BGer 5A.28/2002 |
BGer 5A.28/2002 vom 06.02.2003 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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5A.28/2002 /bnm
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Urteil vom 6. Februar 2003
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II. Zivilabteilung
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Bundesrichter Raselli, Präsident,
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Bundesrichterinnen Nordmann und Escher,
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Gerichtsschreiber Möckli.
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A.________,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecherin Sybille Käslin, Luisenstrasse 46, 3005 Bern,
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gegen
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Kanton Bern, handelnd durch Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion, Münstergasse 2, 3011 Bern,
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Beschwerdegegner,
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Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern.
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Staatshaftung aus Art. 5 SchKG,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 17. September 2002.
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Sachverhalt:
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A.
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A.________ ist Eigentümerin des Grundstücks Z.________, das ein Miethaus mit mehreren Wohnungen und Garagen umfasst. Nachdem sie die Hypothekarzinsen nicht mehr bezahlte hatte, kündigte ihr die damalige Bankgesellschaft per 31. Dezember 1995 den Grundpfandkredit und leitete am 17. Januar 1996 für Fr. 1,21 Mio. die Betreibung auf Grundpfandverwertung ein. Das Betreibungs- und Konkursamt Y.________, übertrug die Verwaltung der Liegenschaft per 1. April 1996 auf die Firma B.________; ab dem 1. Januar 1997 versah das Betreibungsamt die Verwaltung selbst. Kurz vor der auf den 29. August 1997 angesetzten Versteigerung fand A.________ ein anderes Kreditinstitut, das die Hypothek ablöste, und am 31. August 1997 wurde die amtliche Verwaltung der Liegenschaft aufgehoben.
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B.
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In der Folge verlangte A.________ Ersatz für Schaden, der aus mangelhafter Verwaltung der Liegenschaft durch das Betreibungsamt entstanden sei. Nachdem der Regierungsrat des Kantons Bern ihr Begehren abgewiesen hatte, reichte sie beim Verwaltungsgericht für Fr. 109'326.60 eine Staatshaftungsklage gegen den Kanton Bern ein.
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In seinem Entscheid vom 18. Februar 2000 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab mit der Begründung, A.________ habe anhaltend die betreibungsamtlichen Anordnungen missachtet, die nötigen Unterlagen nicht herausgegeben, die Wohnungsschlüssel zurückbehalten, dem Betreibungsamt bzw. der Liegenschaftsverwaltung und Handwerkern den Zutritt zur Liegenschaft verwehrt, dafür selbst Reparaturen in Auftrag gegeben und die entsprechenden Rechnungen beglichen, die Mieterschaft dazu veranlasst, die Mietzinse weiterhin an sie zu leisten, Inserate aufgegeben und Mietverträge abgeschlossen. Das Betreibungsamt habe Polizeischutz anfordern müssen und sich in seiner Not schliesslich an den Gemeinderat von Z.________ sowie an das Kreisgericht gewandt mit dem Ersuchen, vormundschaftliche Massnahmen zu ergreifen. Es sei offensichtlich, dass die Einmischung von A.________ zu Unzufriedenheit seitens der Mieter, zu mietrechtlichen Verfahren, zu Kündigungen und häufigen Mieterwechseln geführt habe. Es treffe sie ein derart schweres Verschulden daran, dass die Liegenschaft nicht ordnungsgemäss habe verwaltet und bewirtschaftet werden können, das die Kausalität zwischen den Handlungen des Betreibungsamtes bzw. seinen ungenügenden Vermietungsbemühungen und dem Schaden unterbrochen sei.
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Auf staatsrechtliche Beschwerde hin, entgegengenommen als Verwaltungsgerichtsbeschwerde, hob das Bundesgericht diesen Entscheid mit Urteil vom 24. Juli 2000 auf und wies die Sache zur Vervollständigung des Sachverhaltes, namentlich für nähere Abklärungen zur unterbrochenen Kausalität, an das Verwaltungsgericht zurück.
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In der Folge führte das Verwaltungsgericht ein Parteiverhör mit A.________ durch, befragte den Chef des Betreibungsamtes als Auskunftsperson und vernahm den Verwaltungsratsdelegierten der Firma B.________ sowie den Gerichtspräsidenten von Z.________ als Zeugen ein. Mit Entscheid vom 17. September 2002 verurteilte es den Kanton Bern zu Fr. 25'200.-- Schadenersatz. Es sah die Widerrechtlichkeit darin begründet, dass sich das Betreibungsamt in Verletzung von Art. 17 VZG zu wenig um den Abschluss von Mietverträgen bemüht habe, und es befand, das Verhalten von A.________ habe den Kausalzusammenhang nicht geradezu unterbrochen. Für die Berechnung des Schadens ging es davon aus, dass bei entsprechenden Bemühungen für die Zeit der amtlichen Verwaltung von 17 Monaten fünf Wohnungen zu einem durchschnittlichen Mietzins von Fr. 1'190.-- hätten vermietet werden können. Von den resultierenden Fr. 101'150.-- seien die Einnahmen des Betreibungsamtes von Fr. 40'053.-- sowie die Fr. 44'510.-- abzuziehen, die A.________ selbst einkassiert habe, so dass der unmittelbare Schaden Fr. 16'587.-- betrage. Des Weiteren sei ihr ein Folgeschaden entstanden, indem sie nach Beendigung der Zwangsverwaltung Ende August 1997 erst wieder im November 1998 gleich viele Vermietungen gehabt habe wie zu deren Beginn. Bei einem durchschnittlichen Mietzins von Fr. 1'150.-- ergebe sich bei den zwei in Betracht fallenden Wohnungen, die während acht Monaten leer standen, ein Folgeschaden von Fr. 18'400.--. Des Weiteren sei ein pauschaler Betrag von Fr. 1'000.-- für Inseratekosten einzusetzen. Die Gesamtsumme von Fr. 35'987.-- sei wegen des Selbstverschuldens von A.________ um 30% zu kürzen und es seien ihr demnach Fr. 25'200.-- Schadenersatz zuzusprechen.
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 23. Oktober 2002 gelangt A.________ erneut ans Bundesgericht mit den Begehren um Aufhebung des angefochtenen Urteils und um Verurteilung des Kantons zu Fr. 109'326.60, eventualiter um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die Beschwerdeführerin rügt, die auf Art. 42 Abs. 2 OR fussende abstrakte Schadensberechnung mit Durchschnittsmieten sei willkürlich und stehe im Widerspruch zur tatsächlichen Situation. Das Verwaltungsgericht sei verpflichtet, den Schaden - so wie sie es selbst getan habe - konkret und damit für jede Wohnung einzeln zu berechnen; dies sei ohne weiteres möglich, da das Betreibungsamt zu genauer Abrechnung verpflichtet sei. Auch der Folgeschaden sei willkürlich berechnet worden, indem das Verwaltungsgericht eine zu kleine Zahl vermietbarer Wohnungen eingesetzt und eine zu kurze Zeitperiode berücksichtigt habe. Im Übrigen habe es das Verschulden des Betreibungsamtes in keiner Weise gewürdigt und die Reduktion des Schadenersatzes um 30% könne nicht nachvollzogen werden. So werde ihr eine Mitverantwortung für die häufigen Mieterwechsel angelastet, obwohl gar keine schriftlichen Kündigungen bei den Akten lägen.
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2.
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Während kantonale Sachverhaltsfeststellungen, die von einer richterlichen Behörde als Vorinstanz festgestellt worden sind, das Bundesgericht binden (Art. 105 Abs. 2 OG), prüft es die Rechtsanwendung bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei, und es ist im Unterschied zur staatsrechtlichen Beschwerde, wo das Rügeprinzip gilt, auch nicht an die Begründung der Begehren durch die Parteien gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG). Das Bundesgericht kann daher von Amtes wegen überprüfen, ob der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt, und es ist ihm auch unbenommen, eine Beschwerde aus anderen als den vorgebrachten Gründen abzuweisen oder gutzuheissen (BGE 121 III 274 E. 2c S. 275 m.w.H.). Vorliegend kann deshalb offen gelassen werden, wie es sich mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Einzelnen verhält, da ihr so oder anders nicht mehr als der vorinstanzlich festgesetzte Schadenersatz zusteht und ihre Rügen insofern am Ergebnis nichts zu ändern vermöchten.
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2.1 Die Beschwerdeführerin hat sich beharrlich geweigert, mit dem Betreibungsamt zu kooperieren und sie hat die Tatsache, dass ihre Liegenschaft in amtliche Verwaltung übergegangen ist, trotz wiederholten Ermahnungen ignoriert. Nach den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen hat sie sich dauernd eingemischt und sich insbesondere weiterhin um die Vermietungen gekümmert, hat dabei Inserate aufgegeben und namentlich auch Mietverträge abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist bereits fraglich, ob ihr durch die amtliche Verwaltung bzw. durch die mit der Zeit nachlassenden Vermietungsbemühungen des Betreibungsamtes überhaupt ein Schaden entstehen konnte. Jedenfalls ist zweifelhaft, ob der Beweis für den behaupteten Schaden (Differenz des Vermögensstandes der Beschwerdeführerin mit und ohne aktivere Bemühungen des Betreibungsamtes) erbracht ist. So hat das Verwaltungsgericht auf den schwierigen Wohnungsmarkt im Y.________ hingewiesen und die Beschwerdeführerin hat selbst erwähnt, dass die Wohnungssituation nicht sehr gut gewesen sei; es ist ihr denn nach Beendigung der amtlichen Verwaltung auch lange Zeit nicht gelungen, eine grössere Anzahl Wohnungen zu vermieten. Nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich jedoch, da sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Ergebnis bereits aus einem anderen Grund als haltlos erweist.
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2.2 Die im Zuge des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheides vorgenommenen Sachverhaltsabklärungen haben erhärtet, dass die Beschwerdeführerin sich in die Verwaltung eingemischt, das Betreibungsamt mit Schreiben an die Mieter diffamiert und diese zur Zahlung an sie selbst angehalten hat. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, die Mieterschaft sei mit der Behandlung durch die Beschwerdeführerin nicht zufrieden gewesen und deren Verhalten habe zu Kündigungen und mietrechtlichen Verfahren geführt; vor Mietamt sei ihr Verhalten denn auch ausdrücklich als Kündigungsgrund genannt worden (Mieter C.________ und D.________). Sie ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts für die ungewöhnlich hohe Mieterfluktuation massgeblich verantwortlich, und sie hat mit ihrem Verhalten die Ursache für die Situation gesetzt, für die sie jetzt das Betreibungsamt verantwortlich machen will. Umso mehr als sie dieses bei dessen (anfänglichen) Bemühungen nach den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen in verschiedener Hinsicht massiv behindert hat - so ist es offensichtlich kaum möglich, Mietinteressenten das Mietobjekt zu zeigen oder sie gar dafür zu begeistern, wenn die Wohnungsschlüssel zurückbehalten werden, der Zutritt zur Liegenschaft verwehrt wird oder zu besichtigende Wohnungen ohne Benachrichtigung des Amtes im Umbau sind -, trägt sie an der Gesamtsituation ein erhebliches Mitverschulden, das angesichts des als leicht einzustufenden Verschuldens des kausalhaftpflichtigen Kantons ohne weiteres eine Herabsetzung des Schadenersatzes auf einen Fünftel erlauben würde (Art. 44 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 5 Abs. 1 SchKG; zur Verschuldensneutralisation bei Kausalhaftpflicht vgl. BGE 111 II 429 E. 3b S. 443 m.w.H.). Damit stünde jedoch der Beschwerdeführerin nicht einmal dann mehr als der vorinstanzlich festgesetzte Schadenersatz zu, wenn die von ihr verlangte konkrete Berechnungsweise tatsächlich zu dem von ihr geltend gemachten Schaden von Fr. 109'326.60 führen würde. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich deshalb von vornherein als unbegründet.
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3.
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Zufolge Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 6. Februar 2003
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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