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Urteilskopf

127 V 456


65. Auszug aus dem Urteil vom 10. Dezember 2001 i. S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen F. und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich

Regeste

Art. 24 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 1 UVG: Berechnungsgrundlage für die auf Grund eines Rückfalls oder einer Spätfolge festgesetzte Integritätsentschädigung.
Massgebend ist der Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes am Unfalltag.
Hat sich der Unfall vor Inkrafttreten des UVG (1. Januar 1984) ereignet, ist vom Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes am 1. Januar 1984 auszugehen.

Erwägungen ab Seite 456

BGE 127 V 456 S. 456
Aus den Erwägungen:

4. Zu prüfen bleibt die Höhe des Jahresverdienstes, welcher der Berechnung der Integritätsentschädigung zu Grunde zu legen ist.
a) Gemäss Art. 24 Abs. 2 UVG wird die Integritätsentschädigung mit der Invalidenrente festgesetzt oder, falls kein Rentenanspruch besteht, bei der Beendigung der ärztlichen Behandlung gewährt. Nach Art. 25 Abs. 1 UVG wird die Integritätsentschädigung in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft. Der Anspruch auf Integritätsentschädigung besteht auch bei Rückfällen und Spätfolgen (Art. 11 UVV; THOMAS FREI, Die Integritätsentschädigung nach Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1997, S. 21). Dies gilt für Versicherte der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) (Art. 118 Abs. 2 UVG) auch in Fällen, in denen sich der Unfall - wie hier - vor dem Inkrafttreten des UVG (1. Januar 1984) ereignet hat, sofern evolutives Geschehen über diesen Zeitpunkt hinaus angehalten hat, sodass damals weder Erheblichkeit
BGE 127 V 456 S. 457
noch Dauerhaftigkeit schlüssig feststellbar waren; in diesen Fällen ist der Anspruch erst unter der Geltung des UVG entstanden, weshalb eine Integritätsentschädigung in Frage kommt (RKUV 1988 Nr. U 50 S. 284 f. Erw. 1b). Eine Integritätsentschädigung wird in solchen Fällen u.a. ausgerichtet, wenn der Schaden durch Rückfall oder Spätfolgen nach dem 1. Januar 1984 dauernd und erheblich (mindestens 5%) zugenommen hat; alsdann erfolgt eine Teilvergütung für die Zunahme (RKUV 1988 Nr. U 50 S. 286 Erw. 2b).
b) Hinsichtlich der Basis der Integritätsentschädigung fehlt es an einer Art. 15 Abs. 3 UVG entsprechenden Gesetzesbestimmung, welche dem Bundesrat die Kompetenz einräumen würde, Vorschriften über die Berechnung der Integritätsentschädigung in Sonderfällen zu erlassen. Aus dem Fehlen einer Regelung für die Integritätsentschädigungsberechnung in Art. 25 Abs. 1 UVG bei Rückfällen und Spätfolgen ist indessen nicht auf eine echte Gesetzeslücke zu schliessen, indem eine unvermeidlich sich stellende Rechtsfrage nicht beantwortet würde (BGE 125 V 11 f. Erw. 3 mit Hinweisen). Denn die Integritätsentschädigung wird nach Art. 24 Abs. 1 UVG für eine durch den Unfall verursachte dauernde erhebliche Schädigung der Integrität gewährt. Art. 36 Abs. 1 UVV hält sodann fest, dass ein Integritätsschaden als dauernd gilt, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens in gleichem Umfang besteht; die Bestimmung ist gesetzmässig (BGE 124 V 36 ff. Erw. 4, 211 Erw. 4b). Diese Konzeption der gesetzgebenden Organe zeigt, dass eine Revision der Integritätsentschädigung gar nicht vorgesehen war und im Gesetz denn auch nicht geregelt wurde. Da es sich bei Rückfällen und Spätfolgen um besondere revisionsrechtliche Tatbestände handelt (BGE 118 V 297 Erw. 2d mit Hinweis), ist es folgerichtig, dass auch hiefür im Gesetz keine Regelung getroffen wurde. In den vorstehend (Erw. 4a hievor) umschriebenen Konstellationen ist ein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bei Rückfällen und Spätfolgen anzunehmen, wenn Erheblichkeit und Dauerhaftigkeit des Integritätsschadens bei Festsetzung der Invalidenrente oder Abschluss der ärztlichen Behandlung nicht erkennbar waren. Für die Berechnung der Integritätsentschädigung in derartigen Fällen ist vom Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 UVG auszugehen, der für die Auslegung in erster Linie massgebend ist (BGE 126 II 80 Erw. 6d, BGE 126 III 104 Erw. 2c, BGE 126 V 58 Erw. 3, 105 Erw. 3, je mit Hinweisen). Entsprechend den Ausführungen der SUVA ist daher bei Rückfällen und Spätfolgen von Unfällen, die sich unter der Herrschaft des KUVG, welches das Institut der Integritätsentschädigung
BGE 127 V 456 S. 458
nicht kannte, ereignet haben, auf den höchstversicherten Verdienst bei Inkrafttreten des UVG (am 1. Januar 1984) abzustellen, der damals Fr. 69'600.- betrug (vgl. auch FREI, a.a.O, S. 136). Eine Verzinsung der auf dieser Grundlage berechneten Integritätsentschädigung im Sinne eines Ausgleichszinses ab 1. Januar 1984, in Weiterführung von BGE 113 V 48 betreffend Fälle, in denen die Integritätsentschädigung entgegen Art. 24 Abs. 2 UVG ausnahmsweise später als die Invalidenrente festgesetzt werden kann, fällt nicht in Betracht, da vorliegend die Integritätsentschädigung für den Rückfall nicht in einem späteren Zeitpunkt verfügt wurde als die Invalidenrente für den Rückfall. Ebenso wenig gefolgt werden kann schliesslich dem Vorschlag von MAURER (Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 419), wonach für die Bestimmung des Höchstbetrages des versicherten Jahresverdienstes bei Spätfolgen (und wohl auch Rückfällen) analog zu Art. 24 Abs. 2 UVV auf den Höchstbetrag abgestellt werden sollte, der bei Auftreten der Spätfolge gilt. Denn auch diese Lösung, mit welcher der Teuerung im Zeitraum zwischen dem Unfall und dem Auftreten der Spätfolge Rechnung getragen werden soll, findet in Gesetz und Verordnung keine Grundlage. Zwar ist nicht zu verkennen, dass ein Abstellen auf den höchstversicherten Verdienst bei Inkrafttreten des UVG am 1. Januar 1984 zu unbefriedigenden Resultaten führen kann. Es ist indessen nicht Sache des Gerichts, sondern obläge dem Gesetzgeber, eine angemessene Lösung zu finden.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 4

Referenzen

BGE: 125 V 11, 124 V 36, 118 V 297, 126 II 80 mehr...

Artikel: Art. 24 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 1 UVG, Art. 25 Abs. 1 UVG, Art. 11 UVV, Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1997, S. 21). Dies gilt für Versicherte der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) (Art. 118 Abs. 2 UVG) mehr...