BGer C 219/2003
 
BGer C 219/2003 vom 02.06.2004
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 219/03
Urteil vom 2. Juni 2004
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Signorell
Parteien
N.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Carlo Häfeli, Dufourstrasse 95, 8008 Zürich,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Rudolf Diesel-Strasse 28, 8404 Winterthur, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 13. August 2003)
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 6. Februar 2003 lehnte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich (nachfolgend: Kasse) den Anspruch von N.________ auf Arbeitslosenentschädigung ab 6. Januar 2003 ab, woran sie im Einspracheentscheid vom 21. Mai 2003 festhielt.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. August 2003 ab.
N.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen, es sei Ziff. 1 des kantonalen Entscheides aufzuheben und festzustellen, dass er einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten habe, und es sei die Kasse anzuweisen, ihm Arbeitslosenentschädigung auszuzahlen.
Kasse und Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) verzichten auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 ff. AVIG) und die Rechtsprechung zum Ausschluss von Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bei missbräuchlicher Umgehung der Vorschriften über die Kurzarbeitsentschädigung (BGE 123 V 236 Erw. 7) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer arbeitete seit dem 1. Juli 1992 als Informatik-Berater der F.________ AG. Diese Firma wurde am 18. Dezember 1991 im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen. Seit Anbeginn war N.________ einziger Verwaltungsrat und Eigentümer des gesamten Aktienkapitals. Am 26. September 2002 kündigte die Firma "aufgrund der Auftragslage" den Arbeitsvertrag per 31. Dezember 2002. Dieses Schreiben war vom Beschwerdeführer als Verwaltungsrat und von seiner Ehefrau unterzeichnet. Anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung der Firma vom 15. Januar 2003 trat N.________ aus dem Verwaltungsrat zurück. Neu gewählt wurden G.________ und P.________ sowie die Ehefrau des Versicherten. Gemäss Anmeldung beim Handelsregisteramt des Kantons Zürich vom 3. Februar 2003 besassen diese je Einzelunterschriftsberechtigung. Zudem verkaufte N.________ das gesamte Aktienkapital an die neuen Mitglieder des Verwaltungsrates. An einer weiteren ausserordentlichen Generalversammlung vom 13. Februar 2003, an welcher G.________ und P.________ (mit 51 % bzw. 48 % Stimmanteil) sowie B.________ (mit 1 % Stimmanteil) teilnahmen, wurde beschlossen, die Firmentätigkeit in ein neues Geschäftsumfeld zu lenken und die Zusammenarbeit mit der Firma A.________ (ausgeführt von B.________) per Ende März 2003 einzustellen. Gleichentags entschied der Verwaltungsrat, dass die Neupositionierung zu einer vorübergehenden Stilllegung der Tätigkeiten führen werde. Zudem werde das Auftragsverhältnis mit B.________ per Ende März 2003 beendet. Diese Beschlüsse bewirkten indessen keine Änderung in der Zusammensetzung des Verwaltungungsrates.
2.2 Die Vorinstanz erwog, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. Januar 2003 zur Kenntnis genommenen Demission als einziges Verwaltungsratsmitglied massgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Firma gehabt habe. Durch seine Demission habe er zwar sowohl seine Organstellung wie auch seine Entscheidungsgewalt aufgegeben, doch sei diese neu von seiner Ehefrau übernommen worden.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dem kantonalen Gericht zunächst vorgeworfen, den Sachverhalt fehlerhaft und unvollständig festgestellt zu haben. Mit den Beschlüssen der ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. Januar 2003 hätten sich die Verhältnisse im Verwaltungsrat grundlegend geändert. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe keinen massgeblichen Einfluss mehr gehabt, da sie bei jeder Entscheidfindung in der Minderheit gewesen sei und somit ihre Eigeninteressen gegen den Willen der beiden andern Verwaltungsräte nicht durchsetzen konnte. Dies ergebe sich namentlich aus den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 13. Februar 2003. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau hätten damit jegliche Entscheidungsgewalt und Einflussmöglichkeit eingebüsst. Die Einsitznahme in den Verwaltungsrat sei nur wegen des bestehenden Kundenmandates erfolgt. Sodann wird gerügt, die Vorinstanz habe Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG zu Unrecht angewendet. Der Ehemann habe Ende Dezember 2002 seine Arbeitnehmerqualität bei der Firma verloren und Mitte Januar 2003 auch als Verwaltungsrat demissioniert. Ab 16. Januar 2003 sei seine Ehefrau Minderheitsverwaltungsrätin gewesen. Das Wort "miteinander" setze voraus, dass der Ehemann zu gleicher Zeit wie die Ehefrau als Gesellschafter oder als Verwaltungsrat für dasselbe Unternehmen tätig sei. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei nach ihrem Eintritt in den Verwaltungsrat weder eine mitarbeitende Verwaltungsrätin noch eine mitarbeitende Geschäftsführerin noch eine mitarbeitende Gesellschafterin gewesen, weil der Ehemann mit der Demission als Verwaltungsrat und dem Verkauf sämtlicher ihm zustehender Aktien jeden Bezug zur Firma verloren habe.
2.3 Nach Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung u.a. Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten. Die gleichen Personen haben gemäss Art. 42 Abs. 3 AVIG auch keinen Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung und nach der Rechtsprechung (BGE 123 V 234) auf Arbeitslosenentschädigung. Dieser Ausschluss ist absolut zu verstehen (BGE 123 V 236 Erw. 7a, 122 V 272 Erw. 3). Es ist somit nicht möglich, den betroffenen Personen unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall Leistungen zu gewähren (Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, S. 146 Rz 379 in fine und Fn 758 mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung will nicht nur den als solchen ausgewiesenen Rechtsmissbrauch sanktionieren, sondern bereits der Gefahr eines Missbrauchs begegnen, welcher der Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung an eine arbeitgeberähnliche Person inhärent ist (Urteil F. vom 14. April 2003, C 92/02).
2.4 Nach der Rechtsprechung muss bei Arbeitnehmern, bei denen sich aufgrund ihrer Mitwirkung im Betrieb die Frage stellt, ob sie einem obersten betrieblichen Entscheidungsgremium angehören und ob sie in dieser Eigenschaft massgeblich Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nehmen können, jeweils geprüft werden, welche Entscheidungsbefugnisse ihnen aufgrund der internen betrieblichen Struktur zukommen. Amtet ein Arbeitnehmer als Verwaltungsrat, so ist eine massgebliche Entscheidungsbefugnis im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG bereits ex lege (vgl. Art. 716-716b OR) gegeben. Handelt es sich um einen mitarbeitenden Verwaltungsrat, so greift der persönliche Ausschlussgrund des Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG ohne weiteres Platz, und es bedarf diesfalls keiner weiteren Abklärungen im Sinne von BGE 120 V 525 f. Erw. 3b (BGE 122 V 272 Erw. 3 mit Hinweisen). Gemäss ARV 1996/1997 Nr. 10 S. 52 Erw. 3a und b spielen die Aufgabenbereiche und die interne Aufgabenteilung ebenso wenig eine Rolle wie der Umfang der Beteiligung. In jenem Fall wurde eine Anspruchsberechtigung verneint, obwohl das Leistungen beanspruchende Verwaltungsratsmitglied nur Kollektivunterschrift besass und lediglich mit 2 % am Aktienkapital beteiligt war.
2.5 Am 15. Januar 2003 trat der Beschwerdeführer aus dem Verwaltungsrat zurück und verkaufte anschliessend das gesamte Aktienkapital. Auf den gleichen Zeitpunkt trat seine Ehefrau als Mitglied mit Einzelunterschrift in den Verwaltungsrat ein und übernahm eine von hundert Aktien. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, es fehle an einem Ausschlussgrund im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG, da das Erfordernis der Gleichzeitigkeit nicht gegeben sei. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. In der Zeit vor der ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. Januar 2003 war zwar der Beschwerdeführer Alleineigentümer und einziger Verwaltungsrat der Firma. Anhand der Akten ergibt sich jedoch, dass bereits vor der genannten ausserordentlichen Generalversammlung seine Ehefrau in relevanter Art und Weise an der Betriebsführung mitgewirkt hatte, allerdings ohne handelsregistermässig in Erscheinung zu treten. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass sie die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ihres Ehemannes (ohne ersichtlichen Grund) mit unterzeichnet hatte. Sodann betreute sie firmenintern ein Mandat, welches Anlass dafür war, in den neuen Verwaltungsrat einzutreten. Damit steht fest, dass in der Zeit bis zum 15. Januar 2003 beide Eheleute in der Firma massgebliche Funktionen wahrgenommen hatten. Mit den Beschlüssen der ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. Januar 2003 verblieb die Ehefrau in der Firma und erhielt eine auch nach aussen sichtbare Vertretungsbefugnis. Zu erwähnen bleibt, dass die Aufgabe des genannten Mandats durch die Firma per Ende März 2003 B.________ nicht zum Rücktritt aus dem Verwaltungsrat bewogen hatte. Dieser Umstand ist insofern jedoch ohne Bedeutung, als der Beschwerdeführer per 1. April 2003 eine neue Vollzeitstelle angetreten hat. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit der Beschwerdeführer und seine Ehegattin in massgeblicher Weise an der Firma mitwirkten und der eine Ehegatte diese Stellung weiter beibehielt.
2.6 Die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung wurde im vorliegenden Fall daher zu Recht abgelehnt. Bei dieser Rechtslage braucht nicht weiter geprüft zu werden, ob die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 AVIG (wozu u.a. ein anrechenbarer Arbeitsausfall gehört) erfüllt sind.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werde keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Zürich, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 2. Juni 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: