BGer 2A.107/2003
 
BGer 2A.107/2003 vom 19.06.2003
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.107/2003 /zga
Urteil vom 19. Juni 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiberin Diarra.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Manuela Schiller, Delphinstrasse 5, 8008 Zürich,
gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich, 8090 Zürich, vertreten durch die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zurich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.
Gegenstand
Ausweisung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 5. Februar 2003.
Sachverhalt:
A.
Der nigerianische Staatsangehörige X.________, geboren am 12. Juli 1967, reiste am 30. April 1992 in die Schweiz ein und stellte unter dem Namen Y.________ ein Asylgesuch. Mit Entscheid vom 18. Mai 1994 wies das Bundesamt für Flüchtlinge das Asylgesuch ab.
Am 16. September 1994 heiratete X.________ eine Schweizer Bürgerin und erhielt daher eine Aufenthaltsbewilligung. Seit 9. September 1999 verfügt er über die Niederlassungsbewilligung. Die Eheleute leben seit Januar 2000 getrennt. Die Ehe blieb kinderlos. Die Ehefrau meldete sich per 30. April 2001 auf der Einwohnerkontrolle ab und lebt in Kanada. X.________ ist Vater des schweizerischen ausserehelichen Kindes Z.________, geboren am 17. September 1998.
Von 1995 bis 2000 arbeitete X.________ im Hausdienst des Spitals Zimmerberg in Horgen. Nebenberuflich betrieb er einen Occasionshandel und verkaufte selbst zubereitetes Essen an afrikanischen Festen.
B.
Am 10. Oktober 2000 wurde X.________ verhaftet. Das Bezirksgericht Zürich bestrafte ihn mit Urteil vom 7. November 2001 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz mit 33 Monaten Zuchthaus. Am 9. August 2002 wurde X.________ bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Seit dem 1. August 2002 verfügt er über eine feste Anstellung als Hilfsarbeiter.
C.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies X.________ mit Beschluss vom 18. September 2002 auf Grund seiner Verurteilung für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. X.________ beschwerte sich dagegen erfolglos beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
D.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht vom 19. März 2003 beantragt X.________, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 5. Februar 2002 (recte 2003) aufzuheben und ihm den weiteren Aufenthalt zu bewilligen, eventuell die Ausweisung auf zwei Jahre zu befristen. Zudem stellt er das Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
E.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich, namens des Regierungsrats, und das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
F.
Mit Präsidialverfügung vom 28. April 2003 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen die sich auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) stützende Ausweisungsverfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG e contrario; BGE 114 Ib E. 1a S. 2).
1.2 Im Fremdenpolizeirecht stellt das Bundesgericht auf die aktuellen tatsächlichen und rechtlichen Umstände ab, ausser wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden hat. Diesfalls gilt die Regelung von Art. 105 Abs. 2 OG, wonach das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden ist, wenn die richterliche Vorinstanz diesen nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensgarantien erhoben hat (BGE 124 II 361 E. 2a S. 365; 122 II 385 E. 2 S. 390). Da im vorliegenden Fall der angefochtene Entscheid durch ein Gericht erging, gelangt Art. 105 Abs. 2 OG zur Anwendung.
1.3 Wegen der grundsätzlichen Bindung des Bundesgerichts an den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt ist die Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und neue Beweismittel einzureichen, weitgehend ausgeschlossen. Das Bundesgericht lässt nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel zu, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 97 E. 1c S. 99 f. ).
Die im Verfahren vor Bundesgericht erstmals beigelegten Schreiben und Bestätigungen, die im Übrigen nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts erstellt wurden, können daher im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden.
2.
Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit a ANAG kann ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll jedoch nur ausgesprochen werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201). Die Frage, ob eine Ausweisung im Sinne der Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. verhältnismässig sei, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei überprüft wird (Art. 104 lit. a OG). Dem Bundesgericht ist es jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität; vgl. BGE 116 Ib 353 E. 2b S. 356) der Ausweisung - an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen (BGE 125 II 105 E. 2a S. 107, mit Hinweisen).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer ist zu 33 Monaten Zuchthaus verurteilt worden; damit ist der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG erfüllt. Es bleibt somit zu prüfen, ob die Ausweisung als verhältnismässig erscheint.
3.2 Hinsichtlich des Verschuldens ist vorab festzuhalten, dass der Beschwerdeführer wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt wurde. Das Bundesgericht verfolgt im Zusammenhang mit solchen Straftaten im Hinblick auf den Kampf gegen den Drogenhandel sowie auf die mit diesen Delikten zusammenhängende Gefährdung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen eine strenge Praxis (BGE 125 II 521 E. 4a S. 527; vgl. auch Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997, S. 42 f.). Das Bezirksgericht Zürich bezeichnete das Verschulden des Beschwerdeführers als erheblich, da er ausschliesslich aus finanziellen Motiven gehandelt hat, wobei er sich indessen aufgrund seines monatlichen Einkommens von über Fr. 4'000.-- nicht in einer finanziellen Notlage befand. Mit einer Kokainmenge von brutto beinahe einem Kilogramm bzw. netto 490 Gramm habe er in Kauf genommen, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen, nur um sich zu bereichern. Das Bezirksgericht erblickte in seiner Handlungsweise eine aussergewöhnliche Skrupellosigkeit und schloss daraus und aufgrund der beachtlichen Rauschgiftmenge, dass er nicht der untersten Hierarchiestufe im Drogenhandel angehört habe. Für die Vorinstanz bestand zu Recht kein Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Der Auffassung der Vorinstanz, wonach hinsichtlich der Rückfallgefahr nach wie vor ein Risiko besteht, muss ebenfalls gefolgt werden. Haben doch seinerzeit weder ein gesichertes Einkommen noch seine Beziehung zu seiner Freundin und zum gemeinsamen Sohn den Beschwerdeführer daran gehindert, aus rein finanziellen Interessen in den Drogenhandel einzusteigen. Bei dieser Sachlage besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse, dem Beschwerdeführer die weitere Anwesenheit in der Schweiz zu verweigern.
3.3 Der Beschwerdeführer ist in seinem Heimatland aufgewachsen, hat dort somit seine prägenden Jugendjahre verbracht und ist erst als Erwachsener in die Schweiz gelangt. Für die vorliegende Beurteilung ist von einer Aufenthaltsdauer in der Schweiz von gut sechs Jahren auszugehen, denn selbstverständlich kann weder die Zeit im Strafvollzug noch diejenige, die der Beschwerdeführer als Asylbewerber oder illegal in der Schweiz verbrachte, Berücksichtigung finden. Der Beschwerdeführer hält sich demnach noch nicht sehr lange in der Schweiz auf, und von einer starken Integration im Gastland kann nicht die Rede sein. Seine Verwandten leben nach wie vor in Nigeria und der Beschwerdeführer hat denn auch sein Heimatland von der Schweiz aus mehrmals besucht. Unter diesen Umständen ist dem Beschwerdeführer die Rückkehr nach Nigeria zumutbar, selbst wenn damit gewisse wirtschaftliche Probleme verbunden sein mögen.
3.4 Der Beschwerdeführer beruft sich weiter auf die Beziehung zu seinem Sohn und zur Kindsmutter. Dass er zu ihnen ein gutes Verhältnis hat, mag durchaus zutreffen. Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, dass die schweizerische Freundin und das Kind dem Beschwerdeführer nicht in sein Heimatland folgen würden. Sie hat auch berücksichtigt, dass die Beziehung des Beschwerdeführers zur Freundin sowie zum Sohn im Fall einer Ausweisung schwer beeinträchtigt bzw. sogar verunmöglicht würde. Diese Folgen hat der Beschwerdeführer jedoch selber zu verantworten. Wie bereits erwähnt hat ihn die Beziehung zu seinem Sohn und zu seiner Freundin nicht davon abgehalten, straffällig zu werden.
3.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass das öffentliche Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers schwerer wiegt als dessen privates Interesse an einem weiteren Verbleib in der Schweiz. Der angefochtene Entscheid erweist sich somit als verhältnismässig. Im Übrigen ist das den kantonalen Behörden zustehende Ermessen bei der angeordneten Ausweisungsdauer von zehn Jahren nicht überschritten.
3.6 Die Ausweisung des Beschwerdeführers verletzt auch nicht Art. 8 EMRK, der den Schutz des Familien- und Privatlebens garantiert und auf den sich der Beschwerdeführer bezüglich seines Sohnes berufen kann (vgl. BGE 127 II 60 E. 1d/aa S. 64, mit Hinweisen). Der Eingriff ist vorliegend gemäss Ziff. 2 dieser Bestimmung gerechtfertigt: Er stützt sich auf Art. 10 ANAG und verfügt damit über eine gesetzliche Grundlage im Landesrecht. Er bezweckt die Aufrechterhaltung der hiesigen Ordnung sowie die Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und verfolgt öffentliche Interessen, die in Art. 8 Ziff. 2 EMRK ausdrücklich genannt sind; schliesslich ist der Eingriff wie erwähnt auch verhältnismässig (vgl BGE 125 II 521 E. 5 S. 529).
4.
4.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.
4.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. Juni 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: