BGE 103 Ia 394 - Lehrerseminar Liestal |
60. Auszug aus dem Urteil |
vom 5. Oktober 1977 |
i.S. Beeli gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft |
Regeste |
Art. 4 BV, Art. 85 lit. a OG, § 35 Abs. 3 KV; Numerus-clausus bei der Zulassung zu einem staatlichen Lehrerseminar. |
1. Ein soziales Grundrecht auf Bildung bzw. Mittelschulbildung ist weder aus dem Verfassungsrecht des Bundes noch des Kantons Basel-Landschaft abzuleiten (E. 2a). Dagegen hat der Einzelne aufgrund von Art. 4 BV Anspruch auf rechtsgleiche und willkürfreie Behandlung beim Zugang zu den staatlichen Bildungseinrichtungen. |
2. Zulässigkeit des Numerus-clausus: |
a) Ein Numerus-clausus bei der Zulassung zu einer staatlichen Bildungseinrichtung ist mit Art. 4 BV vereinbar, wenn die Gründe für seine Einführung und die Vollzugsregelung im einzelnen vor dem Verfassungsrecht standhalten (E. 2b). |
- Ein Numerus-clausus zum Zwecke der Ausbildungslenkung nach dem zukünftigen Lehrerbedarf hält grundsätzlich vor Art. 4 BV stand (E. 2b/aa). |
- Es ist mit Art. 4 BV vereinbar, bei der Durchführung des Numerus-clausus auf die Eignung des Bewerbers abzustellen (E. 2b/bb). |
b) Wer Zutritt zu einer staatlichen Bildungseinrichtung verlangt, deren Ausbildung zur Ausübung eines öffentlichen Amtes (z.B. des Lehrerberufes an einer öffentlichen Schule) befähigt, kann sich nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen. Das genannte Grundrecht gewährleistet die Berufswahlfreiheit nur für die privatwirtschaftlichen Berufe (E. 2c). |
3. Zulässigkeit der Gesetzesdelegation: |
a) Der Gesetzesvorbehalt und die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit der Gesetzesdelegation gelten grundsätzlich auch in der Leistungsverwaltung (E. 3a). |
b) Eine gesetzliche Ermächtigung an die Exekutive, bei der Zulassung zu einem staatlichen Lehrerseminar einen Numerus-clausus zum Zwecke der Ausbildungslenkung nach dem zukünftigen Lehrerbedarf einzuführen, muss zumindest Art und Zweck der Massnahme in der Delegationsnorm nennen. § 8 Abs. 3 des Maturitätsschulgesetzes des Kantons Basel-Landschaft erfüllt diese Anforderungen nicht (E. 3b). |
Sachverhalt |
A. |
§ 8 Abs. 3 des "Gesetzes betreffend Errichtung und Führung kantonaler Maturitätsschulen (Gymnasien) mit Seminarabteilung sowie betreffend Schulabkommen für den Besuch von Maturitäts- und Mittelschulen anderer Kantone" (vom 24. August 1961) des Kantons Basel-Landschaft (Maturitätsschulgesetz) bestimmt unter dem Marginalie "Zulassung und Patentierung" für die "Seminarabteilung":
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"Die Erziehungsdirektion ordnet die Zulassung zur Seminarabteilung und die Patentierung der Schüler."
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Die Seminarabteilung der Maturitätsschulen ist inzwischen als Lehrerseminar rechtlich verselbständigt worden.
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§ 1 des "Reglementes über Aufnahme, Promotion und Diplomierung der Primarlehrer am Lehrerseminar Liestal" (Aufnahmereglement) in der Fassung vom 22. November 1974 macht die Aufnahme in die Primarlehrerkurse des Lehrerseminars Liestal vom Besitz eines Maturitätszeugnisses bzw. bestimmter Diplome kantonaler Mittelschulen, von der Absolvierung eines Praktikums und dem Bestehen einer Eignungsprüfung abhängig.
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"1. § 1 Absatz 1 des Reglementes über Aufnahme, Promotion und Diplomierung der Primarlehrer am Lehrerseminar in der Fassung vom 22. November 1974 wird wie folgt geändert:
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"In die Primarlehrerkurse des Lehrerseminars wird innerhalb der vom Regierungsrat festgelegten Kapazitätsgrenze aufgenommen, wer..."
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2. In den Primarlehrerkurs 11 mit Beginn am 20. April 1976 werden 100 Bewerber aufgenommen.
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3. Jeweils im Juni des laufenden Schuljahres entscheidet der Regierungsrat auf Antrag der Erziehungsdirektion, wieviele Bewerber in den im darauf folgenden Frühling beginnenden Primarlehrerkurs aufzunehmen sind.
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4. Zur teilweisen Deckung der Kosten der Eignungsabklärung wird eine Anmeldegebühr von Fr. 50.-- erhoben. Sie ist von allen Bewerbern um die Aufnahme in die Primarlehrerkurse zu bezahlen, erstmals für Bewerber in den Primarlehrerkurs 12 (Beginn: April 1977)."
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Mit Eingabe vom 29. November 1975 erhebt Robert Beeli, der im Kanton Basel-Landschaft stimmberechtigt ist, staatsrechtliche Beschwerde gegen den regierungsrätlichen Beschluss vom 4. November 1975. Er rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung und des Stimmrechts (Art. 85 lit. a OG), des "Rechtes auf Mittelschulbildung" als "verfassungsmässiges Recht des Kantons Basel-Landschaft", sowie der Rechtsgleichheit.
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Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde, soweit es darauf eintreten konnte, teilweise gutgeheissen aus folgenden
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Auszug aus den Erwägungen: |
Erwägungen:
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Erwägung 2 |
Der bundesrechtliche Anspruch ergebe sich aus der "freiheitlich-demokratischen Ordnung" und aus dem Zusammenhang mit andern Verfassungsbestimmungen (Art. 27 BV) und Grundrechten (Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Handels- und Gewerbefreiheit), deren Ausübung ein Recht auf Bildung voraussetze. Das "in der Bundesverfassung implizierte allgemeine Recht auf Bildung" sei in der gesamten Bildungsgesetzgebung des Bundes und der Kantone konkretisiert.
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Das kantonale "Recht auf Mittelschulbildung" ergebe sich aus § 35 Abs. 3 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft und sei ein "typisches Sozialrecht".
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In bezug auf die gerichtliche Durchsetzbarkeit dieser Rechte bemerkt der Beschwerdeführer, diese sei jedenfalls unter dem Gesichtswinkel der Rechtsgleichheit jederzeit möglich.
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Die konstitutionelle Verankerung eines - über Art. 27 BV hinausgehenden - allgemeinen Sozialrechts auf Bildung ist in der Volksabstimmung vom 4. März 1973 trotz knappem Volksmehr abgelehnt worden (vgl. BBl 1972 I 421 ff.; 1973 I 1730 f.; hierzu: E. GRISEL, Les droits sociaux, ZSR 92/1973 II S. 73 f.; J.P. MÜLLER, Soziale Grundrechte in der Verfassung?, ZSR 92/1973 II S. 864 ff., 872 ff.; HÄRING, Grundrechte im Bereich der Bildung, Diss. Basel 1976, S. 76 ff.). Es kann schon deswegen keine Rede davon sein, ein solches Grundrecht in den Katalog der ungeschriebenen Verfassungsrechte auf dem (Um)weg der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzunehmen, wie das Bundesgericht in BGE 100 Ia 194 E. 3c schon angetönt und in BGE 102 Ia 324/25 - jedenfalls für den Zugang zum akademischen Studium - implizite bestätigt hat (BGE 103 Ia 377 E. 4a).
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Was das kantonale Verfassungsrecht betrifft, so lassen weder der Wortlaut, noch die Materialien oder eine bestehende Praxis den Schluss zu, Art. 35 Abs. 3 der Kantonsverfassung (KV, vom 4. April 1892) gewährleiste einen individuell durchsetzbaren Anspruch auf Mittelschulbildung. Bei der Bestimmung handelt es sich dem Wortlaut gemäss um Richtlinien für das staatliche Handeln im Bereich des Mittelschulwesens - verbunden mit einem Gesetzgebungsauftrag (vgl. J.P. MÜLLER, a.a.O., S. 900 ff.; HÄFELIN, Verfassungsgebung ZSR 93/1974 II S. 94 ff., 97 ff.). Adressat sind die staatlichen Behörden, nicht der einzelne Bürger. Solche Verfassungsnormen können im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht angerufen werden (BGE 96 I 626 E. 3; 91 I 114 E. 2; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 3. Aufl., N. 38 S. 33 f.).
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Der Beschwerdeführer selbst räumt ein, dass das postulierte Sozialrecht nicht unmittelbar gerichtlich durchgesetzt werden könne. Der gerichtliche Schutz sei nur unter dem Gesichtswinkel der Rechtsgleichheit möglich. Trifft dies aber zu, so fragt sich, ob überhaupt noch von einem Grundrecht gesprochen werden kann (E. GRISEL, a.a.O., S. 116; J.P. MÜLLER, a.a.O., S. 852; HÄFELIN, a.a.O., S. 91). Es ist dann jedenfalls nicht einzusehen, warum der Beschwerdeführer die genannte Verfassungsbestimmung als "verfassungsmässiges Recht der Bürger" im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG anruft, denn diese Bestimmung setzt eine subjektive Berechtigung und eine individuelle Durchsetzbarkeit der angerufenen Verfassungsnormen klarerweise voraus. Ist die Durchsetzbarkeit nur unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV möglich, dann bleibt für die Erhebung einer selbständigen Rüge wegen Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts auf Bildung oder Mittelschulbildung kein Raum.
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Es lässt sich nicht sagen, dass schon die Festlegung einer Kapazitätsgrenze als solche gegen die Rechtsgleichheit verstösst, genausowenig wie das für die natürlichen - platz- oder personalbedingten - Grenzen der Aufnahmefähigkeit einer staatlichen Bildungseinrichtung gilt (BGE 103 Ia 373 E. 2). Entscheidend ist vielmehr, ob die Gründe für die Einführung des Numerus-clausus, sowie dessen Vollzug, d.h. die Selektion der aufzunehmenden Seminaristen aus dem Kreis der Bewerber, vor Art. 4 BV standhalten.
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aa) Der Regierungsrat begründet die Festsetzung einer sog. Kapazitätsgrenze am Lehrerseminar Liestal nicht mit der Kapazität, d.h. den natürlichen - platz- oder personalbedingten - Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Bildungseinrichtung, sondern mit der Notwendigkeit, die "realen Möglichkeiten und Bedürfnisse des Kantons" zu berücksichtigen. Es sei dem Kanton angesichts eines drohenden Lehrerüberflusses und im Hinblick auf die herrschende Finanzknappheit nicht zuzumuten, unabhängig vom Bedarf beliebig viele Lehrer auszubilden.
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Unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV können diese Gründe nur auf Willkür hin überprüft werden. Sie sind sachlich vertretbar. In der Tat liegt es weder im Interesse des Staates noch des einzelnen Bewerbers, in einem Beruf ausgebildet zu werden, der mangels Stellenangebot kein wirtschaftliches Auskommen verschafft. Eine gewisse Problematik der staatlichen Ausbildungslenkung nach dem Bedarf liegt freilich darin, dass sie das Lehrerangebot für Jahrzehnte bestimmen kann, was naturgemäss das Risiko einer Fehlplanung erhöht. Das spricht aber nicht gegen den Grundsatz der Bedarfslenkung an sich, sondern legt Vorsicht in deren Handhabe nahe.
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bb) In bezug auf die Durchführung des Numerus-clausus steht fest, dass nach § 1 Abs. 4 des Aufnahmereglementes für die Zulassung innerhalb der vom Regierungsrat festgelegten Kapazität (§ 1 Abs. 1) weiterhin die Eignungsprüfung massgebend sein wird. Durch das Abstellen auf die Eignung des Bewerbers bei der Zulassung werden das Gebot rechtsgleicher Behandlung und das Willkürverbot nicht verletzt.
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cc) Gemäss Schlussbestimmung § 25 des Aufnahmereglementes in der Fassung vom 19. Februar 1974 (GS Bd. 25 S. 364 ff.) gelten die Zulassungsbedingungen des Lehrerseminars erst für die 1974 oder später ins Gymnasium eingetretenen oder eintretenden Absolventen des Typus M. Diese zeitlich befristete Privilegierung einer Kategorie von Bewerbern, auf die der Beschwerdeführer Bezug nimmt, ist vom Bundesgericht in seinem Entscheid vom 21. September 1976 i.S. Popp unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (Art. 4 BV) ausdrücklich gutgeheissen worden.
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Erwägung 3 |
3.- Der Beschwerdeführer erblickt in der Ermächtigung des Regierungsrates zur Festlegung einer Kapazitätsgrenze für den Zugang zum Lehrerseminar eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung und damit eine Beeinträchtigung seines Stimmrechts (Art. 85 lit. a OG). § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz ermächtige die Erziehungsdirektion bzw. den Regierungsrat, qualitative Anforderungen an den Eintritt ins Seminar aufzustellen, nicht aber eine quantitative Beschränkung der Zahl der aufzunehmenden Bewerber einzuführen. Dies ergebe sich auch aus den Materialien. § 1 Abs. 1 des Aufnahmereglementes in der Fassung vom 4. November 1975 fehle damit eine gesetzliche Grundlage. Zudem entbehre § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz als Delegationsnorm der nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung erforderlichen Bestimmtheit.
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Der Regierungsrat stellt in seiner Vernehmlassung das Fehlen einer verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Grundlage für die Einführung einer quantitativen Beschränkung der Zahl der ins Seminar aufzunehmenden Bewerber grundsätzlich nicht in Abrede. Er ist der Auffassung, es genüge, wenn eine solche "im Interesse des Volkswohls" angeordnete Massnahme von Verfassung oder Gesetz nicht ausgeschlossen werde.
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Vom Wortlaut her kann § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz durchaus im Sinne einer Ermächtigung zur Einführung auch quantitativer Beschränkungen bei der Zulassung zum Seminar verstanden werden. Die Behauptung des Beschwerdeführers ist aber unbestritten geblieben, dass bei Erlass des Gesetzes und dessen Ausführung in Form eines Reglementes bisher nur an die Setzung qualitativer Anforderungen an die Eignung des Bewerbers gedacht worden sei. Ihre Richtigkeit ergibt sich im übrigen aus den Gesetzesmaterialien und dem Inhalt des Aufnahmereglementes vor der angefochtenen Änderung vom 4. November 1975.
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Grundsätzlich darf in objektiv-zeitgemässer Auslegung einer Gesetzesnorm ein Sinn gegeben werden, der für den historischen Gesetzgeber infolge eines Wandels der tatsächlichen Verhältnisse nicht voraussehbar war und in der bisherigen Anwendung auch nicht zum Ausdruck gekommen ist, wenn er noch mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar ist. Im vorliegenden Fall aber fragt sich, ob nicht eine Massnahme wie die Einführung des Numerus-clausus, der eine Zäsur gegenüber der früheren offenen Zulassungspolitik bildet und tiefgreifend in die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen eingreifen kann, einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. BGE 103 Ia 387 E. 7d). Die Frage ist umso mehr berechtigt, als hier der Numerus-clausus nicht wie üblich mit der beschränkten Aufnahmekapazität der Bildungseinrichtung gerechtfertigt wird, sondern Mittel zu einer staatlichen Ausbildungslenkung nach dem Bedarf bildet. Eine staatliche Ausbildungslenkung ist - wie schon ausgeführt - sachlich und rechtlich nicht unproblematisch, vor allem bezüglich ihrer Planungsgrundlagen und der konkreten Durchführung, und dürfte aus diesem Grunde auch politisch nicht unbestritten sein, sodass der Stimmbürger ein Interesse haben kann, darüber zu entscheiden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass vor allem in der Bundesrepublik Deutschland das Postulat erhoben wird, die wesentlichen das öffentliche Bildungswesen betreffenden Fragen vermehrt dem Gesetzesvorbehalt und damit demokratischer Kontrolle zu unterstellen (vgl. OPPERMANN, Nach welchen rechtlichen Grundsätzen sind das öffentliche Schulwesen und die Stellung der an ihm Beteiligten zu ordnen?, Gutachten zum 51. Deutschen Juristentag, München 1976 Bd. I S. C 3 ff., insbes. C 46 ff., C 58; Beschlüsse des Juristentages Bd. II S. M 230 ff.; PIESKE in DVBl. 92 1977 S. 673 ff.).
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Die Frage, ob § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz als gesetzliche Grundlage der angefochtenen Massnahme genügt, kann jedoch offen bleiben, wenn die Bestimmung so oder so den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, die an eine Delegationsnorm zu stellen sind. Dies ist im folgenden zu prüfen.
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bb) Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Delegation rechtsetzender Befugnisse an Verwaltungsbehörden oder untergeordnete Subjekte des öffentlichen Rechts zulässig, wenn sie nicht durch das kantonale Recht ausgeschlossen wird, wenn sie auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt wird und das Gesetz die Grundzüge der Regelung selbst enthält, soweit sie die Rechtsstellung der Bürger schwerwiegend berührt, und wenn sie in einem der Volksabstimmung unterliegenden Gesetz enthalten ist (BGE 102 Ia 64 E. 2). Ob die Delegationsnorm diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, prüft das Bundesgericht frei (BGE 99 Ia 453 E. 4b in fine).
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Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer nicht geltend, der Delegation von Rechtsetzungsbefuguissen an die Exekutive stehe eine Norm des kantonalen Rechts entgegen. Die Delegation beschränkt sich auf den Gegenstand der "Zulassung" zum Seminar, und die Delegationsnorm ist in einem der Volksabstimmung unterliegenden Gesetz enthalten (§ 11 KV). Fraglich ist dagegen, ob § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz als Delegationsnorm die "Grundzüge der Regelung" selber enthält, wenn man davon ausgeht, diese berühre die Rechtsstellung der Bürger in schwerwiegender Weise (BGE 103 Ia 387 E. 7d). Davon kann keine Rede sein. § 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz nennt nicht einmal die angefochtene Massnahme als solche (Numerus-clausus), und auch nicht deren Zielsetzung (Ausbildungslenkung nach dem zukünftigen Lehrerbedarf). Es ist nach dem Gesagten auch nicht so, dass man bisher mit dem Begriff der "Zulassung" (§ 8 Abs. 3 Maturitätsschulgesetz) irgendwelche Vorstellungen dieser Art verbunden hätte. Vielmehr soll hier eine gesetzliche Ermächtigung mit einem bestimmten, bisher feststehenden Inhalt (Umschreibung der Aufnahmebedingungen in qualitativer Hinsicht: Alter, Vorbildung, Eignung) eine völlig neuartige Massnahme (Numerus-clausus mit dem Ziel einer staatlichen Ausbildungslenkung nach dem Bedarf) stützen.
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Nun hat freilich das Bundesgericht in BGE 103 Ia 381 E. 6 und 7d/ee die Anforderungen an die Bestimmtheit der Delegationsnorm im konkreten Fall aus sachlichen Gründen herabgesetzt. Die Beschwerdeführer rügten dort das weitgehende Fehlen gesetzlicher Auswahlkriterien bei der Durchführung des Numerus-clausus. Das Bundesgericht führte hierzu aus, auf die gesetzliche Verankerung dieser Kriterien habe ohne Verletzung von Verfassungsrecht verzichtet werden können, weil sie im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes noch nicht genügend bestimmt und bei einer Regelung durch die Exekutive schneller veränderten Verhältnissen oder Bestrebungen interkantonaler Koordination angepasst werden könnten.
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Es fragt sich zunächst, wieweit die Verhältnisse an einer Universität und an einem staatlichen Lehrerseminar hinsichtlich einer Zulassungsbeschränkung überhaupt vergleichbar sind. Es trifft zu, dass es an den staatlichen Mittelschulen in der Form der Aufnahmeprüfung schon immer eine Zulassungsbeschränkung gegeben hat, während an den Universitäten bis in die jüngste Zeit grundsätzlich jedermann aufgenommen wurde, der eine eidgenössisch anerkannte Maturität vorweisen konnte. Es gilt aber zu berücksichtigen, dass gerade unter diesem Gesichtspunkt die Maturitätsprüfung ihrer Funktion nach als Zulassungsprüfung zur Universität verstanden werden durfte. Allen diesen Prüfungen ist gemeinsam, dass sie der Abklärung der Befähigung und Eignung dienen, und - jedenfalls nach bisherigem Verständnis - nicht Mittel zu einer quantitativen Beschränkung aus Kapazitätsgründen oder gar zur Bedarfslenkung bilden.
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Es ist ferner richtig, dass Universität und Lehrerseminar unterschiedliche Ausbildungsziele haben. Die Universität verschafft dem Studenten eine akademische Ausbildung, während das Lehrerseminar die Ausbildung zum Lehrerberuf vermittelt, der vorwiegend an öffentlichen Schulen und demnach als öffentliches Amt ausgeübt wird. Das Lehrerpatent befähigt aber auch zur Erteilung von Privatunterricht, und ist insofern dem akademischen Abschluss durchaus vergleichbar. Es verschaffte zudem bis in jüngster Zeit - jedenfalls an einzelnen Universitäten und für bestimmte Ausbildungsrichtungen (eventuell unter der Voraussetzung eines bestimmten Notendurchschnittes oder bei Bestehen von Zusatzprüfungen) - den Zugang zur Universität wie eine Matura. Die Frage einer Ausbildungslenkung nach dem Bedarf stellt sich bei einer Institution, die vorwiegend den Zweck hat, die Befähigung zur Ausübung eines öffentlichen Amtes zu vermitteln, sicher anders als bei einer nicht in dieser Weise auf eine öffentlichrechtliche Anstellung ausgerichteten Bildungseinrichtung. Es besteht aber kein Anlass, die Frage der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage und der erforderlichen Bestimmtheit einer Delegationsnorm deshalb wesentlich verschieden zu beurteilen. Es ist nicht einzusehen, warum in dieser Hinsicht unterschiedliche rechtsstaatliche Anforderungen gelten sollten, besteht doch das Gebot demokratischer Kontrolle und das Bedürfnis nach Rechtssicherheit in beiden Bildungsbereichen grundsätzlich gleichermassen. Es ist demnach gerechtfertigt, eine Zulassungsbeschränkung an einer Universität und an einem staatlichen Lehrerseminar unter dem Gesichtspunkt ihrer Gesetzmässigkeit und der Anforderungen an die Bestimmtheit einer Delegationsnorm im wesentlichen gleich zu behandeln.
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Im übrigen unterscheidet sich der vorliegende Fall in wesentlichen Punkten vom zitierten i.S. Waeffler etc. (BGE 103 Ia 369 ff.). Dort war der Entscheid über die mögliche Einführung des Numerus-clausus an der Universität Basel in einer eigenen Gesetzesvorlage dem Volk vorgelegt worden; Art und Zweck der Massnahme sowie das zu verfolgende Verfahren wurden in der Vorlage genannt, einzig die Nennung der Zulassungskriterien bei der Durchführung des Numerus-clausus war aus den genannten Gründen unterblieben. Hier aber wird eine allgemein gehaltene Ermächtigung an die Exekutive zur Schaffung einer Zulassungsordnung als gesetzliche Grundlage für eine in dieser Form und mit dieser Zielsetzung neuartige Massnahme in Anspruch genommen; nicht einmal die Art der Massnahme (Numerus-clausus) und deren Zweck (Ausbildungslenkung) werden im Gesetz genannt. Dabei sind bezüglich Gesetzesvorbehalt und Anforderungen an die Bestimmtheit einer Delegationsnorm sicherlich höhere Anforderungen zu stellen, wenn die Einführung des Numerus-clausus eine staatliche Ausbildungslenkung bezweckt, als wenn sie infolge Erschöpfung der Aufnahmekapazität der Bildungseinrichtung aus einem gewissen Sachzwang heraus geboten ist.
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Schliesslich hat auch das Argument, es sei die Möglichkeit schneller Anpassung an veränderte tatsächliche Verhältnisse und interkantonale Bestrebungen der Koordination zu wahren, bei einem staatlichen Lehrerseminar, das im wesentlichen Lehrer für den kantonalen Bedarf ausbildet, bedeutend weniger Gewicht als bei einer Universität von nationaler Bedeutung. Aber selbst dann, wenn die beiden Bildungseinrichtungen in dieser Hinsicht gleich zu behandeln wären, müsste jedenfalls verlangt werden, dass Art und Zweck der angefochtenen Massnahme im Gesetz genannt werden, wie das im baselstädtischen Universitätsgesetz geschehen ist. Zeitgründe allein erlauben es nicht, auf die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für eine derart einschneidende Massnahme zu verzichten, vor allem dann nicht, wenn diese nicht durch eine eigentliche Notlage (Erschöpfung der Aufnahmekapazität) bedingt ist. Der mögliche Einwand, die angestrebte zahlenmässige Beschränkung der aufzunehmenden Seminaristen nach dem künftigen Lehrerbedarf hätte sich auch durch eine Verschärfung der Aufnahmeprüfung verwirklichen lassen, führt zu keinem andern Ergebnis. Damit würde die Aufnahmeprüfung für einen ihr - zumindest bisher - fremden Zweck eingesetzt, was als Umgehung des Legalitätsprinzips und der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit der Delegationsnorm zu qualifizieren wäre.
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