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Urteilskopf

120 IV 30


7. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 30. März 1994 i.S. H. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich, Staatsanwaltschaften der Kantone Glarus, Zug und Basel-Stadt, Procureur général du canton de Genève

Regeste

Art. 346 ff. StGB, Art. 132 Abs. 1 und 2 BdBSt. Bestimmung des Gerichtsstandes bei Steuerhinterziehung bzw. -betrug.
Für die Verfolgung von Hinterziehungen der direkten Bundessteuer ist - unabhängig vom Ort der Ausführung der strafbaren Handlung - die Verwaltung jenes Kantons zuständig, welche die Veranlagung vorgenommen hat oder hätte vornehmen müssen; ist die örtliche Zuständigkeit streitig, bestimmt die Eidg. Steuerverwaltung den Gerichtsstand (E. 4).
Weder für kantonale Steuervergehenstatbestände noch für bundesrechtliche Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug kann die Anklagekammer einen einheitlichen Gerichtsstand bestimmen (E. 5 u. 6).

Erwägungen ab Seite 30

BGE 120 IV 30 S. 30
Aus den Erwägungen:

4. a) Gemäss Art. 132 Abs. 1 und 2 BdBSt (SR 642.11) wird das Verfahren bei Hinterziehung der direkten Bundessteuer durch die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer eingeleitet, die nach Abschluss der Untersuchung auch den Betrag der Busse feststellt. Die Verfügung unterliegt der Beschwerde an die kantonale Rekurskommission (Art. 132 Abs. 3 BdBSt).
BGE 120 IV 30 S. 31
Für die Verfolgung von Steuerhinterziehungen ist somit - unabhängig vom Ort der Ausführung der strafbaren Handlung - die Verwaltung jenes Kantons zuständig, welche die Veranlagung vorgenommen hat oder hätte vornehmen müssen; Art. 346 StGB (Gerichtsstand des Ortes der Begehung) kommt aufgrund dieser speziellen gesetzlichen Regelung (vgl. den Vorbehalt von Art. 333 Abs. 1 StGB) nicht zur Anwendung (vgl. KÄNZIG/BEHNISCH, Die direkte Bundessteuer, Basel 1992, Art. 132 N. 9).
b) Ist gegen denselben Beschuldigten in mehreren Kantonen ein Verfahren wegen Hinterziehung der direkten Bundessteuer eröffnet worden - und damit die örtliche Zuständigkeit zwischen mehreren Kantonen streitig -, so bestimmt die Eidg. Steuerverwaltung - und nicht die Anklagekammer des Bundesgerichts - gemäss Art. 79 BdBSt den Gerichtsstand (KÄNZIG/BEHNISCH, a.a.O., Art. 132 N. 11).
c) Auf den Antrag auf Bestimmung eines einheitlichen Gerichtsstandes für die Teilnahme an allfälligen Hinterziehungen der direkten Bundessteuer ist daher mangels Zuständigkeit der Anklagekammer des Bundesgerichts nicht einzutreten.

5. Auch soweit der Gesuchsteller einen einheitlichen Gerichtsstand für allfällige kantonale Steuervergehenstatbestände verlangt, kann auf das Gesuch wegen fehlender Zuständigkeit der Anklagekammer des Bundesgerichts nicht eingetreten werden, denn die Art. 346 ff. StGB finden nur auf nach einem Bundesgesetz strafbare Handlungen Anwendung (Art. 333 Abs. 1 StGB; BGE vom 13. August 1985, in ASA 55, 277 E. 1).

6. a) Der Gesuchsteller verlangt sodann die Vereinigung allfälliger Verfahren wegen Steuerbetruges oder kantonaler Vergehenstatbestände.
b) Wie der Gesuchsteller selber einräumt, sind bisher keine entsprechenden erkennbaren Untersuchungshandlungen seitens der Strafverfolgungsbehörden erfolgt; jedenfalls liege keine Anklage vor. Damit fehlt es ihm aber an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse, weshalb auch auf diesen Punkt des Gesuches nicht eingetreten werden kann. Der Gesuchsteller behält sich denn auch vor, diesen Behörden direkt Anträge auf Bestimmung des Gerichtsstandes zu stellen.
c) In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass im übrigen auch die Zusammenlegung bundesrechtlicher Verfahren wegen Steuerhinterziehung mit solchen wegen Steuerbetruges bereits wegen der gegenseitig fehlenden sachlichen Zuständigkeit (BGE 119 Ib 311, E. 3c) der gesetzlich dafür vorgesehenen Behörden ausgeschlossen wäre.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Erwägungen 4 5 6

Referenzen

BGE: 119 IB 311

Artikel: Art. 346 ff. StGB, Art. 132 Abs. 1 und 2 BdBSt, Art. 333 Abs. 1 StGB, Art. 132 Abs. 3 BdBSt mehr...