BGE 104 III 77
 
19. Entscheid vom 22. August 1978 i.S. B.
 
Regeste
Art. 93 SchKG; Lohnpfändung.
 
Sachverhalt


BGE 104 III 77 (77):

Im Rahmen einer Lohnpfändungsrevision vom 27. April 1978 hat das zuständige Betreibungsamt den Notbedarf des Schuldners B. und seiner Familie neu berechnet. Bei einem monatlichen Bruttolohn von Fr. 3'540.- setzte das Betreibungsamt das Existenzminimum auf Fr. 3'087.50 und die pfändbare Quote auf Fr. 450.- pro Monat fest.
Der Schuldner erhob hierauf bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde, die mit Entscheid vom 19. Mai 1978 abgewiesen wurde. B. zog diesen Entscheid an die obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs weiter. Diese wies den Rekurs am 3. Juli 1978 ab.
Mit Eingabe vom 12. Juli 1978 führt der Schuldner Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er wendet sich gegen die Berücksichtigung eines Beitrages aus dem Lehrlingslohn seiner Tochter bei der Berechnung des Notbedarfs.
 


BGE 104 III 77 (78):

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Bei einer Lohnpfändung gemäss Art. 93 SchKG war nach bisheriger Praxis der Arbeitserwerb eines minderjährigen Kindes, das mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt lebt, zum Lohn des betriebenen Elternteils zu zählen, um dessen Gesamtverdienst zu ermitteln. Hingegen war der Erwerb des Kindes insoweit unpfändbar, als er notwendig war, um dem Kind ein seinen Lebensumständen entsprechendes Auskommen zu sichern (BGE 84 III 27 f., BGE 78 III 2 und BGE 62 III 117).
Das neue Kindesrecht hat nun eine wesentliche Änderung gebracht, indem nach Art. 323 Abs. 1 ZGB der Arbeitserwerb des minderjährigen Kindes diesem selbst zur Verwaltung und Nutzung überlassen wird. Die Eltern können jedoch nach Absatz 2 dieser Bestimmung verlangen, dass das Kind in diesem Fall einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leiste, sofern es mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebt. Aus dieser neuen Rechtslage folgt, dass der Lohn eines minderjährigen Kindes nicht mehr zum Einkommen des betriebenen Elternteils hinzugerechnet werden darf. Anderseits steht es nicht im Belieben desjenigen Elternteils, gegen den eine Lohnpfändung durchgeführt wird, zum Nachteil seiner eigenen Gläubiger auf den Unterhaltsbeitrag des mit ihm in Hausgemeinschaft lebenden minderjährigen Kindes gemäss Art. 323 Abs. 2 ZGB zu verzichten, wie die Vorinstanz mit Recht festgehalten hat.
Das Betreibungsamt ist demnach richtig vorgegangen, wenn es in den Notbedarf des Rekurrenten für dessen 17jährige Tochter einerseits den geltenden Kinderzuschlag von Fr. 210.- pro Monat eingesetzt, anderseits aber einen monatlichen Beitrag der Tochter von Fr. 170.- in Abzug gebracht hat. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten hat auch die Vorinstanz nicht gegen Bundesrecht verstossen, wenn sie den vom Betreibungsamt festgesetzten Beitrag der Tochter an ihren Unterhalt als Zuschlag zum Einkommen des Vaters zugelassen hat. Die Höhe dieses Beitrages von monatlich Fr. 170.- bei einem Lehrlingseinkommen von Fr. 550.- ist vom Rekurrenten an sich nicht in Frage gestellt worden. Seine Festsetzung liegt im Ermessen der kantonalen Behörden, das der Überprüfung durch das Bundesgericht gemäss Art. 19 SchKG entzogen ist.


BGE 104 III 77 (79):

Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.