112]; von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 1964, Art. 73, Anm. IV 2, S. 1465; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 73, Rdnr. 110). Die Wehrverfassung gehorcht nicht nur besonderen sachlichen Voraussetzungen, sie ist auch in der deutschen Verfassungstradition als kompetenzrechtliche Besonderheit behandelt worden (vgl. Art. 6 Nr. 4 WRV).
Das Dienstrecht der Zivildienstleistenden, deren Dienst -- unbeschadet wesensverschiedener Aufgabenbereiche -- lediglich an die Stelle des primär zu leistenden Wehrdienstes tritt (BVerfGE 48, 127 [165]), gehört ebenfalls zu dem speziellen Sachbereich des Art. 73 Nr. 1 GG.
(2) Soweit nicht außerhalb des Sachbereichs "Verteidigung" eine ausschließliche Kompetenz des Bundes für die in seinen Diensten stehenden Heilfürsorgeberechtigten aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 73 Nr. 8 GG begründet ist, räumt Art. 74 a Abs. 1 GG dem Bund die Befugnis ein, im Wege der konkurrierenden Gesetzgebung mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 74 a Abs. 2 GG) entsprechende Vorschriften auch mit Wirkung für die Länder zu erlassen. Die durch Art. 74 a Abs. 1 GG gewährte Gesetzgebungsbefugnis erstreckt sich auf die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, soweit dem Bund nicht nach Art. 73 Nr. 8 GG die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis zusteht. Zur "Besoldung" in diesem Sinne gehört auch der Anspruch auf freie Heilfürsorge. Der Begriff "Besoldung" in Art. 74 a Abs. 1 GG umschließt zwar nicht sämtliche, die finanzielle Ausstattung des Beamten irgendwie berührenden Regelungen. Der Grundgesetzgeber wollte mit der Einfügung des Art. 74 a GG den Ländern die Möglichkeit unterschiedlicher Regelungen, z. B. bei der Bestimmung der Arbeitszeit, des Nebentätigkeitsrechts, der Überstundenvergütung und vor allem beim Laufbahnrecht, nicht nehmen (BTDrucks. VI/1585). Unter "Besoldung" im Sinne des Art. 74 a Abs. 1 GG sind jedoch sämtliche in Erfüllung der Alimentationspflicht gewährten Leistungen zu verstehen, also nicht nur Geld-, sondern auch Sachbezüge. Die freie Heilfürsorge ist nicht anders zu behandeln als die ihr von der Zweckrichtung her verwandte Beihilfe, die als zur Alimentation gehörig betrachtet wird (vgl. BVerfGE 58, 68 [76]; BVerwGE 23, 288 [290]; 51, 193 [200]; Beck, Die Krankenfürsorge der Beamten, 1979, S. 132). Daß das Bundesbesoldungsgesetz von einem engeren Besoldungsbegriff ausgeht, der sich nicht auf Sachleistungen erstreckt (§ 1 BBesG; a. A. Wilhelm, ZBR 1971, S. 129 [131]), vermag hieran nichts zu ändern. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Bundesbesoldungsgesetz seine ihm durch Art. 74 a GG verliehene Kompetenz, die inhaltlich vom einfachen Gesetzesrecht nicht abhängig ist, nicht ausgeschöpft, sondern den Ländern in Randzonen der Besoldung Raum zu eigener Gestaltung gelassen, den die Länder hinsichtlich der Heilfürsorge ausgefüllt haben.
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Bund lediglich die Sicherstellung der Heilfürsorge und die zu zahlende Vergütung einer Regelung unterworfen hat, hinsichtlich der Begründung des Heilfürsorgeanspruchs sich aber einer Regelung enthalten hat, soweit es die Länder betrifft. Der Bund war befugt, von seiner ihm umfassend eingeräumten konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit partiellen Gebrauch zu machen und somit für die Länder einen Raum eigener Gestaltung auszusparen; er war nicht gehalten, seine Kompetenz vollständig zu nutzen.
3. Die zur Überprüfung gestellten Vorschriften bleiben auch materiell-rechtlich innerhalb der verfassungsrechtlich einzuhaltenden Grenzen.
a) Eine Verletzung materieller Grundrechte der Kassenärztlichen Vereinigungen kommt hier nicht in Betracht. Die durch § 368 n Abs. 2 RVO zugewiesene Pflichtaufgabe betrifft die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten Vereinigungen (§ 368 k Abs. 3 Satz 1 RVO) in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Aufgaben und somit als Teil der Staatsverwaltung. Als solcher können sie grundsätzlich nicht Inhaber von Grundrechten gegen den Staat sein (BVerfGE 39, 302 [312 ff.]; st. Rspr.). Ein Ausnahmefall, wie er u. a. gegeben wäre, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist (vgl. BVerfGE 15, 256 [262]; 31, 314 [322]; 42, 312 [321 ff.]; BVerfG, Beschluß vom 8. Juli 1982 -- 2 BvR 1187/80 --, Umdruck S. 24 ff.), liegt nicht vor.
b) Die den Kassenärztlichen Vereinigungen gesetzlich zugewiesene Aufgabe, die ärztliche Versorgung heilfürsorgeberechtigter Personen sicherzustellen, widerstreitet auch nicht dem im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes enthaltenen Willkürverbot. Die Zuweisung dieser Aufgabe steht zwar in einer gewissen Distanz zum übrigen Aufgabenfeld der Kassenärztlichen Vereinigungen, die sich im wesentlichen auf die Gewährleistung der den Krankenkassen obliegenden Versorgung ihrer Versicherten und deren Angehörigen ("kassenärztliche Versorgung"; vgl. § 368 Abs. 1 Satz 1 RVO) ausrichtet (§ 368 n Abs. 1 RVO). Dies hinderte den Gesetzgeber aber nicht, im Rahmen seiner gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit den Kassenärztlichen Vereinigungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts diese weitere Pflichtaufgabe zu übertragen. Eine derartige Entscheidung lag schon deshalb nahe, weil sich die Kassenärztlichen Vereinigungen auch schon vorher auf diesem Gebiet auf vertraglicher Grundlage betätigt hatten und als Interessenwahrer ihrer Mitglieder aufgetreten waren. Die Heranziehung der Kassenärztlichen Vereinigungen bot sich aus praktischen Erwägungen auch deshalb an, weil in ihnen der ganz überwiegende Teil der Ärzteschaft öffentlich -rechtlich organisiert ist. Zudem verfügen sie über einen eingespielten Apparat zur Abrechnung ärztlicher Leistungen. Angesichts solcher Anknüpfungspunkte scheidet Willkür aus. Der Gedanke der "Systemgerechtigkeit" und organisatorischen Reinheit, der im übrigen auch bisher nicht ausnahmslos verwirklicht worden war (vgl. § 368 n Abs. 2 Satz 3 RVO), stellt keinen selbständigen verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dar.
c) Der in die Reichsversicherungsordnung neu aufgenommene Sicherstellungsauftrag ist zur Erreichung des Gesetzeszwecks weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht schlechthin ungeeignet. Nur wenn besondere Umstände dieser Art vorlägen, könnte ausnahmsweise eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips unter dem Gesichtspunkt der Zweckuntauglichkeit in Betracht kommen.
aa) Es ist schon nicht festzustellen, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen bei einer Entscheidung für ein Modell freiwilliger Mitwirkung interessierter Ärzte ihrem Auftrag nicht nachzukommen vermöchten. Einerseits ist die Sicherstellungspflicht nur subsidiär, nämlich soweit die ärztliche Versorgung der Heilfürsorgeberechtigten nicht schon durch in staatlichen Diensten stehende Ärzte ausreichend gewährleistet wird; sie hält sich daher schon zahlenmäßig in Grenzen. Andererseits entspricht die zu zahlende Vergütung derjenigen der Ortskrankenkassen, zu der ohnehin ein erheblicher Teil der Leistungen der frei praktizierenden Ärzte abgerechnet wird. In der Vergangenheit sind Engpässe bei der Versorgung heilfürsorgeberechtigter Personen nicht aufgetreten. Anhaltspunkte dafür, daß sich diese Lage zukünftig grundlegend wandeln wird, sind nicht ersichtlich.
bb) Die Erfüllung der Sicherstellungsaufgabe ist aber auch dann nicht unmöglich, wenn sich Ärzte nicht in ausreichender Zahl freiwillig zur Verfügung stellen sollten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind in der Lage, ihre Mitglieder zur Teilnahme an der ärztlichen Versorgung der Heilfürsorgeberechtigten zu verpflichten. Eine derartige Verpflichtung enthielte zwar einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der ärztlichen Mitglieder im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Ein derartiger Eingriff ließe sich aber nicht nur formell einwandfrei durchführen; ihm stünden auch materiell keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen.
(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind ermächtigt, die Freiheit der Berufsausübung insoweit durch Satzung einzuschränken. Mit der Erweiterung ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs durch § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO hat ihnen der Gesetzgeber zugleich die Satzungsgewalt verliehen, ihre Mitglieder heranzuziehen, wenn und soweit sie deren Hilfe zur Erfüllung dieser Aufgabe in Anspruch nehmen müssen. Mit Rücksicht auf die geringe Eingriffsintensität solchen Verbandsrechts sind Bedenken gegen die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage nicht zu erheben, zumal der Umfang der Vergütung im Gesetz selbst umschrieben ist.
(2) Eine solche durch Satzung geschaffene Regelung läßt sich jedenfalls verfassungsgemäß durchführen; mit der Übertragung der Pflichtaufgabe wird den Kassenärztlichen Vereinigungen nichts rechtlich Unmögliches abverlangt.
(a) Eine Verpflichtung der Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen, die erforderlichen ärztlichen Maßnahmen durchzuführen, läßt sich auch durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigen. Die zu versorgenden Personengruppen werden zur Erhaltung der Sicherheit des Staates tätig. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung dieses Personenkreises liegt daher in besonderem Maße im öffentlichen Interesse. Jedenfalls dann, wenn sich die Versorgung von den Kassenärztlichen Vereinigungen anders nicht bewerkstelligen läßt, ist die Verpflichtung ihrer Mitglieder sowohl geeignet als auch erforderlich, um den Gesetzeszweck zu erreichen. Sie ist ihnen angesichts der regelmäßig geringen zahlenmäßigen Bedeutung des Personenkreises und der Angleichung der Vergütung an den Stand der Ortskrankenkassen auch zumutbar.
(b) Verfassungsrechtliche Bedenken lassen sich nicht daraus herleiten, daß die Vergütung gemäß § 368 n Abs. 2 Satz 4, 2. Halbsatz RVO entsprechend den Sätzen der Ortskrankenkassen begrenzt ist. Diese gesetzliche Maßgabe dient der Einsparung finanzieller Aufwendungen öffentlich-rechtlicher Dienstherren und damit letztlich der öffentlichen Hand; sie verfolgt somit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls. Daß sie geeignet ist, Einsparungen herbeizuführen, liegt auf der Hand. Es läßt sich auch nicht feststellen, daß eine die Freiheit des Einzelnen weniger beschränkende Alternativlösung für die Erreichung des gesetzgeberischen Ziels dasselbe leisten würde, der vom Gesetzgeber eingeschlagene Weg einer Vergütungsbegrenzung daher nicht erforderlich wäre. Schließlich könnte eine solche Regelung auch nicht als ein unzumutbarer Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit angesehen werden. Den Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigungen würde nicht angesonnen, ärztliche Leistungen zu nicht mehr kostendeckenden Sätzen zu erbringen. Die Vergütungssätze der Ortskrankenkassen stellen vielmehr eine angemessene Vergütung dar (vgl. § 368 g Abs. 1 RVO), auf deren Höhe die Ärzte selbst kraft ihrer Mitwirkungsbefugnisse über die Kassenärztlichen Vereinigungen Einfluß haben (vgl. §§ 368 f, 368 g, 368 l RVO).
d) Die in § 368 n Abs. 2 Sätze 4 und 5 RVO getroffene Regelung verstößt nicht gegen das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), das nicht nur den Ärzten, sondern auch ihren frei gebildeten Verbänden zusteht. Auch wenn dieses Grundrecht nicht nur die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren der Willensbildung und die Führung der Geschäfte der Vereinigungen schützte, sondern ihre Tätigkeit im Rechtsleben grundsätzlich gewährleistete, so wäre der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG hier nicht im Kern, sondern allenfalls im Randbereich berührt. Art. 9 Abs. 1 GG verpflichtete den Gesetzgeber nicht, den freien Ärzteverbänden das bislang von ihnen teilweise ausgefüllte Tätigkeitsfeld offenzuhalten, Verträge über die Behandlung der Heilfürsorgeberechtigten und Zusatzuntersuchungen aus Anlaß der Musterung unter Einschluß der Vergütung abzuschließen.
II.
§ 368 n Abs. 2 Satz 5 RVO, wonach die in Satz 4 getroffene Regelung entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht gilt, ist -- auch nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts -- von der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für das Sachgebiet der Verteidigung gedeckt. Wehrpflicht und Wehrersatzwesen sind grundlegende Institutionen der deutschen Wehrverfassung. Zu ihrer näheren Ausgestaltung ist der Bund aufgrund des Art. 73 Nr. 1 GG zuständig (vgl. BVerfGE 48, 127 [160]). Seiner Gesetzgebungskompetenz unterliegt es auch, Regelungen zu treffen, die ärztliche Untersuchungen im Rahmen des Musterungsverfahrens sicherstellen, wie dies durch § 368 n Abs. 2 Satz 5 RVO geschehen ist.
Materiell-rechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift sind aus den bereits unter C I 3 dargelegten Gründen, die hier entsprechend gelten, nicht zu erheben.
III.
Auch der als bloße Übergangsvorschrift -- kompetenzgemäß -- erlassene Art. 2 § 10 Abs. 1 KVKG ist mit der Verfassung vereinbar. Dem durch diese Bestimmung bewirkten Entzug vertraglicher Positionen der freien Ärzteverbände stehen keine Grundrechte der Ärzte oder ihrer Verbände entgegen. Weder den freien Ärzteverbänden noch den einzelnen Ärzten war insoweit ein verfassungsrechtlich gesicherter Besitzstand zugewachsen.
Zeidler, Rinck, Wand, Dr. Rottmann, Dr. Dr. h.c. Niebler, Steinberger, Träger, Mahrenholz