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Urteilskopf

82 III 127


34. Entscheid vom 30. Mai 1956 i.S. Bollmann.

Regeste

Mangelhafte Gläubigerbezeichnung im Arrestbefehl oder Betreibungsbegehren; Folgen (Erw. 1 und 2).
Über den Bestand der arrestierten Forderung haben grundsätzlich die Betreibungsbehörden nicht zu entscheiden (Erw. 3).
Schranken der Pfändbarkeit eines Werklohnguthabens (Erw. 4).

Sachverhalt ab Seite 128

BGE 82 III 127 S. 128

A.- Für eine Forderung von Fr. 2140.35 gemäss Verlustschein nahm die von der Amtsvormundschaft der Stadt Zürich vertretene "Anita Krocker, Deutschland" unter Anrufung von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 ZGB Arrest auf "Guthaben des Arrestschuldners gegenüber Architekturbüro Walter Niehus, Torgasse 4, Zürich 1, soweit verarrestierbar, bis zur Deckung der Arrestforderung samt Kosten". Das Betreibungsamt Zürich 9 arrestierte ein Guthaben des Arrestschuldners an den erwähnten Architekten bis zum Betrage von Fr. 2500.-- und ersuchte diesen zugleich um Angabe des gesamten Guthabens. Gemäss dem Bericht von Architekt Niehus stellte es in der Arresturkunde fest, dass das Guthaben im Werkvertrage (mit Berücksichtigung von Unvorhergesehenem und Taglohnarbeiten) auf Fr. 15'724.-- beziffert worden sei, jedoch voraussichtlich nach Beendigung der Arbeiten nicht mehr als etwa Fr. 14'500.-- betragen werde; heute seien Arbeiten für ca. Fr. 13'000.-- ausgeführt; der Arrestschuldner habe a conto Fr. 11'000.-- erhalten und nach den vereinbarten Zahlungsbedingungen momentan keine weitere Barzahlung zu fordern. Das monatliche Existenzminimum des Schuldners bemass das Betreibungsamt auf Fr. 630.--. Den vom Schuldner gemäss Art. 92 Ziff. 5 SchKG erhobenen Kompetenzanspruch für zwei auf die Arrestierung folgende Monate schützte das Betreibungsamt in der Weise, dass es ihm vom restlichen Guthaben von ca. Fr. 3500.-- an Architekt Niehus einen Betrag von Fr. 1260.-- als unpfändbar beliess. Es nahm Vormerk von der Erklärung des Schuldners, er habe ausser dem betreffenden
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Auftrag keine Arbeiten auszuführen und besitze weder Barmittel noch weitere ausstehende Guthaben.

B.- Über die Arrestierung beschwerte sich der Schuldner aus verschiedenen Gründen, wurde aber in beiden kantonalen Instanzen abgewiesen.

C.- Gegen den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 2. Mai 1956 hat der Schuldner an das Bundesgericht rekurriert. Er stellt folgende Anträge: der kantonale Entscheid sei aufzuheben und der angefochtene Arrest zu beseitigen; eventuell sei dem Schuldner neben dem Existenzminimum eine Materialvergütung zu bewilligen und der Arrest nur für einen geringeren Betrag, höchstens Fr. 1099.50, zuzulassen.

Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Der Rekurrent beanstandet mit Recht die unvollständige Gläubigerbezeichnung "Anita Krocker, Deutschland". Für sich allein ist diese Benennung gar nicht geeignet, die Person der Gläubigerin zu identifizieren. Indessen ist der Rekurrent, wie sich aus seinen eigenen Vorbringen ergibt, über diese Person genügend orientiert, wie sich denn die Arrestnahme auf den Verlustschein stützt, den die Gläubigerin in einer gegen den Rekurrenten durchgeführten Betreibung erhalten hat. Somit besteht kein Grund, den Arrestvollzug wegen Ungewissheit über die Person des Gläubigers aufzuheben.

2. Die blosse Angabe "Deutschland" statt des genauen Wohnortes verstösst freilich noch gegen die spezielle Vorschrift von Art. 274 Ziff. 1 SchKG (entsprechend Art. 67 Ziff. 1). Das Betreibungsamt hätte wegen dieses Mangels den Vollzug des Arrestbefehls verweigern dürfen; doch ist der Mangel nicht geeignet, den tatsächlich erfolgten Vollzug ungültig zu machen (BGE 47 III 121ff.). Vielmehr wird das Betreibungsamt der die Gläubigerin vertretenden Amtsvormundschaft der Stadt Zürich Gelegenheit zur
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Ergänzung der unvollständigen Angaben einzuräumen haben. Da diese Behörde anscheinend nicht selber gesetzliche Vertreterin der Anita Krocker ist, besteht ausserdem Veranlassung, von ihr die Angabe des gesetzlichen Vertreters und einen Vollmachtsausweis zu verlangen.

3. Auf die weitere Einrede des Rekurrenten, für die in Frage stehenden Bauarbeiten stehe ihm eine Forderung nur gegen den Bauherrn, die Borchardt-Cohen'sche Stiftung, Schaffhausen, zu, nicht gegen den bauleitenden Architekten Niehus, ist die Vorinstanz nicht eingetreten. Sie weist darauf hin, dass die den Bestand eines arrestierten Rechtes betreffenden Einreden nach zürcherischer Praxis mit der Arrestaufhebungsklage geltend zu machen seien (Blätter für zürch. Rechtsprechung 26 Nr. 187). Es mag dahingestellt bleiben, ob diese später vom zürcherischen Obergericht wieder in Frage gestellte Praxis (BIZüR 47 Nr. 150; dazu die Kritik von FRITZSCHE, SchK-recht II S. 217 N. 290) richtig sei. Wie es sich damit auch verhalten möge, steht es jedenfalls den Betreibungsbehörden nicht zu, über den gültigen Bestand arrestierter oder gepfändeter Rechte, insbesondere Forderungen, zu entscheiden. Nur bei zweifelloser Nichtexistenz solcher Rechte lässt sich die Aufhebung ihrer Arrestierung oder Pfändung durch die Aufsichtsbehörden rechtfertigen (vgl. BGE 81 III 17 ff.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. Sollte aber die Gläubigerin selber bei näherer Prüfung des Sachverhaltes dem Rekurrenten beistimmen und deshalb die Verwertung der von ihm bestrittenen Forderung gegen Architekt Niehus als aussichtslos betrachten, so steht ihr natürlich frei, auf diesen Arrest zu verzichten und einen neuen Arrest auf eine entsprechende Forderung gegen die Bauherrschaft zu nehmen.

4. Das arrestierte Werklohnguthaben enthält nach den schon in kantonaler Instanz vorgebrachten Angaben des Rekurrenten neben dem Entgelt für Arbeit eine Vergütung für das von ihm beschaffte oder noch zu beschaffende Material. Mit Hinweis auf JAEGER, Die Lohnpfändung
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(SJZ 32 S. 77), hält er für arrestier- und pfändbar (im Rahmen von Art. 93 SchKG) nur das Arbeitsentgelt, nicht auch die Materialvergütung. Die letztere ist jedoch nach der Praxis im Gegenteil grundsätzlich unbeschränkt pfändbar (vgl. BGE 49 III 99, ZbernJV 79 S. 428). Ausgenommen ist nur der Teil der Materialvergütung, den der Schuldner allenfalls braucht, um das notwendige Material zur Fortsetzung seiner Arbeit während eines Monates anzuschaffen (BGE 71 III 176 Erw. 2). Daran knüpfen die Eventualvorbringen des Rekurrenten an, die auf Zubilligung einer "Materialvergütung für die Fortsetzung der Arbeiten" abzielen. In dieser Hinsicht enthält der Rekurs jedoch nur unbestimmte Vorbringen, die einen Anspruch solcher Art nicht darzutun vermögen. Übrigens stellt die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich fest (Art. 63 und 81 OG), dass die dem Rekurrenten für den in Frage stehenden Bau bereits zugeflossenen Teilzahlungen von Fr. 11'000.-- auch bei Berücksichtigung des Existenzminimums zur Begleichung der Materialbezüge hinreichen würden. Wenn der Rekurrent beträchtliche Teilbeträge davon den Zwecken dieses Baues entfremdet hat, indem er nach seinen eigenen Vorbringen in kantonaler Instanz Fr. 2500.-- zur Bezahlung anderer Schulden verwendete, kann er die an die erwähnten engen Voraussetzungen gebundene Unpfändbarkeit der Materialvergütung als Zuschlag zum Existenzminimum nicht beanspruchen.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.

Inhalt

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

Dispositiv

Referenzen

BGE: 81 III 17

Artikel: Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 ZGB, Art. 92 Ziff. 5 SchKG, Art. 274 Ziff. 1 SchKG, Art. 93 SchKG mehr...