BGer 7B.66/2003
 
BGer 7B.66/2003 vom 11.06.2003
Tribunale federale
{T 0/2}
7B.66/2003 /min
Urteil vom 11. Juni 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Besetzung
Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.
Parteien
H.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023 Zürich.
Gegenstand
Veräusserung eines Stammanteils, Freihandverkauf,
SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 13. März 2003 (NR030015/U).
Sachverhalt:
A.
H.________ ist Mitgesellschafter und Geschäftsführer der N.________ GmbH. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag einschliesslich Abtretungserklärung vom 3. April 2002 veräusserte das Konkursamt Hottingen-Zürich als Konkursverwalter im Konkurs über G.________ eine Stammeinlage (Fr. 10'000.--) bei der N.________ GmbH an F.________. Auf Beschwerde von H.________ hin stellte das Bezirksgericht Zürich als untere Aufsichtsbehörde über die Konkursämter am 25. November 2002 die Nichtigkeit des Kaufvertrages fest und wies das Konkursamt an, den Stammanteil (im Sinne der Erwägungen) zu verwerten oder aus dem Konkursinventar zu streichen.
B.
Am 7. Januar 2003 teilte das Konkursamt H.________ mit, dass sein Angebot von Fr. 1.-- für den Erwerb des Stammanteils nicht kostendeckend sei, weil sich die Auslagen für Beurkundungsgebühren, Mehrwertsteuer etc. auf insgesamt Fr. 340.-- belaufen würden, und setzte ihm Frist zur Unterbreitung eines kostendeckenden Angebotes an. Mit Schreiben vom 9. Januar 2003 antwortete H.________, dass er mit der Übernahme des Stammanteils zum Preis von Fr. 1.-- einverstanden sei, und am 30. Januar 2003 sandte er dem Konkursamt den entsprechenden Betrag. Das Konkursamt teilte ihm gleichentags mit, dass sein Angebot nicht akzeptabel sei, weshalb die Position "Stammanteil" im Konkursinventar der Gemeinschuldnerin als wertlos abgeschrieben werde.
C.
Gegen diese Verfügung erhob H.________ Beschwerde, welche die untere Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 19. Februar 2003 abwies. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen bestätigte mit Beschluss vom 13. März 2003 den erstinstanzlichen Beschwerdeentscheid. Zur Begründung haben die kantonalen Behörden im Wesentlichen festgehalten, das Konkursamt habe das Angebot von Fr. 1.-- zu Recht nicht berücksichtigt, weil es nicht - wie gefordert - die Kosten von insgesamt Fr. 340.-- gedeckt habe.
D.
H.________ hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 21. März 2003 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt im Wesentlichen sinngemäss, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und das Konkursamt sei anzuweisen, das Angebot von Fr. 1.-- zum Erwerb des Stammanteils anzunehmen.
Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, weil aus der Rechtsmittelbelehrung nicht hervorgehe, wo er seine Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG zu erheben habe. Mit diesem Vorbringen kann er von vornherein nicht gehört werden, da er rechtzeitig und bei der Einlegungsstelle (kantonale Aufsichtsbehörde) gemäss Art. 78 OG Beschwerde eingereicht hat.
1.2 Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aktenbeizug ist unnötig, da die obere Aufsichtsbehörde die Verfahrensakten von Amtes wegen einzusenden hat (Art. 80 OG).
1.3 Anfechtungsobjekt der Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG ist der Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde vom 13. März 2003. Soweit sich der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen gegen den in einem anderen, früheren Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss des Bezirksgerichts Zürich als unterer Aufsichtsbehörde über die Konkursämter vom 25. November 2002 wendet, kann er von vornherein nicht gehört werden.
1.4 Gemäss Art. 79 Abs. 1 OG ist in der Beschwerdeschrift kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern diese durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (BGE 119 III 49 E. 1).
2.
2.1 Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Nichterlass einer Freihandverkaufsverfügung durch das Konkursamt. Der Freihandverkauf als solcher ist wie die öffentliche Steigerung ein Institut der Zwangsvollstreckung. Diese Gleichstellung hinsichtlich der Rechtsnatur hat zur Folge, dass der Freihandverkauf auf dem Beschwerdeweg angefochten werden kann. Über die Annahme bzw. verweigerte Annahme eines Angebotes kann - wie über den (nicht erteilten) Steigerungszuschlag - im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 17 ff. SchKG entschieden werden (BGE 106 III 79 E. 4 S. 82 f.).
2.2 Die Freihandverkaufsverfügung ist eine zustimmungsbedürftige Verfügung und insoweit ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Wenngleich es sich nicht um einen Vertrag handelt, sind hinsichtlich Rechtswirksamkeit weitgehend die privatrechtlichen Regeln über die Willenserklärungen im Allgemeinen und jene über den Vertragsschluss im Besonderen analog anzuwenden (Urteil 7B.167/1999 des Bundesgerichts vom 1. November 1999, E. 4; Franco Lorandi, Der Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Diss. St. Gallen 1993, S. 59; vgl. Gilliéron, Commentaire de la LP, N. 12 und 13 zu Art. 130 SchKG).
2.3 Die obere Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen festgehalten, das Konkursamt habe dem Beschwerdeführer am 7. Januar 2003 Frist zur Eingabe eines die Kosten des Erwerbs des Stammanteils deckenden Angebotes von ingesamt Fr. 340.-- angesetzt. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben vom 9. Januar 2003 an das Konkursamt lediglich festgestellt, dass die gesamten Kosten für die Übertragung des Stammanteils Fr. 600.-- betragen würden. Hingegen habe er sich darin nicht bereit erklärt, diese Kosten zu übernehmen und sicherzustellen, und seinem Schreiben vom 30. Januar 2003 habe er lediglich den Betrag von Fr. 1.-- beigelegt. Folglich habe das Konkursamt das Angebot nicht akzeptieren müssen.
2.4 Der Beschwerdeführer hält dem im Wesentlichen entgegen, dass "immer klar" und er sich immer bewusst gewesen sei, dass er die Kosten übernehmen werde; dies gehe auch aus sämtlichen Korrespondenzen hervor. Mit diesen Vorbringen kann der Beschwerdeführer nicht gehört werden, soweit er sich damit auf Tatsachen beruft, die im angefochtenen Entscheid keine Stütze finden (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG). Neue tatsächliche Behauptungen, was die Parteien gewusst, gewollt oder verstanden haben, können im Verfahren vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden (Art. 79 Abs. 1 OG; vgl. BGE 126 III 375 E. 2e/aa S. 379 f.).
2.5 Weiter macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, es sei nirgends festgehalten, dass er nicht sämtliche anfallenden Kosten übernehmen wolle. Die Kostenübernahme sei ohne weiteres üblich, und die obere Aufsichtsbehörde nehme zu Unrecht an, dass er gegenüber dem Konkursamt etwas anderes zum Ausdruck gebracht habe. Im Übrigen sei er mit dem Kaufpreis von Fr. 1.-- einverstanden gewesen und habe diesen auch bezahlt. Somit bestehe Einigkeit im wesentlichen Punkt. Sodann sei auch aus dem Entwurf zum Kaufvertrag, der dem Schreiben vom Konkursamt vom 7. Januar 2003 beigelegen habe, hervorgegangen, dass die Gebühren vom Käufer zu übernehmen seien. Der Beschwerdeführer macht wohl sinngemäss geltend, die obere Aufsichtsbehörde habe zu Unrecht übergangen, dass sein Erklärungsverhalten gegenüber dem Konkursamt als Zustimmung zur Übernahme sämtlicher Kosten verstanden werden müsse, und daher gestützt auf seine Erklärung die Freihandverkaufsverfügung rechtswirksam geworden sei.
2.5.1 Die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes, wonach vertragsbezogene Willenserklärungen so auszulegen sind, wie sie der jeweilige Empfänger nach ihrem Wortlaut und nach den ihm bekannten oder für ihn erkennbaren Umständen in guten Treuen verstehen durfte und musste (BGE 126 III 375 E. 2e/aa S. 379 f.), ist als Frage des Bundesrechts im vorliegenden Verfahren überprüfbar (Art. 79 Abs. 1 OG).
2.5.2 Ausser Frage steht, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf den Kaufpreis von Fr. 1.-- ein kostendeckendes Angebot gemacht hatte. Die obere Aufsichtsbehörde hat indessen erwogen, die Erklärung des Beschwerdeführers vom 9. Januar 2003, die gesamten Kosten würden Fr. 600.-- betragen, sei eine blosse "Feststellung". Diese Aussage könne nicht als Angebot verstanden werden, dass er zur Übernahme von Kosten von Fr. 340.-- bereit sei. Ob diese Auffassung der Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensgrundsatzes noch haltbar ist, braucht vorliegend nicht abschliessend entschieden zu werden. Aus folgendem Grund: Die Vorinstanz hat auch festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer nicht bereit erklärt habe, die erwähnten Kosten sicherzustellen. Der Beschwerdeführer geht auf dieses von der oberen Aufsichtsbehörde angenommene Erfordernis zum hinreichenden Angebot mit keinem Wort ein. Er verweist zwar auf den Entwurf zum Kaufvertrag, welcher dem Schreiben beigelegen habe und die Kostentragung durch den Käufer vorsehe. In der Tat hat das Konkursamt seiner (in den Akten liegenden) Aufforderung zur Offertstellung vom 7. Januar 2003 einen (nicht in den Akten liegenden) Kaufvertragsentwurf beigelegt, mit welchem - analog zu den Steigerungsbedingungen - zum Ausdruck kommt, was die Behörde als wesentliche und zustimmungsbedürftige Punkte erachtet (vgl. Lorandi, a.a.O., S. 69). Dass der Beschwerdeführer gemäss dem Schreiben des Konkursamtes vom 7. Januar 2003 oder dem beigelegten Kaufvertragsentwurf verpflichtet gewesen sei, die Kosten von insgesamt Fr. 340.-- sicherzustellen, stellt er indessen nicht in Abrede. Aus den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen geht sodann nicht hervor, dass er dem Konkursamt die Sicherstellung mitgeteilt hätte. Vor diesem Hintergrund legt der Beschwerdeführer nicht hinreichend dar, inwiefern die Annahme der oberen Aufsichtsbehörde, der Beschwerdeführer habe sich mit einem wesentlichen Punkt zur Freihandverkaufsverfügung nicht einverstanden erklärt, und ihre Schlussfolgerung, die Verfügung sei seitens des Konkursamtes zu Recht nicht erlassen worden, gegen Bundesrecht verstosse. Auf die Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden (Art. 79 Abs. 1 OG).
3.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG).
Demnach erkennt die Kammer:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Konkursamt Hottingen-Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Juni 2003
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: