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Urteilskopf

98 V 253


63. Auszug aus dem Urteil vom 19. Dezember 1972 i.S. Robbi gegen Ausgleichskasse des Kantons Graubünden und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden

Regeste

Zusatz- und Waisenrenten für Pflegekinder: Art. 22bis und 28 AHVG.
Als unentgeltlich (Art. 49 AHVV) gilt ein Pflegeverhältnis nur dann, wenn die von dritter Seite geleisteten Unterhaltsbeiträge höchstens einen Viertel der Unterhaltskosten decken.
Höhere Unterhaltsbeiträge schliessen diese Unentgeltlichkeit selbst dann aus, wenn der Vormund sie für das Pflegekind als Sparguthaben anlegt.

Erwägungen ab Seite 253

BGE 98 V 253 S. 253
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 22bis Abs. 2 AHVG gebührt den Frauen, denen eine Altersrente zusteht, eine Zusatzrente für jedes Kind, das bei ihrem Tode Anspruch auf eine Waisenrente hätte. Diesen Anspruch hat ein Pflegekind beim Tode des Pflegevaters oder der Pflegemutter, wenn es unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung aufgenommen worden ist (Art. 28 Abs. 3 AHVG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 AHVV). Demnach gebührt einer Pflegemutter, sobald ihr der Anspruch auf eine Altersrente erwächst, ausserdem eine Zusatzrente für jedes unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung aufgenommene Pflegekind.
Als unentgeltlich gilt ein Pflegeverhältnis laut ständiger Gerichtspraxis dann, wenn die von dritter Seite für das Kind entrichteten Unterhaltsbeiträge höchstens einen Viertel der
BGE 98 V 253 S. 254
gesamten Unterhaltskosten decken (EVGE 1958 S. 204 Erw. 2, 1966 S. 235 Erw. 3 und 1967 S. 156 f.). Es besteht kein Anlass, von dieser Regelung abzugehen, die übrigens weitherzig ist.

2. Im vorliegenden Fall haben die vom Vater des Mädchens geleisteten Unterhaltsbeiträge bis zum Jahre 1961 Fr. 70.- und seither Fr. 80.- monatlich betragen. Der Vormund hat für Chatrina Robbi ein Sparguthaben von Fr. 3044.60 (Wert Juni 1972) geäufnet und den Rest (Fr. 47.30 im Monatsdurchschnitt) den Pflegeeltern ausbezahlt. Der auf das Sparheft angelegte Teilbetrag ist ebenfalls anrechenbar, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt. Auch er dient dem Unterhalt des Pflegekindes, der sich im Normalfall praktisch in der Ernährung, Bekleidung und Unterkunft erschöpft, jedoch bei Krankheit oder Unfall auch die nötige ärztliche Behandlung und eventuelle Erholungskuren umfasst (EGGER, Kommentar, 2. Aufl., Anmerkungen 44 und 57 zu Art. 405 ZGB; TUOR, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 8. Aufl., S. 286 lit. a).

3. Wie der kantonale Richter glaubwürdig ausführt, kostet heute der Unterhalt eines etwa 12jährigen Kindes in Graubünden auf dem Lande normalerweise rund Fr. 300.-- monatlich (vgl. hiezu EVGE 1958 S. 205 Erw. 3, wo der volle Unterhalt in einem Kinderheim für ein 14jähriges Kind auf mindestens Fr. 120.-- monatlich veranschlagt worden war). Gewiss kann es vorkommen, dass ein Pflegekind, beispielsweise wegen Krankheit, jahrelang bedeutend mehr als Fr. 300.-- monatlich kostet. Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nach dem, was die Amtsvormundschaft Oberengadin geltend gemacht hat, hier nicht vor.

4. Da die Pflegemutter Babigna Robbi im März 1972 das 62. Lebensjahr vollendet hatte, steht ihr seit April 1972 eine einfache Altersrente zu (Art. 21 AHVG). Ferner hätte sie vom April 1972 hinweg Anspruch auf eine Zusatzrente für Chatrina Robbi, wenn das Pflegeverhältnis zu jenem Zeitpunkt unentgeltlich gewesen wäre (Erw. 1 hievor; EVGE 1967 S. 157). Allein so verhält es sich nicht. Der damals vom Vater des Kindes entrichtete Unterhaltsbeitrag hat Fr. 80.- monatlich ausgemacht und daher mehr als einen Viertel der Unterhaltskosten gedeckt, die laut Erwägung 3 hievor auf rund Fr. 300.-- monatlich zu bemessen sind. Aus diesem Grunde darf Babigna Robbi für das Pflegekind Chatrina keine Zusatzrente gewährt werden.

Inhalt

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Erwägungen 1 2 3 4

Referenzen

Artikel: Art. 22bis und 28 AHVG, Art. 49 AHVV, Art. 22bis Abs. 2 AHVG, Art. 28 Abs. 3 AHVG mehr...