BGE 105 III 48
 
11. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 6. September 1979 i.S. W. B. (Rekurs)
 
Regeste
Lohnpfändung für Unterhaltsansprüche.
 
Sachverhalt


BGE 105 III 48 (48):

A.- In der Betreibung Nr. 10351, die P. B. gegen ihren Ehemann W. B. für Unterhaltsansprüche im Betrag von Fr. 4'730.- angehoben hatte, pfändete das Betreibungsamt Luzern am 22. Januar 1979 vom Erwerbseinkommen des Schuldners für die Dauer eines Jahres Fr. 412.- pro Monat. Bei der Berechnung der pfändbaren Quote ging das Betreibungsamt davon aus, dass das Einkommen des Schuldners Fr. 1'000.- und sein Existenzminimum Fr. 1'140.- pro Monat betrage, während sich die Alimentenforderung der Gläubigerin für sich und das Kind des Schuldners auf monatlich Fr. 800.- belaufe.
B.- Gegen die Pfändung beschwerte sich der Schuldner am 22. Juni 1979 beim Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Stadt als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs. Dieser wies die Beschwerde am 29. Juni 1979 ab. Hierauf gelangte der Schuldner an das Obergericht des Kantons Luzern als obere kantonale Aufsichtsbehörde, wurde jedoch mit Entscheid vom 9. August 1979 ebenfalls abgewiesen.


BGE 105 III 48 (49):

C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt der Schuldner, die am 22. Januar 1979 vorgenommene Verdienstpfändung sei als nichtig, eventuell als ungültig zu erklären.
 
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der Rekurrent hat seine Beschwerde an die Aufsichtsbehörde erst nach Ablauf der zehntägigen Beschwerdefrist des Art. 17 Abs. 2 SchKG eingereicht. Bei dieser Sachlage könnte die Pfündung nur aufgehoben werden, wenn sie nichtig wäre. Nichtig ist eine Verdienstpfändung dann, wenn sie offensichtlich krass in das Existenzminimum des Schuldners eingreift und diesen dadurch in eine absolut unhaltbare Lage zu versetzen droht (BGE 97 III 11 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung wäre im vorliegenden Fall an sich erfüllt, da dem Rekurrenten bei einem Notbedarf von Fr. 1'140.- nach Ablieferung der gepfändeten Verdienstquote monatlich nur Fr. 588.- verbleiben.
Der Rekurrent übersieht aber, dass besondere Regeln gelten, wenn wie im vorliegenden Fall Unterhaltsansprüche in Betreibung gesetzt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, auf die sich das Betreibungsamt und die kantonalen Aufsichtsbehörden stützen, muss sich der für Unterhaltsbeiträge betriebene Schuldner, dessen Verdienst den Notbedarf einschliesslich der für den Unterhalt des Gläubigers notwendigen Alimente nicht deckt, einen Eingriff in sein Existenzminimum gefallen lassen, der so zu bemessen ist, dass sich der Schuldner und der Gläubiger im gleichen Verhältnis einschränken müssen (BGE 87 III 9, BGE 86 III 14, BGE 78 III 66, BGE 71 III 177 /178, BGE 68 III 28, 106, BGE 67 III 138). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich der Rekurrent nicht auseinander. Weder macht er geltend, die in Betreibung gesetzte Unterhaltsforderung stamme nicht aus dem letzten Jahr vor Zustellung des Zahlungsbefehls (vgl. BGE 87 III 7), noch behauptet er, die Gläubigerin und das bei ihr wohnende Kind seien zur Deckung ihres Notbedarfs nicht auf die Alimente angewiesen (vgl. BGE 68 III 28, 106). Er beanstandet auch die Berechnung nicht, die das Betreibungsamt bei der Ermittlung der pfändbaren Quote unter Verwendung der üblichen Formel vorgenommen hat. Dass er mit Fr. 588.-

BGE 105 III 48 (50):

pro Monat nicht menschenwürdig leben kann, trifft zwar zu. Einen verhältnismässig gleich schweren Eingriff in das Existenzminimum müssen sich aber auch seine Frau und sein Kind gefallen lassen, die sich mit Fr. 412.- anstelle der ihnen zugesprochenen Fr. 800.- monatlich begnügen müssen. Der für Unterhaltsbeiträge betriebene Schuldner hat keinen Anspruch darauf, davor bewahrt zu werden, die öffentliche Fürsorge eher als der Alimentengläubiger in Anspruch nehmen zu müssen (BGE 78 lII 67).
Der Rekurs erweist sich somit als unbegründet.