BGer I 812/2002
 
BGer I 812/2002 vom 12.09.2003
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 812/02
Urteil vom 12. September 2003
II. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Renggli
Parteien
S.________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Marcel Epper, Dorfstrasse 21, 8356 Ettenhausen,
gegen
IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden
(Entscheid vom 23. Oktober 2002)
In Erwägung,
dass S.________ gegen eine Verfügung der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 12. August 2002 am 12. September 2002 bei der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau Beschwerde erheben und gleichzeitig ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung stellen liess,
dass die AHV/IV-Rekurskommission dieses Gesuch mit Entscheid vom 23. Oktober 2002 abwies,
dass die Rechtsmittelbelehrung dieses Entscheides eine Rechtsmittelfrist von 30 Tagen enthielt,
dass die Beschwerdefrist gemäss Art. 106 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 132 OG zehn Tage beträgt,
dass die am 27. November 2002 erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde daher grundsätzlich verspätet ist,
dass der Beschwerdeführerin aus der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung indessen keine Nachteile erwachsen dürfen (Art. 107 Abs. 3 OG) und selbst von einem Anwalt nicht verlangt werden kann, dass er neben dem Gesetzestext Literatur oder Rechtsprechung nachschlage (BGE 117 Ia 422 Erw. 2a),
dass demzufolge auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten ist,
dass die Vorinstanz die Bedürftigkeit von S.________ nicht als gegeben erachtete, weil die Gegenüberstellung der massgeblichen Einnahmen und Ausgaben zu einem Überschuss von Fr. 235.- pro Monat führte,
dass indessen dieser Berechnung Mietkosten von Fr. 1200.- anstelle der tatsächlich geschuldeten Fr. 1400.- zugrunde lagen,
dass demzufolge die Bedürftigkeit gegeben ist,
dass die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG) gegeben sind,
dass in Verfahren, welche die Frage die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Gerichtsverfahren zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben werden (RKUV 2000 KV Nr. 119 S. 157 Erw. 4 mit Hinweis),
dass hingegen der obsiegenden Partei eine Parteientschädigung zusteht (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG),
dass das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung im letztinstanzlichen Verfahren damit gegenstandslos wird,
dass die Parteientschädigung zu Lasten des Kantons Thurgau geht, da der Gegenpartei im Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege keine Parteistellung zukommt (BGE 109 Ia 11 Erw. 5; SVR 1996 UV Nr. 40 S. 124 Erw. 4 mit Hinweis),
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau vom 23. Oktober 2002 aufgehoben und der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dieser Instanz die unentgeltliche Verbeiständung gewährt.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Thurgau hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, dem Bundesamt für Sozialversicherung und der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau zugestellt.
Luzern, 12. September 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: