BGE 80 I 101
 
18. Urteil vom 12. März 1954 i.S. Aktiengesellschaft Ernst Geiser gegen Schweiz. Eidgenossensehaft.
 
Regeste
Direkter verwaltungsrechtlicher Prozess:
2. Die Beihilfen (Frachtbeiträge, Lager-, Preis- und Absatzgarantien und dgl.), die der Bund dem Kartoffelhandel bei Teilnahme an der brennlosen Verwendung der inländischen Kartoffelernte ausrichtet (Art. 24 AlkG), sind Beiträge und Zuwendungen im Sinne von Art. 113, lit. c OG.
 
Sachverhalt


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A.- Nach Art. 24, Abs. 1 AlkG "unterstützt der Bundesrat die Bestrebungen für die Verwendung der inländischen Brennereirohstoffe als Nahrungs- und Futtermittel und zu andern Zwecken, die das Brennen ausschliessen. Durch Frachtbeiträge und andere Massnahmen ist dafür zu sorgen, dass ein möglichst grosser Teil der inländischen Kartoffelernte... dem Verbrauch als Nahrungsmittel... zugeführt wird. Die Kosten dieser Massnahmen trägt die Alkoholverwaltung". Nach Absatz 2 kann der Bundesrat "die Gewährung von Vergünstigungen von Bedingungen, besonders hinsichtlich der Qualität und der Preisgestaltung abhängig machen".
Durch BRB vom 24. Mai 1946 ist die eidg. Alkoholverwaltung (AV) beauftragt worden, die Verwertung der Kartoffelernte 1946 nach bestimmten Richtlinien zu regeln; sodann hatte sie gemäss BRB vom 9. Juni 1947 zum Zwecke der Verwertung der inländischen Kartoffelernte 1947 ohne Brennen den Ankauf, die Lagerhaltung, den Transport und die Verteilung von Kartoffeln im Einvernehmen mit den Organisationen der Produzenten und der Konsumenten, sowie dem privaten Handel zu ordnen und die dafür notwendigen Vorschriften zu erlassen. Unter den besonderen Massnahmen, zu denen die AV ermächtigt wurde, ist in beiden Beschlüssen "die Übernahme einer Lagergarantie gegenüber Organisationen und Handelsfirmen für die gemäss den Bestimmungen der AV im Herbst eingelagerten Kartoffeln in Speisesortierung" vorgesehen (Art. 2, lit. b der beiden Bundesratsbeschlüsse). Eine gestützt auf den ersten der beiden BRB erlassene Verfügung Nr. 2 der AV, vom 12. Juli 1946, "über die Verwertung der Kartoffelernte 1946 und die Kartoffelversorgung des Landes (Übernahme und Einlagerung von Speisekartoffeln)" (im Folgenden: Verf. 2) ist von der AV am 29. August 1947 auch für die Ernte 1947 als grundsätzlich massgebend erklärt worden. Nach ihr sind die Kartoffelhandelsfirmen, "welche Beihilfen irgendwelcher Art (Frachtbeiträge, Lagergarantie u.a.m.) beanspruchen,

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verpflichtet, von ihren bisherigen Lieferanten im letztjährigen Umfange Speisekartoffeln in handelsüblicher Qualität zu den behördlich festgesetzten Produzentenpreisen zu übernehmen". Sie werden hinsichtlich der Lagerhaltung einer besondern Reglementierung unterstellt, durch die ihnen einerseits bestimmte Pflichten für die Einlagerung und Wartung auferlegt werden. Anderseits wird bestimmt:
"Art. 7. Garantie.
Die Alkoholverwaltung übernimmt die Garantie des Absatzes der gemäss Art. 3 auf Lager gelegten Speisekartoffeln zu den im Rahmen der Preisvorschriften bezahlten Produzentenpreisen und Handelsmargen zuzüglich einen Betrag von Fr. 2.- je 100 kg für Ein- und Auslagerung sowie die im Zeitpunkt der Auslagerung geltenden Lagerzuschläge.
Falls für einzelne Lagerräume, bei denen die vorgesehenen Garantien die Lagerkosten nicht vollständig decken, zusätzliche Beihilfen nötig sind, ist hierfür der Alkoholverwaltung rechtzeitig vor Beginn der Einlagerung ein begründetes Gesuch mit Kostenvoranschlag einzureichen. Allfällige Beihilfen werden in solchen Fällen nur gewährt, sofern sie von der Alkoholverwaltung vor Beginn der Einlagerung schriftlich bewilligt worden sind.
Für die Kartoffeln, welche im Einverständnis mit der Alkoholverwaltung mit Verlust abgesetzt werden müssen, vergütet die Alkoholverwaltung den Unterschied zwischen dem jeweils geltenden offiziellen Verkaufspreis für Speisekartoffeln ab Lager und einem sich ergebenden niedrigeren Preise. Diese Vergütung erfolgt jedoch nur, soweit es sich um gesunde, zu Speisezwecken geeignete Ware handelt.
Lagernhaltern, welche Kartoffeln übernehmen, die den Qualitätsanforderungen an gesunde Speisekartoffeln nicht entsprechen, ohne Bewilligung der Alkoholverwaltung Kartoffeln in Mieten, bisher nicht benützten oder unzweckmässigen Lagerräumen einlagern, die Einlagerung unsachgemäss besorgen oder bei der Einlagerung, der Bestandesmeldung und bei der Abgabe der eingelagerten Ware die Weisungen der Alkoholverwaltung nicht befolgen, wird keine Preis- und Absatzgarantie gewährt".
B.- Die Klägerin, die den Grosshandel mit Landesprodukten betreibt, hat 1947/48 auf einzelnen derjenigen Kartoffellager, für die sie die Anwendung der Verf. 2 in Anspruch nimmt, bedeutende Ausfälle zufolge Verderb der Ware erlitten. Die AV hat eine Entschädigung für diese Verluste abgelehnt. Die hiegegen gerichteten Verwaltungsbeschwerden sind vom eidg. Volkswirtschaftsdepartement und vom Bundesrat mit eingehender Begründung

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abgewiesen worden (Entscheide vom 25. Juni 1949 und 4. Februar 1952).
Mit Klageschrift vom 23. Mai 1952 beantragt die Klägerin, die Eidgenossenschaft zur Bezahlung
1. von Fr. 120'591.22 nebst Zins zu 5% seit dem 25. Juni 1949, eventuell eines vom Richter festzusetzenden Betrages je Zentner der im Frühjahr 1948 nicht mehr verwerteten Kartoffeln aus der Ernte 1947,
2. der Kosten des vorausgegangenen Administrativverfahrens von Fr. 239.-- zu verhalten, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf Art. 7 der Verf. 2, wo der Bund den verlustfreien Absatz der nach Massgabe der Verfügung angelegten Lagervorräte garantiere. Dieser Garantie dürfe er sich hier umsoweniger entziehen, als er durch eine hoheitliche Anordnung die verlustfreie Verwertung der Ware durch die Klägerin verhindert habe. Die AV habe der Klägerin im Frühjahr 1948 eine für die Abwendung von Lagerverlusten ausreichende Beteiligung an einem unter Mitwirkung von Herrn Geiser zustandegekommenen Lieferungsvertrag mit der tschechischen staatlichen Einfuhrstelle Koospol in Prag verweigert.
Es handle sich um einen Anstand, der gemäss Art. 110, Abs. 1 OG durch das Bundesgericht zu beurteilen sei. Die in Art. 7 der Verf. 2 vorgesehene Garantie begründe einen Rechtsanspruch. Wenn von einer "Garantie" gesprochen und erklärt werde, der Bund "vergüte" bestimmte Verluste, so könne nicht ohne weiteres geschlossen werden, es sei ein "Beitrag" gemeint gewesen, welchen der Bund vergüten könne oder auch nicht. Es sei für ihn auch keine besondere eidgenössische Instanz im Sinne von Art. 110, Abs. 2 OG vorgesehen.
C.- Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt, die Klage wegen prozessualer Unzulässigkeit unter Kostenfolge zurückzuweisen. Es wird ausgeführt, der Bundesrat habe über das Begehren der Klägerin bereits im Verwaltungsbeschwerdeverfahren als letzte Beschwerdeinstanz

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entschieden. Sein Entscheid vom 4. Februar 1952 sei sowohl nach dem Verfahren, in dem er gefällt wurde, als auch nach seinem Inhalt ein Akt der Verwaltungsrechtsprechung, der nicht im Wege des direkten Prozesses vor Bundesgericht überprüft werden könne. Vergütungen aus Art. 6-8 der Verf. 2 seien Beiträge und Zuwendungen des Bundes im Sinne von Art. 113 lit. c OG und als solche von der Beurteilung durch das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 110 OG ausgeschlossen.
Das Bundesgericht ist auf die Klage nicht eingetreten
 
in Erwägung:
1. Nach Art. 110, Abs. 1 OG urteilt das Bundesgericht als einzige Instanz über in der Bundesgesetzgebung begründete streitige vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund aus dem öffentlichen Recht. Ausgenommen sind u.a. "die Ansprüche auf Beiträge oder Zuwendungen des Bundes in irgendwelcher Form" (Art. 113, lit. c OG). Diese Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsnorm betrifft, wie das Bundesgericht schon früher (BGE 78 I 92ff) festgestellt hat, Forderungen, die den Charakter von Rechtsansprüchen haben. Die Zuständigkeit des Bundesgerichts hängt daher hier nicht davon ab, ob die Vorschriften über die Verwertung der Kartoffelernte 1947, vor allem Art. 7 der Verf. 2, Rechtsansprüche begründen oder nicht, sondern davon, ob es sich um Ansprüche auf "Beiträge oder Zuwendungen" handelt. Trifft letzteres zu, so fällt die Beurteilung in die ausschliessliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden. Allfällige Einwendungen gegen Entscheidungen der Ressortbehörden werden im Verwaltungsrechtswege beurteilt, in letzter Instanz durch den Bundesrat. Fallen die Leistungen dagegen nicht unter Art. 113, lit. c OG, so hat nach Art. 110, Abs. 1 OG das Bundesgericht die Klage zur Beurteilung entgegenzunehmen, ungeachtet des Umstandes, dass über das Begehren das Beschwerdeverfahren nach Art. 124 OG bis zum Bundesrate durchgeführt

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worden ist. Die im Verwaltungswege getroffene Beurteilung, einschliesslich des bundesrätlichen Entscheides vom 4. Februar 1952, hätte in diesem Falle den Charakter einer "Stellungnahme" der Verwaltungsbehörden. Sie schlössen eine Prüfung des geltend gemachten Anspruches durch den Richter nicht aus.
Art. 24 AlkG enthält nach Wortlaut und Inhalt im wesentlichen eine Subventionsordnung zur Förderung brennloser Verwendung von Brennereirohstoffen, in erster Linie ihrer Verwendung für die Ernährung von Mensch und Vieh. Er verhält zunächst (Abs. 1, Satz 1) den Bundesrat ganz allgemein, dahingehende Bestrebungen zu unterstützen, und trifft anschliessend (Satz 2) besondere Einzelanordnungen, konkrete Fürsorgemassnahmen mit Bezug auf bestimmte Erzeugnisse der inländischen Landwirtschaft, u.a. der inländischen Kartoffelernte. Die Kosten der Massnahmen werden der Alkoholverwaltung überbunden (Satz 3). In Absatz 2 sodann werden die Leistungen, die hier gewährt werden, als "Vergünstigungen" bezeichnet, womit ihr Charakter als Subventionen noch unterstrichen wird.
Dieser Ordnung entspricht es, wenn in Art. 1 und 2 der Verf. 2 sämtliche bei Kartoffeleinlagerungen nach Massgabe der Verfügung gewährten Leistungen mit der Bezeichnung "Beihilfen" zusammengefasst werden. Es

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sind die Unterstützungen, die dem Kartoffelhändler auf Lagern der Ernten 1946 und 1947 unter der Voraussetzung zugesichert sind, dass die besonderen Bedingungen erfüllt werden, die die Behörde gemäss der dem Bundesrate nach Art. 24 AlkG als Staatsaufgabe auferlegten Pflicht aufstellt, einen möglichst grossen Teil der inländischen Kartoffelernte der Verwendung als Nahrungs- und Futtermittel oder sonstiger brennloser Verwendung zu angemessenen Preisen für Produzenten und Verbraucher zuzuführen. Für den Kartoffelhändler, der sie geniesst, sind es "Vergünstigungen" sowohl im Vergleich zu Konkurrenten, denen sie nicht zukommen sollten, wie auch zu seinen eigenen Einlagerungen, die nicht unter die Sonderbehandlung fallen. Die Vergünstigungen bestehen darin, dass der Bund einen Teil der Frachtkosten, der Kosten der Ein- und Auslagerung, der Lagerkosten und - unter bestimmten Voraussetzungen - gewisse Absatzrisiken übernimmt. Die Bedeutung der damit gewährten Vergünstigung erhellt aus den Ausführungen in der Klageschrift, wonach der Kartoffelhändler darauf angewiesen ist, die Beihilfen in Anspruch zu nehmen, um die Konkurrenz auf dem Absatzmarkte bestehen zu können. Wenn - wie nach jenen Ausführungen anzunehmen ist - der gesamte schweizerische Kartoffelhandel von den Vergünstigungen Gebrauch macht, die die Verfügung vorsieht, so ist der Zweck gesichert, der mit den Beihilfen verfolgt wird.
3. Die Bezeichnung "Beihilfen" in Verf. 2 umfasst zwei Gruppen von Leistungen, einerseits die bereits in Art. 24, Abs. 1 AlkG aufgeführten "Frachtbeiträge", über die in der Verfügung selbst nichts weiter bestimmt wird, und anderseits sog. "Lagergarantien u.a.m.", womit auf die Leistungen hingewiesen wird, die unter dem Titel "Garantie" in Art. 7 der Verfügung umschrieben sind, inbegriffen die dort im Einzelnen festgelegte "Garantie des Absatzes" zu bestimmten Preisen ("Preis- und Absatzgarantie"). Diese Garantie enthält nichts anderes als

BGE 80 I 101 (108):

eine Zusicherung gewisser Geldleistungen, Zuwendungen in Fällen, wo auf vorschriftsgemäss vorgenommenen und besorgten Einlagerungen Ausfälle entstehen. Als "Garantien" werden die Zusicherungen bezeichnet, weil eine Leistungspflicht nur bedingt besteht, nämlich dann, wenn die vorgesehenen Mindesterlöse trotz sachgemässer Bemühung nicht erreicht werden. Die "Garantien", wie auch die übrigen in Art. 7 der Verf. 2 vorgesehenen Leistungen, sind Beiträge an den Geschäftsbetrieb, die dem Kartoffelhandel für seine Mitwirkung bei der Verwertung der Kartoffelernte nach Massgabe von Art. 24 AlkG gewährt werden. Derartige Leistungen haben den Charakter von "Beiträgen oder Zuwendungen in irgendwelcher Form" gemäss Art. 113, lit. c OG. Es sind Unterstützungen, die dem Kartoffelhandel gewährt werden, soweit er an der Verwertung der Kartoffelernte nach Massgabe von Art. 24 AlkG und der ihn ausführenden Verf. 2 teilnimmt, Beiträge an die besonderen Kosten und Risiken, die der Kartoffelhandel dabei übernimmt. Sie sollen dem Kartoffelhandel den Geschäftsbetrieb unter den besonderen Voraussetzungen erleichtern, die zur Verwendung der jährlichen Ernten im Sinne von Art. 24 AlkG gefordert werden, und ihn dazu anregen. Ob die Unterstützung den Ersatz gehabter Kosten oder den ganzen oder teilweisen Ausgleich bei vorschriftsgemässem Verhalten entstandener und eventuell gerade dadurch bedingter Verluste betrifft, ist für ihren Charakter als "Beitrag oder Zuwendung" offensichtlich unerheblich. Unerheblich ist auch der Umstand, dass Subventionen der hier in Frage stehenden Art stets ein vorgeschriebenes Verhalten voraussetzen, das dem Unterstützten Lasten bringt. Es liegt auf der Hand, dass derartige Subventionen unter keinen Umständen voraussetzungslos gewährt werden, somit stets gewisse Leistungen - weitgehend Vorleistungen - erfordern. In vielen Fällen sind sie - wie eine umfassende Überprüfung der bundesrechtlichen Subventionsordnungen erweist - sogar lediglich (ganzer oder auch nur teilweiser) Ersatz gehabter Kosten.


BGE 80 I 101 (109):

4. Handelt es sich aber bei der Forderung auf eine Leistung des Bundes gemäss der in Art. 7 der Verf. 2 vorgesehenen "Absatzgarantie" um die Geltendmachung eines Anspruches auf einen "Beitrag oder eine Zuwendung" im Sinne von Art. 113, lit. c OG, so hat sich das Bundesgericht nicht damit zu befassen. In der Klageschrift wird u.a. ausgeführt, der in Frage stehende Schaden sei auf ein Verhalten der Verwaltungsbehörden zurückzuführen, durch das die rechtzeitige Ausfuhr der gefährdeten Kartoffelbestände verhindert worden sei. Diese Ausführungen sind in der Klageschrift nicht erhoben, um einen anderen, selbständigen Klagegrund zu begründen; sie sollen vielmehr lediglich die Rechtfertigung des unter Berufung auf Art. 7 der Verf. 2 erhobenen Anspruches untermauern. Die Klage stützt sich demnach ausschliesslich auf Art. 7 der Verf. 2 und fällt nach dem Gesagten nicht in den Geschäftsbereich des Bundesgerichts.