BGE 105 V 300
 
64. Auszug aus dem Urteil vom 28. Dezember 1979 i.S. Strässle gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
 
Regeste
Art. 21 Abs. 1 und 2, 73 Abs. 1 KUVG.
- Stellung der Zahnärzte in der Kranken- und in der Unfallversicherung.
- Keine Gleichstellung der Zahnprothetiker mit den Zahnärzten im Bereich der Unfallversicherung.
 
Sachverhalt


BGE 105 V 300 (300):

A.- Hedwig Strässle arbeitete seit März 1948 bei der Firma AG S. und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfall versichert. Am 13. Januar 1976 wurde sie von einem Radfahrer auf einem Fussgängerstreifen angefahren und zu Boden geworfen. Der beigezogene Arzt diagnostizierte eine Platzwunde am linken Hinterkopf, Verdacht auf Commotio cerebri, Sprengung der oberen Zahnprothese sowie multiple Hämatome. Die Versicherte suchte daraufhin den Zahnprothetiker H. auf, der - weil nur noch eine provisorische Reparatur in Betracht kam - eine neue obere

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Zahnprothese anfertigte und der Versicherten hiefür am 20. Februar 1976 eine Rechnung im Betrage von Fr. 550.-- ausstellte. Nachdem die SUVA anfangs Februar 1976 vom Beizug des Zahnprothetikers Kenntnis erhalten hatte, teilte sie der Versicherten mit Schreiben vom 3. Februar 1976 mit, dass die Anstalt für die Kosten der Behandlung bei H. nicht aufkommen könne; gemäss Art. 21 KUVG sei die SUVA nur berechtigt, die Behandlung von eidg. diplomierten Zahnärzten zu bezahlen, während die Honorare von kantonal diplomierten Prothetikern nicht zu ihren Lasten gingen.
B.- Die Versicherte liess hiegegen Beschwerde einreichen mit dem Begehren, die SUVA habe die vom Zahnprothetiker in Rechnung gestellten Zahnbehandlungskosten von Fr. 550.-- zu bezahlen. Demgegenüber beantragte die Anstalt Nichteintreten, ev. Abweisung der Beschwerde und Bestätigung ihrer Verfügung vom 3. Februar 1976.
Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich trat auf die Beschwerde ein und wies sie mit Entscheid vom 16. Februar 1977 ab.
C.- Hedwig Strässle lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, "die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 3. Februar 1976 sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, für die bei Herrn H. erwachsenen Zahnbehandlungskosten von Fr. 550.-- aufzukommen". Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Aus den Erwägungen:


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4. a) Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde als Hauptargument vor, Reparatur oder Ersatz von abnehmbaren Zahnprothesen stelle nicht eine "ärztliche Behandlung" im Sinne des Art. 73 Abs. 1 KUVG dar, sondern falle unter den Begriff der "anderen zur Heilung dienlichen Mittel und Gegenstände". Die ausdrückliche Unterscheidung des Gesetzes zwischen ärztlicher Behandlung und anderen Mitteln und Gegenständen könne nur bedeuten, dass für diese "andere" Versicherungsleistung grundsätzlich auch der Beizug eines Nichtarztes möglich sein müsse. Denn wer eine solche Leistung erbringen dürfe, sage das Gesetz nicht. Somit liege eine Lücke vor, welche der Richter auszufüllen habe. Kriterium müsse dabei allein die fachliche Qualifikation der in Frage kommenden Personen sein. Sie sei bei den Zahnprothetikern des Kantons Zürich, deren Ausbildung durch Gesetz geregelt werde, gegeben.
Demgegenüber führt die Beschwerdegegnerin durch Verweisung auf ihre Vernehmlassung im vorinstanzlichen Verfahren aus, die Beschwerdeführerin versuche - im Bewusstsein, "dass über Art. 21 KUVG nichts zu machen" sei - "zwischen die Begriffe der ärztlichen Behandlung einerseits und der Verabreichung anderer zur Heilung dienlicher Mittel und Gegenstände andererseits ... einen Keil zu treiben". Sie macht geltend, diese Betrachtungsweise "krankt nun aber daran, dass es sich bei einer Zahnprothese nicht um Mittel oder Gegenstände handelt, die kurzerhand abgegeben werden. Vielmehr muss die Prothese zuerst auf Grund der lokalen Verhältnisse im Munde ausstudiert und dann angepasst werden. Das nun aber ist im wesentlichen "Behandlung", auch wenn die Prothese "Gegenstand" sein mag. Die Behandlungskompetenz aber regelt Art. 21 KUVG eindeutig."
b) Wird der in Art. 73 Abs. 1 KUVG neben der ärztlichen Behandlung und der Arznei angeführte Begriff der "anderen zur Heilung dienlichen Mittel und Gegenstände" streng nach seinem Wortlaut und unter Berücksichtigung seiner systematischen Stellung ausgelegt, muss wohl angenommen werden, dass es sich bei diesen Mitteln und Gegenständen um Heilmittel im weitern Sinne handelt. Daraus wäre abzuleiten, dass deren Abgabe eine Heilbehandlung darstellt, die nur den Personen erlaubt ist, welche die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 bzw. 2 KUVG erfüllen, was bei einem Zahnprothetiker -

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vorbehältlich der von der Beschwerdeführerin verlangten Gleichstellung mit den Zahnärzten, worauf in Erw. 5 hernach eingegangen wird - nicht zutrifft. Wenn jedoch - nach dem in Erw. 3 Gesagten - auf Grund der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass aus Art. 73 Abs. 1 KUVG auch der Anspruch auf Reparatur unfallmässig beschädigter Prothesen abzuleiten ist, muss in einem solchen Fall nicht unbedingt eine Heilbehandlung im weitern Sinne vorliegen; vielmehr wäre durchaus auch eine Reparatur im rein handwerklich-technischen Sinne denkbar, wie etwa das Schweissen einer Bruchstelle oder der Ersatz eines blossen Bestandteils einer Prothese. Ob in diesem Falle nicht auch die von einem die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 bzw. 2 KUVG nicht erfüllenden Fachmann durchgeführte Reparatur von der SUVA übernommen werden müsste - sei es auf Grund eines direkten öffentlichrechtlichen Verhältnisses wie zwischen Arzt und SUVA, sei es durch Vergütung der Reparaturkosten an den Versicherten -, braucht hier jedoch nicht geprüft zu werden, da es im vorliegenden Fall nicht um eine bloss handwerklich-technische Arbeit geht.
c) Die Beschwerdegegnerin gibt in ihrer vorinstanzlichen Vernehmlassung die Auskunft eines ehemaligen Vertrauenszahnarztes wieder, der bemerkte, "die heutigen Anforderungen an eine optimale prothetische Versorgung seien im Hinblick auf die notwendigen Funktionsanalysen bei Kiefergelenkveränderungen und deren Auswirkungen so gross, dass sie die Fähigkeiten von Zahnprothetikern in der Regel übersteigen". Diese - im Interesse der Versicherten liegende - Auffassung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn es um die erstmalige Anpassung einer Zahnprothese geht. Man kann sich jedoch fragen, ob sie in jedem Falle auch für blosse Reparaturen Geltung beanspruchen könnte. Allerdings dürften sich dabei Schwierigkeiten ergeben in bezug auf die Abgrenzung, wann nur der Zahnarzt und wann gegebenenfalls der Zahnprothetiker in eigener Verantwortung zuständig sein soll. Dessenungeachtet und allein im Hinblick auf die fachliche Kompetenz beurteilt, ist jedoch einzuräumen, dass ein ausserhalb des Mundes z.B. durch blosses Fallenlassen entstandener Bruch einer Zahnprothese allenfalls von einem Zahnprothetiker selbständig repariert werden kann. Anders verhält es sich indessen, wenn eine Zahnprothese im Munde des Versicherten durch Gewalteinwirkung bzw. Unfall zerstört wurde; in diesem Falle ist der

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Beizug eines Zahnarztes notwendig, weil geprüft werden muss, ob der Vorfall nicht auch zu körperlichen Veränderungen führte.
Bei der Beschwerdeführerin, welche von einem Radfahrer angefahren und zu Boden geworfen wurde, erhob der Arzt folgenden Lokalbefund:
"- am linken Hinterkopf besteht eine tiefe Platzwunde mit stark zertrümmertem Gewebe,
- Sprengung der oberen Zahnprothese,
- Hämatom an der Oberlippe,
- Hämatom an der Stirne,
- handtellergrosses Hämatom an der lateralen Kante des linken Us,
- keine Bewusstlosigkeit, keine Amnesie, mässige Nausea."
Die Diagnose lautete auf: "Platzwunde am linken Hinterkopf, Verdacht auf Commotio cerebri, Sprengung der oberen Zahnprothese, multiple Hämatome."
Bei diesem Sachverhalt war es nach den vorstehenden Ausführungen erforderlich, die Reparatur bzw. den Ersatz der zerstörten Zahnprothese von einem Zahnarzt bzw. unter dessen Leitung oder Aufsicht durchführen zu lassen. Die durch den Unfall im Rahmen der prothetischen Neuversorgung notwendig gewordenen Vorkehren müssen daher als ärztliche Behandlung betrachtet werden, welche den unter Art. 21 Abs. 1 bzw. 2 KUVG fallenden Personen vorbehalten ist. Dem Hauptargument der Beschwerdeführerin kann somit nicht gefolgt werden.
5. a) Eventualiter macht die Beschwerdeführerin sodann geltend, dass die Zahnprothetiker gleich wie die Zahnärzte zu behandeln und jene selbst dann zu Reparatur oder Ersatz von abnehmbarem Zahnersatz zuzulassen seien, falls darin eine ärztliche Behandlung erblickt werden sollte. Die Zahnärzte seien im Rahmen der Lückenfüllung von der Praxis in der sozialen Unfallversicherung zugelassen worden, obwohl sie ebensowenig wie die Zahnprothetiker ein eidg. Arztdiplom oder eine - auf einem wissenschaftlichen Befähigungsausweis beruhende - kantonale Bewilligung zur Ausübung des ärztlichen Berufes besässen. Die Beschwerdeführerin verweist insbesondere auf BGE 98 V 72 und BGE 100 V 70 und behauptet, der einzige Unterschied zwischen den Zahnprothetikern und den Zahnärzten bestehe darin, dass letztere ihre Ausbildung an einer Hochschule absolviert hätten. Es sei aber rechtsmissbräuchlich, wenn allein auf diesen Unterschied abgestellt

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werde, weil es dem Gesetzgeber nicht darauf angekommen sei, wo die Ausbildung genossen werde, sondern dass die Ausbildung den beruflichen Anforderungen genüge.
Die Beschwerdegegnerin erwidert in ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, Art. 21 KUVG setze ein eidg. Arztdiplom oder zumindest eine kantonale Bewilligung auf Grund einer wissenschaftlichen Ausbildung voraus. Wissenschaftliche Ausbildung sei aber zweifelsfrei Hochschulbildung. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, dass die Zahnärzte den in Art. 21 KUVG verlangten Ausweis nicht besässen, sei reine Spiegelfechterei. Zahnärztliche Tätigkeit, zu der die - Wissenschaftlichkeit voraussetzende - Bewilligung eidgenössisch oder kantonal vorliege, stelle letztlich immer auch ärztliche Tätigkeit dar. Die Zahnärzte habe man daher ohne weiteres den Ärzten gleichstellen dürfen, während eine ähnliche Parallele zwischen den Zahnprothetikern und den Zahnärzten nicht gegeben sei, solange das Gesetz eine wissenschaftliche Ausbildung verlange.
b) Im Bereich der sozialen Krankenversicherung besteht eine umfangreiche Rechtsprechung in bezug auf Funktion und Stellung der Zahnärzte gemäss Art. 12 und 21 KUVG. Danach gehören zahnärztliche Vorkehren im engern Sinne, d.h. Behandlungen nach den Methoden der Odontologie, nicht zur ärztlichen Behandlung im Sinne einer Pflichtleistung nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a KUVG, und die Zahnärzte gelten insoweit nicht als Ärzte gemäss Art. 21 Abs. 1 und 2 KUVG. Hingegen werden therapeutische Verrichtungen in der Mundhöhle, die nicht zahnärztliche Vorkehren im engern Sinne sind und die trotzdem heute fast ausschliesslich von Zahnärzten vorgenommen werden, als ärztliche Behandlung betrachtet und die Zahnärzte in bezug auf solche Verrichtungen den Ärzten gleichgestellt (BGE 102 V 1, BGE 100 V 70, BGE 98 V 69).
Zur Funktion und Stellung der Zahnärzte in der sozialen Unfallversicherung begnügt sich MAURER (a.a.O., S. 186) mit dem kurzen Hinweis:
"Von Zahnärzten spricht das KUVG nicht. Die Anstalt wendet Art. 21 in analoger Weise auch auf sie an."
Ferner daselbst in Note 36:
"Deshalb können die sog. Zahntechniker, denen einzelne Kantone nach bestandener Prüfung ein Diplom ausstellen, das aber nicht etwa ein reguläres Hochschulstudium voraussetzt, keine Patienten auf Kosten der

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Anstalt behandeln."
Unter dem Titel "Recht auf freie Wahl des Zahnarztes" führen DUBOIS/ZOLLINGER, Unfallmedizin, S. 68, folgendes aus:
"Die Fortschritte der Zahnheilkunde in den letzten Jahrzehnten, ferner die Tatsache, dass unsere Bevölkerung der Pflege der Zähne eine gegenüber früher verstärkte Aufmerksamkeit schenkt, sowie die Zunahme der Schädigungen des menschlichen Gebisses durch Unfälle und berufliche Vergiftungen erfordern eine erhöhte Inanspruchnahme der Zahnärzte durch die Anstalt.
Es stellt sich nun die Frage, ob auch hinsichtlich des Zahnarztes ein freies Wahlrecht der Versicherten besteht. Wenn ja, ob diesem gleiche Schranken gezogen sind wie dem Arztwahlrecht.
Im KUVG sind die Zahnärzte nicht erwähnt. Bei seiner Schaffung wurde die Zuziehung von Zahnärzten zur Behandlung von Verletzungen und beruflichen Erkrankungen nicht vorgesehen, sonst wären diese sicher neben den Ärzten und Apothekern in Art. 21 usw. genannt worden. Auch war damals der Studiengang der Zahnärzte viel kürzer und einfacher und demjenigen der Ärzte nicht gleichwertig. Heute ist dies aber anders, so dass die SUVA die eidgenössisch diplomierten Zahnärzte als Ärzte im Sinne der Bestimmung von Art. 21 und folgende betrachtet und die Vorschriften des Gesetzes auch auf sie anwendet.
Die Anstalt konnte deswegen in einem Tarifabkommen mit der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft mit gutem Gewissen die Verpflichtung übernehmen, ihre Versicherten nur von eidgenössisch diplomierten Zahnärzten und solchen, denen auf Grund eines wissenschaftlichen Befähigungsausweises von einem Kanton die Bewilligung zur Ausübung der Praxis erteilt worden war, behandeln zu lassen."
In gleichem Sinne äussert sich auch H. RUDOLF, Die rechtliche Stellung des behandelnden Arztes in der sozialen Unfallversicherung, Diss. Zürich 1947, S. 45 f., im Zusammenhang mit dem Begriff des "Arztes" nach KUVG:
"Nach dem Wortlaut des Gesetzes zu schliessen, wären die Zahnärzte nicht berechtigt, Versicherte auf Kosten der Anstalt zu behandeln. Zwar ist auch der Zahnarzt in gewissem Sinne Spezialarzt. Sein Studiengang weicht jedoch von demjenigen der Spezialärzte im eigentlichen Sinne des Wortes erheblich ab, indem die Ausbildung der Ärzte und Zahnärzte schon während des Studiums getrennte Wege geht. Für beide Berufsgattungen werden verschiedene Diplome ausgestellt. Auch in der Gesetzgebung des Bundes und der Kantone werden die Zahnärzte regelmässig neben den Ärzten besonders erwähnt. Trotzdem anerkennt die SUVA heute die eidg. diplomierten und diejenigen Zahnärzte, denen auf Grund eines wissenschaftlichen Befähigungsausweises von einem Kanton die Bewilligung zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes erteilt worden ist, als Ärzte im Sinne von Art. 21, allerdings nur für gewisse, mit dem Kiefer in Zusammenhang stehende Verletzungen.


BGE 105 V 300 (307):

Der Grund für diesen Wandel der Ansichten über die medizinische Qualifikation der Zahnärzte ist in der Entwicklung der zahnärztlichen Wissenschaft während der letzten Jahrzehnte zu suchen. Zur Zeit der Schaffung des KUVG war die Zahnheilkunde und damit auch die Ausbildung der Zahnärzte noch nicht so entwickelt wie heute. "Die Tatsache, dass unsere Bevölkerung der Pflege der Zähne eine gegenüber früher verstärkte Aufmerksamkeit schenkt, sowie die Zunahme der Schädigungen des menschlichen Gebisses durch Unfälle und berufliche Vergiftungen erforderten eine erhöhte Inanspruchnahme der Zahnärzte durch die Anstalt."
Noch eine andere Entwicklung spricht für die gleichberechtigte Zuziehung der Zahnärzte. Im Laufe der Zeit haben nämlich gewisse Gebiete vom Tätigkeitsgebiet des Mediziners in dasjenige des Zahnarztes hinüber gewechselt, z.B. die kieferchirurgische Therapie und die Röntgendiagnostik des Kiefers."
c) Obschon der die Unfallversicherung betreffende Art. 73 Abs. 1 KUVG u.a. auf Art. 21 Abs. 1, 2, 3 und 6 KUVG verweist und mithin Bestimmungen der Krankenversicherung als sinngemäss anwendbar erklärt, muss beachtet werden, dass die Stellung der Zahnärzte in der Unfallversicherung eine wesentlich andere ist als in der Krankenversicherung.
In der Krankenversicherung geht es darum, dass die zahnärztliche Behandlung im engern Sinne (nach den Methoden der Odontologie) keine Pflichtleistung darstellt und dass insoweit die Zahnärzte nicht zu den in Art. 21 Abs. 1 und 2 KUVG erwähnten Personen, insbesondere nicht zu den Ärzten gehören. Lückenfüllend hat aber das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt festgehalten, dass die Zahnärzte den Ärzten gleichzustellen sind, soweit sie therapeutische Verrichtungen in der Mundhöhle ausführen, die nicht zu den zahnärztlichen Vorkehren im engern Sinne gehören und damit eigentliche "ärztliche" Behandlung darstellen.
Wenn MAURER (a.a.O., S. 186) in bezug auf die Unfallversicherung ausführt, die SUVA wende Art. 21 KUVG in analoger Weise auch auf die Zahnärzte an, so bedeutet dies - und es kann der Natur der Sache nach auch nichts anderes bedeuten -, dass die Zahnärzte in diesem Bereich - und im Gegensatz zur Regelung in der Krankenversicherung - in allen ihren therapeutischen Verrichtungen, also insbesondere auch in den spezifisch zahnärztlichen, den Ärzten gleichgestellt werden. Die SUVA hat denn auch mit den Zahnärzten in gleicher Weise wie mit den Ärzten einen Tarifvertrag abgeschlossen. DUBOIS/ZOLLINGER und H. RUDOLF geben für diese Gleichstellung durchaus

BGE 105 V 300 (308):

plausible Begründungen (vgl. Erw. 5b hievor). Grundlegender Gedanke ist eben, dass die Unfallversicherung alle aus einem Unfall herrührenden Gesundheitsschädigungen zu übernehmen hat und dass daher unter dem Begriff der "Krankenpflege" (Art. 72 lit. a KUVG; vgl. auch die Marginalie zu Art. 73 KUVG) auch die zahnärztliche Therapie zu verstehen ist. Die Unfallversicherung ist somit auf den Beizug der Zahnärzte angewiesen, weil die zahnärztliche Behandlung grundsätzlich zu den gesetzlichen Pflichtleistungen gehört, wenn ein Unfall einen Zahnschaden verursacht hat. Die nach dem Gesagten unbedingt gebotene grundsätzliche Gleichstellung der Zahnärzte mit den Ärzten lässt sich um so leichter vertreten, als die zahnärztliche Ausbildung - abgesehen von der Beschränkung auf ein Spezialgebiet - auf der gleichen Stufe steht wie die ärztliche Ausbildung. Es entspricht deshalb einer echten "sinngemässen" Anwendung des Art. 21 Abs. 1 und 2 KUVG, wenn die Zahnärzte in der Unfallversicherung den Ärzten gleichgestellt werden, vorausgesetzt, dass sie wie diese ein eidg. Diplom (d.h. in diesem Falle eben ein eidg. Zahnarztdiplom) oder eine auf einem wissenschaftlichen Befähigungsausweis beruhende kantonale Bewilligung (zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes) besitzen.
d) Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass keine Parallele zwischen den Zahnärzten und den Zahnprothetikern bestehen kann mit der Folge, dass letztere in gleicher Weise wie die Zahnärzte den Ärzten gleichzustellen wären. Somit ist auch der Eventualstandpunkt der Beschwerdeführerin nicht haltbar. Beizupflichten ist vielmehr der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass eine Gleichstellung der Zahnprothetiker mit den Zahnärzten im Rahmen des Art. 73 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 KUVG schon deshalb ausser Betracht fällt, weil die allfällige kantonale Berufsausübungsbewilligung der Zahnprothetiker - entgegen Art. 21 Abs. 2 KUVG - nicht auf einem wissenschaftlichen Befähigungsausweis beruht. Der Zahnprothetiker kann somit nicht beanspruchen, im Bereich der unter die ärztliche Behandlung im Sinne des Art. 73 Abs. 1 KUVG fallenden zahnärztlichen Tätigkeit wie ein Zahnarzt bzw. eine selbständige Medizinalperson behandelt zu werden. In diesem Zusammenhang kann auf die bundesrätliche Botschaft zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976 hingewiesen werden.


BGE 105 V 300 (309):

Darin wird ausgeführt (BBl 1976 III 204, Separatdruck, S. 64), Zahnprothetiker könnten "wegen der unterschiedlichen kantonalen Regelungen über ihre Ausbildung und Stellung nicht als selbständige Medizinalpersonen, sondern lediglich als medizinische Hilfspersonen für die Unfallversicherung tätig sein".