BGE 147 IV 27
 
4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen (Beschwerde in Strafsachen)
 
1B_545/2019 vom 14. Oktober 2020
 
Regeste
Art. 13, Art. 49 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 BV; Art. 171 Abs. 1 und 2 lit. a und b, Art. 248 Abs. 1 und Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO; Art. 321 Ziff. 2 und 3 StGB; Arztgeheimnis als Entsiegelungs- und Durchsuchungshindernis; Entbindung vom Berufsgeheimnis; Verhältnis des Bundesrechts zu kantonalen gesundheitsrechtlichen Verwaltungsvorschriften.
 
Sachverhalt


BGE 147 IV 27 (28):

A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen des Verdachts mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern. Am 14. Februar 2018 meldete der Hausarzt des Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft den dringenden Tatverdacht eines sexuellen Kindesmissbrauchs. Der Beschuldigte habe gegenüber seinem Hausarzt eingestanden, sich "in den letzten 2-3 Jahren mehrfach an seiner jüngsten Enkelin (9-jährig) vergangen" zu haben. Der Arzt habe es als seine Pflicht angesehen, dies zur Anzeige zu bringen.
B. Nach einem zur Strafanzeige gebrachten Vorfall vom 31. Januar 2018 begab sich der Beschuldigte (gleichentags) bis zum 5. Februar 2018 in ärztliche Behandlung im Psychiatriezentrum Breitenau. Am 28. Juni 2019 erkundigte sich die Staatsanwaltschaft beim kantonalen Departement des Innern über von der Verteidigung (am Vortag) aufgeworfene Fragen der ärztlichen Schweigepflicht. In einer E-Mail vom 1. Juli 2019 erklärte der Stellvertretende Departementssekretär gegenüber der Staatsanwaltschaft, es handle sich hier um einen "Paradefall" der Anwendung von Artikel 15 Abs. 2 lit. c des kantonalen Gesundheitsgesetzes. Danach sei ärztliches Personal gegenüber den Strafverfolgungsbehörden "von der Schweigepflicht befreit" in Bezug auf Wahrnehmungen, die auf ein verübtes oder drohendes Verbrechen oder Vergehen gegen die sexuelle Integrität schliessen liessen.
C. Am 27. Juni bzw. 26. Juli 2019 erfolgten staatsanwaltliche Befragungen der Stationsleiterin, welche während der ärztlichen Behandlung des Beschuldigten im genannten Psychiatriezentrum (zwischen dem 31. Januar und 5. Februar 2018) zuständig gewesen war.
D. Aufgrund einer entsprechenden Editionsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 9. August 2019 übermittelte das Psychiatriezentrum die Verlaufseinträge der ärztlichen Gespräche mit dem Beschuldigten während dessen stationärer psychiatrischer Behandlung vom 31. Januar bis 5. Februar 2018. Am 6. September 2019 stellte der Beschuldigte diesbezüglich ein Siegelungsbegehren. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 10. September 2019 beim kantonalen Zwangsmassnahmengericht die Entsiegelung der Unterlagen.


BGE 147 IV 27 (29):

E. Mit Verfügung vom 9. Oktober 2019 bewilligte das Kantonsgericht Schaffhausen, Zwangsmassnahmengericht, Einzelrichterin (ZMG), die Entsiegelung, indem es die fraglichen Verlaufseinträge des Psychiatriezentrums Breitenau zur Durchsuchung und weiteren Verwendung an die Staatsanwaltschaft freigab.
F. Gegen den Entsiegelungsentscheid des ZMG gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 13. November 2019 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Abweisung des Entsiegelungsgesuches. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache zurück an die Vorinstanz zur Neubeurteilung.
(Auszug)
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
3.1 Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, sind zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden (Art. 248 Abs. 1 StPO). Nicht beschlagnahmt werden dürfen (ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind) Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit Personen, die nach den Art. 170-173 StPO das Zeugnis verweigern können und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt sind (Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO). Macht eine berechtigte Person geltend, eine Beschlagnahme (oder Edition) von Gegenständen und Vermögenswerten sei wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht zulässig, so gehen die Strafbehörden nach den Vorschriften über die Siegelung vor (Art. 264 Abs. 3 und Art. 265 Abs. 2 lit. a-b StPO).
3.3 Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über Geheimnisse verweigern, die ihnen aufgrund ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben (Art. 171 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 171 Abs. 2 StPO haben sie nur auszusagen, wenn sie einer Anzeigepflicht unterliegen (lit. a) oder (nach Art. 321 Ziff. 2 StGB) von der Geheimnisherrin, dem Geheimnisherrn oder schriftlich von der zuständigen Stelle von der Geheimnispflicht entbunden worden sind (lit. b). Die Strafbehörde beachtet das Berufsgeheimnis auch bei Entbindung von der Geheimnispflicht, wenn die Geheimnisträgerin oder der Geheimnisträger glaubhaft macht, dass das Geheimhaltungsinteresse der Geheimnisherrin oder des Geheimnisherrn das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt (Art. 171 Abs. 3 StPO). Die Kantone bestimmen, welche Medizinalpersonen verpflichtet sind, aussergewöhnliche Todesfälle den Strafbehörden zu melden (Art. 253 Abs. 4 StPO).
    1 Personen, die einen Gesundheitsberuf ausüben, und ihre Hilfspersonen sind über alles, was ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist oder das sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben, zur Verschwiegenheit verpflichtet.
    2 Personen, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, sind von der Schweigepflicht befreit:
    a) mit Einwilligung der oder des Berechtigten,
    b) mit schriftlicher Bewilligung des zuständigen Departements,
    c) in Bezug auf Wahrnehmungen, die auf ein verübtes oder drohendes Verbrechen oder Vergehen gegen die öffentliche Gesundheit, gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität schliessen lassen, gegenüber den Strafverfolgungsbehörden,
    d) soweit sie aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung zu einer Anzeige oder Meldung verpflichtet sind,
    e) in Bezug auf Angaben, die der Durchsetzung von Forderungen aus dem Behandlungsverhältnis dienen, gegenüber einer zur Eintreibung der Forderungen beauftragten Stelle und gegenüber den gesetzlich vorgesehenen Instanzen.


BGE 147 IV 27 (31):

Unter dem Randtitel "Anzeigepflicht" bestimmt Artikel 16 GesG/SH, was folgt:
    1 Personen, die in einem bewilligungspflichtigen Bereich tätig sind, haben aussergewöhnliche Vorkommnisse in ihrem Bereich im Gesundheitswesen umgehend dem zuständigen Departement zu melden.
    2 Die Meldung aussergewöhnlicher Todesfälle wird auf dem Verordnungsweg geregelt.
    3 Vorbehalten bleiben weitere Anzeigen oder Meldungen aufgrund der Spezialgesetzgebung.
In der regierungsrätlichen Verordnung vom 26. Februar 2013 zum Schaffhauser Gesundheitsgesetz (GesV/SH; SHR 810.102) wird Folgendes ergänzend geregelt: Das kantonale Departement des Innern nimmt alle Aufsichts- und Vollzugsaufgaben des Kantons gemäss dem GesG/SH wahr, soweit im Rahmen der GesV/SH oder anderer Erlasse keine abweichenden Regelungen bestehen (§ 1 Abs. 1 GesV/ SH). Es ordnet die erforderlichen Massnahmen an bei Organisationen und Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind, kontrolliert im Rahmen seiner Zuständigkeit Räumlichkeiten und Einrichtungen und ist berechtigt, Unterlagen und Aufzeichnungen einzusehen, Kopien zu erstellen und Proben zu ziehen (§ 1 Abs. 4 GesV/SH). Die in Art. 321 Ziff. 1 StGB genannten Personen unterliegen der Schweigepflicht (§ 38 Abs. 2 GesV/SH). Die Entbindung von der Schweigepflicht verpflichtet die entbundene Person nicht, ein Geheimnis zu offenbaren (§ 38 Abs. 3 GesV/SH). Über die Entbindung von der Schweigepflicht entscheidet das Departement des Innern aufgrund eines schriftlichen Gesuches der zu entbindenden Person (§ 38 Abs. 4 GesV/SH).
Zu prüfen ist weiter, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die Entsiegelung (materiell) bewilligte:
4.4 Entgegen der Ansicht der Entsiegelungsrichterin kann die fragliche E-Mail den gesetzlich vorgeschriebenen schriftlichen Entbindungsentscheid der zuständigen Behörde nicht ersetzen. Weder entspricht die E-Mail vom 1. Juli 2019 den gesetzlichen Formanforderungen an eine Verwaltungsverfügung (oder an einen

BGE 147 IV 27 (33):

strafprozessualen Zwischenentscheid, vgl. Art. 80 Abs. 2 und Art. 110 Abs. 1-2 StPO), noch enthält sie eine gültige Unterschrift (vgl. Art. 86 StPO). Hinzu kommt, dass es auch an dem gesetzlich vorgeschriebenen Entbindungsgesuch der betroffenen Ärztinnen und Ärzten als Geheimnisträger/innen fehlt (Art. 321 Ziff. 2 StGB; § 38 Abs. 4 GesV/SH). Die E-Mail vom 1. Juli 2019 ist keine hoheitliche Antwort auf ein Entbindungsgesuch des ärztlichen Personals, sondern eine informelle Antwort auf ein Rechtsauskunftsgesuch der Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus wurde vor der Mitteilung des Stellvertretenden Departementssekretärs weder dem ärztlichen Personal (als Geheimnisträger) noch dem Beschuldigten (als Geheimnisherr) das rechtliche Gehör gewährt; ebenso wenig enthielt die E-Mail eine Rechtsmittelbelehrung. Sie dennoch als gültigen Entbindungsentscheid im Sinne von Art. 171 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 321 Ziff. 2 StGB einzustufen, hält vor dem Bundesrecht nicht stand.
4.6 Das strafbewehrte Arztgeheimnis (Art. 321 StGB) stellt ein wichtiges Rechtsinstitut des Bundesrechts dar. Es fliesst aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf Privatsphäre (Art. 13 BV, Art. 8 EMRK) und dient dem Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Das Berufsgeheimnis nach Art. 171 Abs. 1 StPO begründet eine Zeugnisverweigerungs pflicht. Ausnahmen vom Arztgeheimnis bedürfen daher einer klaren bundesgesetzlichen Regelung (BGE 141 IV 77 E. 4.4 S. 82; BGE 117 Ia 341 E. 6a S. 348; je mit Hinweisen). Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafprozessrechts ist Sache des Bundes (Art. 123 Abs. 1 BV). Kantonale Verwaltungsnormen dürfen die bundesrechtlichen Vorschriften über den Schutz der Berufsgeheimnisse und über die strafprozessualen Editions- und Zeugnispflichten nicht unterlaufen (vgl. Art. 49 Abs. 1 BV; Urteil des Bundesgerichtes 1B_96/2013 vom 20. August 2013 E. 5.1).
4.7 Im Bundesrecht und kantonalen Recht finden sich gesetzliche Bestimmungen, welche Ärzte und medizinisches Personal dazu verpflichten, den zuständigen Behörden spezifische Meldungen zu erstatten. Die gesetzlichen Meldepflichten über bestimmte Krankheits- und Behandlungfälle (oder spezifische andere Beobachtungen) dienen

BGE 147 IV 27 (34):

primär der Prävention und Erkennung von ansteckenden Krankheiten oder von gewissen schweren Straftaten (vgl. insb. Art. 12-14, Art. 26 Abs. 2 und Art. 38 Abs. 1 des Epidemiengesetzes [EpG; SR 818.101]; Art. 3 ff. der Verordnung vom 13. Januar 1999 über die Meldung übertragbarer Krankheiten des Menschen [AS 19991092]; Art. 120 Abs. 2 i.V.m Art. 119 Abs. 5 StGB). Nach Art. 253 Abs. 4 StPO bestimmen die Kantone, welche Medizinalpersonen verpflichtet sind, aussergewöhnliche Todesfälle den Strafbehörden zu melden. Der fragliche Personenkreis ist kantonalrechtlich uneinheitlich geregelt (vgl. ZOLLINGER/KIPFER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 74-76 zu Art. 253 StPO).
4.8 Falls das gesetzlich zu Meldungen verpflichtete ärztliche und medizinische Personal eine entsprechende Anzeige versäumt, läuft es Gefahr, sich wegen Verstosses gegen einschlägige Meldevorschriften bzw. gegebenenfalls wegen Begünstigung (Art. 305 StGB) strafbar zu machen (vgl. ZOLLINGER/KIPFER, a.a.O., N. 79 zu Art. 253 StPO). Die Ausnahmeregelung von Art. 171 Abs. 2lit. a StPO soll sicherstellen, dass den oben genannten gesetzlichen Meldevorschrifen auch im Strafverfahren Nachachtung verschafft wird und sich die betroffenen Ärzte und Medizinalpersonen für Meldefälle (und mangels Entbindung vom Berufsgeheimnis) auf eine ausdrückliche gesetzliche Ausnahme vom Arztgeheimnis berufen können. Gemäss der Botschaft zur StPO besteht die Ausnahme vom Arztgeheimnis nach Art. 171 Abs. 2 lit. a StPO nur bei "Personen mit einer Anzeigepflicht" und bezüglich Patienteninformationen "im Bereich dieser Anzeigepflicht". Dies gilt "etwa für Ärztinnen und Ärzte, soweit sie aussergewöhnliche Todesfälle zu melden haben". Darüber hinaus besteht eine Ausnahme vom Arztgeheimnis (nach Art. 171 Abs. 2lit. b StPO) lediglich im Falle einer Entbindung durch die betroffenen Patienten (Geheimnisherrin oder Geheimnisherr) oder durch die Aufsichtsbehörde. Und selbst bei einer solchen Entbindung gilt für eine allfällige Preisgabe des Arztgeheimnisses zusätzlich noch der Vorbehalt von Art. 171 Abs. 3 StPO (Urteil 1B_96/2013 vom 20. August 2013 E. 5.3 mit Hinweisen; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1202-1204).
4.9 Aus Art. 321 Ziff. 3 StGB lässt sich keine Kompetenz der Kantone ableiten, die strafprozessuale Zeugnispflicht abweichend von Art. 171 Abs. 1-2 StPO zu regeln oder das Arztgeheimnis (bei schwer wiegenden Straffällen) gar vollständig abzuschaffen (Art. 49 Abs. 1

BGE 147 IV 27 (35):

i.V.m. Art. 123 Abs. 1 BV; Urteil 1B_96/2013 vom 20. August 2013 E. 5.6). Art. 321 Ziff. 3 StGB ist gegenüber Art. 171 StPO der ältere und (betreffend strafprozessuale Zeugnis- und Editionspflichten) weniger spezifische Erlass. Art. 321 Ziff. 3 StGB wurde formuliert und in Kraft gesetzt, als noch die (dort erwähnten) kantonalen Strafprozessgesetze galten, denen die verfassungsrechtliche Praxis und Rechtslage eine grosse Gestaltungsfreiheit zugestand. Diese wurde seither durch Art. 123 BV und Art. 171 StPO beschnitten. Massgebliche kantonale Bestimmungen "über die Zeugnispflicht" existieren seit Inkrafttreten der StPO nicht mehr.
4.10 Das Schaffhauser Verwaltungsrecht regelt in Art. 16 GesG/SH die ärztliche Meldung von "aussergewöhnlichen Vorkommnissen" (Abs. 1) bzw. "aussergewöhnlichen Todesfällen" (Abs. 2). Es verweist für "weitere Anzeigen oder Meldungen" auf die Spezialgesetzgebung des Bundes und des Kantons (Abs. 3; vgl. näher oben, E. 3.4). Dabei handelt es sich um gesetzliche Anzeigepflichten (im Sinne von Art. 171 Abs. 2 lit. a und Art. 253 Abs. 4 StPO bzw. Art. 321 Ziff. 3 StGB). Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Meldung einer mutmasslichen Straftat (oder anderer aussergewöhnlicher Vorkommnisse) durch das medizinische Personal der betroffenen psychiatrischen Klinik. Als die Staatsanwaltschaft das streitige Patientendossier des Psychiatriezentrums edieren liess und siegelte, hatte sie (nach eigener Darlegung) bereits konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht der untersuchten Sexualdelikte. Von der Durchsuchung des Patientendossiers über die stationäre Behandlung (und allfälligen Zeugenbefragungen des medizinischen Personals) verspricht sich die Staatsanwaltschaft vielmehr weitere Aufschlüsse über die (bereits zuvor bekannt gewordenen) untersuchten Straftaten.
Nach der oben dargelegten Praxis des Bundesgerichtes dürfen kantonale Verwaltungsnormen die bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Entbindung von den Berufsgeheimnissen nicht unterlaufen (vgl. zit. Urteil 1B_96/2013 E. 5.4-5.5, welches das baselstädtische Gesundheitsgesetz betraf). Der Vorinstanz und dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass auch Art. 15 Abs. 2 lit. c GesG/SH nicht (per se) als gesetzliche Grundlage für eine pauschale ärztliche Auskunfts- und Editionspflicht - ohne gültige Entbindung vom Arztgeheimnis auf ärztlichen Antrag hin - interpretiert werden kann. Eine solche Rechtsanwendung würde das Arztgeheimnis aushöhlen und wäre mit den bundesrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Berufsgeheimnisse nicht vereinbar (Art. 13, Art. 49 Abs. 1 und

BGE 147 IV 27 (36):

Art. 123 Abs. 1 BV; Art. 171 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 321 Ziff. 2 StGB). Auch der schaffhausische Gesetzgeber scheint sich im Übrigen bewusst gewesen zu sein, dass er keine abweichenden strafprozessualen Normen zu erlassen hatte: Gemäss Art. 1 Abs. 1 regelt das GesG/SH "das öffentliche Gesundheitswesen sowie die Tätigkeit privater Leistungsanbieter im Gesundheitswesen auf dem Gebiet des Kantons Schaffhausen in Ergänzung zur speziellen Gesetzgebung über die Spitäler sowie die Altersbetreuung und Pflege". Gemäss Art. 13 Abs. 1 lit. f GesG/SH hat das verantwortliche ärztliche Personal das Berufsgeheimnis "nach Massgabe der einschlägigen Vorschriften" zu wahren. Auch die GesV/SH verweist auf die Anwendbarkeit von Art. 321 StGB (§ 38 Abs. 2 GesV/SH) bzw. auf die massgeblichen Regeln zur Entbindung von der Schweigepflicht (vgl. § 38 Abs. 3-4 GesV/SH).
Das in der StPO abschliessend geregelte förmliche Entbindungsverfahren zum Schutz der Berufsgeheimnisse wird vom kantonalen Verwaltungsrecht folglich nicht tangiert.